Es war, um es mal so auszudrücken, eine durchaus nicht unanstrengende und mit vielen Eindrücken gesegnete Anreise hierher. Ganz anders als beim Weg nach Mittelitalien, den ich schon so viele Male gefahren bin, dass ich ihn abseits der typischen Verkehrsprobleme routiniert abspulen kann, ohne ein Navi zu brauchen, musste ich mich diesmal auf ein Solches verlassen. Und es hat geklappt! Frankreich zu durchqueren verlief so problemlos, dass ich tatsächlich irritiert war. Selbst der unvermeidliche Weg durch Paris – Freitags Morgens um 09:00! – weil ja die Ost-West-Verbindung nach Cherbourg von uns aus nicht wirklich dran vorbei führt, war vergleichsweise geschmeidig. Vive l’amitié franco-allemande. Und wir haben Cherbourg mehr als pünktlich erreicht.
Die Fahrt auf einem Schiff ist für den ungeübten Seereisenden manchmal mit Problemen des Gleichgewichtsorganes verbunden. Wir sind (fast) davon verschont geblieben. Ein Abenteuer war es, vor allem für die Kinder dennoch. Und wenn man, dem unfassbar starken Wind zum Trotze, lange genug auf dem Oberdeck auszuharren vermag, wird man mit einem damatischen Sonnenuntergang belohnt, wie man ihn an Land kaum je zu sehen bekommt. So eine Autofähre ist schon ein seltsames Ding. Zieht man aber meine Ungeduld ab, verlief alles glatt: vorne rein, hinter raus, so wie man es auch sonst gewohnt ist. Fun-Fact: es gibt anscheinend einen Menschen anderer Nationalität, der mir zumindest biometrisch ähnlich ist und in Frankreich gesucht wird. Die Police Nationale schaute dann auch ein wenig konsterniert. Ausreisen durfte ich trotzdem. In Irland werde ich anscheinend nicht gesucht, dort dauerte die Passkontrolle beim Check-In ca. 30 Sekunden.
Irland hat sich seit dem letzten Besuch 2001 verändert. Das wird vor allem augenscheinlich am Zustand des Fernstraßennetzes. Wo früher eine normale Bundestraße von Dublin nach Limerick führte, windet sich heute eine Autobahn durch’s Land, die nur an wenigen Stellen mautpflichtig ist. Aber sobald man Tipparary erreicht, macht selbst diese landschaftlich Spaß. Und da sind wir nun. In einem hübschen kleinen Cottage in Sicht-/Laufweite des Lough Derg. Mitten im Grünen, an einem eher typisch irischen asphaltierten Feldweg 2. Ordnung, der sich gemütlich durch die Hügel schlängelt. Heute ist es sonnig bei ca. 20°C und nichts stört meine Kreise. Meine beste Ehefrau von allen hat sich denn auch schon gedanklich damit beschäftigt, wie sich unser Feriendomizil zur permanenten Wohnstatt modifizieren ließe – ein untrügliches Zeichen dafür, dass sie auch zufrieden ist. Die Kinder haben eigene Zimmer und waren gestern recht rasch außer Sichtweite. Man kann hier direkt rings ums Haus spazieren gehen, bis runter an den See und bis zu einer reizenden kleinen Ortschaft, deren Pub sich, wie man so hört, guter Küche rühmt. Selbst gekocht habe ich trotzdem schon.
Ich bin dankbar dafür, mittlerweile rasend schnell umschalten zu können vom Arbeitstier zum Müßiggänger. Das hat noch nicht einmal etwas mit diesem zeit(un)geistigen Mode-Dingens „Entschleunigung“ zu tun. Mein Kopf läuft immer mehr oder weniger gleich schnell. Es geht auch nicht um „Digital Detox“ (wie man sehen kann, bin ich ja online…), oder um das, was irgendwelche Coachfluenzeranzien für teuer Geld als Achtsamkeit verkaufen wollen, sondern um das bewusste Lenken der eigenen Aufmerksamkeit auf das, was wirklich wichtig ist. Und da gibt’s eigentlich nur ein paar wenige Dinge: Familie, Freunde, Gesundheit und ein wenig existentielle Sicherheit. Schafft man es, sich von dem ganzen Müll, der Tagein, Tagaus über zig Kanäle aus uns einstürmt mal ein wenig loszumachen und wieder ein gutes Gleichgewicht zwischen ICH, WIR und WELT herzustellen, fallen einem auch die einfachen schönen Dinge wieder ins Auge…
Das ist es, woran uns Urlaub gemahnen soll: Ausgleich! Und auch, wenn ich mir eine Aufgabe mithergebracht habe, höre ich den Sirenengesang der Entspannung, seit der Diesel vor mittlerweile über 48h gestartet ist. Wir hören uns die Tage. Stay safe and stay tuned.