Ich habe in den unendlichen Weiten des Internets mal wieder etwas dazu gelernt, nämlich dass es wohl sogenannte “performative males” gibt; also Männer, die bewusst das Image eines woken, feministischen, sanften, “modernen” Mannes kultivieren, um damit auf Frauenfang zu gehen. Also mit anderen Worten eine gefällige Fassade aufbauen, die danach trachtet, für Mädels attraktiv zu sein, ohne jedoch tatsächliche Substanz zu haben. Dabei spielen wohl bestimmte Kleidungscodes, Musikgeschmäcker und Accessoires eine Rolle, die heutzutage eine Gesinnung symbolisieren sollen. Früher nannte man sowas übrigens “so tun als ob”, “Schauspielern”, “Manipulation” oder was auch immer. Es ist ja nicht so, dass es nicht schon zu allen Zeiten Männer gegeben hätte, die sich als Frauenversteher inszeniert haben, um Mädels rumzukriegen – und sich dabei einen Scheiß für die Belange der Frauen interessiert haben. Das war schon immer mysogyn, daran ändert auch ein neues Hashtag jetzt eher wenig. Was mich heutzutage allerdings immer wieder f***t, ist der Umstand, dass man wirklich ALLES zu einem instagrammierbaren Trend stylen oder Tiktokerisieren muss. Diejenigen, welche darüber berichten und es bewerten, um sich darüber wahlweise mokieren oder echauffieren zu können, sind dabei im Übrigen selbst nichts weiter als performative Aufmerksamkeitshuren. Hauptsache die Shitstorm-Schleuder läuft immer schön auf Hochtouren, denn Klicks verkaufen… was auch immer. My five Cents: wer nicht in der Lage ist, solche Fake-Feminists zu erkennen, sollte sich vielleicht weniger mit den sozialen Medien sondern mehr mit echten Menschen befassen. Das schult die Sinne. Aber was weiß ich schon…

Mich überkam dabei natürlich auch die Frage, welche “performativen” Aspekte ich an mir selbst wahrnehme. Und ihr müsst jetzt stark sein, denn ich muss euch jetzt leider Folgendes mitteilen: wenn das Adjektiv “performativ” neuerdings als Synonym für das Vorspiegeln falscher Tatsachen (also “Lügen”) herhalten muss, anstatt als Indikator für das Erbringen einer Leistung (auf welchem Gebiet auch immer), bin ich endgültig raus. Ja ich bin performativ. Aber eben im letzteren Sinne; und auch nur dann, wenn ich es entweder a) für sinnvoll und angebracht halte, oder b) dazu auf Grund meines Anstellungsverhältnisses durch das mit Geld Beworfen Werden genötigt bin. Und was mein Äußeres und meinen Habitus angeht – ich sehe seit knapp 30 Jahren immer gleich aus. Ich folge keinen Trends (zumal ich in den Klamotten, die für “performative males” beschrieben werden Sch***e aussähe), ich trinke kein Matcha, ich trage keine dämlichen Kappen und ich hasse In-Ear-Kopfhörer. Lediglich den Jutebeuteln kann ich etwas abgewinnen. Allerdings schon seit knapp 35 Jahren… Zu was macht mich das jetzt? Keine Ahnung.Aber die Debatte, ob ich für einen white middle-aged cis-gender male hinreichend feministisch eingestellt bin, führe ich sicher nicht mit irgendwelchen random Deppen im Internet, sondern mit meinen Lieben. Wofür hat man drei Mädels zu Hause! Ich finde es jedenfalls extrem schwierig, dass man immerzu alles zu einem “Trend” einer “Bewegung” oder einem “neuen sozialen Phänomen” machen muss, ohne mal darüber nachzudenken, oder – Gott behüte! – zu recherchieren, was zuvor schon war. Denn so wenig, wie irgendeine Geschichte, die heute erzählt wird vollkommen neu ist, so sind es irgendwelche sozialen Artefakte. Lediglich die Einordnung mag sich ändern. Für mich bleibt der ganze Schmonz einfach nur Click- oder Ragebait. Aber ihr dürft natürlich denken, was ihr wollt.
Für mich viel wichtiger ist nun die schmerzliche Tatsache, dass wir morgen Irland “farewell” oder “Slán”sagen müssen; auch wenn das Wetter die letzten Tage eher durchwachsen blieb, nehme ich einerseits eine Menge schöner Erinnerungen mit, andererseits aber auch – zumindest für jetzt – auch einen erheblichen kreativen Schub, der mich echt glücklich macht. Außerdem warten noch eine weitere Fährfahrt und die dritte Station unserer Reise auf uns. Doch davon werde ich in der kommenden Woche sicher auch noch zu berichten wissen. Bis dahin bleibt immer schön performativ im richtigen Sinne und habt einen guten Start in die kommende Woche.
