Benvenuti nelle Marche N°1 – irgendwas ist ja immer…

Die Erwartung, einfach und friktionsfrei an den Urlaubsort zu kommen, ist ja ungefähr so wahrscheinlich zu erfüllen, wie das Verlangen, etwas im Lotto zu gewinnen – einen Schein müsste man halt schon ausfüllen, nicht wahr. Ich lasse mich hier nun nicht aus über den Verkehr (wer in der Woche rings um Ferragosto, also den 15.08 oder Maria Himmelfahrt nach Italien reist, ist sowieso selbst schuld), oder über den Umstand, dass das Familienauto Dinge tut, die es nicht tun sollte. Immerhin fährt es (noch) und die Location erfüllt meine Erwartungen in jeder Hinsicht. Idyllisch gelegen, von sehr, sehr gastfreundlichen Leuten betrieben, mit allem ausgestattet, was man unbedingt braucht und trotz der atomaren 37°C Außentemperatur innen recht angenehm temperiert, weil halt altes Natursteinhaus. Herz was willst du mehr.

Ich schrieb neulich irgendwo in den Weiten des Web, dass Urlaub kein physischer Ort an sich, sondern eher eine Einstellung zu den Dingen sei. An dieser Behauptung möchte ich festhalten, indes aber eine Einschränkung anfügen: es hilft total, wenn ich den Geruch der warmen Erde Mittelitaliens in der Nase habe, morgens meine Bahnen im Pool schwimmen kann und ansonsten gerade durch die Tage hindurch mäandere wie ein Faultier durch die Bäume: bedächtig und doch irgendwie dauernd in Aktion. Ich bin an und für mich (und meine, die Festellung treffen zu dürfen, dass dies für meine Lieben ebenso gilt). Eine liebe Kollegin fragte mich vor ein paar Monaten, was ich mit dem Begriff ZWECKFREI denn meinen würde; und ich konnte ihr nur antworten: ebendas! Zweckfreiheit bedeutet – in meiner bescheidenen Welt – die vollkommene Kapitulation des Homo Oeconomicus vor der unüberwindbaren Mauer der nächsten Sekunde. Pläne sind für die Katz, Erwartungen schrumpfen auf das absolute Minimum zusammen, Schwarze Schwäne passieren – und es ist einfach vollkommen egal. Ich sitze, während ich diese Zeilen schreibe in einem kühlen Wohnzimmer voller Memorabilia anderer Menschen an einem alten Sekretär und schaue durch ein Fenster nach draußen, wo gleißende Sonne alles mit ihrem Feuer überzieht – Leben spendend und Leben bedrohend im gleichen Moment. Die Zeit fließt derweil, ganz im Gegensatz zu meinen Gedanken, zäh wie Melasse und ich frage mich, wann dieser eigentlich vollkommene Moment aufhört. Ich muss übrigens von dieser Einschränkung lassen, denn eigentlich ist das Wort „eigentlich“ riesengroßer Mist – also ist es ein vollkommener Moment, falls es überhaupt je einen geben kann. Doch wann er endet? Vielleicht bevor ich mit diesem Post zu Ende bin, vielleicht auch erst danach. Who cares…?

In einem Moment aufzugehen, sich dem Kairos hinzugeben und der Intuition folgend zu tun, was man für gut und richtig hält, ist DAS Privileg des im Urlaub seienden Menschen. Ich plane tatsächlich für meine Freizeit – im Urlaub genauso, als wenn ich meinem Lieblings-Hobby Storytelling (also etwa Pen’n’paper-Zocken) nachgehe – eher wenig. Es gibt gewiss gelegentliche Erwägung über die Tagesgestaltung, Gespräche mit meinen Lieben über das Für und Wider von Besuchszielen, Speisenfolgen und anderen Aktivitäten; aber im Großen und Ganzen lasse ich es auf mich zukommen. Einfach weil ich das sonst einfach nie tun kann. Andere Leute, die mal ausnahmsweise ihre Kontroll-Illusion verlassen wollen, gehen zur Domina. Ich suche lieber weniger Schmerz- und/oder Demut versprechende Abenteuer. Ich muss an dieser Stelle noch einmal betonen: echte Kontrolle über das eigene Leben zu haben ist eine Illusion, der wir nur verfallen, weil unsere Affengehirne darauf konditioniert sind, die – absolut und vollkommen offene und zudem hoch volatile – Zukunft auf Basis der vergangenen Erfahrungen vorhersagen zu können glauben. „Die Botschaft hör‘ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube“. Der olle Faust meinte zwar etwas anderes, passend sind die Worte an dieser Stelle dennoch. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als auf die Fortune zu vertrauen und einfach mein Ding zu machen, wie es mir gefällt. Und falls das jetzt klingt, als wenn ich einfach bestimmen könnte, was in diesem Urlaub als nächstes passiert… nun, da bin ich wohl meiner eigenen Kontrollillusion aufgesessen; denn mit meinen drei Frauen im Haus kommt es erstens anders und zweitens als man denkt! Wir hören uns.

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