Countdown to Christmas #3

Hab ich übrigens mal erwähnt, dass ich Nerd bin? Also, so ein richtiger, Sci-Fi und Fantasy abfeiernder, Pen’n’Paper-Rollenspiel betreibender, manche abseitige Dinge des Lebens durchforschender Erz-Nerd und Alt-Gothic? Nun…, falls das bisher noch nicht erwähnt worden sein sollte (muhahahahaha…) – es ist einfach wahr! Und als solcher bin ich – selbstredend – natürlich auch Anime-Fan. Seit ca. 1990. Da war es noch sehr schwer, an diesen Stoff zu kommen. Ein paar Jahre später, als „Cowboy Bebop“ dann rauskam, war Anime schon zu einem weithin bekannten Phänomen geworden; und der Konsum dieser Cartoons, mit ihrer, streckenweise durchaus gewöhnungsbedürftigen Dramaturgie und Optik, nichts allzu ungewöhnliches mehr. Ich müsste vermutlich nicht erwähnen, dass der Anime „Cowboy Bebop“ hinter mir im Regal steht. Was viele andere Fans jetzt vermutlich verwundern wird, ist jedoch der Umstand, dass ICH über das frühzeitige Absetzen der Live-Action-Adaption auf Netflix enttäuscht und auch ein bisschen traurig bin.

Dass unterschiedliche Medien unterschiedliche Erzählstile fordern, habe ich an anderer Stelle schon mal ausgeführt. Dennoch möchte ich mich selbst an dieser Stelle zitieren: „An dieser Stelle ein kurzer Exkurs für all Jene, die sich immer wieder mit solchen Sätzen wie den Folgenden hervor tun: “Das Buch war viel besser als die Verfilmung!”, “So hatte ich mir meinen Lieblingscharakter überhaupt nicht vorgestellt!”, “Die haben die gute Geschichte ruiniert!”, “Das kam SO doch gar nicht im Buch vor!”, “DAS hätten die aber auch zeigen müssen!”. Kommen solche Bemerkungen bekannt vor? Nun das dürfte daran liegen, dass ein Buch und ein Film bzw. eine TV-Serie zwei vollkommen unterschiedliche Kunstformen sind, und auch dann nicht unbedingt etwas miteinander zu tun haben müssen, wenn sie die gleiche Geschichte behandeln. Beim Buch kann man sich die beschriebenen Orte, Personen und Sachverhalte in seinem Kopf so ausmalen, wie man Lust hat. Beim Film haben der Regisseur, Produzent, Setdesigner und die Schauspieler zusammen ihre Version der Geschichte entwickelt, um diese dann in Szene setzen und dem Zuschauer präsentieren zu können. Beide Vorgänge involvieren die Phantasie, nur dass beim Film die Phantasie Anderer in den Vordergrund tritt. Zumindest tut sie das vordergründig. Auch eine visuelle Erzählung kann allerdings die eigene Vorstellungskraft anregen. Man sollte also eine [neue] Verfilmung als eine andere Weise betrachten, wie die Grundgeschichte interpretiert werden kann. Dann kann man sich unnötig Atemluft verschwendendes Verfilmungsbashing schon von vorn herein sparen – zwei VERSCHIEDENE Kunstformen! Klar soweit…?“

Nun ist es so, dass eine Anime-Serie als Live-Action-Serie adaptiert wurde. Und man kann den Machern sicher so manches vorwerfen, aber sicherlich nicht, dass sie das Original nicht präzise studiert hätten. Und sie haben es zitiert. Aber eben nicht Wort für Wort. Denn dann wäre das Erlebnis sicherlich repititiv und redundant gewesen. Was ICH gesehen habe, war eine Adaption, die das Ur-Werk mit seinen unfassbar vielen eingebauten Gags, Schrullen, Anachronismen, und vor allem seiner, eher an die – uns oft fremd vorkommenden – kulturellen Gewohnheiten des fernöstlichen Publikums adaptierten Dramaturgie und Bildgestaltung sehr ernst nimmt; und dabei die Geschichte dennoch an einigen Stellen anders aufrollt. Man könnte einige der Action-Szenen als lahm charakterisieren. Man könnte sich darüber aufregen, dass Daniella Pineda als Faye Valentine nicht die ganze Zeit halb nackt rumrennt (oder aber, sich freuen, dass die Kostümdesignerin der völligen Objektifizierung des weiblichen Hauptcharakters einen Riegel vorgeschoben hat). Man könnte dieses und jenes am sonstigen Produktionsdesign bekritteln, und kommt trotzdem nicht zu dem Punkt, der viele andere eigentlich stört: man hat den Anime nicht eins zu eins verfilmt. Aber, wie verf***t langweilig wäre DAS denn gewesen? Was mich am meisten stört, ist allerdings, dass solche Produktionen heutzutage bereits lange vor dem Erscheinen totgeredet und totgeschrieben werden, weil viele Menschen offensichtlich mittlerweile glauben, irgendwelche „Kritiker“ könnten besser beurteilen, was MIR gefällt, und was nicht! Das sind auch nur Menschen – und die meisten davon sind Feuilletonisten, weil sie für etwas ernsthafteres oder wichtigeres nicht getaugt haben! ICH hätte mehr von dieser Adaption gefeiert!

Warum ich über sowas Belangloses im Countdown bis Weihnachten rede? Ganz einfach: weil ich von den „schweren“ Themen die Schnauze voll habe! Was gibt es denn zum Zustand unserer Welt und dem Fortgang der Pandemie noch großartig zu sagen, was Andere nicht schon gesagt hätten? Und noch dazu manche von denen sogar weit stärker, wortgewaltiger und treffender, als ich das je könnte. Wem Cowboy Bebop – egal, ob als Anime, oder als Live-Action – zu seicht, zu strange, zu bunt, zu wild, zu zahm, zu blöd oder zu sonstwas ist, sei Folgendes gesagt: es ist ein arschgeiler Ritt durch verschiedene Genres, der die üblichen Themen einer Heldenreise (Liebe, Eifersucht, Gier, Hass, Sucht, etc.) incl. Katharsis auf erfrischende Weise neu zitiert. Sci-Fi sei innovativer als Fantasy, haben irgendwelche Honks mal behauptet. Dem gehe ich die Tage auch noch nach. Einstweilen jedoch kann ich sagen, dass ICH anscheinend mal wieder eine vollkommen andere Show gesehen haben, als 90% der sogenannten „Kritiker“ da draußen. Dann bin ich ich halt doch das Kind, das irgendwie anders ist – der NERD eben. Macht nix. Ich werde den Rest des Tages damit zubringen, rauszufinden, ob das Boostern bei mir auch knallt. Denn Heiligabend muss ich fit sein. Peace! Out!

Auch als Podcast…

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