The networked mode – what about groups?

Dieser Tage saß ich abends mit der besten Ehefrau von allen bei geistigen Getränken auf dem Balkon und wir parlierten so über dies und das. Irgendwann kam das Gespräch darauf, dass es mich ein wenig amüsieren würde, dass bei einer Fortbildungsveranstaltung in der Vorstellungsrunde alle TN auf ihre beruflichen Funktionen rekurriert haben, um sich den Anderen zu präsentieren. Und das es mich grundlegend irritieren würde, dass Menschen so sehr auf dieses Distinktionsmerkmal „Beruf“ fixiert seien. Die Replik meiner Gattin war eine Frage: wodurch sollten sie sich denn sonst definieren? Und so ganz unrecht hat sie damit ja auch nicht. Denken wir das ganze mal in Gruppenprozessen, geht es neben der Distinktion der eigenen Person von Anderen ja auch um die Zugehörigkeit zu einer Peergroup. Und da wir nicht mehr in marodierenden Nomadenstämmen durch die Gegend ziehen, um dann in Clans gegeneinander Krieg um Land und Vieh zu führen, ist die eigene Berufsgruppe als Platz der Zugehörigkeit ein dankbarer Ersatz. Man muss dafür halt auch niemandem den Schädel einschlagen…

Das Problem mit Gruppenprozessen aller Art ist, dass sie in der Folge nicht selten dazu verführen, um der Zugehörigkeit in der eigenen Peergroup Willen Dinge zu tun, die nicht ganz so schön sind. Eine auch heute noch beeindruckende Beschreibung solcher Prozesse lieferte Norbert Elisas in seinem (mittlerweile wohl als Klassiker der Sozialwissenschaften betrachteten) Buch „Etablierte und Außenseiter“ von 1965. Merkmale der eigenen Gruppe werden dabei als positiv stilisiert, Merkmale anderer Gruppen hingegen abgewertet, um einerseits den subjektiven Wert der eigenen Gruppe zu erhöhen und andererseits durch den daraus entstehenden Konformitätsdruck („Willst du drin sein, oder draußen?“) den Zusammenhalt zu steigern. Eine Gruppe wird so zu einem selbsterhaltenden sozialen System (Autopoiese), dass allerdings – sofern der oben beschriebene Mechanismus wirksam wird – die Betonung des Andersseins gegenüber anderen Gruppen für die eigene Kohäsion benötigt. In der Folge kann es z. B. zur Stigmatisierung der Mitglieder anderer Gruppen kommen. Insbesondere, wenn die Gruppe, von welcher diese Art von Aggression ausgeht, die Mehrzahl der Menschen in einem Bereich stellt.

Doch, was hat das nun wieder mit Netzwerken zu tun? Betrachten wir zunächst die Beziehungen innerhalb einer solchen Peergroup, weicht die Punktualisierung als zufällig emergierende soziale Verbindung mit u. U. unabsehbaren Auswirkungen und ungewisser Zukunft einer Ritualisierung, ja beinahe Formalisierung der Beziehungen – und in der Folge auch der genutzten Kommuniaktionsformen (Bro-Fist, Special Handshakes, Running Gags und Insider Gags, etc.). Ein weiterer möglicher Aspekt ist die Entstehung einer – vielleicht formellen, oft aber eher informellen – Rangordnung innerhalb der Gruppe. In der Folge kann es wiederum zu Machgefällen kommen, welche dazu führen, dass eine (Subjektive) „Elite“ innerhalb der Gruppe Macht über die anderen Mitglieder erlangen und schließlich Herrschaft über diese ausüben könnte. Nun kann man Herrschaft über andere Menschen allerdings üblicherweise nur dann ausüben, wenn die Beherrschten die Beherrschung selbst legitimieren. Da innerhalb einer Peergroup jedoch Konformitätsdruck herrscht, kann eine hinreichend gute Begründung (z.B. durch gemeinsame Feindbilder) für die eigenen Ziele so viel Zustimmung einwerben, dass der eben beschriebene Prozess in Gang kommt. Ein prominentes Beispiel ist die Vereinnahmung der AfD durch Nazis.

Gegenüber anderen Gruppen verändert sich dadurch natürlich das Auftreten. An die Stelle der (natürlichen) Suche nach Konsens mit anderen Gruppen durch öffentlichen Diskurs tritt die öffentliche Verneinung der Legitimation anderer Standpunkte ohne inhaltliche Diskussion; der eigene Standpunkt wird als „letzte Wahrheit“ verabsolutiert und alles andere als schädlich verworfen (=> Grünen-Bashing). Was Stigmatisierung mit anderen Menschen macht, kann man exzellent an der Diskussion um Intergration in unserem Lande sehen. Es wird immer wieder dieser widerliche Begriff „Leitkultur“ verwendet, bei dem nicht wenige Menschen so ein bestimmtes Bild im Hinterkopf haben: lauter weiße Menschen, Bierzelt, Schützenfest, Spanferkel „Mei, is des deitsch!“. Alternativ darf man natürlich die Reihenhaus-Vorstadt-Siedlung mit akkurat gestutzem Rasen und deutschem Markenfabrikat in der Auffahrt nicht vergessen. Was nicht in dieses Bild einer Mehrheits-Kultur passt, wird verachtet und demgemäß gedisst. Dass Kultur ein Prozess ist – nun ich habe es schon tausend Mal gesagt, und werde das gewiss noch tausend Mal tun – bedeutet jedoch, dass diese Bilder von der „guten alten Zeit“ eine Illusion sind. Ein Schritt von vielen in der Entwicklung unseres Landes…

ACHTUNG: Gruppenprozesse sind mitnichten immer böse! Dass sieht man am kameradschaftlich-altruistischen Handeln vieler, vieler Menschen in den von der Flutkatastophe betroffenen Gebieten. Aber die beschriebenen Mechanismen können eben genauso wirksam werden – und sie tun dies jedesmal, wenn jemand Facebook aufruft, weil der Algorithmus dies begünstigt. Da kann man noch so viele Anti-Hate-Crime-Gesetze auf den Weg bringen. So lange asoziale Medien nicht anders strukturiert werden (und damit unrentabel für die Betreiber werden, weil der Algorithmus Werbeeinnahmen generiert), bleiben sie asozial. Das ist nur ein Netzwerk-Aspekt, aber damit wollen wir’s mal gut sein lassen. Peace

  • Elias, N.; Scotson, J. 2002: Etablierte und Außenseiter. Frankfurt/Main: Suhrkamp.

Der verwirrte Spielleiter / Erwachsen bilden N°33 – Spielleiter meets Lehrer!

In dem Moment, da es gelingt, die Teilnehmer eines Lehrganges mit auf eine Reise zu nehmen, an der alle Beteiligten, inklusive des Dozenten wachsen können, wird die Artverwandtschaft meiner Arbeit zu meinem Lieblingshobby Pen’n’Paper am deutlichsten sichtbar. Und ich würde lügen, wenn ich behaupten müsste, dass mir mein Job genau dann keinen Spaß macht. Wenn ich das allerdings zu laut sagen würde, müsste ich womöglich einen Vergnügungs-Abzug auf mein Gehalt hinnehmen… 😉 Aber mal im Ernst: natürlich bin ich im Lehrsaal, genauso wie auf dem SL-Sessel am besten, wenn ich Spaß an dem habe, was gerade passiert. Und das hängt natürlich davon ab, ob die Geschichte, welche ich gerade erzähle die TN/Spieler so zu packen vermag, dass sie mitmachen (wollen). Allen sozialen Reibungsverlusten zum Trotze, die in gemischten Gruppen entstehen können, emergiert dann im Lehrsaal und am Spieltisch gleichermaßen der Stoff, aus dem meine Welt gemacht ist: Immersion. Das Fürwahrnehmen und Eintauchen in die Erzählung.

Das ist kein Selbstläufer. Auch wenn ich nur mit begrenzten technischen Mitteln simuliere (beim Pen’n’Paper sind das z. B „nur“ die Kraft meiner Stimme und die wohlwollende Fantasie meiner Spieler:innen) genügen u. U. ein paar Kunstgriffe, um den Buy-in der Spieler:innen oder Teilnehmer:innen auszulösen und aktiv zu halten. Buy-in ist hier ein ambiger Begriff. Einerseits ist die Motivation zur Teilnahme an einer Erfahrung gemeint, andererseit die Akzptanz der Rahmenbedingungen dieser Erfahrungen. Das heißt allerdings im Klartext, wenn ich meinen Spielern/Teilnehmern einen Haufen unglaubwürdigen Bullshit als Voraussetzung für das Training/Spiel präsentiere, und gleichzeitig von ihnen verlange, sich vollends darauf einzulassen, wird das Ding in die Binsen gehen! Um dem vorzubeugen, kann Buy-in, aus dem erst die Immersion entstehen kann, durch drei Dinge erzeugt werden:

  • a) Relevanz [Spielern/Teilnehmern ist das behandelte Thema wichtig, weil es Bezug zu ihren bisherigen Erfahrungen hat, gleich ob diese virtuell oder real erworben wurden!]
  • b) Konsistenz [Spieler/Teilnehmer können sich darauf verlassen, dass die Regeln des Spiels bzw. der Simulation immer gleich bleiben, damit ein verlässliches Umfeld bilden und gleichartige Handlungen in diesem Setting stets gleichartige Ergebnisse poduzieren!]
  • c) Transparanz [die Regeln des Spiels sind für die Spieler/Teilnehmer vorab bekannt und wurden als fair und gültig anerkannt!]

Für mich ist der entscheidende Unterschied zwischen Simulations-Trainings und Trainer-Lehrgängen aus meinem beruflichen Umfeld und dem Pen’n’Paper-Rollenspiel die Wirkung des Einsatzes von technischen Ressourcen. Pen’n’Paper benötigt diese NICHT. Man kann natürlich mit Schischi wie Ambient Light, Soundeffekten, Requisiten, etc. arbeiten. Ob dies die Spielerfahrung für SL und Spieler:innen reichhaltiger gestaltet, ist allerdings sehr von den Protagonisten am Spieltisch abhängig. In meinen Spielrunden genießt es keinen Stellenwert mehr. Bei Simulationstrainings hingegen ist der Situationsadäquate Einsatz von Technik notwendig, um jene Realitätsnähe in der Simulation darzustellen zu können, die ich beim Pen’n’Paper-Rollenspiel als Freizeitbeschäftigung u. U. gar nicht haben möchte. Auch hier gilt allerdings als Voraussetzung, dass die drei oben genannten Faktoren (Relevanz, Konsistenz, Transparenz) beachtet werden; andernfalls ist es vollkommen egal, ob mein Simulations-Studio 5.000.00€, 50.000€ oder 5.000.000,00€ gekostet hat! Und hier sind wir bei der Qualifikation der Trainer. Verstehen Trainer bzw. Spielleiter ihr Handwerk als Erzähler einer Geschichte nicht, ist es vollkommen Wumpe, wie viel Aufwand mit den Requisiten betrieben wird – das Setup wird keine guten, nachhaltigen Erfahrungen für die Spieler/Teilnehmer erzeugen!

Man muss ehrlicherweise sagen, dass ein gewisser Ressourcen-Aufwand bei Simulations-Trainings notwendig ist. Wo man die Grenze zwischen notwendig und nice-to-have ziehen möchte, ist allerdings in der Tat immer noch Gegenstand zahlreicher Diskussionen. Dennoch lassen sich auch mit vergleichsweise geringem Aufwand für das eigentliche Setup der Trainings-Situationen anständige Ergebnisse erzielen. Keine Abstriche jedoch sollte man bei der Technik machen, die das Debriefing von Simulationen erleichtert. Aber dazu bei anderer Gelegenheit mehr. Womit wir auch schon beim zweiten, für mich entscheidenden Unterschied zwischen diesem Teil meiner Arbeit und Pen’n’Paper angelangt wären: eine Rollenspielrunde kann man nachbesprechen, bzw. zusammenfassen, damit Story-Infos nicht verloren gehen; man kann es aber auch bei Notizen belassen. Bei Sim-Trainings MUSS ich ein strukturiertes Debriefing durchführen, welches alle Aspekte der Simulation noch einmal aus verschiedenen Perspektiven aufgreift, um die Entwicklungs-Potentiale der TN darstellen zu können. Ansonsten kann ich das Simulieren auch bleiben lassen…

Wenn man sich mal ein bisschen Zeit nimmt, gewisse Aspekte der eigenen Arbeit und der Hobbies analytisch zu durchdringen, und dann dabei auch noch feststellen darf, dass es Schnittmengen zwischen Arbeit und Hobby gibt, resultiert daraus manchmal ein nicht zu unterschätzender Motivationsschub für beide Felder. Ich kann nur empfehlen, mal drüber nachzudenken. Einstweilen wünsche ich einen schönen Fortgang der Woche und viel Spaß; im Job, wie auch in der Freizeit…

Erwachsen bilden N°32 – a nice retreat…

Glaubt man der „theory of inquiry“ von John Dewey, ist Lernen an jedem Ort möglich, und vollzieht sich in einem Prozess, der mit Fragen beginnt. Ohne an dieser Stelle weiter in die Thematik einsteigen zu wollen, meint das natürlich auch den Lehrer. Denn die „richtigen“ Fragen stellen die Lerner oft erst dann, wenn ich sie dahin geführt habe. Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass ich selbst als Lehrer zuerst einige Fragen beantworten muss. Das ist der Part an pädagogischer Arbeit den ich liebe – den Chefs aber oft nicht verstehen; denn es ist auch der Part, der oft die meiste Zeit benötigt und manchmal für Außenstehende eher wie Spielerei aussieht. Aber man kann nicht jeden Sachverhalt mit beliebigen Methoden darstellen. Es sei denn, das Ergebniss ist egal. Und bevor man die passenden Methoden beschreiben kann, muss man den Sachverhalt erst einmal selbst analytisch durchdrungen haben. Das kostet Zeit.

Ein weiterer Aspekt neben den Methoden und Sozialformen (siehe weiter unten, die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit), die ich im Unterricht verwende, ist der Ort, an dem ich mein Setup aufbaue. Räumlicher und zeitlicher Kontext sind oft limitierende Faktoren, denn ich kann in meinem Büro oder einem kleinen Übungsraum nicht so agieren, wie in einem offen Lehrsaal oder auf einem Freigelände. Zudem muss ich mir – abhängig von den räumlichen Gegebenheiten und dem Lerngegenstand – für das Feedback zum Output der Lernenden immer wieder überlegen, ob ich technische Hilfsmittel benötige, oder freestyle debriefe; nur gestützt durch mein handschriftliches Protokoll. Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Aspekt bei der Wahl des Lernortes ist die momentane Auswirkung auf das Teambuilding und die spätere Teamkohäsion. Und da kann es nützlich sein, mal außer Haus zu gehen.

Ich habe in den letzten Tagen angehende Mentoren ausgebildet; und mit ein wenig Nachdenken erschließt sich einem schnell Folgendes: einerseits muss man für die pädagogischen Inhalte andere Ansätze wählen, als für harte medizinische Themen (das gilt im Übrigen auch für CRM/TRM und positive Fehlerkultur). Andererseits sollte man die gezeigte Bereitschaft, durch eine Steigerung der Ausbildungsqualität auf verschiedenen Ebenen einen Mehrwert für den Betrieb zu erzeugen, auch irgendwie honorieren. Und wenn man das nur dadurch tut, dass man mal nett ins Grüne fährt und den Kolleginnen und Kollegen die Gelegenheit gibt, sich auch im informellen Kontext auszutauschen (und dabei hoffentlich wohlzufühlen). Manchmal sind es diese ungeplanten Anteile solcher Zusammenkünfte, die ungeahnte Synergien zu erzeugen vermögen (und damit meine ich explizit nicht den, üblicherweise gemeinten betriebswirtschaftlichen Aspekt gesteigerter Effizienz beim Ressourceneinsatz). Auch wenn kein Chef, der bei Verstand ist, übersehen kann, dass hier viel für die Betriebsbindung getan werden kann, was einen Sack voll Opportunitätskosten (Recruiting, Einarbeitung, Know-How-Verluste, etc.) verhindern hilft. Aber was weiß ich schon.

Ich selbst empfinde es als Wertschätzung, wenn ich Anderen eine solche Gelegenheit bieten kann. Im Übrigen aber auch, wenn ich solche Veranstaltungen wahrnehmen darf. Da haben wir noch ein wenig Diskussionsbedarf, denn auch mit einer hochwertigen (hochschulischen) Ausbildung ist man immer noch ein Mensch, der immerzu dazu lernen kann – und muss. Denn wer stehen bleibt, den überholt die Welt! Ich habe dieses mal übrigens auch etwas dazu gelernt: nämlich eine neue theoretische Herangehensweise an die – von manchen meiner Kolleginnen und Kollegen gerne uncharmant als „Bullshit-Einsätze“ titulierten – Versorgungs-Probleme, die mangels besserer Ressourcen(kenntnis) viel zu oft zu RTW-Einsätzen führen. Aber darüber rede ich vielleicht ein anderes Mal ausführlicher. In jedem Fall, vielen Dank dafür, Julian. Und ich durfte feststellen, dass im Unterrichtsgespräch zu gendern mir immer leichter fällt. Bin wohl doch noch nicht zu alt für neue Tricks… 😉

Ich habe mich jedenfalls an diesem Ort wohl gefühlt und die Energie anscheinend genutzt, um sie an die TN weiterzugeben. Zumindest hatte ich zum Schluss der Veranstaltung das Gefühl, dass es doch noch eine runde Sache geworden war. Dafür gehe ich auch gerne mal verspätet ins Wochenende. Es ist übrigens kaum zu glauben, aber auch nach über einem Jahr fällt es mir immer noch schwer, mich an den 8-to-5-Job zu gewöhnen. Obwohl’s ja eigentlich gesünder ist. Mal schauen, was noch kommt. Morgen geht es erstmal im Büro weiter. In diesem Sinne wünsche ich eine gute Woche.

  • Methode (Unterricht):
  • Eigenvortrag (technisch unterstützt, grafischer Aufbau am Flipchart, Pinnwand, Whiteboard, oder nur Stimme)
  • Schülervortrag (siehe Sozialformen, Darstellung von Arbeitsergebnissen)
  • Plenumsdiskussion (siehe Sozialformen, eigent sich für die Selbstreflexion von Einstellungen, Normen, Werten)
  • Demonstration (eigene Darstellung einer handwerklichen Technik, mit dem Zweck zur => Imitation überzuleiten)
  • Skilltraining (=> Imitation der Demonstration, festigung handwerklicher Skills)
  • Simulation (Darstellung einer ganzheitlichen Einsatzsituation, Komplexität abhängig vom Lernstand der Teilnehmer)
  • Exkursion (Sichtbarmachen des Realitätsbezuges durch Realdarstellung von Komponenten des Berufsfeldes und Schnittstellen zu anderen Professionen)
  • Spiel (zur physischen Aktivierung bei Ermüdung der TN, oder um abstraktere Gedankenmodelle besser greifbar zu machen => Selbsterfahrung)
  • Experiment (wie beim Spiel, jedoch mit einem direkteren Bezug zur Arbeitsrealität; etwa bei der Arbeit mit Tierorganen)
  • Lernbüro (selbstständiges Organisieren-Müssen einer virtuellen RW oder strukturelle Darstellung eines RDB, um eine Vorstellung von der Komplexität der Stellgrößen und Einflüsse zu bekommen)
  • Sozialform (Unterricht):
  • Frontalunterricht / Unterrichtsgespräch (Vortrag durch den Lehrer)
  • Plenumsarbeit (Gesamtgestaltung durch die Teilnehmer, etwa in Form einer moderierten Diskussion, einer Abstimmung, o.Ä.)
  • Gruppenarbeit (Erarbeitung einzelner Sachverhalte in Kleingruppen, mit dem Ziel später vergleichend Einstellungen und/oder Inhalte aus den Gruppen zu einem Gesamtkonsens zusammenführen zu können)
  • Tandemarbeit (wie bei der Gruppenarbeit, jedoch in zweier-Teams. Eher für Prüfungs-vorbereitungen geeignet
  • Einzelarbeit (alle Teilnehmer:innen erarbeiten sich die vorgegebenen Inhalte selbst und es findet im weiteren verlauf ein Ergebnisabgleich statt. Eignet sich für theoretische Inhalte)

The networked mode – does it make sense…?

Ein – mir selbst immer wieder unterlaufender – sprachlicher Lapsus ist der Ausspruch: „Das macht Sinn.“ Sinn kann man nicht machen, oder herstellen. Er ergibt sich – oder auch nicht – aus dem, was wir tun oder lassen. Ich las heute morgen einen Artikel, der sich um diese magische Frage nach dem Sinn des Lebens drehte und der Autor kommt zu der durchaus erfrischenden Erkenntnis, dass diese Frage nach dem Sinn der Sylversterabend unter den Fragen sei – total überschätzt! Wenngleich meine eigene Erkenntnis zu dieser Frage ganz simpel lautet: Der Weg ist das Ziel. Oh, wie ich Glückskekssprüche manchmal liebe 😉 . Nein, ernsthaft; die Suche nach dem Sinn ergibt dann welchen, wenn man unterwegs die Fragen findet, die für einen selbst wirklich relevant sind. Wie zum Beispiel „Will ich das wirklich?“, „Wohin bringt mich das?“, „Macht mich das zufrieden(er) oder gar glücklich(er)?“, „Brauche ich das wirklich?“, „Ist das Kunst, oder kann das weg?“… [Hier ist noch der gedankliche Platz für eure relevanten Fragen]

Was hat das aber nun mit „dem Netzwerken“ zu tun? Ich finde, die Antwort liegt auf der Hand. Da wir uns als soziale Wesen in und durch unsere Beziehungen realisieren, ist der Netzwerkmodus wahrscheinlich die Urform unseres Daseins. Das Eingebettetsein in das Miteinander bot unseren hominiden Vorfahren Schutz vor den Fährnissen einer verdammt gefährlichen Welt. Mit jedem Jahrhundert, jedem Jahrtausend, das verging, wurde unsere Spezies etwas besser darin, mit diesen Gefahren umzugehen. Aus der (objektiv) existenziellen Bedrohung auf dem Weg zu einer Quelle mit trinkbarem Wasser ist die (subjektiv) existenzielle Bedrohung des Egos durch zu wenig Insta-Likes geworden. Es wäre vermutlich ein wenig sehr darwinistisch, wenn ich in diesem Zusammenhang schon von Degenerierung spräche, aber… so ganz von der Hand zu weisen ist der Gedanke nicht. So richtig in argumentative Schieflage käme ich jetzt, wenn ich anfinge davon zu sprechen, dass die Menschen mal wieder eine echte existenzielle Bedrohung bräuchten, um wieder zu einem besseren Selbst zu finden, oder?

BÄM – schiefgelaufen. Denn diese Bedrohung ist da. Nennt sich Pandemie. Und was sie hervorgebracht hat, war bislang, neben dem erhofften Altruismus, den es tatsächlich auch hier und da gab, vor allem ein krudes Surrealitäten-Kabinett voll von monströsen sozialen Entgleisungen. Facebook ist so ein schönes Biotop… Ich versteige mich jetzt mal zu der Vermutung, dass wir heutzutage so scharf auf digitales Sozialleben inclusive Lagerfeuer sind, weil wir verlernt haben, wie das enge Miteinander unter schwierigen Bedingungen funktioniert. Wir leben (zumindest hier in Deutschland) in solchem Überfluss, dass sich jeder für den König / die Königin seines kleinen Reiches hält und keine Kompromisse mit all den anderen Herrschern*innen eingehen möchte, weil das hieße erkennen zu müssen, dass man so individuell gar nicht ist. Denn, wenn das Licht ausgeht, sind wir alle grau – und im Liegen sehen wir alle gleich aus (übliche Serienschwankungen sind in dieser Aussage einkalkuliert).

Dieses Selbstverständnis – genährt aus den Missverständnissen über die tatsächliche Beschaffenheit von Netzwerken – ist es, was uns so viele Probleme schafft. Wenn ich in einem Land 82.000.000 Individualisten habe (und wir tun unser Bestes, unsere Kinder auch diesbezüglich nach unserem Ebenbild zu erziehen), treibt alles auseinander, weil jeder für sich reklamiert, immer und überall im Recht zu sein; und das Netzwerk in seinem Kopf nicht mehr aus echten, anstrengenden sozialen Beziehungen besteht, die gepflegt werden wollen, sondern aus einem unerschöpflichen Scrollbalken voller geteilter Bildchen, Memes, Texte, Videos und Werbung, der uns vorgaukelt, so etwas wie ein Abbild unserer Welt zu sein. Natürlich ist das eben gezeichnete Bild übertrieben, denn die allermeisten von uns pflegen immer noch soziale Kontakte. Aber es ist so unfassbar leicht, sich auf irgendwelche Empörungswellen einzulassen, weil – wie ich andernorts schon mal dargestellt habe – echte und subjektive Sozialrealität entkoppelt werden, sobald ich auf der Taschenwanze (a.k.a. Smartphone) irgendeine Social-Media-App starte. Weil ich auf der Suche nach Sinn bin.

Denn wir projizieren unsere Suche nach Bestätigung, nach Einbettung in das Soziale, nach etwas, dass sich gut anfühlt – mithin also unsere Suche nach Sinn im Leben – in die Virtualität. Die war jedoch nie dazu gemacht, uns Sinnsuche zu ermöglichen. Diese Apps sollen für ihre Macher Geld verdienen, indem sie Werbung streuen. Und sie machen es ganz leicht Sinn und Zweck zu verwechseln. Sinn ist das, was sich aus unserem Tun und Lassen ergibt. Zweck ist die Motivation, aus der heraus wir etwas tun oder lassen. Wir aktivieren also irgendeine (Anti)Social-Media-App zu dem Zweck nach etwas zu suchen, was wir dort – by design – nicht finden können: Sinn. Je früher man das versteht, desto einfacher wird es, den Mist abzuschalten; oder ihm wenigstens nicht so viel Raum und Macht über das eigene Leben zu geben. Denn scrollend, rezipierend dazusitzen, ist rein passiv. Rausgehen und etwas tun ist aktiv. Nur aus der Aktivität aber kann sich Sinn ergeben. Oder, wie Erich Kästner mal gesagt hat „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!“ In diesem Sinne – eine schöne Woche.

Erwachsen bilden N°31 – Anspruchshaltungen…?

Ich hatte neulich das Vergnügen, im Rahmen des 1. Symposium zur Förderung der Wissenschaft im Rettungsdienst zu sprechen – und ich habe einige hochinteressante Vorträge hören dürfen, die mir bereits jetzt Lust auf die nächste Veranstaltung machen. Einer davon hatte es in sofern in sich, als ein Thema behandelt wurde, dass genau an der Schnittstelle zwischen Fachschule und Ausbildungsbetrieb (und ein wenig später für die fertig ausgebildeten NotSans beim Übergang in ein Anstellungsverhältnis als Fachkraft) angesiedelt ist: wie führt man die Generation Z? Abseits des Umstandes, dass es innerhalb von sogenannten Alterskohorten – was der Volksmund eben so als Generationen bezeichnet – erhebliche Streuungen gibt, weil Menschen nun mal Menschen sind, ist die Frage deshalb von Interesse, weil der Kollege, welcher sich des Themas angenommen hatte in der Tat einige interessante Ergebnisse vorweisen konnte.

Diese jungen Menschen streben wohl nach mehr Transparenz im Führungsverhalten, nach mehr Partizipation in der Gestaltung möglichst großer Bereiche ihrer Arbeitsumgebung und nach Respekt für ihr bisheriges Accomplishment; und ganz nebenbei wahrscheinlich auch noch für das Mensch-Sein an sich. Letzteres hatte schon Carl Rogers in den 30ern des vergangenen Jahrhunderts gefordert; also Menschen einfach anzunehmen und ihnen mit natürlichem Respekt zu begegnen. Dass es daran häufig hapert, darf man getrost als Allgemeinplatz bezeichnen. Insoweit decken sich die Ergebnisse mit meinen persönlichen Erfahrungen. Die jungen Leute lassen sich heute nur noch ungerne mit einem „weil das halt so ist“ abspeisen. Und hiertreffen wir auf einen Haufen Probleme, der von beiden Seiten verursacht wird…

Einerseits kann ich aus eigener leidvoller Erfahrung bestätigen, dass wir speziell in meiner Branche noch nahezu flächendeckend weit von Just Culture und Leadership Ability entfernt sind. Also von einer fairen Fehlerkultur, die nicht – typisch deutsch – erst mal jemanden sucht, den man punishen kann, wenn was verrutscht ist, anstatt gemeinsam nach den Ursachen zu forschen, die entstandenen Schäden zu reparieren und Vorkehrungen für die Zukunft zu treffen, die sich nicht in einer verbalen, (oft öffentlichen) Auspeitschung des betreffenden Mitarbeiters erschöpfen. Über Leadership will ich mich lieber nicht zu sehr auslassen, sonst komme ich in Rage. In meiner idealen Welt führt man von vorne, verlangt von seinen Mitarbeitern nichts, was man nicht auch selbst zu geben bereit ist, und kann ein „NEIN“ ohne Groll akzeptieren. Mal schauen, wann ich es schaffe, meinen Ansprüchen gerecht zu werden. Um das hier abzuschließen: es werden alle Fehler gemacht, die das Handbuch beschreibt: intransparentes, willkürlich erscheinendes, forderndes, in vielerlei Hinsicht intolerantes, den Wünschen der Mitarbeiter negativ begegnendes und zu oft auch noch erratisches Führungs-Handeln. Das einem da die Leute wegrennen, ist vollkommen normal. Insbesondere, wenn dann noch mein Lieblingssatz fällt: „Das haben wir schon immer so gemacht!“

Allerdings beobachte ich auch auf der „Gegenseite“, also bei den jungen Azubis und frischen hauptamtlichen Mitarbeitern einige Verhaltensweisen, die ich ganz persönlich nicht gut finde und denen ich – wenn’s mal wieder übertrieben wird – auch offen ablehnend gegenüber stehe! Und das Hauptproblem ist hier fordern, fordern, fordern! Ich lehne keine Forderung einfach so ab. Aber ich behalte mir vor, über die Legitimation nachzudenken und dann auch entsprechend zu entscheiden. Wir ermöglichen viel. Ich habe noch nie davon gehört, dass es an allgemeinbildenden Schulen so genannte Kann-Listen für Klausuren gibt. Es kommt der Stoff dran, der durchgenommen wurde. Und die Lehrer WISSEN, welcher Stoff durchgenommen wurde. Wir kümmern uns um die Unterbringung. Und ich muss ehrlich sagen: ich hatte schon Ferienwohnungen für gutes Geld gemietet, die schlechter waren, als das, was wir bieten. Niemand kann zaubern; nicht mit dem hiesigen Immobilienmarkt. Und die Ausstattung im Lehrsaal ist nicht genauso, wie daheim. Und, und, und… An manchen Tagen würde ich gerne jemanden aus dem Kreis der SuS dahin stellen, wo ich gerade steh und mich dem stellen muss. Spaß bei der Arbeit geht anders!

Ein substanzielles Problem aber habe ich, wenn ich höre, dass man sich in gewissen social media Kanälen immer und immer wieder gegenseitig anheizt, so nach dem Motto „Mal schauen, was noch geht!“ Falls irgendeiner meiner Azubis das hier liest, kann ich an dieser Stelle klipp und klar in aller Deutlichkeit sagen: NICHTS MEHR! DAS LIMIT IST IN JEDER HINSICHT ERREICHT! Ich weiß, dass die Ausbildung anspruchsvoll ist, dass man sich gerne auf die Inhalte konzentrieren können möchte etc. Und ich habe auch Verständnis dafür, dass so eine Azubi-WG sich auch ein bisschen wohnlich anfühlen soll. Kein Ding. Und mir ist ebenso klar, dass meine Generation anders erzogen und ausgebildet wurde. Aber auch 2021 gilt immer noch: Lehrjahre sind keine Herrenjahre! Ich respektiere meine Azubis, begegne ihnen (zumindest denke ich das) auf Augenhöhe, und versuche Probleme im Rahmen meiner Möglichkeiten schnell und unkompliziert zu lösen. Im Umkehrschluss erwarte ich aber auch, dass sie nicht nur mich, sondern auch die Limits, an denen ich mich orientieren muss, respektieren. Andernfalls reden wir nicht mehr von einem fairen und transparenten Miteinander. Das Verhältnis zwischen den Azubis und den Lehrkräften ist nämlich keine Dienstleistungs-Einbahnstraße!

Mag sein, dass dieser Post weniger metatheoretisch und sehr stark von meinen Erfahrungen der letzten Wochen und Monate geprägt ist, aber auch solche Dinge muss man gelegentlich zur Diskussion stellen. Denn eigentlich kann ich nicht glauben, dass ich der einzige sein soll, bei dem die SuS ihre Macht austesten, „Mama hat gesagt – Papa hat gesagt“ spielen, versuchen, die Honorar-Dozenten auf ihre Seite zu ziehen, etc. Kennen bestimmt auch andere. Würde mich freuen, mal drüber sprechen zu können. Ansonsten: für alle, denen das möglich ist, ein schönes verlängertes Wochenende.

Zufriedenheit N°6 – Bleib rätselhaft!

Es ist, milde formuliert, irritierend, mit was für einem Scheiß sich das Feuilleton des Öfteren auseinandersetzt. Ich las heute morgen, dass die ARD ein Unterformat ihrer Reihe „Wissen vor Acht“ mit dem Titel „Sprüche vor Acht“ plant. Da sollen Redensarten erklärt werden. Nun weiß ich, dass es jede Menge Menschen gibt, die in Ermangelung besserer Ideen immer noch die gruseligen Hauptprogramme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks konsumieren. Eben jener Anstalten, die immer wieder (grundlos) rumjammern, dass die Zwangsabgabe nicht hoch genug sei, produzieren dabei mit Hilfe ihres unfassbar riesigen, und unfassbar nutzlosen Verwaltungsapparates nicht selten kapitalen Bullshit. So mancher Redakteur bei ZON und anderswo wäre ohne die Ausfälle des ÖR wahrscheinlich arbeitslos. Unter Beachtung des Umstandes, wie viele Menschen in Deutschland ein Smartphone besitzen, und wahrscheinlich zumindest googeln können, stellt sich mir nun die Frage, welchen Sinn oben genanntes Format haben sollte?

Glaubt die ARD, damit ihrem Bildungsauftrag nachzukommen? Das käme dann ein paar Jahrzehnte zu spät. So was hätte vielleicht vor 25 Jahren noch Sinn gemacht, aber heute? Versucht man dem eigenen Anspruch als Hüterin von Kultur gerecht zu werden? Was soll dann der Tatort, der mittlerweile nur noch aus (falschen) Milieustudien und kaputten Kommissaren:innen besteht? Versuchen die dann etwa witzig zu sein? Sorry, aber die Domäne haben die Spartensender und eigenen Landesanstalten schon seit Jahr und Tag besetzt. Und das immer noch besser, als die Privaten. Ich glaube ja, dass in manchen Köpfen von so genannten Verantwortlichen immer noch diese strikte Trennung von Hochkultur und Populärkultur existiert, die – PARDON – Unfug ist. Obsolet, Kann auf den Müll. Ich habe vor ein paar Jahren mal einen Artikel über Recycling-Kreativität geschrieben, der mir gerade wieder in den Sinn kam. Warum gibt es überhaupt so eine gedankliche Trennung: Oper ist Kunst, Heavy-Metal ist Geschmackssache, „Faust“ ist Literatur, Comics sind Schund, „Panzerkreuzer Potemkin“ ist ein Zeitdokument, „Guardians of the Galaxy“ hingegen irrelevante Unterhaltung, usw.? Ich zitiere mich mal selbst:

„Zum einen vermisse ich einen wichtigen Aspekt der Prozessualität von Leben und (menschlichem) Schaffen, nämlich den der je individuellen wie auch zeitgenössischen Eigenheiten der kreativ tätigen Menschen. Methoden ändern sich, Materialien und Techniken ändern sich; und natürlich ändern sich auch die Menschen. Das was wir als tradierte Güter ehemaligen Kulturschaffens mit uns herum tragen mag eine gewisse Präsenz haben doch es diktiert nicht mein eigenes schöpferisches Tun. Ich nutze Geschriebenes, Gemaltes nicht als Blaupause für meine eigenen Werke, so wenig wie die viele andere dies tun. Vielmehr ist diese dem Wandel innewohnende Varianz Motor für Vielfalt, für Innovation. Mag sein, dass einmal Gedachtes oder Gemachtes hie und da seinen Widerhall in den Kreationen kontemporärer Künstler findet, doch dies entwertet die Kunst in keinster Weise, wenn die Idee und Erkenntnis des Künstlers in ihm selbst gereift ist und so seinem Werk zur Kraft gereicht, Idee und Erkenntnis zu transportieren. Wie oft denkt man einen Gedanken, nur um später herausfinden zu müssen, dass ein Anderer diesen auch schon hatte. Dennoch ist der vielleicht auf ganz anderem Wege dahin gelangt und wird für sich reklamieren, von selbst darauf gekommen zu sein, selbst wenn es auch vor ihm schon mal jemanden gegeben haben sollte, usw.“

http://unlimited-imaginations.com/recyclingkreativitat-gibts-sowas-uberhaupt

Doch das ist ja nur der eine Aspekt. So sehr ich dafür eintrete, Leben, Kultur und Kunst als Prozesse zu betrachten, die ständig neue Iterationen durchlaufen, um dabei immer wieder neue, erstaunliche, schöne, gruselige, widersinnige, widerspenstige, fordernde und sonst wie spannende Produkte hervorzubringen, möchte ich mich der Ergebnisoffenheit dieser Prozesse verpflichten. Die politische Bedeutung von „ergebnisoffen“ wird von den Menschen ja oft mit „haben die doch schon im Hinterzimmer ausgekungelt und jetzt tun sie nur noch für eine Weile so, als wenn sie nach einer tollen neuen Lösung suchen“ übersetzt. Und so ganz falsch ist das ja leider oft auch gar nicht, wenn man sich auf eine geringe Anzahl mehr oder weniger opportuner Lösungen festlegt, anstatt wirklich über den Tellerrand zu schauen. Die Suche nach einem Atommüllendlager in Deutschland illustriert das höchst eindrucksvoll. Kultur und ihre Produkte (die wir manchmal als Kunst wahrnehmen) sind jedoch tatsächlich ergebnisoffene Prozesse im besten – manchmal auch schlimmsten – Sinne des Wortes. Forrest Gumps Pralinenschachtel in riesengroß…

Für mich macht das den Reiz aus. Die „Klassiker“ der Weltliteratur werden in Schulen in dem – nicht selten vergeblichen – Versuch genutzt, grundsätzliche Prinzipien menschlichen Miteinanders zu versinnbildlichen. Beim „Fänger im Roggen“ geht es nicht um das Sezieren der Worte, sondern um’s Erwachsenwerden, um die Kritik an der nivellierten Mittelstandsgesellschaft der USA in den 50ern. Ich habe das Buch nie gemocht, weil ich „Holden Caulfield“ vom ersten Moment an für einen Idioten, einen narzisstischen, selbstmitleidigen Schwafler hielt. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Und ich denke, ich war nicht der Einzige. Im Musikunterricht müssen sie immer noch unnötigerweise soziodemographische Fakten zu Komponisten auswendig lernen. Die Liste ließe sich noch ein Stück weiterführen, doch was ich eigentlich sagen will, passt in einen Satz: etwas ist kein Klassiker, nur weil es mal irgendwann für irgendwen eine gewisse Relevanz besessen haben mag. Ich tue mir schwer damit, in Songs von „Capital Bra“ irgend eine nennenswerte Schöpfungshöhe zu erkennen. Und dennoch reflektiert der dämliche Bruder den Zeitgeist. Zeitgeist muss einem halt nicht unbedingt gefallen…

Kulturprodukte und Kulturpraktiken ändern sich, Sinnzusammenhänge und Relevanz ändern sich, doch so lange Kunst die Funktion erfüllt, Menschen zum Denken und Fühlen anzuregen, bleibt ihr Zweck auch unter sich verändernden Vorzeichen erhalten. Sie soll faszinieren, Fragen stellen, ohne gleich platt eine Antwort mitzuliefern. Sie soll uns unsere Gefühle bewusst werden lassen; die Guten wie die Schlechten. Sie soll uns mithin dazu bringen mehr Mensch zu sein. Und dazu darf Kultur auch gerne mal rätselhaft bleiben. Viel zu oft ziehen wir unsere Taschenwanze hervor, um eine Frage instant beantworten zu können, wenn ein wenig Kontemplation enthüllen könnte, dass nicht die Antwort das Ziel war, sondern der Denkprozess. Wie beim Wandern, so ist auch beim Denken oft der Weg das Ziel, weil wir am Weg wachsen! Am Ziel wächst höchstens mein Ranzen, wenn es dann ans Schnabulieren geht… Bitte nicht missverstehen: ich schnabuliere auch gerne. Aber mehr Zufriedenheit erfahre ich entlang des Weges. Und Zufriedenheit ist mir im Moment noch immer ein rares Gut, für welches ich gerne Mühen auf mich nehme – solange ich das selbst bestimmt tun kann! Ich wünsche ein schönes Wochenende.

New Work N°7 – Gimmicks rule?

Es ist, wenn man sich mit der Angelegenheit mal eine Weile befasst hat, ziemlich bald klar, dass Gimmicks in der Arbeitswelt als symbolische Währung für Status, Standing, etc. in Organisationen missverstanden – manchmal auch missbraucht – werden, obschon sie doch eigentlich nur Werkzeuge sind (bzw. sein sollten) , mit denen sich Arbeit etwas effizienter gestalten lässt; durch bessere Erreichbarkeit etwa. Weshalb mein Arbeitgeber mir ein Smartphone stellt, welches mir im Gegenzug Zugriff auf die Unternehmenskommunikation gestattet. Er nutzt dafür ein vergleichsweise einfaches Gerät aus der Samsung XCover-Serie. Ich mag das Teil, denn es ist robust, bietet für den Administrator zusätzlichen Schutz vor Malware, etc. und macht ebenso klaglos wie zuverlässig, was es soll. Schönes Ding.

Ich höre in meinem Hinterkopf gerade Stimmen; die eine Fraktion sagt „Wie? Mit so einem popeligen Teil lässt du dich abspeisen…?“ Die Andere fragt wahrscheinlich, warum ich ein Smartphone brauchen sollte, andere Leute (z.B. sie selbst) sind doch viel wichtiger. Beide machen den gleichen, oben schon erwähnten Fehler: sie verwechseln Schein und Sein. Soll ich ehrlich sein. Am Anfang habe ich mir keine Gedanken drüber gemacht, wie wenig teuer, prestigeträchtig, etc. das Dings ist, sondern habe mich gefreut, dass ich nicht für jede Mail in mein Büro laufen muss.. Der Prestige-Gedanke hat sich übrigens immer noch nicht eingestellt. Aus oben genannten Gründen. Hochglanzpolierte Oberflächen sind nämlich nach meiner Erfahrung meistens genau das: oberflächlich glänzend, aber auch nicht mehr! Mal davon abgesehen, dass ich mir auch privat nie irgend so ein schweineteures High-End-Gerät kaufen würde. Mir erschließt sich bei durchschnittlichen Nutzungsprofilen der allermeisten Konsumenten nicht wirklich, wofür sie die überstylte, überdimensionierte Taschwenwanze brauchen sollten. Die meisten nutzen die Dinger doch eh nur zum Zocken, Fotografieren, ein bisschen surfen und Messengern. Dafür langt auch mein privates Galaxy A41.

Ich werde ja nicht müde, zu sagen dass das Phone halt nur so smart wie sein Benutzer sein kann; bezogen darauf tragen sehr viele Leute einen Supersportwagen in der Tasche, wo ein Minivan locker gereicht hätte. Und das Statusargument werde ich hier nicht gelten lassen. Denn tatsächlich konstituiert sich Status völlig anders, als durch überflüssige sichtbare Zeichen. Aber auch das zu lernen wird dir Menschheit noch eine ganze Weile brauchen. Für mich wird derweil immer wichtiger, auf welche Weise ich irgendwelche Apparate, Apps, etc. produktiv nutzen kann. Zum einen, weil privat, wie auch beruflich ein endliches Budget zur Verfügung steht; und zum anderen, weil ich keine Lust darauf habe, mir meinen Arbeitsplatz (egal ob im Home- , oder im Workplace-Office) mit unnötigem Tinnef vollzustellen. Da hat sich in meinem Kopf in den letzten Jahren ein gewisser Wandel vollzogen. Früher war ich doch manchmal schon arg verspielt, und ließ mich leicht zu irgendwelchen Dingen hinreißen. Heutzutage bin ich etwas weniger Affekt-inkontinent, dafür jedoch zielgerichteter bei Anschaffungen. Insbesondere, wenn’s um Spielzeuge geht, deren Nutzen sich erst noch herausstellen muss.

Zugegeben: ich bin bis heute nicht frei von einer gewissen Spielfreude und der stetigen Suche nach etwas Neuem, das mir helfen könnte, meine Kreativität besser zu entfalten. Man rennt dabei gelegentlich in Sackgassen und verbrennt etwas Geld. Doch im großen und ganzen bemerke ich, dass weniger tatsächlich mehr ist. Neulich haben sich meine Schülerinnen und Schüler ein bisschen über ein Bild aus meinem Home-Office lustig gemacht, weil nur zwei Monitore, ein Festnetztelefon und ein einsames Mikro draufstehen. Die sind halt noch arg jung. Das wichtigste Gimmick auf meinem Home-Office-Desk ist derzeit ein Kalender, bei dem man durch zufälliges Aufblättern Fragen erzeugen kann; hier ein Ergebnis:

Übrigens wirklich eine geile Frage…

Womit wir an der Frage angelangt wären, was ein Gimmick eigentlich ist? Der Tech-affine Typ in mir (wie auch in vielen anderen) denkt dabei natürlich spontan an irgendwelche elektronischen Spielzeuge, Apps, Software, etc. Wie unglaublich kurzsichtig. Das Bild oben zeigt ein Device, dass trotz der einfachen Ausführung ziemlich smart ist. Smarter jedenfalls, als die meisten Phone-User! Nicht das Dingliche an sich macht einen Gegenstand zum Gimmick, sondern die Arten, auf die man diesen benutzen kann. Und oft findet man die spannendsten erst durch ausprobieren. Der wirkliche Wert eines Devices liegt in dem, was wir mit dem Ding anstellen, nicht im Ding an sich. Je mehr sich die Menschen das wieder ins Gedächtnis rufen, desto früher kommen wir vielleicht wieder zu mehr Nachhaltigkeit. Ich fände es zudem ziemlich erfrischend, wenn wir anfingen, darüber nachzudenken, was wir wirklich brauchen – nicht nur bei der Arbeit, sondern überhaupt – und weniger Wert auf Oberflächen zu legen; denn die sind allesamt vergänglich. So, wie wir! In diesem Sinne wünsche ich eine produktive Woche. Apropos – Produktivität…was ist das eigentlich?

Zwischenruf N°3

Immer wieder irritierend, was für Verläufe „Diskussionen“ auf Facebook nehmen. Hatte jemand drauf hingewiesen, dass unverpixelte KFZ-Kennzeichen Käse wären. Als Antwort darauf geht’s gleich ad hominem: „Lass doch mal die Kirche im Dorf“, es wird ein 14! Jahre altes, von der EU-DSGVO lange überholtes Urteil rausgezogen, und das Bild sei ja schon uralt; und wenn ich mir die Frechheit rausnehme, dem Mensch zu widersprechen, kommt gleich noch’n Anderer und weiß es auch besser. Man fühlte sich im Recht – und tat es mir kund. Dass ich mir erlaube, darauf nicht direkt zu antworten, wird dann wahrscheinlich auch noch als Bestätigung für die eigene Berechtigung gewertet, Gesetze so zu interpretieren, wie’s einem halt gerade in den Kram passt. Könnte aber auch daran gelegen haben, dass ich „nur“ Pädagoge bin. Da war es wieder, das Schachspielen mit Tauben…

Butter bei die Fisch: es gibt bei uns in Deutschland diesen einen, zufällig akademisierten Berufsstand, in dem immer mal wieder einzelne Vertreter glauben, dass Arzt zu sein bedeutet, alles besser zu können, besser zu wissen und folglich auch mehr zu dürfen, als alle Anderen. Ausdrücklich weise ich hiermit darauf hin, dass ’n fauler Apfel leider die ganze Kiste verderben kann. Mit anderen Worten: diese Einzelfälle erweisen dem Berufsstand einen Bärendienst, weil ich ehrlich gesagt wohl nicht der Einzige bin, der mittlerweile grundsätzlich Ärzten (außer wahrscheinlich Medizin) erst mal gar nichts zutraut, bis sie mir das Gegenteil bewiesen haben. Insbesondere, wenn es um die geistes- und sozialwissenschaftliche Themen geht. Denn seien wir mal ehrlich, weder das, noch Betriebswirtschafts- oder Führungslehre sind Bestandteil der Arztausbildung. Wenn Vertreter dieses Berufsstandes dort auch glänzen können, dann nur, weil sie sich abseits ihrer eigentlichen Profession weitergebildet haben. Auch das gibt es; Gott sei Dank genauso oft wie die anderen, von denen ich gerade sprach.

Warum mir das überhaupt einen – zugegeben etwas polemischen – Blogpost wert ist? Weil leider in manchen Gremien, deren Entscheidungen ich mich auch in beruflicher Hinsicht unterwerfen muss, gelegentlich Vertreter der „Kann alles besser – weiß alles besser!“-Fraktion sitzen, die sicher viele Qualitäten haben; jedoch oft nicht die, welche das Gremium gerade braucht. Und dann driften eigentlich sachlich zu führende Diskussionen und Output-orientiert zu gestaltende Prozesse in ständisches Geplänkel ab. Das hält auf, verschwendet Ressourcen und mach nichts besser. Gott sei Dank mache ich diese Erfahrung in letzter Zeit immer seltener. Die meisten Ärzte sind abseits irgendwelcher Titel pragmatisch und menschlich genug, an der Sache Fortschritt erzielen zu wollen. Und das tut gut!

Die Eingangs erwähnte Diskussion auf Facebook geht mir übrigens nachgerade mit Wucht am Arsch vorbei, weil mich die Meinung der anderen Protagonisten dort einfach nicht interessiert. Sollen sie doch glauben was sie wollen. Ich erkenne allerdings ein Problem, welches für mich daraus erwächst: wenn immer mehr Menschen, denen ich intellektuelle Leistungsfähigkeit zur Metareflexion ihres Tuns zumindest zugetraut hätte, mich vom Gegenteil überzeugen, indem sie implizit „Meine Förmchen, mein Sandkasten!“ oder wahlweise auch „Du bis blöd!“ schreien, anstatt über das Problem zu reden, oder einen anderen Standpunkt auch nur zu erwägen, tötet das langsam aber sicher mein Interesse an sachlicher Auseinandersetzung; weil ich eh nur noch allen möglichen Menschen unterstelle, selbstgefällige Dummschwätzer zu sein! Und eigentlich will ich das nicht…

Warum in drei Teufels Namen bin ich eigentlich noch bei Facebook? Weil ich meine Blogposts dort zur Kenntnis gebe? Ich schreibe das hier doch vor allem für mich… Wird vielleicht doch endlich Zeit zu gehen und diese ganzen Wesen, die ich als arrogante, unreflektierte Selbstdarsteller wahrnehme, sich selbst zu überlassen. Wenn ich Ihnen damit nur nicht auch den Rest der Welt überließe. Schließlich zählt kurzer Ruhm heute mehr als nachhaltiges Tun. „good fight – good night!“

Symbolik für Anfänger – Part 1

Ich habe in meinem letzten Post einen Nebensatz hingeworfen, der nach längerem Überdenken vermutlich einer Erläuterung bedarf: „…in dem die Äußerlichkeit der Dinge und deren Bedeutung dauernd miteinander verschmolzen werden, …„. Man merkt, dass ich mal wieder tiefer in das Thema Zeichenbedeutung eingestiegen bin. Aber Semiotik fasziniert mich, nicht nur des Berufes wegen, schon länger. Worauf ich damit hinweisen wollte, ist der Umstand, dass unser durchschnittlich konsum-kapitalistisches Verhalten uns allzu oft dazu bringt, den Inhalt mit der Verpackung zu verwechseln. Und das ist eine der stärksten Nachwirkungen des Jahrhunderts des Modernismus (des 20. Jahrhunderts): die teilweise unfassbare Wirksamkeit moderner Werbung!

Warum wollen Menschen jedes Jahr das neueste Smartphone? Weil sie dessen Leistung tatsächlich benötigen? Wenn man die Tatsache in Betracht zieht, dass das Phone als solches maximal so smart sein kann, wie sein Benutzer, kommen wir mit dieser Erklärung bei den weitaus meisten Menschen (leider) nicht sehr weit. Na gut; dann halt geplante Obsoleszenz? Physisch sicher nicht, denn abseits der üblichen Produktionsfehler-Wahrscheinlichkeit machen die meisten mobilen Endgeräte 3-4 Jahre täglichen Gebrauch selbst bei fest verdrahtetem Akku klaglos mit. Zumindest die Geräte, die ich im letzten Jahrzehnt hatte. Und die gehörten nicht zur Oberklasse. Psychisch jedoch schon eher. Denn natürlich wird in den hochglanzpolierten Anzeigen in jedwedem Medium geflissentlich verschwiegen, wie groß (oder eher klein) der Performance-Gewinn tatsächlich ausfällt, und für welche Nutzergruppen sich das tatsächlich lohnen könnte. Und weil auch die Redakteure der vielen Test-Portale sich dem Sirenen-Gesang des Fortschrittsversprechens nicht entziehen können, gibt es viel zu oft riesige Lobeshymnen auf marginale Entwicklungsschritte.

Fortschrittsversprechen. Da haben wir es. Das Movens Maximus unserer Zeit. Alles muss weiter gehen, alles muss besser werden; wobei besser dabei mit „schneller, höher, weiter, etc.“ synonymisiert wird. Doch ist ein performanteres Smartphone – oder irgendein anderes neues Tech-Gadget – tatsächlich Fortschritt? Führt es zu einer echten Verbesserung des menschlichen Daseins? Oder wird uns hier von der Werbung nicht vielmehr ein ziemlich dicker Bär aufgebunden? Denn wenn wir uns den aktuellen Zustand der Welt anschauen, der sich ziemlich gut mit einem einzigen Wort beschreiben lässt, darf man daran starke Zweifel hegen; dieses Wort lautet übrigens „RESSOURCENVERSCHWENDUNG“…

Ich will hier gar nicht anfangen, darüber zu diskutieren, dass echte Nachhaltigkeit, die unseren folgenden Generationen eine Zukunft schenken würde, vermutlich anders aussieht. Mir geht es um die Zeichen, welche unsere Zeit durchdringen und damit das Denken sehr vieler Menschen (un)nachhaltig beeinflussen. Denn natürlich arbeitet die Werbung mit den – von uns selbst – in diese Bilder hineininterpretierten Bedeutungsüberschüssen. Semiose, also (vereinfacht) die Entstehung von Zeichenbedeutungen im Interpretanten (uns) ist von vielen Faktoren abhängig. Gleich ist aber fast allen Menschen, aus fast allen Kulturkreisen eines: das Streben nach mehr oder weniger bescheidenem Wohlstand; weil dieser uns ein Gefühl der Sicherheit vor den schlimmsten existenziellen Sorgen und Ängsten gibt. Und im Kern ist das ja auch wahr.

Da Konsumkapitalismus aber das oben beschrieene „schneller, höher, weiter, etc.“ braucht, weil er sonst zusammenbricht, begann man im Zuge seines Wachstums im 20. Jahrhundert mittels des, damals noch neuen Mediums Werbung, dieses Mantra in die Köpfe aller Menschen zu transportieren – bis zu dem Punkt, dass wir alle es so sehr verinnerlicht haben, dass wir Konsum mit Fortschritt verwechseln; und die Verpackung mit dem Inhalt. Oder noch besser: Dinge subjektiv mit einem Sinn füllen, den sie objektiv nicht haben. Wie das oben beschriebene jährlich neue Smartphone. Und bevor jetzt irgend jemand wieder anfängt, über moralinsauer erhobene Zeigefinger zu schwadronieren: ich selbst bin mehr als oft genug in diese Falle getappt, bevor ich erkennen durfte, wie grundlegend diese Synonymisierung von Konsum und Fortschritt auch mein Denken von Kindesbeinen an durchzieht. Doch wenn man genau sucht, ist da eigentlich keine Leere, die es zu füllen gilt.

Fortschritt als Begriff ist nicht begreifbar. Er verweist immer auf irgendwas (gutes?), dass (vielleicht?) in der Zukunft passiert. Fortschritt ist also Kontingenz (ein gedachter Raum von Möglichkeiten) in Reinform. Alles kann – nichts muss! Und dieser Raum voller gedachter Möglichkeiten war schon immer der Motor aller Entwicklungen, welche die Menschheit hervor gebracht hat. Doch seit unsere Gesellschaft mehr und mehr der oben beschriebenen konsumkapitalistischen Logik unterworfen wird, erzeugt allein der (sogar oft unbewusste) Gedanke an Fortschritt einen Sog auf uns alle; einen Sog in die Zukunft, der das Jetzt unvollkommen erscheinen lässt! Werbung bespielt diesen, sowieso schon vorhandenen Drang nach vorne jetzt schon so lange, dass es ihr ohne größeren Aufwand möglich ist, Begierden in uns zu wecken, die jedwedes realen Bedürfnisses entbehren. Das bedeutet, wir synonymisieren mittlerweile (unzulässigerweise) nicht nur Konsum und Fortschritt – wir wollen Konsum ALS Fortschritt…

Diese Gedanken sind weder neu, noch sind sie besonders originell. Aber sie müssen anscheinend immer wieder neu gedacht und kommuniziert werden. Was das mit der (meiner) Arbeitswelt zu tun hat, darüber rede ich schon sehr bald in Part 2. Bis dahin fröhliche Katharsis am Karfreitag…

Quarantini olé!

Morgen ist der erste April. Mir ist im Moment nicht nach Scherzen zumute. Aber wenn man zu Hause wegen des Clusterkindes darauf wartet, dass man seinen ersten offiziellen Test machen kann, ist die Wahrscheinlichkeit, dass einen irgendein Depp auf den Arm zu nehmen versucht, ja auch eher gering. Die beste Ehefrau von allen und die Kinder haben an sowas kaum Interesse. Mal davon abgesehen, dass die meisten Aprilscherze – wem immer dafür auch Dank sein muss – ja eher harmloser Natur sind. Ich jedenfalls bin im Moment unzufrieden knurrig. Könnte daran liegen, dass man meine pragmatische (nicht vorher abgestimmte) Entscheidung, bei Bekanntwerden des Problems einfach den Plan für die Woche umzustricken und dafür von zu Hause weiterzuarbeiten als oberhalb meines Kompetenzlevels empfand. Darum ist es mal wieder an der Zeit für eine Meditation über Präsentismus und Erreichbarkeit.

Apropos Erreichbarkeit. Wenn ich hier an meinem persönlichen Schreibtisch sitze oder stehe, bin ich auf mindestens SECHS! verschiedene Arten erreichbar: privates Smartphone, dienstliches Smartphone, Festnetz, Whatsapp Web, Telegram Web und E-Mail. Alles in Griffweite, und alles online, sobald ich meinen Arbeitstag beginne. Ich werde nicht lügen: es ist OK, ein paar Minuten länger liegen bleiben zu dürfen, weil die Fahrtstrecke zur Arbeit entfällt. Und es ist hier viel ruhiger, als an meinem Präsenzarbeitsplatz in der Dienststelle. Und an die gelegentliche Nutzung meiner privaten IT-Infrastruktur für Dienstliches habe ich mich im Lauf der Jahre gewöhnt; das passiert einem als Lehrer/Dozent öfter. Außerdem kann ich an meinem privaten Schreibtisch im Stehen arbeiten…

Ich verstehe, dass man seine Angestellten arbeiten sehen möchte. Es gibt einem das gute Gefühl, kein Geld für Faulenzeritis und Kokolores auszugeben. Man sieht, was man dafür bekommt! Oder…? Jetzt mal im Ernst: glaubt irgendjemand, dass Menschen arbeiten, nur weil die in ihrem Büro am Platz sitzen? Really? Was qualifiziert überhaupt als dieses mystische Ding namens „Arbeit“? Meine Kinder jedenfalls verstehen nicht, was ich da tue; weil es schwer zu durchschauen ist, was es nun mit Networking, Planung, Organisation oder Content-Produktion, etc. auf sich hat. Excel-Tabellen zusammenschubsen, Mails schreiben, telefonieren und so weiter und so fort; das sieht unspannend aus. Und es ist schwer durchschaubar, ob gerade etwas produktives geschieht, oder einfach nur zum x-ten Mal Akten von links nach rechts geschichtet werden – das geht ja auch digital.

Woran misst man, ob jemand „sein Geld wert ist“? Daran, dass er/sie/divers halt im Büro anwest? Oder doch eher daran, dass er/sie/divers einen Mehrwert erzeugt? Ihr wisst schon: dass wofür man diese Steuer zahlt. Also Wertschöpfung auf verschiedenen Stufen des Wirtschaftssystems. Ganz ehrlich, ich werde hier sicher nicht darüber urteilen, wie groß der Mehrwert ist, den ich für meinen Arbeitgeber derzeit erzeuge. Das Projekt ist ja noch im Aufbau befindlich. Aber wenn er denn dann entsteht, passiert das auf so vielen Ebenen. Zum Beispiel durch die mittelfristige Bereitstellung von kompetenten Mitarbeitern für das operative Geschäft „Rettungsdienst“. Durch Mitarbeiterbindung, welche durch gute Fort- und Weiterbildungs-Angebote nachweislich mindestens genauso gesteigert wird, wie durch ein angemessenes Salär. Durch die Schöpfung (und mittelfristig hoffentlich auch Verbesserung) von Qualität. Schließlich durch den Verkauf von Bildungsdienstleistungen an externe Nachfrager.

Warum zeige ich schon wieder meinen Schreibtisch? Als Signifikant für das Signifikat „Arbeit“, die hier vermutlich erbracht wird? Dann wäre der Mehrwert, den ich zu erzeugen hoffe das Referens; also die Entsprechung in der realen Welt? Und damit sind diese kuratierten Bildchen hinsichtlich ihres Sinnes auch schon hoffnungslos entzaubert, oder? Wie bei einem Magier, der seinen Trick Stück für Stück erklärt. Aber mir geht es nicht darum, meinen Wert bildlich darstellen zu wollen. Das tun nutzlose Kleiderständer in irgendwelchen Büros landauf landab jeden Tag. So tun, als wenn sie Wert schöpfen würden. Ich will kein Schulterklopfen und kein Danke – ich will einfach nur den Raum, so arbeiten zu dürfen, dass ich auch tatsächlich maximalen Mehrwert erzeugen kann. Und das geht mit den – pardon – eingeschränkten Möglichkeiten andernorts nicht immer. Tatsächlich nicht mal oft…

In einem Zeitalter in dem ein neuer Laptop schon als der Gipfel betrieblich Produktivitäts-Maschinerie verstanden wird, in dem die Äußerlichkeit der Dinge und deren Bedeutung dauernd miteinander verschmolzen werden, ist es äußerst schwer, zu erklären, warum kreatives Arbeiten nach anderen Regeln funktioniert – oder vielmehr, funktionieren muss – als Akten von links nach rechts zu schubsen. Auch die digitalen… Ich sage es wie’s ist: ich weiß nicht, wie Vorgesetzte im Mittel auf so einen Schrieb reagieren, aber ich muss mir Luft machen. Und weil Anschreien keine Lösung ist – und auch nie sein wird – ist dies hier die nächstbeste Möglichkeit, meinen Frust rauszulassen. Meinen Frust darüber, dass das frühe 21. Jahrhundert mit seinen mannigfaltigen Möglichkeiten, bestimmte Formen von Arbeit (bei weitem nicht alle!) zu flexibilisieren, immer noch nicht verstanden oder gar gelebt wird. Für heute habe ich fertig. Frohen ersten April. Mein Quarantini heute war übrigens ein Cappuccino!