Von Idealen und Zwängen N°1 – Authenti…was…?

Was macht mich zu mir? Die Frage mag für manche Menschen blöd klingen. Für mich ist sie Motor und Schmerzpunkt zugleich. Motor, weil ich nicht stehenbleiben kann. Mein Geist ZWINGT mich leider dazu, voranzuschreiten und immer wieder neu herausfinden zu wollen, was da noch zu wissen ist, was man noch besser machen kann, was man jungen Menschen mitgeben kann, damit sie NICHT zu Arschlöchern werden. Ich setze da vor allem auf die Entwicklung der Fähigkeit, sich selbst kritisch zu betrachten. Denn nach meiner Erfahrung ist unerschütterliche Selbstgewissheit in aller Regel das Privileg der Arroganten und der Dummen. Sich selbst immer wieder zu befragen und zu hinterfragen – also sich selbst zu “reflektieren” – ist eine Notwendigkeit, wenn man nach Persönlichkeits-Entwicklung anstatt nach Stillstand strebt. Und damit sind wir beim Schmerzpunkt, wenn doch so viele naiv fragen, warum man sich denn überhaupt entwickeln wollen (oder gar müssen) sollte: “Wir genügen uns (und unseren Lieben?) doch so, wie wir sind. Wir haben unser Leben im Griff. Wir sind doch viel produktivere und wertvollere Mitglieder der Gesellschaft, weil wir unsere Zeit nicht mit egozentrischer Schattenfechterei verschwenden wollen, sondern Leistung auf die Straße bringen! Jawoll, Selbstreflexion ist für faule Pussies, das hält einen nur vom Arbeiten, vor allem aber vom Konsumieren ab!” Tja… was soll ich denn nun sagen zu diesem arroganten, selbstgefälligen PACK, dass sich da so gerne als “Leistungsträger” selbst beweihräuchert? Ich fange mal damit an, dass NIEMAND sein Leben voll im Griff hat. Kontrolle ist eine Illusion und die unüberwindbare Mauer der nächsten Sekunde ist genau das: unüberwindbar. Egal, ob du deine Zeit mit Selbstreflexion “verschwendest” oder lieber das Leben der Leben lebst – Ressourcenverschwendung, Umweltsauereien, asozialen Egoismus und dauerhaft ausgefahrene Ellenbogen inclusive, wird dich der Schnitter holen, wenn es IHM beliebt – nicht dir… Ob ich diese hässlichen Apologeten des Selbstbedienungs-Kapitalismus zum Kotzen finde…? Im Strahl, wertes Auditorium… im Strahl!

Bevor ich jetzt noch länger damit fortfahre, mich über andere Menschoide zu erregen, will ich lieber zum eigentlichen Thema kommen. Doch hat – und das muss ich hier milde lächelnd anfügen – mein kleiner Rant durchaus etwas mit der Frage nach dem ICH und nach Authentizität zu tun. Denn was macht MICH nun wirklich zu MIR, im Angesicht der vielen möglichen Anfechtungen und Anfeindungen, die mein loses Mundwerk (oder meine hiesige hemmungslose Schreibe) oft genug provoziert? Dazu muss ich ein wenig ausholen… Man wirft mir auf der Arbeit immer wieder vor, in meinem Kommunikationsstil zu hart, zu direkt, zu undiplomatisch, auch mal zu unhöflich zu sein. Ich hatte hier gewiss schon mal davon gesprochen, das ich dem nur sehr bedingt zustimmen kann. Unhöflich bin ich gewiss nur dann, wenn man unhöflich zu mir ist. Und ich kann bis heute nicht sehen, wo bei manchen Menschen ansonsten das Problem liegt – außer, dass nicht wenige, mit denen ich im Rahmen meiner Arbeit zu tun habe (haben muss) simple Wahrheit schlicht nicht vertragen können! Doch ich bin nicht bereit, mich auch nur ein Jota weiter zu verbiegen! Now don’t get me wrong – ich suche mir meine Kämpfe heutzutage durchaus mit mehr Bedacht aus als früher. Und ich kann Menschen, die ich ungefähr so sehr respektiere, wie das Depositum, welches ich durch Betätigung der Spülung im Orkus verschwinden lasse kalt lächelnd die Hand schütteln und Small-Talk bereitstellen, als wenn nichts wäre. Beruht wahrscheinlich auf Gegenseitigkeit, wenn man so hört, wie manche über mich und meine Arbeit sprechen. Ist mir aber scheißegal… denn die Ehrlichkeit und Authentizität, welche ich etwa den Auszubildenden im Lehrsaal predige, will – nein MUSS – ich ihnen auch vorLEBEN. Andernfalls wäre ich – wie so manch anderer – nur das Abziehbild einer Führungsrolle, aber kein echter Leader. Mein Anspruch an mich selbst VERLANGT aber von mir, ein Leader zu sein und kein Boss. Mein Anspruch an mich selbst verlangt, allen gegenüber gerecht zu handeln, jene Probleme zu lösen, die in meinem Aufgabenbereich entstehen, indem ich mit offenen Ohren und Augen durch meine Umwelt schreite und meinen eigenen Überzeugungen treu zu bleiben. Und hier kommt die Selbstreflexion ins Spiel.

Ich will authentisch sein, indem ich meinen Überzeugungen folge und ich will anständig sein, durch die Bereitschaft diese Überzeugungen zu revidieren, wenn ich mich geirrt habe. Ich will stark sein, indem ich Schwäche zulassen kann (in mir und anderen) und ich will gerecht sein, indem ich versuche, so gut zu wissen wie möglich, bevor ich urteile. Das geht nur, wenn ich immer und immer wieder über mein TUN und LASSEN ergebnisoffen nachdenke. Das ist ein verdammt hoher Anspruch, dem ich mitnichten immer gerecht werde, denn ich bin nur ein Mensch. Aber nach weniger streben hieße für mich, nicht mehr authentisch zu sein, nicht mehr ich zu sein. Und – wenn man mal ein paar KG abzieht – gilt immer noch, dass ich mit dem Mann, der ich unterdessen geworden bin durchaus recht zufrieden bin! Es war ein langer, schwieriger, anstrengender Weg, mit manch hartem Kampf, manch bitterer Niederlage und manchem Rückschlag – aber es war bis hierher MEIN WEG! Und es wird auch fürderhin mein Weg sein! Irrtümer, Fehler, Extrameilen und Schmerzen inclusive. Aber ich will kein anderer sein! Kein arroganter Möchtegern-Leistungsträger, kein doppelzüngiger, schleimscheißender Opportunist und auch kein Fähnchen im Wind, dass irgendwelchen “wichtigen Menschen” artig gehorcht; ich bin ich! Und denen, die es wahrscheinlich eh nicht verstehen, dass SIE damit gemeint sind, weil ihre Arroganz und/oder ihre Dummheit ihnen diese Erkenntnis leider verunmöglichen rufe ich stolz zu: “Ihr bekommt mich genau so, wie ich bin! Kommt darauf klar, ihr lächerlichen Luschen!” Gute Nacht…

Auch als Podcast…

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