Benvenuti nelle Marche N°5 – Impressionen aus Assisi…

Hab ich eigentlich irgendwann mal erwähnt, dass ich kein sonderlich gläubiger Mensch bin, wohl aber ein durchaus spiritueller? Mich interessieren die Dogmen einer von Menschen gemachten Organisation nicht die Bohne. Kirche war (und ist teilweise heute noch) zumeist auch nichts anderes als Staat, nur mit anderer Dienstkleidung. Damit könnt ihr mir getrost vom Halse bleiben, denn meine Spiritualität braucht sicher niemand anderes Regeln und auch keinen besonderen Ort oder eine spezielle Zeit, um zu funktionieren. Dennoch gibt es da in mir schon eine besondere Verbindung zu alten Sakralbauten; nicht nur weil ich diese aus dem ästhetischen Kalkül heraus spannend finde, sondern weil ich zu wissen glaube, was Menschen jener Zeit bei dem Anblick empfunden haben müssen. Handwerkskunst als Stein gewordenes Gotteslob ist immer wieder beeindruckend. Manchmal ist sie auch echt spannend, Insbesondere dann, wenn Glaube und Pragmatismus eine Verbindung eingegangen sind. Ich konnte das in einer Kathderale in Südfrankreich sehen, wo man irgendwann einfach mit dem Kirchenschiff aufgehört hat, weil entweder keine Kohle mehr da war, oder kein Platz zum Bauen. Das erinnere ich nicht mehr so genau, ist aber auch Wurst, denn die dadurch entstandene, eher ungewöhnliche Form hat der Bau bis heute behalten. Die allermeisten neuen Kirchen sind aus meiner Sicht wenig spannend, weil die Formensprache sich mir nicht erschließen will. Aber das ist dann mein Problem.

Wenn man nun an einen Ort wie Assisi reist, der für gläubige Christenmenschen auf Grund der Verbindung mit dem Gründervater des Franziskanerordens eine gewisse Bedeutung haben mag, könnte man sich also von der dargebotenen Pracht des Gotteslobes einfangen lassen und gläubig werden; oder man nimmt einfach mit angemessener Bewunderung zur Kenntnis, was Menschen hier geleistet haben, interessiert sich für die Geschichte(n) des Ortes (einfach weil die Geschichte uns IMMER irgendetwas lehren kann) und ehrt diesen schließlich, indem man die Schönheit als Anlass zum inspiriert-sein begreift. Die Tage war ich wieder mal über so einen Artikel auf Zeit Online gestolpert, wo irgendsoein jemand dem „klassischen Bildungsreisenden“ (den es übrigens genausowenig gibt, wie den „klassischen Journalisten“) Schuld an verschiedenen negativen Auswirkungen von Tourismus zuweist. Ich weise diese Anschuldigung insofern weit von mir und meinen Lieben, als wir abseits der Nutzung unseres privaten PKWs, die vermutlich CO2-mäßig allerdings dennoch eine gute Alternative zum viel zu beliebten Fliegen darstellt, stets respektvoll im Umgang mit Land und Leuten sind, nicht an jene Plätze drängen, wo eh schon alle anderen Selfie-Stick-jonglierenden Insta-Huren herum turnen, wo man eigentlich nicht rumturnen soll; und wir versuchen, die örtliche Kultur so gut zu leben, wie wir können. Wenn wir dennoch Teil des Problems sein sollten, muss mir das jemand mitteilen, damit ich was daran ändern kann. Komischerweise habe ich jedoch in den letzten 20 Jahren bei so gut wie allen Urlaubs-Gelegenheiten kein solches negatives Feedback bekommen. Wahrscheinlich sind es doch die Arschlöcher, welche die meiste Publizität bekommen…

Zurück zum inspiriert-sein: was auch immer meine Kreativität triggert versuche ich ganz und gar aufzusaugen. Es mag manchmal so wirken, dass ich diese Orte nur durch den Sucher meiner Kamera betrachte; doch das täuscht! Einerseits, weil der Blick durch den Sucher einem die Suche nach einer anderen, frischeren, besseren Perspektive aufzwängt, wenn man schon eine Weile geübt hat. Und zum Anderen, weil die Ergebnisse meiner Knipserei für mich ein Quell des Nachdenkens sind, aus dem ich noch schöpfen kann, lange nachem ich den fraglichen Ort schon wieder verlassen habe. Dass dabei unter 100 Shots oft nur einer heraussticht, liegt in der Natur des Augenblicks, dieser von mir schon öfter beschworenen, unüberwindbaren Mauer der nächsten Sekunde, deren Vergänglichkeit der Druck auf den Auslöser nur bruchstückhaft zu vermindern mag, weil alle anderen Eindrücke, die mich in dem Moment dazu bewogen haben mögen, genau diese Perspektive zu wählen schon wieder hinfort sind… für immer… Insofern sind meine Bilder nicht nur mangelhafte Abbilder meines inspiriert-seins, Gedankenstützen so nützlich wie ein Knoten im Taschentuch des Schicksals sondern stumme Zeugen meines verzweifelten Bemühens, Fetzen von etwas etwas einzufangen, was man eigentlich nicht einfangen kann – (ER)LEBEN! Also war ich auch nur ein typischer Besucher in Assisi, aber immerhin stets bemüht, kein Arschloch-Touri zu sein. In diesem Sinne einen schönen Abend.

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