…und der Abgrund schaut zurück!

Wenn einen das Schicksal – oder besser die eigene (Un)Gesundheit – zu einer Auszeit zwingt, dann kann man bemerken, was der Geist momentan noch zu leisten vermag, wenn er NICHT zu irgendetwas gezwungen wird. In meinem Fall lautet die aktuelle Antwort: ZERO! Ich bin an das Funktionieren unter widrigen Umständen unterdessen gewöhnt. Auch daran, weiterzumachen, wenn ich eigentlich lange aufgehört haben sollte. Jemand hat Muhammad Ali mal gefragt, wie viele Wiederholungen er während seines Trainings bei Sit-Ups, etc machen würde. Er antwortete sinngemäß, dass er das nicht wisse, weil er erst zu zählen begänne, wenn der Schmerz käme… Ich kann über physisches Training nicht allzu viel sagen. Aber wenn es um Stressresilienz, kognitive Leistungsfähigkeit, Problemlösen geht, mache ich in aller Regel weiter, auch wenn es schon sehr weh tut. Und dann eben auch länger, als dies sinnvoll wäre, denn jede*r von uns ist irgendwann durch mit “dem Leisten”. Man kann das als Gabe betrachten – oder als Fluch. Das Ergebnis hängt vermutlich vom gewählten Zeitpunkt ab. Das Problem ist, wie bei allen systemischen Kipppunkten, dass man sie erst aus der Nähe zu erkennen beginnt und auch eine Vollbremsung einen erst DAHINTER endgültig zum Stehen bringt. Scheiße daran ist, dass man das eigentlich weiß; und trotzdem jedes einzelne Mal wieder in diese Falle tappt. Nur ein bisschen noch…

Ich hatte die schöne Idee im Kopf, einfach bis zum Urlaub durchzuhalten und dann, in der Ruhe und Abgeschiedenheit den Schalter umzulegen und auch mal ein paar (hundert) Zeilen für meinen eigenen Projekte zu schreiben. Weil ich meine Kreativität ja nicht zu Hause lasse, nur weil ich auf Reisen gehe. Was ich jetzt in den letzten Tagen an mir selbst erlebt habe, lässt mich allerdings sehr zweifeln, dass das auch nur im Ansatz funktioniert haben könnte. Denn meine kreativen Batterien (und im Übrigen auch meine sozialen) sind so lotterleer, dass ich erst mal 48h zum Smombie degeneriert bin. Ich lies mich durch antisocial media und allen möglichen anderen Online-Quatsch treiben und schwamm in meinem Cortisolsee regelmäßig solange hin und her, bis der Akku leer war. Antriebslos. Ideenlos. Von allem überfordert. Erst jetzt, nach ein paar Tagen, da ich echte Maßnahmen gegen meinen Zustand ergriffen und zwischendurch sogar einige wenige, wohldosierte soziale Kontakte gepflegt habe, bemerke ich überhaupt, WIE LEER ich tatsächlich war… und immer noch bin. Als ein gutes Zeichen in diesem Zuammenhang möchte ich allerdings werten, dass es mir wieder möglich ist, mich hier schriftsprachlich so auszudrücken. Die letzten drei Tage war ich nicht mal fähig, kohärente Gedanken zu fassen, die signifikant über das existenziell notwendige hinausgingen. Yeehaa!

Meine Vermutung dazu lautet folgendermaßen: mentaler Detox bedarf des verschärften Müßigganges. Allerdings nicht Urlaubsstyle. Denn Urlaubsstyle würde u. U. bedeuten, dass man irgendwohin reisen muss und für den Aufenthalt dort womöglich ein Programm, oder zumindest einige Highlights eingeplant hat, die man unbedingt gesehen haben muss, weil man ja NIEMALS wieder dahin kommt. Dieser Gedanke ist für mich übrigens noch so ein Grund, lieber in bekannte Gefilde zu reisen… Nichts von dem ziellosen Mäandern, welches die letzten Tage mein Tun und Lassen beherrscht hat, passte jedoch in dieses Muster. Ich bemerkte an mir den Drang nach Zweckfreiheit, wie ich diesen auch im Urlaub habe; allerdings mit dem Unterschied, dass düstere Gedanken mich im Griff hielten und alles Denken, Fühlen, Schaffen zu einem Stopp auf freier Strecke kamen. Rien ne va plus. Das fühlte sich für mich zunächst bedrohlich an, bin ich doch sonst so gut wie nie derart ziellos untätig. Hatte ich nicht erst kürzlich davon gesprochen, dass es mir ein intrinsisches Bedürfnis ist, kreativ tätig sein zu können, ohne dessen Befriedigung ich in ein Loch voll subjektiver Nutzlosigkeit falle? Quod erat demonstrandum. Die Bedrohlichkeit weicht eben der Erkenntnis, dass man nur kreativ sein kann, wenn noch ein Fünkchen Energie in einem verblieben ist. Offenkundig war da allerdings nichts mehr. Womit das, oben erwähnte, gute Zeichen in zweierlei Hinsicht Zuversicht in mir schafft: die düsteren Gedanken lassen sich relativieren, indem man über diese spricht und die Wiederaufladung meiner Batterien ist möglich.

Ich hatte mich selbst in den letzten Wochen einmal mehr – immer mehr – grundlegend fehl am Platze empfunden, meine Wurzeln aus dem Sinn verloren, meine Fähigkeit irgendwie durch den Sturm namens Leben zu navigieren eingebüsst, also verlernt, mich am eigenen Schopfe aus dem Sumpf zu ziehen. Ja, ja ich weiß, auch mit dem Schwank hatte der Baron von Münchhausen natürlich eine Lügengeschichte erzählt. Aber die Idee, aus eigener Kraft aus einem derben Schlamassel rauskommen zu können, ist trotzdem charmant. Noch sehe ich das für mich selbst allerdings nicht. Aber vielleicht muss ich das mit der richtigen Hilfe ja auch gar nicht? Es würde eh nur wieder diese gefährliche Illusion nähren, dass wir Meister unseres eigenen Schicksals wären, wenn wir doch nicht einmal ein klitzekleines bisschen hinter die Mauer der nächsten Sekunde sehen und uns somit auch nicht gegen die Macht des Zufalls imprägnieren können. Ich werde hier nicht dem Fatalismus das Wort reden, da ich weiß, dass der durch gute Pläne Vorbereitete dem Schicksal wenigstens dann und wann ein Schnippchen schlagen kann. Aber wie wäre es stattdessen mit etwas mehr DEMUT? Insbesondere vor der eigenen Fehlbarkeit und Verletzbarkeit; aber auch vor der Fehlbarkeit und Verletzbarkeit der Anderen. In diesen Abgrund der Erkenntnis starre ich seit ein paar Tagen. Eben hat er zurückgeblinzelt. Mal schauen, was als nächstes kommt…

Auch als Podcast…

Gewitter im Kopf

Das heutige Wetter reflektiert in frappierender Weise mein Innenleben. Einerseits wirke ich äußerlich vermutlich so ruhig und soziabel, wie sonst zumeist auch. Andererseits ist mein ICH gerade in Aufruhr. So sehr, dass ich gegenüber der besten Ehefrau von allen dieser Tage bemerken musste, dass ich zwei Mal die Distanz Erde – Mond von meinem wahren Ich entfernt sei. Während ich diese ersten Zeilen schreibe, geht gerade ein recht ergiebiger Gewitter-Schauer auf die Stadt hernieder. Und ich muss sagen, dass ich es genieße, dem Wasser, welches der Wind vor meinem Fenster vorbeitreibt zuzuschauen. Das Innen und das Außen sind bei verschiedenen literarischen Genres jeweils Spiegel des Gegenüber. Insofern passt dieses Szenario, ist mein Geist doch derzeit verfinstert von Erschöpfung, Irritation, Zweifeln, und anderen negativen Wahrnehmungen, die ich trotz meines umfangreichen Vokabulars nicht so recht zu beschreiben weiß. Manche Dinge fühlt man einfach nur und versteht trotzdem nicht, was da gerade passiert. Und während ich darüber nachsinne, spielt sich draußen ein apokalyptisch anmutendes Wetterchen ab – zumindest, wenn man den Schreien der Passanten lauscht. Here we go again – die Depression ist zurück. Ich will gar nicht so viel darüber sprechen, warum das jetzt gerade so ist, und was ich dagegen nun zu tun gedenke, sondern eher über meine Historie mit dem Sujet.

Ist ja nicht so, dass ich erst seit gestern dieses Päckchen mit mir herum trage. Wenn ich so darüber nachdenke, wie mein Leben bislang verlaufen ist und zu welchen Zeiten mich welche Sorgen und Gedanken mehr oder weniger stark gequält haben, dann liegt der Ursprung vermutlich in meinen mittleren Zwanzigern, eventuell aber noch früher. Die Veranlagung hat mir wohl meine Frau Mutter vererbt, auch wenn sie es für sich selbst niemals zugeben wollte. Und ich konnte damals den Finger nicht drauf legen, weil ich noch nicht den Weitblick und das Vokabular meines mittlerweile 51-jährigen Ichs hatte; wie denn auch? Ich spürte jedoch, dass mit mir irgendwas nicht so war, wie mit den meisten Anderen. Und trotzdem empfand ich früher oft eher geringe Empathie mit den psychisch erkrankten Patienten, welche das Schicksal mir in den Rettungswagen zu spülen beliebte. Vermutlich, war das eine Projektion meiner eigenen Schwächen und Probleme, die ich nicht wahrhaben wollte. Psychische Erkrankungen tragen bis heute ein erhebliches soziales Stigma in sich; damals noch viel mehr. Also konnte nicht sein, was nicht sein durfte. Ich war doch der Kerl, der zur Hilfe kam, nicht aber der, der Hilfe brauchte! Ich musste erst einen wahrhaft traumatischen Einsatz erleben und 40 Jahre alt werden, um zu verstehen, dass keiner von uns aus Eisen ist. Dann bekam ich meine Erkenntnisse allerdings auch mit der groben Kelle ausgeteilt: 2014 war ich dann insgesamt 18 Wochen krank incl. Wiedereingliederung, bekam Psychotherapie, schluckte Pillen – und stand mühsam wieder auf.

Es hatte auch sein Gutes. Ich bin seit jener Zeit – meistens – deutlich aufmerksamer für meine Bedürfnisse, die tiefen, dunklen Löcher, denen ich besser ausweichen sollte und die Notwendigkeit, Ruhepausen einzulegen. Aber ich musste mir ja unterdessen unbedingt noch einen akdemischen Grad und einen Leitungsjob zulegen. Meine unbändige Neugier, meine Kreativität, meine Skills im Troubleshooting und in der Kommunikation, sowie meine Lust an der Lehre ließen mich da irgendwie rein rutschen und jetzt werde ich nicht behaupten, dass ich diese Arbeit nicht mag. Überdies bezahlt sie einen guten Teil unsere Familienlebens. ABER… eigentlich ist der Stress manchmal zu viel. Und wenn man dann – sozusagen als Sahnehäubchen auf der Schwarzwälder – auch noch herausfinden muss, dass manche Dinge (und manche Menschen) nicht so sind, wie es nach außen den Anschein hatte, kommt man sich halt hart gegaslighted vor. Und so eine Erfahrung macht mit Depressionserkrankten wie mir keine schönen Dinge! Es war in den letzten jahren nie auch nur für ein paar Monate wirklich leicht, den Laden am Laufen zu halten. Und ich bin nicht der Typ, der dann jemand anders ruft. Ich habe mich – stets beinahe ausschließlich von meinem, nur sehr langsam wachsenden, Team unterstützt – immer weiter durch gewurschtelt. Und zuletzt begann einmal mehr alles ganz gut auszusehen. Bis ich – mal wieder – zwei Tiefschläge kassieren musste. Und die kann ich derzeit, beim besten Willen, nicht mehr kompensieren. Meine Energie ist aufgebraucht, incl. dem, was ich noch vor fünf Wochen in Italien nachzutanken die Gelegenheit hatte. Ich kann nicht mehr und ich will auch nicht mehr. Interessant war dabei für mich, einmal mehr erleben zu müssen, dass ich immer noch hochfunktional performe, wenn innen schon alles nach Dresden ’45 aussieht. Das lässt manche Menschen an meiner Aussage zweifeln, dass ich depressiv sei. Denen sage ich: FICKT EUCH! Was kann ich denn dafür, dass ich krank immer noch besser performe, als so mancher vollkommen gesund…?

Eine Weile später ist es da draußen wieder heiter bis wolkig. Das Gewitter in meinem Kopf, das bleibt jedoch. Natürlich ist dieser Zustand das Ergebnis einer komplexen Melange aus Biochemie im Kopf, extrinsischen Einfüssen aus meinem Arbeitsumfeld, Sorgen über das, was daheim rings um das Zusammenleben mit meinen Lieben so alles passiert und – natürlich – gelegentlich nicht allzu günstigen Coping-Strategien. Scheiße gelaufen, Digger! Aber so isses jetzt halt. Und weil es so nicht bleiben kann… werden wir sehen, was die nächsten Wochen so bringen. Immerhin – denken kann ich noch klar. Und ihr so…?

Auch als Podcast…

Kreativ begrenzt…?

Etwas machen! Etwas NEUES machen! Der Wunsch, schöpferisch tätig zu sein wohnt – zumindest in meiner Wahrnehmung – nicht jedem Menschen inne. Muss er aber auch nicht, solange es nur genug von uns gibt, deren intrinsische Motivation über das bloße Besorgen des Notwendigen zur reinen Subsistenz hinausweist. Roboten, damit Essen auf dem Tisch steht, man ein Obdach und Kleidung hat, die vor dem Unbill der Umwelt schützen und etwas Unterhaltung, um sich vom gelegentlichen Elend durch das Roboten ablenken zu können, ist dennoch für niemanden von uns vom Tisch. Aber der Kreislauf des Kapitalismus verlangt von den allermeisten keine, oder nur sehr wenig Kreativität, keine Innovation, sondern lediglich Problemlösen im Rahmen definierter Parameter. Oft sind die darum entwickelten Arbeits-Vermeidungs-Strategien die höchste Form von Leistung, die man realistischerweise erwarten darf. Aber das Roboten in einem eng begrenzten Rahmen, das kriegen die Allermeisten allermeistens auch irgendwie hin. Das “irgendwie” im letzten Satz mag hierbei auf die Qualität des Hinkriegens hinweisen… MIR genügt es jedoch nicht, im Rahmen definierter Parameter zu “funktionieren”. Sprach ich nicht erst neulich von Leidenschaft? Von meiner ersten und größten Leidenschaft, dem Geschichtenerzählen? Vermutlich ein Tun, dass zumindest dann und wann ein wenig Kreativität fordern könnte. Allerdings sprach ich auch von Scheitern; und damit gleichsam von den Hindernissen, mit denen Kreativität zu kämpfen hat…. oder? Oder könnte es nicht vielleicht doch so sein, dass Hindernisse und Beschränkungen uns erst dazu anregen, etwas wirklich interessantes entstehen zu lassen?

Letzthin habe ich mich neu mit der Frage nach der Quelle meiner Inspiration auseinandergesetzt und bin dabei unter Anderem über ein Youtube-Video gestolpert, welches sich mit eben der Frage befasste: was machen Begrenzungen und Hindernisse mit unserer Kreativität? Spannend fand ich die hier gewonnene Erkenntnis, dass solche Herausforderungen diese eher steigern; undzwar durch die ihnen innewohnende Notwendigkeit, originelle Lösungen für ungeahnte Probleme finden zu müssen. Konfrontiert mit dem Mangel an Ressourcen wie Raum, Zeit oder Geld, eingeschränkt durch die verfügbare Technik (oder den Ausfall derselben) wird einfaches Problemlösen plötzlich oft genug zu einer eigenen Kunstform. Würde man immerzu aus den Vollen schöpfen können, jedes Problem sofort mit einer Reay-Made-Solution bombardieren können, wäre ein kreativer Prozess in etwa so, wie der durchschnittliche Schulweg irgend so eines behelikopterten Bonzen-Kindes in Hamburg: planiert von Mamas überteuertem SUV! Keine Anstrengung, keine Herausforderung, keine Notwendigkeit zur Kooperation – und damit absolut nix gelernt. Denn der Fond von so einem Möchtegern-Leistungsträger-Panzer ist das Sinnbild der Komfortzonen-Couch. Du wirst einfach über alle möglichen Hindernisse hinweg getragen. Doch erst, wenn du auf etwas stößt, dass dich bremst, dass dich irritiert, dass dich dazu zwingt, zur Seite zu gehen oder mit dem Klettern anzufangen, setzt du dich wirklich mit deiner Umwelt auseinander. Wenn man kreativ sein bzw. werden möchte, darf man niemals damit anfangen, immerzu die gleiche alte Antwort auf neue Fragen geben zu wollen. Man muss jede Herausforderung zu ihren jeweiligen Bedingungen annehmen und analysieren, um sie begreifen und bearbeiten zu können. Kreativität ist Lernen ist Kreativität. Und das strengt an! Das muss man wollen!

Welcher Art meine Beschränkung der Mittel in irgendeinem kreativen Prozess auch sein mag; ich sollte diese nicht von vornherein als Zeichen begreifen, es sein zu lassen, sondern so oft es geht als Ansporn sehen, neue Wege zu suchen; denn das Sprichwort “Not macht erfinderisch!” gilt nicht nur für Autowerkstätten im Südsudan. Nach meiner persönlichen Erfahrung ist es leicht, sich von auftauchenden Hindernissen entnerven, entmutigen, gar ganz vom Vorhaben abringen zu lassen. Das, was einen dann noch vorwärts treiben kann, ist intrinsische Motivation, kreativ sein zu wollen, etwas schaffen zu wollen und darum bereit zu sein, mit dem zu arbeiten was man hat – und das, was man nicht hat positiv auf den Prozess wirken zu lassen. Diese Motivation ist, wie bereits oben gesagt, keine Ressource, die jedem Menschen in gleichem Maße zur Verfügung steht. Und das ist auch okay so, denn kreativ sein zu MÜSSEN, weil es einem halt wichtig ist, kann gelegentlich durchaus mit Schmerzen verbunden sein. Dieser Drang entsteht meist aus einer inneren Ideenfülle, die manche von uns in sich tragen und die sich einen Weg nach draußen suchen MUSS, damit man nicht bald das Gefühl bekommt, wertlos zu sein, weil man keine dieser Ideen in die Tat umsetzt. Und dann rennt man halt oft in die vielen Fallen auf dem Weg; wobei es für die meisten einen Walk-Around gibt. Ich habe kein Geld für teure Software oder die “richtigen” Geräte? Für viele Projekte genügen frei verfügbare Programme und ein Mittelklasse-Smartphone / Tablet. Das Wichtigste ist, damit zu üben und sich mit den technischen Möglichkeiten und Grenzen auch wirklich vertraut machen. Ich habe nicht die passenden Hintergründe / Sets für meine Ideen zur Verfügung? Dann geht man raus, sucht nach den passenden Sets und probiert so lange, bis es passt. Ich bin mit meiner Schreibe nicht zufrieden? Meine Texte wirken nicht so, wie ich mir das wünsche? Da hilft nur eines: schreiben, schreiben, schreiben… dann lesen und noch mal schreiben! Kreativität ist ein Muskel, den man regelmäßig trainieren muss, um besser werden zu können. Und dann braucht man immer noch die richtigen Sparringspartner. Menschen, die einem sagen, wenn ein Projekt oder Produkt der eigenen kreativen Bestrebungen schlicht Scheiße ist.

Kreative Grenzen entstehen meist nur dort, wo ich sie entstehen lasse. Die einzige, wahre kreative Begrenzung, die sich dauerhaft meinen Fähigkeiten zur Problemlösung entzieht, ist ein extrinsisch erzeugter Mangel an Zeit, sich mit den verfolgten Ideen und Projekten zu den eigenen Bedingungen auseinandersetzen zu können. Denn an der Notwendigkeit, das existenziell Notwendige zu beschaffen, kommt keiner von uns vorbei. Wie dem auch sei – jene, die ihre Ideen in die Welt gesetzt sehen wollen, weil sie davon überzeugt sind, dass diese Ideen es wert sind, von anderen wahrgenommen und diskutiert zu werden, finden immer irgendeinen Weg. Denn sie MÜSSEN einen Weg finden, um nicht irgendwann an sich selbst zu verzweifeln. Also sitze ich hier und schreibe weiter… schönes Wochenende.

Auch als Podcast…

Warum Leidenschaft?

“Es ist die Leidenschaft, die meine Leiden schafft!” (Tanzwut). Yay, Captain Obvious fliegt wieder, schönen Dank auch! Aber es ist irgendwie wahr – Mittelmaß schafft keinen Sinn. Mittelmaß schafft es mit großer Mühe gerade so nicht, den Status Quo zu bewahren. Mittelmaß ist der Tod der Kreativität, der Innovation, des Lebens schlechthin. Mittelmaß ist der Topor, der etwa in “1984” das Proletariat so sediert, dass es nicht mehr will, nicht mehr wollen kann als dass, was es bekommt; wie schlecht auch immer das – objektiv betrachtet – sein mag. Mittelmaß ist das Ende aller Dinge; oder, wie Francis Fukuyama nach dem Fall der Sowjetunion eitel deklamierte, “das Ende der Geschichte”… Fukuyama war und bleibt, wie wir heute wissen, ein arroganter Trottel sondergleichen, der immer noch an seinem alten Narrativ festhält, obwohl die Auswirkungen der heutigen, multipolaren Weltordnung manchmal so wirken mögen, als wenn das 1989 beschrieene Ende der Geschichte nun wirklich an der Schwelle des Weltengebäudes stünde. Doch die Geschichte schreitet weiter voran und schert sich dabei einen Scheiß darum, ob wir das wollen, ob wir das verstehen, oder ob wir darauf klarkommen. Das Leben und die Geschichte sind, was passiert, während wir versuchen, Pläne zu machen. Aber das ist gar nicht, worum es hier gehen soll. Leidenschaft ist das Stichwort; Leidenschaft als Todfeind des Mittelmaßes, als Motor des Sinns und des Seins, als das Paradox, dass uns im Kern antreiben kann, wenn wir es denn zulassen.

Wenn man etwa Simon Sinek folgen möchte, dann ist Sinn die Antwort auf die Frage, WARUM man etwas tut? Hat man sein persönliches WARUM einmal gefunden und lebt dieses, indem man mit Anderen verbunden ist und ihnen auch dienlich zu sein versucht, dann erlebt man Sinn; durch die Verbundenheit mit anderen Menschen und ein klares WARUM. Dienlich zu sein bedeutet dabei mitnichten, sich selbst aufzugeben, oder stets durch und durch altruistisch bis zur Selbstaufgabe sein zu müssen; es bedeutet vielmehr, Andere an seinem eigenen WARUM teilhaben zu lassen, bzw. ihnen zu helfen, ihr eigenes WARUM zu finden. Ich finde diese Idee gleichsam schlicht, elegant und heilsam, weil sie ein besonderes Augenmerk auf Solidarität und Miteinander legt. Zwei Zutaten, an denen es unserer Gesellschaft heutzutage in erheblichem Maße mangelt. Kommen wir mit dieser Idee zurück zur Leidenschaft, so lässt sich erkennen, dass diese gleichsam Anstrengung und Schmerz aber eben auch Motivation und Sinn beinhaltet. Nur etwas, dass uns fesselt, dass unsere innersten Saiten zum schwingen bringt und uns ein unhintergehbares Gefühl von Lustgewinn, von Freude, von Wachstum gibt, vermag uns dazu zu bewegen, sich den Herausforderungen zu stellen, gleich wie anstrengend oder schmerzhaft diese auch sein mögen. Leidenschaft und intrinsische Motivation sind untrennbar miteinander verbunden. Was natürlich auch in mir diese Fragen aufwirft: Was ist es also, was mich antreibt? Und warum treibt es mich an?

Meine größte Leidenschaft, seit ich mich bewusst erinnern kann war, ist und bleibt das Geschichtenerzählen. Ich habe schon immer Bilder in meinem Kopf gehabt, die mich zum Erzählen angeregt haben. Ob ich schreibe, ob ich Pen’n’Paper spiele, ob ich im Lehrsaal stehe, ob ich mich mit den Bildern auseinandersetze, die ich hier und dort knipse – immer ist da eine Stimme in meinem Hinterkopf, die dazu etwas zu sagen hat, die meine Bilder mit Bedeutung auflädt, die versucht, das MEHR hinter der Summe der Teile zu sehen; und die gleichsam Andere auf diese Reise des Erlebens, oder des Verstehens, oder des Wachsens mitnehmen möchte. Und das ist mein WARUM: ich möchte anderen Menschen durch meine Erzählungen einfach nur die Chance bieten, zu verstehen, zu wachsen, sich zu entwickeln. Und ich will das nicht mit Druck oder mit Zwang erreichen, sondern indem ich sie in meine Geschichten einführe und dort selbst herausfinden lasse, was ihr MOTOR und ihr WARUM sind. Ich möchte dabei einer der Spiegel sein, in welchen sie sich selbst erkennen können! Immer wieder stoße ich dabei auf Hindernisse, lande in Sackgassen, mache Fehler über Fehler, und muss stets auf’s Neue erkennen, dass man niemals wirklich bereit ist für dieses Abenteuer namens “Leben”; und schon gar nicht für das Abenteuer “Lehren”. Man legt einfach los! Man verkackt (manchmal episch)! Man analysiert die Fehler und überlegt sich einen neuen Ansatz – und wird so langsam besser! Wer vom Start weg nach 100% strebt hat nicht verstanden, dass das Leben – und damit alles, was wir unterdessen tun oder lassen – kein Sprint sondern ein Marathon ist! DAS ist der Schmerz, DAS sind die Herausforderungen. Aber wie süß, wie erfüllend es sich anfühlt, wenn eine Geschichte sich entwickelt, wenn sie anfängt zu “funktionieren”, wenn sie in meinem Kopf zu leben beginnt und wenn die Puzzleteile am Ende zusammenzufallen beginnen. Wenn es dann hinterher wenigstens bei ein paar Anderen auch “Klick!” gemacht hat, bin ich mehr als nur ein bisschen zufrieden. Aber der Weg dahin ist nie leicht…

Auch hier und jetzt bin ich im Begriff eine Geschichte zu erzählen. Eine höchst persönliche Geschichte, weil sie – wie so oft, wenn ich hier schreibe – die Möglichkeit eines Scheiterns inkludiert. Und auch das ist ja ein essenzieller Aspekt der Leidenschaft, der eben schon anklingen durfte: eine investierte Anstrengung resultiert nie notwendigerweise in einem Triumph. Du kannst dich noch so anstrengen, alles geben, es sogar richtig gut machen – und wirst trotzdem nur Zweiter. Oder sogar Letzter. All unsere Fähigkeiten, unsere Motivation, unsere Begeisterung garantieren keinen Erfolg – manchmal will es nicht klappen, weil wir noch nicht gut genug sind. “We develop taste, long before we develop skill!” (Danke Matt Colville). Dennoch lebt es sich mit Leidenschaft wesentlich intensiver, als mit Mittelmaß. Ich möchte meine Leidenschaften auf keinen Fall missen, selbst, wenn sie mir ein ums andere Mal eine besondere Art von Schmerz bereiten mögen. So wie etwa mein Wille, für meine Überzeugungen einzutreten, auch wenn der Wind gerade von vorne weht. Meine große Klappe wird mich irgendwann mal in eine Scheiße reiten, die so tief ist, dass ich da nicht alleine wieder rauskomme. Aber das wird es wert gewesen sein – den Kopf erhoben zu halten und zu wissen, dass meine Leidenschaft mich weiter getragen haben wird, als all die Reichsbedenkenträger, Besitzstandswahrer und “Das-haben-wir-aber-schon-immer-so-gemacht!”-Rufer da draußen. Ich sage: Wage, dich deiner Leidenschaft zu bedienen! Also… was ist DEINE Leidenschaft? Was ist DEIN WARUM? Schönen Sonnabend.

Auch als Podcast…

Wenn alles was ich tue gerade keinen Sinn zu ergeben scheint – wer bin ich dann?

Keine Sorge, das wird hier keine Selbsthilfe-Kolumne. Auch kein elegischer Abgesang auf die Grabsteine der gestorbenen Träume, die jeder Mensch in einem Hinterkopf herumträgt. Und noch viel weniger ein (neuerlicher) Rant gegen diese verfickte Selbstopimiererei. Es könnte allerdings eine Suche werden. Vielleicht nach neuem Verstehen; das Verstehen und Verständnis im Übrigen zwei grundverschiedene Dinge sind, muss ich hier jetzt hoffentlich niemandem mehr erklären. Wenn ich von Verstehen spreche, meine ich dabei zuerst, sich selbst zu verstehen. Also… zu wissen, wer man ist, was man ist, wo man ist, warum man ist. Dieses typische identitäts-Gefasel halt, dass man eigentlich eher von Teenagern oder jungen Erwachsenen erwarten würde. Die natürlich grundsätzlich erst mal alles Scheiße finden, was die “Alten” gut und richtig finden, einfach, weil die “Alten” die “Alten” sind – weil man sich selbst eben erst mal selbst erproben und herausfinden muss. Und dabei niemals verstehen kann, dass auch die “Alten” erst jung sein mussten, um überhaupt alt werden zu können. Dass wir dabei den selben Scheiß abgezogen haben…? Schwamm drüber…! ICH bin schon verdammt lange kein Teenager mehr. Noch nicht mal ein Twen. Ich bin ein alter Sack. Oder wie der – nicht selten für mich vollkommen debil daher kommende – Gender-Sprech es nennen würde ein “white middle-aged cis-gender guy”. Also known as: “der Teufel”! Der Schuldige am gesanten Leid der Menschheit. Es gibt da nur ein kleines Problem. Ich persönlich diskriminiere und unterdrücke nicht! So ziemlich das Schlimmste, was ich tue ist – zumindest in den Augen meiner jüngeren Kolleg:innen – Dad-Jokes zu reißen; so die richtig flachen, die aufrecht unter einer geschlossenen Tür durchlaufen können. Ich komme manchmal sicher auch mit ungeschickten Formulierungen um die Ecke oder argumentiere auf der Basis meiner Lebenserfahrung, womit manche nicht klarkommen – aber es ist halt MEINE Lebenserfahrung. Ich hatte nicht darum gebeten, 1974 geboren zu werden…

Diese Unart, Menschen anhand ihres Geburtsjahres in Generationen einzuteilen und diesen Generationen jeweils bestimmte Merkmale zuzuschreiben (Stichwort: “Okay Boomer”) ist sowohl sozialwissenschaftlich als auch in meiner Wahrnehmung vollkommener Quatsch. Weder besteht “meine Generation” – nämlich Gen X – aus lauter Königspudeln, die allesamt den Wolf im Schafspelz wählen, noch aus lauter schwarzen Schafen, Scharlacharas oder Halsbandsittichen. Ganz vorne steht immer ein einziges Attribut: “Mensch”! Was halt bedeutet, dass die Streuung innerhalb aller Alterskohorten von Altruist bis zu Arschloch reicht und dabei einmal den Zirkelschlag durch das ganze Alphabet macht. Warum ist es so schwer zu verstehen, was Menschen SO werden lässt und nicht etwa anders. Individuelle Lebensumstände sind nun mal hoch unterschiedlich. Dorfkind vs. Stadtkind? Akademiker vs. Arbeiter? Suburbia vs. Reihenhaussiedlung? Beide Eltern vs. Scheidungskind? Arm vs. Reich? Einzelkind vs. (viele) Geschwister? Auto vs. Fahrrad? Tech-affin vs. traditionell? Progressiv vs. konservativ? Und, und, und…! Und all das ist vollkommen unabhängig vom Geburtsjahr! Was einen Menschen in dieser Zeit, also von den frühern Kindesbeinen bis zur Ablösung vom Elternhaus prägt, lässt sich nicht so leicht abschütteln und bleibt oft ein ganzes Leben lang wirksam. Und dennoch erschaffen wir uns selbst aus all diesen fragmentarischen Erfahrungen, Eindrücken, Beziehungen, Ideen, Normen, Werten und Moralvorstellungen selbst als eigenständige Person – immer und immer wieder neu! Das Sein mag dem Bewusstsein eine grobe Form geben. Die finalen Konturen erschaffen wir immer wieder selbst und legen dabei – Jahr für Jahr, Lage für Lage – den wahren Kern unseres Selbst (wieder) frei. Erst ein bestimmtes Alter erlaubt es uns, wieder so ehrlich zu sprechen, wie der Mund des kleinen Kindes.

Wenn ich über diese Erkenntnis weiter nachdenke, so komme ich nicht umhin, mich noch in jenem Zustand wähnen zu müssen, in dem die Wahrheit mir nicht mit der Leichtigkeit über die Lippen kommt, die oftmals angemessen wäre, weil die Erfordernisse der Diplomatie, insbesondere im Arbeitsalltag schwer wiegen. Und weil so viele Menschen – was mich sicher einschließt – die Wahrheit über sich selbst, ihr Tun und Lassen gelegentlich nur sehr ungerne hören. Ist es bittererweise oft doch so, dass wir mitnichten alles richtig machen, so dass die Wahrheit eine Kritik sein muss! Und damit sind endlich wir bei der Eingangsfrage angelangt. Denn wir neigen allzu oft dazu, uns über unser Tun und Lassen, oder besser gesagt, über unsere Erfolge und Niederlagen definieren zu wollen. Habe ich es gut gemacht und einen Sieg davon getragen, ganz gleich welcher Natur? Oder ist mir doch (wieder) ein Fehler unterlaufen, der für Ärger, Anschuldigungen, Spott, Rückschläge, etc. sorgt? Wenn ich meinen Wert nur darüber zu messen versuche, muss dann die Bilanz meines Lebens nicht zwangsläufig einige Negativposten ausweisen? Denn jeder Mensch, der ehrlich genug zu sich selbst ist, wird zugeben MÜSSEN, dass Fehler unvermeidlich sind. Wir können NICHT immerzu als Sieger vom Platz gehen. Das würde im Übrigen auch dem kategorischen Imperativ wiedersprechen, denn jeder meiner Siege ist eines anderen Menschen Niederlage. Also – warum betrachten wir das ganze Leben überhaupt als Wettbewerb? Warum hat “Karriere” stets etwas damit zu tun, “besser” sein zu müssen als andere. Besser in was? Im Menschsein? Im sozial sein? Oder doch im Arschloch sein?

Was macht MICH zu MIR? Was ist die Essenz meines Lebens? Diese Frage zu beantworten ist weder trivial, noch ist es dumm, diese Frage zu stellen. Natürlich hat das etwas mit der Suche nach dem Sinn der eigenen Existenz zu tun. Auch, weil wir Sinn, Glück und Identität immerzu munter durcheinander werfen. Aber vielleicht wird uns gerade klar, dass der Sinn der eigenen Existenz nicht gemessen werden kann… nicht gemessen werden sollte! Denn alles was ich zu messen versuche, beginne ich automatisch taxonomisch einzuordnen. Und damit einer Vergleichs-, oder Marktlogik zu unterwerfen. Damit ist das hier irgendwie doch ein Rant gegen die Selbstoptimiererei. Denn, wenn die Marktlogik alle Bereiche unseres Lebens durchdringt, kapitalisiert sie damit automatisch alle Bereiche unseres Lebens. Doch meine Identität speist sich – zumindest in meiner Wahrnehmung – auch aus der Freiheit des Denkens, aus einer Spiritualität, deren Grenzen ich selbst definiere, aus meiner Kreativität und dem Wunsch, Menschen beim Wachsen als Menschen zu helfen. Und all das hat mit meinem Job, mit Karriere, mit Konsumkapitalismus überhaupt nichts zu tun. Arbeiten zu gehen ist für mich nur ein Mittel zum Zweck; eine Notwendigkeit, der man nicht entfliehen kann. Jene Dinge, denen man nicht entfliehen kann, muss man erdulden und zeitgleich versuchen, die Bedingungen step by step so zu verändern, bis das Erdulden erträglich geworden ist. Um die Frage von oben für mich zu beantworten: ich bin ein Suchender und ein Gestaltender zugleich, je nachdem, welche dieser Qualitäten gerade mehr gebraucht wird. Denn, wenn gerade alles keinen Sinn mehr zu ergeben scheint, ist es an der Zeit, sich neu zu orientieren und nach neuem Sinn zu suchen; seine Identität neu zu formen. Das Leben wartet niemals darauf, was du als nächstes tun willst. Es schreitet fort, egal, ob du dich bewegst, oder nicht. Also solltest du dich besser bewegen, bevor du selbst bewegt wirst – in Richtungen oder gar an Orte, die dir zur Falle werden können. Schönes Wochenende…

Auch als Podcast…

Bin ich cool, oder was…?

Nachdem ich gestern mal so richtig meinen Ärger rausrotzen musste, stolperte ich direkt heute Morgen über einen Artikel, der über eine Studie zum Thema “Coolness” referierte. Nachdem ich gestern doch ein bisschen erhitzter unterwegs war, kam mir das wie Ironie des Schicksals vor; sagen die Amis doch “he lost his cool”, wenn jemand mal so richtig emotional geworden ist. Die Autoren der zitierten Studie hoben allerdings auf den Umstand ab, sie hätten rausgefunden, dass – egal in welcher Kultur auf welchem Kontinent – jene als cool angesehen wären, die abenteuerlustig und unkonventionell gegen den Strom schwimmen würden. Und ich dachte, bei einem virtuellen Blick in den Spiegel “Okay baby… and now what?” Auf die Frage nach der Eigen- und Fremdwahrnehmung gehen wir alsbald ein, versprochen. Aber was IST Coolness denn? Ist das bloße Äußerlichkeit, oder findet das auch im Innen statt? Und ist das dann eher das stoizistische Erdulden im Angesicht einer Katastrophe, die helfende Hand in den Fährnissen des Lebens, die selten nach etwas für sich selbst fragt, doch der machende Macker… oder vielleicht irgendwas dazwischen? Und ist es lediglich wichtig, dass man sich selbst als cool wahrnimmt – was auch immer das dann individuell heißen mag – braucht man doch das Gefühl, das Andere die eigene Coolness auch erkennen, oder ist man erst cool, wenn einen weder das eine noch das andere großartig interessiert? Fragen über Fragen. Die kann ich nur für mich selbst beantworten, aber vielleicht findet ja die eine oder der andere hier einen Denkanstoß.

nochmal dieses Motiv, aber dieses Mal besser…

Zunächt einmal – die Studie ist in mancherlei Hinsicht Bollocks, denn die befragte Grundgesamtheit ist zu klein und das Design eher… sagen wir mal fragwürdig. So zielen die Fragen zunächst auf die Fremdwahrnehmung ab und das Erkenntnisinteresse richtet sich auf folgende Annahme: “Im Informationszeitalter könnte Coolness weltweit die alte Hierarchie der sozialen Klassen abgelöst haben und, als eine alternative Statusordnung, die Kreativität und Innovation fördern – besonders in Ländern, die zunehmend abhängig von Kreativität seien.”(Pezzuti, T., Warren, C., & Chen, J. (2025). Cool people. Journal of Experimental Psychology: General. Advance online publication. https://doi.org/10.1037/xge0001799) … what the fuck? Mit Blick auf das Influencer-Business, welches sich rings um den, offenkundig überall vorhandenen, Wunsch nach Coolness im letzten Jahrzehnt global etabliert hat, scheint sich damit auch in dieser Studie alles auf Äußerlichkeiten, vor allem aber auf den möglichen fiskalischen Aufwand zu konzentrieren, den zu betreiben Leute bereit sind, um den Effekt von Coolness zu erzielen. Wir reden also mal wieder über nix anderes als den den verschissenen Konsummaterialismus. Aber Kohle macht nicht cool! Sie macht sexy, weil wir selbst gerne etwas von dieser Kohle hätten! Wobei wir gerne übersehen, dass nicht wenige Menschoide, die ausreichend Kohle haben, um sehr sexy zu wirken in ihrem Inneren derart verrottet sind, dass man noch nicht mal mehr den Kern dessen auszumachen vermag, was wir gemeinhin als Menschlichkeit bezeichnen würden! Bleibt einzig die Frage, was zuerst da war: die Kohle oder die Verderbtheit? Die Korrellation zwischen beidem zeigt sich jedenfalls überdeutlich! Schönen Dank auch, aber mein persönliches Erkenntnisinteresse geht in eine ganz andere Richtung. Mich interessiert Coolness nicht als Statussymbol für geldgeile EGO-Tierchen, sondern als Persönlichkeitsmerkmal! Kommen wir also zurück zum Inneren.

ICH beantworte die Frage nach Coolness also eher über binnenpsychologische Funktionen. Wie man an meinem gestrigen Rant erkennen kann, ist es um meinen Stoizismus nicht immer zum Besten bestellt, wenngleich ich, wie irgendwann hier schon mal erwähnt, zumindest ein kleines bisschen altersmilder geworden bin. Aber wenn ich irgendwann im grundasozialen Verhalten Anderer keine Motivation mehr finde, aus der Haut zu fahren, bin ich wahrscheinlich tot! Tatsächlich sehe ich mich selbst irgendwo zwischen der stillen helfenden Hand und dem machenden Macker; und im Grunde interessiert es mich einen Scheiß, was Andere von mir halten, sofern sie mich einfach – zu meinen Bedingungen, sofern diese niemandes Freiheit unzulässig beschneiden – meine Arbeit tun und meine Leben leben lassen. Es ist eigentlich also ganz einfach, friedlich mit mir zu koexistieren. Und man muss mich beim besten Willen NICHT cool finden. Ich habe neulich mal, in einem anderen Post über meine Gaming-Gene, zum wiederholten Male auf mein frühes Nerddom hingewiesen. Man muss dazu vielleicht anfügen, dass die Art von Nerd, die ich in den späten 80ern und frühen 90ern war NICHT den popkulturellen Beifall bekam, den man heute durch Shows wie “Big Bang Theory” erzielt. Wenn’s da mal geklatscht hat, war es eher selten Beifall. Ich fand mich allerdings irgendwann in einer Nische wieder, die sich für mich recht sicher anfühlte. Und ich habe natürlich als Teenanger irgendwann angefangen, mir wesentlich mehr Gedanken darüber zu machen, wie andere mich wahrnehmen. Das gehört zu dieser Lebensphase schlicht dazu. Man muss ja irgendwie seinen Platz in der Gesellschaft der “Erwachsenen” finden… doch ich wurde nie zu einem der “cool kids”. ICH blieb – weitestgehend – ICH und begann irgendwann mich weiterzuentwickeln. Aber in meiner persönlichen Wahrnehmung war ich nie cool; bin’s bis heute nicht. Und irgendwann wurde das auch vollkommen egal. Denn für mich war es, als ich ein paar wesentliche Dinge über mein Leben erkannt hatte, viel wichtiger, mir selbst treu zu bleiben – und den Menschen, die mir wirklich wichtig sind. Alle anderen sind nämlich… Beiwerk!

Ich glaube ehrlich gesagt, mit Coolness ist es wie mit dem Glück: manchmal ist man eben einfach cool, weil man vom Leben jenes Karma zurückbekommt, welches man aussendet – und manchmal halt nicht. Problematisch wird es erst, wenn man anfängt sich darüber allzu viele Gedanken zu machen. Dann fängt man nämlich an, komische Sachen zu tun und/oder Geld zu verpulvern, in der – zumeist sinnlosen – Hoffnung, einen bestimmten Effekt zu erzielen. Ich denke gerade an einen Moment letztes Jahr im Freibad, als ich dieses jungen Kerls angesichtig wurde, mit 80er Pornoleiste, fesch kombiniert mit teilblondiertem VokuHila und einem schreiend bunten Shirt, dass selbst Thomas Magnum nicht freiwillig getragen hätte. Die 80er riefen so laut an, dass ich Mühe hatte, mein Gesicht unter Kontrolle zu halten. Die Tage sah ich, am gleichen Ort auf meinem Badetuch sitzend, an meinem deutlich aus der Form geratenen Leib hinunter und dachte mir wahrscheinlich exakt das Gleiche, wie der junge Mann letztes Jahr – I give a flying fuck, how others see me, as long as I’m happy with how I lead my life! In diesem Sinne – stay happy, not cool!

Auch als Podcast…

500 Gramm gemischter Hass meets New Work!

Das hier wird ein Rant, denn ich habe die Schnauze voll. Ich wünsche mir oft, Menschen wären offener und ehrlicher im Umgang miteinander! Ich wünsche mir auch oft, dass man sich robust Dinge ins Gesicht sagen kann, ohne dass das Gegenüber sofort ausflippt oder sich beleidigt fühlt, denn manche wahrhaftige Dinge, die man sagen muss, sind nicht immer schön – und man kann diese manchmal auch nicht irgendwie wertschätzend formulieren. Insbesondere dann nicht, wenn Fehler gemacht wurden, oder Forderungen gestellt werden, die ungerechtfertigt sind. Ich wünsche mir übrigens auch, dass die Leute auf der anderen Seite einer Kommunikation genauso offen, ehrlich und robust mit mir sind, wie ich das gerne mit Ihnen sein möchte. Ich habe kein Problem damit, wenn mir jemand etwas (verbal) vor den Latz knallt, weil ich einen Fehler gemacht habe, oder weil ich etwa eine Forderung formuliert habe, die Quatsch ist. Ich habe viel häufiger Probleme damit, wenn Menschen vorne rum aufgesetzt höflich sind und hintenrum anfangen zu hetzen oder zu intrigieren – und das passiert da, wo ich arbeite leider gelegentlich. Jedenfall passiert es dort deutlich häufiger als in meinem privaten Umfeld, denn die Menschen, mit denen ich langfristige soziale Beziehungen führe wissen, dass man mit mir ehrlich sein darf. Und bitte nicht um den heißen Brei herumredet – denn ich bin keine Pussy sondern ein No-Bullshit-Guy!

Ich möchte bitte nicht falsch verstanden werden: ich habe überhaupt kein Problem damit, wenn man fordert, dass Leute höflich miteinander umgehen sollen und wenn man von allen Beteiligten einer Situation erwartet, sich einer Gewaltfreien Kommunikation zu befleißigen; allerdings erfordert Gewaltfreie Kommunikation, dass ALLE Seiten daran aktiv teilnehmen, bzw. ALLE Seiten die Grundsätze derselben beherzigen! Ich will an dieser Stelle ganz ehrlich sein: ich hasse E-Mails mittlerweile! Das liegt daran, dass ich versuche, auch in E-Mails direkt und – falls nötig – robust zu kommunizieren, um auf Probleme hinweisen zu können. Allerdings kann man meine direkte und robuste Art der Kommunikation auch durchaus missverstehen, WENN MAN DENN UNBEDINGT MÖCHTE! Es ist beileibe nicht so, dass ich da üblicherweise lospoltere wie ein Rumpelstilzchen. Ich formuliere nur manchmal gegebenenfalls relativ scharf und ohne Umschweife. Und damit können manche Leute offenkundig nicht umgehen, bzw. sie benutzen es als Vorwand, mich der Unhöflichkeit und Unprofessionalität zu bezichtigen. Da kann ich ehrlich gesagt nicht mehr drauf! Denn die gleichen Leute reden – hinter meinem Rücken – nicht selten auf höchst despektierliche Weise über mich, ohne mir jedoch jemanls offen ins Gesicht sagen zu können, was sie von mir halten. Und für diese hinterfotzige Bigotterie habe ich keinerlei Verständnis, Energie und Geduld mehr!

Ich bin davon überzeugt, dass man an der Sache hart diskutieren und auch miteinander streiten können sollte, was bedeutet, dass man manchmal Worte wählen muss, die für das Gegenüber vielleicht nicht unbedingt so schön oder nett sind. Aber manche Sachverhalte lassen sich nicht in hübsches verbales Geschenkpapier verpacken, sondern müssen klar benannt werden. Und dieses klare Benennen ist doch tatsächlich für manche Leute, mit denen ich gelegentlich bei der Arbeit zu tun habe, bereits ein Zuviel an Ehrlichkeit. Ich weiß wirklich nicht, ob das anderen Orts genauso ist. Aber zum gegebenen Zeitpunkt habe ich die Schnauze davon voll, jedes Mal einen Eiertanz aufführen zu müssen, weil ich Angst davor haben muss, irgendjemandes Snowflake-Gefühle zu verletzen, wenn ich irgendetwas beim Namen nenne, Goddammit! Es geht mir, wenn ich mich mit gewisser Schärfe äußere so gut wie immer um die Sache; und wenn ich dabei mal persönlich werde, habe ich üblicherweise den Arsch in der Hose, mich dafür zu entschuldigen, denn ich möchte wirklich niemanden verletzen. Aber wenn es so einfach ist, Menschen zum Schmollen zu bringen, dann muss ich mich wirklich fragen, wie manche dieser Menschen es bisher in einem Berufsbild mit so viel sozialem Konfliktpotenzial ausgehalten haben? Denn diese mimosenhafte “Rühr-mich-nicht-an!”-Attitüde passt wirklich überhaupt nicht mit den Anforderungen des Jobs zusammen. Kurz und gut – ich bin mal wieder darauf hingewiesen worden, dass ich böse gewesen sein soll. Doch wenn die ernstgemeinte Schlussformel “Danke für die Aufmerksamkeit” seit Neuestem von jedem Hans und Franz zum Anlass genommen wird, mich als passiv-aggressiv wahrzunehmen, ist das für mich NICHT MEHR AKZEPTABEL! Heult doch; aber kommt damit bitte nicht mehr zu mir. Tschüss!

Auch als Podcast…

Sind KIs Kapitalisten?

Ich habe heute morgen einen schönen Satz gelesen: “Das Rad der Zeit hat einen Elektromotor bekommen.” Der Autor sprach dabei von der möglicherweise zunehmenden Verblödung durch die ubiquitäre Nutzung von KI – oder besser dem, was wir gerne für künstliche Intelligenz halten würden… Doch darauf kommen wir später zurück. Tatsächlich ist dieser Motor ja aber schon vor langer Zeit montiert worden, er wird nur in regelmäßigen Abständen “verbessert”. Selbst, wenn wir nicht über all die Entwicklungen von der Steinzeit bis in die Rennaissance reden wollen, bleibt da doch noch einiges Bemerkenswertes. Zuerst kam in der Moderne die Dampfmaschine, dann der Elektrogenerator, dann das Auto, dann der Rundfunk, das Fernsehen, und schließlich irgendwann – befeuert durch die DARPA-Projekte, wie etwa das ARPANET und die Entwicklung von HTML durch Tim Berners-Lee – die wunderbare Online-Welt. Und stets gab es Dinge, Umstände, Sachverhalte, Erkenntnisse, die damit jeweils einher gingen, wie etwa die, dem Taylorismus folgende Arbeitsteilung, die von Henry Ford eingeführte Fließbandarbeit, neue soziale Ordnungen und der Kampf um die diesbezügliche Deutungshoheit – und natürlich der Kapitalismus als jene Wirtschaftsordnung, welche von so vielen fälschlicherweise als symbiotisch der Demokratie zugehörig erachtet wird, dass alles Andere UNDENKBAR scheint. Da wird von den immer gleichen Möchtegern-Leistungsträgern und Entscheidern immer davon gesprochen, dass der Sozialismus (oder was auch immer) bisher nicht funktioniert habe – dabei verleugnend, dass der Kapitalismus ebensowenig funktioniert. Immer sind es nur ein paar besondere Ego-Arschlöcher an der Spitze, welche vom System profitieren. Alle anderen schauen in die Röhre.

Kommen wir zurück zur KI. Die These lautet, dass KI die Klugen klüger und die Dummen dümmer machen würde. Ich persönlich halte das für riesigen Quatsch, weil Intelligenz noch niemals automatisch vor Abusus geschützt hat. Andernfalls gäbe es keine Alkoholiker mit Doktortitel. Was KI jedoch leistet, ist Folgendes: sie bietet Abkürzungen. Die Verlockungen eines leichteren Weges. Ganz gleich, ob es um Lernaufgaben oder die Arbeit geht, stellen KI-Anwendungen  vermeintlich effizienzsteigernde Shortcuts zur Verfügung. Aufgaben, die keinen Spaß machen, die wiederkehrende Routine sind, die Zeit brauchen, sollen von der KI erledigt werden. Doch bevor ich eine Routine auslagere, tue ich gut daran, diese Routine selbst zu beherrschen, um die oftmals nur vermeintlich effizienteren Ergebnisse meines LLMs beurteilen zu können. Andernfalls versende ich nämlich nicht selten die sachlich unrichtigen Halluzinationen der Maschine, die weder soziale, noch moralische, noch politisch-taktische Erwägungen kennt. Dieser Dünnschiss muss oft erst mühsam von einem echten Experten demaskiert werden. KI macht also nicht den Dummen Dümmer, sondern nur fauler… und den Klugen gleich mit. Denn der sirenen-süße Ruf der Arbeitsvermeidung lässt auch den 1,0-Abiturienten nicht kalt, wenn doch andere Dinge viel wichtiger sind. An dieser Stelle sei vielleicht noch erwähnt: in der, durch den KI-Einsatz gewonnenen Zeit wird mitnichten weiter in die Hände gespuckt zur Steigerung des Bruttosozialprodukt; viel wahrscheinlicher ist, dass die so gewonnene Zeit damit verbraten wird, anderen Lockrufen des weltweiten Desinformationsgewebes und seiner APP-solut wahnsinnigen Auswüchse zu folgen. Ach, was würden wir nur ohne Antisocial Media und dieses ganze nutzlose Produkt-Influencer-Geschmeiss tun… oh… vielleicht weniger konsumieren und mehr leben?

Denn all der Huzz and Buzz um KI folgt natürtlich der, weiter oben bereits angeklungenen kapitalistischen Verwertungslogik. Alles MUSS dem Effizienz-Paradigma unterworfen werden. “Die Arbeit muss schnell erledigt sein, bediene dich des Outsourcings und erziele so mehr Wertschöpfung – für deinen Arbeitgeber…!” “utere machina!” (Nutze die Maschine!) anstatt “sapere aude!” (Wage, dich deines Geistes zu bedienen!); mit dem Effekt, dass wir gleichzeitig auch der Fähigkeit zum kritischen Denken beraubt werden. Aber die ist für den Konsumkapitalismus auch eher hinderlich, unterbricht sie doch u.U. diesen wahnsinnigen Zyklus, von Geld, welches man nicht hat Dinge kaufen zu wollen, die man nicht wirklich braucht, um Menschen zu beeindrucken, die man nicht mal mag… Die ausufernde KI-Nutzung ist der direkte Weg auf die sehr bequeme Couch in der Komfortzone, Unterhaltungsprogramm mit Shoppingmöglichkeiten inklusive! Ob ich KI hasse, fragt ihr? Die Antwort lautet jedoch “Nein”. Denn KI-Anwendungen sind tatsächlich nützliche Werkzeuge. Allerdings lassen sich die allzu Bereitwilligen von der KI zu deren Werkzeug machen, anstatt zu lernen, wie man KI dort – und nur dort – wo es sinnvoll ist als Werkzeug zu nutzen und die Ergebnisse kritisch zu beobachten, und ggfs. zu korrigieren. Auf die Art gwinnen wir mittelfristig immer noch erheblich an Effizienz, verblöden dabei aber nicht. Und das wäre ja zumindest ein Effizienzerhalt. Ich wünsche daher allen – in mehr als einer Hinsicht – eine baldige Abkühlung.

Auch als Podcast…