T-Shirts in gedeckten Farben… okay, fast alle sind schwarz, nur manche haben (aus meiner Sicht lustige) Mottos aufgedruckt. Jeans (oder im Sommer wegen akuter Verdampfungs-Gefahr auch Shorts) in gedeckten Farben. Hier dominieren Blau- und Grautöne; natürlich neben Schwarz. Sneaker, meistens uni, oft grau oder schwarz, aber niemals weiß. Ergänzt durch Socken, deren Länge und Stoffstärke tatsächlich die Außentemperatur reflektieren. Das ist meine übliche „Uniform“. In der Dienststelle wechsele ich das T-Shirt zumeist gegen eines unserer Dienstpolos, oder manchmal gegen ein richtiges Hemd, wenn der Anlaß dies erfordert. Und an zwei bis drei Tagen im Jahr trage ich einen Anzug: bei meiner Statur selbstverständlich einen dunklen Einreiher, Maßanfertigung und dazu echte Lederschuhe in … tadaaaa… schwarz. Oxfords, keine Budapester; ist eine Entscheidung fürs Leben. Bin ich also stylisch? Ich würde sagen, aus Sicht junger Menschen in etwa so sehr wie der Bauhaus-Katalog, aber das ist mir wumpe. Denn Hübschheit vergeht – Gehirn besteht! Und ab einem bestimmten Punkt im Leben (nicht erst mit 50) muss man sich optisch für niemanden mehr zum Affen machen, weil das schlicht peinlich ist.
Ich finde ja Menschen, die offenkundig älter sind als ich, jedoch immer noch krampfhaft versuchen, sich zu (ver)kleiden wie meine Schüler*innen ehrlich gesagt ziemlich lächerlich. Zumal diese äußerliche „Jugendlichkeit“ meist mit Balearen-ledriger Knusprigkeitsbräune einher geht, bei der viele Kids, deren Wochenverbrauch an LSF 50 mittlerweile in Litern gemessen wird heutzutage einfach nur noch „IGITT“ sagen. Die „gemachte“ Optik in all ihren Spielarten und Ausprägungen hat als Distinktions-Merkmal schon seit eh und je Hochkonjunktur. Aber je „individueller“ sich die Menschen herrichten, desto häufiger stelle ICH mir die Frage, ob das nur eine „Phase“ ist – oder schon ein Schaden? Ich weiß, ich weiß, „lass dem Kind die Puppe!“. Wenn sich jemand unbedingt auf eine bestimmte Art stylen möchte, dann hat das in aller Regel seinen Grund (ich nehme mal an, dass z.B. Lady Gagas „Schnitzkleid“ nicht allzu bequem gewesen sein dürfte) und ist damit Ausdruck von Persönlichkeit; womit sich das jeglicher Diskussion entzieht. Und doch steht/sitzt/liegt man manchmal da und kommt nicht umhin, sich „Was zum *******…?“ zu denken. Und genau damit hat der fragliche Style dann ja auch schon wieder einen Zweck erfüllt: er hat Aufmerksamkeit erregt! Übers Botoxen, Nail- und Hair-Extensions und manch anderen Quatsch für die Optik werde ich jetzt hier allerdings nichts sagen.
Bleibt die Diskussion um die Angemessenheit bestimmter Kleidung an bestimmten Orten und zu bestimmten Zeiten. Spielt immer der Male Gaze die erste Geige, wenn Hotpants, Miniröcke, bauchfreie Tops, etc. in Bausch und Bogen verdammt oder sogar institutionell verboten werden? Wie steht man zu einem genderfluiden Style, bzw. der bewussten Konterkarierung tradierter Gender-Stereotype (Stichwort: Conchita Wurst)? Bedeutet Hochzeit automatisch weißes Kleid und Anzug (und Todesdrohungen für Brautjungfern, die ebenfalls weiß tragen…!)? Muss meine optische Darreichungsform heute auch noch alle möglichen Befindlichkeiten in meinen Gegenübern antizipieren und respektieren? Oder kann ich nicht einfach so sein, wie ich möchte? Ich meine, ganz ehrlich, ICH habe damit wenig Probleme, da mein oben beschriebener Nicht-Style a) wenig kontrovers ist, b) bei den meisten Gelegenheiten vollkommen ausreicht, c) nicht gerade nach Aufmerksamkeit heischt und d) bei einem white, middle-aged cis-gender-male von gewissem Format die „Problemzonen“ nicht über Gebühr betont! Abgesehen davon ist er günstig und die Auswahl am Kleiderschrank geht in Nullkommanix. Mir tun diejenigen ehrlich leid, die sich Gedanken um so etwas wie Style machen zu müssen glauben, weil diese Mühe ihr Leben vermutlich erheblich verkompliziert. Aber wenn es halt zum persönlichen Asudruck und vor allem den Balzritualen gehört… Mehr Sorgen mache ich mir um diejenigen, denen ihre Individualität Probleme bereitet, weil andere nicht einfach akzeptieren können, das Optik einfach nur das ist – Optik! Sie sagt über das Innenleben der Person NICHTS aus. Gar nichts… Und wenn das Licht ausgeht, sind wir alle grau – einfach nur Menschen.
Hier in Italien, wo, wie man sagt, JEDE*R sich angeblich stylisch kleide, habe ich durchaus auch ein gewisses Maß an Eitelkeit an einem Teil der Menschen bemerkt (zumeist den Jüngeren). Ebenso viele Andere (eher die Älteren) scheinen sich aber weniger bis (gelegentlich) gar keine Gedanken um ihr Äußeres zu machen, womit sich das kein Jota von meinen Erfahrungen in Deutschland unterscheidet. Ich werde hier dennoch treffsicher als Deutscher erkannt – so gut wie niemand rennt hier in Schwarz rum! Und meine Italienisch-Kenntnisse sind überschaubar. Erwischt! An meinem Italienisch arbeite ich, an meinem Aussehen wird sich in absehbarer Zeit jedoch nichts ändern: keine weißen Sneaker und Tennissocken für mich; da winken mir die 80er zu hart, deren Musik ich liebe, aber deren Kleidungsstil nicht selten heute noch aufgerollte Zehennägel erzeugt. Wenn ich Vintage höre, muss ich meistens ziemlich Lachen, weil das was damals schon scheiße war, heute kaum besser daher kommt. Wenn ich etwa junge Kerle mit blodiertem Vokuhila und Tom-Selleck-Gedächtnisbalken in der Fresse sehe… ach schwamm drüber. Soll jeder nach seiner Facon selig werden – sie dürfen sich nur nicht wundern, wenn ich zu kichern anfange. In diesem Sinne – styleyourself well, you little baby-bell…