Die Heimstadt der Lieben und meiner Wenigkeit ist ein ziemliches Durcheinander. Könnte daran liegen, dass Menschen drin leben. Könnte auch dran liegen, dass manche dieser Menschen es mit dem Thema aufräumen nicht so genau nehmen. Könnte ebensogut auch daran liegen, dass diese Menschen dauernd an irgendwas rumexperimentieren, basteln, bauen, wasweißichen. Und schlussendlich daran, dass sie aus dem Urlaub immer wieder irgendsoein Zeuch mitschleppen, dass die Funktion eines Andenkens erfüllen soll. Nun ist es nach meiner Erfahrung so, dass die allermeisten Andenken bei Erblicken am Reiseort kurz angestaunt, ja sogar angeschmachtet werden, um dann unrühmlich in eine Tüte gestopft davon geschleppt zu werden. Zunächst noch häufiger beachtet müssen sie dann aber irgendwann für die Rückreise eingepackt werden; bei UNS gibt es zum Glück ja keine Gewichtsbegrenzung für das Handgepäck – außer dem oberen Beladelimit des Fahrzeuges. Das mag anderen anders gehen. Nach dem Auspacken zu Hause allerdings werden die Sachen (mit Glück) in einem Regal zu verstauben, oder (mit Pech und wahrscheinlicher) in irgendeinem Karton zu landen, der Jahre später, wenn einen mal wieder die Aufräumwut packt, in den Müll fliegt. Ganz, ganz selten nimmt man dabei das ehemalige Objekt der Begierde noch mal zur Hand, erlebt diesen “Ach ja, damals…”-Moment… und dann fliegt es zumeist trotzdem. Eines der traurigeren Kapitel unseres heißgeliebten Konsummaterialismus’.

Natürlich entwickelt man zu einigen, ausgewählten Stücken unter Umständen über die Zeit eine besonderes Verhältnis. Aber die eigentliche Funktion, sich an einen schönen Ort, einen besonderen Tag, ein erhebendes Erlebnis erinnern zu wollen, geht zumeist in der industriell geformten Beliebigkeit der Objekte verloren. Denn irgendein 1000fach verkaufter Nippes, den ich mir in einem Souvenirgeschäft mal eben mitnehme, hat natürlich mit zeitlichem Abstand ungefähr genausoviel Bezug zu mir und meinen Gefühlen für den Ort oder das dort Erlebte, wie der Sitz in der Straßenbahn, auf dem ich morgens am ersten Tag nach dem Urlaub meinen Allerwertesten postiere. Is also für den Arsch. Ich wanderte dieser Tage durch einen reizenden Ort, ganz hier in der Nähe und selbstverständlich gibt es auch dort Shops, die sich hauptsächlich an Touris richten. Ich richtete, nachdem ich das sonstige Angebot mit der üblichen Ernüchterung studiert hatte, meine Schritte noch flugs zum örtlichen Buchhändler, ohne irgendetwas besonderes zu erwarten – und erblickte doch tatsächlich im Schaufenster ein paar gebrauchte Graphic Novels, die stante pede mein Interesse erregten. Ich hab sie für einen lachhaften Preis mitgenommen – allerdings nicht, ohne mit der reizenden älteren Dame, welche das Geschäft führt, einen netten Plausch über dies und das – und natürlich auch Graphic Novels – geführt zu haben. Das ist eine nette Erinnerung, der ich lange gedenken werde; und bei der ich nebenbei noch was über den Ort und die Leute gelernt habe. Und dass es offensichtlich noch andere Interessenten gab. Haha, zu spät, ihr Zögerlichen… 😉
Die Tage stand jemand an unserem Auto und offenbarte freimütig, dass er dereinst in unserer Heimatstadt studiert habe, aber jetzt hier lebe. Und er meinte, nachdem ich von Rundreise gesprochen hatte, die irische Kultur, dass seien nicht die alten Steine, oder die faszinierende Landschaft, sondern vor allem die Menschen, die hier leben. Natürlich ist das für jedes Land der Welt gültig, aber wenn ich eines über die Iren gelernt habe, dann, dass sie auf ihre Geschichte verdammt stolz sind und, dass das Land die Historie und die Menschen (mit)geformt hat. Und ich suche mir auch im Urlaub gerne aus, mit wem ich einen Plausch führen möchte und wem eher nicht; zu viele Sozialkontakte sind derzeit noch nicht so gut für mich. Daher sind für mich jedoch optische Zeugnisse unserer Reisen (also die vielen Fotos, die ich mache), zumindest für mich, die besten Keepsakes. Zumal sie im Zeitalter der Digitalfotografie nur dann irgendwo irgendwas anderem Platz wegnehmen, um sich als Staubfänger andienen, sofern ich mir die Mühe mache, sie auszudrucken. Das passiert zumeist nur im Kleinformat für meine privaten Journale, die ich ansonsten von Hand vollschmiere. Fallen die jemals dereinst einem Archäologen in die Hand, wird er einen Doktor der Kritzologie zum Entziffern hinzuziehen müssen. Für mich gilt, dass Andenken am besten durch einen selbst gestaltet werden und nicht durch nutzlosen Konsum. Meine Graphic Novels werde ich trotzdem genießen. Euch ein schönes Wochenende.
