and in particular…

„Wählt mich, dann rette ich die Bäume auf dem Rheindamm!“ Betrachten wir diese Baden-Württembergische (besser Mannheimische) Wahlkrampfphrase doch mal etwas genauer. Sich mit einem lokal- oder bestenfalls regionalpolitisch interessanten Thema für den Landtag profilieren zu wollen, halte ich für bedenklich. Es offenbart eines der Probleme unserer parlamentarischen Demokratie – nämlich die klassische Klientel-Orientierung. Als Kampfbegriff immer wieder gerne vor allem gegen die FDP ins Feld geführt (die betteln aber mit ihrem Lobbygetue auch immer wieder darum) offenbart sich hier die Bigotterie anderer etablierter politischer Kräfte. Und konsequent zu Ende gedacht wäre Klientel-Politik auch nicht weiter schlimm, wenn man bei der Auswahl der Klientel ein gewisses Augenmaß walten ließe. Das passiert allerdings selten, weshalb Klientel-Politik in den Köpfen vieler Menschen – nicht ganz zu Unrecht – mit Lobbyismus im schlechten Sinne des Wortes gleichgesetzt wird.

Nun ist der Spruch „Meine Jacke ist mir näher als dein Hemd“ selten einfach so dahin gesagt. Schauen wir auf den oben erwähnten Wahlslogan, betrifft das meine „Hood“; und die Menschen hier wünschen sich vor allem eines, nämlich dass ihre „Hood“ so hübsch und damit so lebenswert bleibt, wie sie das momentan ist. Bei nicht wenigen Anwohnern im direkten Eingriffsbereich der anstehenden Dammsanierung, der die Bäume zum Opfer fallen sollen, kommt jedoch noch etwas Anderes dazu: jahrelange Bauarbeiten und ein nicht unerheblicher Eingriff in die Landschaft werden evtl. den Wert ihrer Immobilien in derzeitiger Premiumlage mindern. Und da kommen halt handfeste wirtschaftliche Interessen ins Spiel, die dazu führen, dass den Allermeisten dort der Umwelt- oder Landschaftsschutz vermutlich am Arsch vorbeigeht, wenn nur jemand ihre feinen Kapitalanlagen erhält…

Kommen wir zurück zu Regional- und Landespolitik. Zweifelsfrei kann man als MdL mehr Einfluss geltend machen, denn als „einfacher“ Stadtrat. Nichtsdestotrotz ist die thematische Verengung auf lokale Themen ein Problem, bei dem man sich mit Recht fragen darf, wie sich solche Politiker denn später mal ins Zeug legen für Themen, die nicht ihre persönliche „Hood“ betreffen. Zumindest könnte ein derart geführter Wahlkampf diese Frage aufkommen lassen. Nun werden die Menschen in ihrem jeweiligen Wahlkreis (ob der nun Heimat ist, sei mal dahin gestellt) für diesen Wahlkreis gewählt. Oder halt auch nicht. Was passiert, wenn man sich eng auf heimatnahe Partikularinteressen einlässt? Ist man dann tatsächlich noch ein, nur seinem Gewissen (und der Parteidoktrin) verpflichteter Volksvertreter? Muss man das überhaupt sein, oder ist es OK, wenn man bei jeder sich bietenden Gelegenheit die Interessen seines Wahlkreises voran stellt, und sich genau dafür auch wählen lässt? Quasi „MONNEM FISRT!“? Wohin das andernorts geführt hat, muss ich hier hoffentlich jetzt nicht aufwärmen…

Mir jedenfalls fehlt bei einem solchen Wahlkampfslogan (ich habe diesen hier zugegeben etwas überspitzt dargestellt) die Redlichkeit, auch zu sagen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die Lindenhöfer Partikularinteressen gegen den erklärten Willen der Landesregierung obsiegen könnten, tendenziell eher gegen Null geht. Und das sage ich nicht ohne Bitterkeit. Ich habe keine Immobilie, weiß die Landschaft aber sehr zu schätzen und kann mir einfach nicht vorstellen, dass bereits alle anderen Lösungen zu Ende gedacht wurden, sondern man einfach die Billigste durchsetzen möchte – oder die, deren Ausschreibungsgewinn einem Parteifreund nützen würde. Bei den Baden-Württembergischen Grünen weiß ich es nicht mit Sicherheit, aber unserer „CDU de Ländle“ traue ich nach den Erfahrungen mit den ehemaligen „Landesvätern“ Filbinger, Oettinger und Mappus alles zu! Hab ich erwähnt, dass es der SPD-Kandidat ist, der hier mit dem Slogan wirbt. Ich glaube ja, so wird das mit Grün-Rot nichts.

Der französische Schriftsteller Henri Tisot soll mal gesagt haben „Bei Politik und Fischsuppe schaut man besser nicht zu, wie sie gemacht werden.“ Die Allermeisten Menschen halten sich anscheinend an dieses Diktum und lassen sich darum nur zu gerne mit Blendwerk von der notwendig unschönen Realität des Kompromisses als höchster Kunstform der Politik ablenken; meistens ungefähr so lange, bis eine Entscheidung ihr direktes Lebensumfeld in unangenehmer Weise tangiert. Wir sind zuallererst immer Mitglieder unserer „Hood“, weil systemisch zu denken, über den Tellerrand zu schauen und andere Perspektiven mit zu bedenken viele Menschen leider hoffnungslos überfordert; und da nehme ich mich selbst bei diversen Gelegenheit explizit nicht aus. Es wäre jedoch an der Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, wie man dieser sozialen Realität in ihrer politischen Bearbeitung zu einer besseren Abbildung verhilft. Denn im Moment bleibt für mich erstmal nur das fade Geschmäckle von Symbol- und Klientel-Politik zurück, die niemanden so wirklich ans Ziel bringen wird. Schönen Frühlingsanfang…

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