Wird man hier gerettet?

Normalerweise habe ich – dem Himmel sei Dank – weder das Interesse, noch das Bedürfnis, mich großartig über meinen Arbeitsalltag als Healthcare Professional auszulassen. Was daran liegen dürfte, dass ich effekthascherische Berichte im Stil von „Schauen sie sich mal diese Sauerei an“ als Niveaulos und dem Bild meiner beruflichen Tätigkeit in der Öffentlichkeit wenig zuträglich betrachte. Diese Darstellung korreliert allerdings mit den Eindrücken, welche mir manche meiner Kollegoiden bei ihrer täglichen Verrichtung zu vermitteln die Stirne haben.

Es steht nicht zum Besten um meine eigene Sicht auf meinen Job, obwohl ich ihn immer noch gerne und zumeist auch mit Hingabe ausübe. Das könnte zum Einen an dem Ambivalenz erzeugenden Mittelwert der mannigfaltigen Eindrücke liegen, welche ich im Laufe von fast 20 Jahren über meine Mitmenschen gewinnen durfte, zum Anderen aber sicher auch an meinen – leider in der Summe zumeist negativen – Erfahrungen mit Jenen, welche das Recht haben, meine Arbeitsumwelt nach ihrem Bilde zu gestalten.

Dies ist der Punkt, an dem ich vorsichtig werden muss, denn sicher liest auch irgendjemand von den eben genannten eventuell zumindest gelegentlich hier mit; oder wird allerspätestens in diesem Moment auf mein Blog aufmerksam (gemacht), was dazu führt, dass ich mich nicht im Klartext über die von mir ausgemachten Mängel auslassen werde, da ich keine Lust habe, von meinem Arbeitgeber hernach juristisch belangt werden zu können. Allerdings kann ich nicht umhin, mich zu ein, zwei Bemerkungen über den Grad der Professionalität im Gesundheitswesen hinreißen zu lassen.

Sofern jemand in meinem Beruf das Interesse und Engagement hat, sich selbst tatsächlich als Healthcare Professional sehen und auch dementsprechend handeln zu wollen, bedeutet dies, das er bzw. sie oft genug alleine dasteht! Das heißt, dass man selbst dafür Sorge tragen muss, vernünftige Fortbildungen zu bekommen, in denen nicht wenige Kollegoiden einfach nur störend Zeit absitzen und so den Nutzen beeinträchtigen, sondern man etwas mitnehmen kann. Das man sein gesamtes Tun oder Unterlassen genau dokumentieren und begründen können muss und sich darüber hinaus nicht selten Kollegoiden gegenüber sieht, die bis heute nicht begriffen haben, dass sich die Welt, die Medizin und das Leben in den letzten 20 Jahren weiter entwickelt haben, wodurch manchmal das alte Programm einfach nicht mehr reicht. Und schlussendlich bedeutet es, dass man sich im Falle von auftretenden Komplikationen und Problemen den Rücken selbst frei halten muss – auch und vor allem gegenüber so genannten Weisungsbefugten. Was den jeweiligen Funktionsträger hierbei tatsächlich für seine Position qualifiziert, bleibt häufig genug unerklärbar, was die Gefahr von Reibungsverlusten quasi automatisch heraufbeschwört.

Ja, es mangelt im Gesundheitswesen an verschiedenster Stelle an Professionalität und Qualität, was einer Melange aus überkommenen Strukturen, mangelndem Problembewusstsein, Filz, unnötigem Kostendruck, schwach ausgeprägter Handlungs- und Sozialkompetenz, sowie Lernunwilligkeit verschiedenster Personengruppen geschuldet ist. Dass dieses System nicht schon lange kollabiert ist, verdankt es einzig und allein dem Engagement jener, die tatsächlich Healthcare Professionals sind und nicht einfach nur so tun! Ich hoffe, dass meine diesbezügliche Motivation noch eine Weile vorhält, denn ich habe den Eindruck, als wenn es in letzter Zeit immer schlimmer wird…

Sollte bei irgendeinem der Eindruck entstanden sein, dass ich nicht ohne Ansehen von individueller Herkunft, Weltanschauung und sozialer Schicht alles situationsabhängig Nötige und Richtige für meine Patienten tun würde, will ich dem noch mal in aller Vehemenz widersprechen. Es ist nicht meine Arbeit, die mir Probleme bereitet, sondern es sind die Umstände, unter denen sie erbracht werden muss. Und deren Verbesserungsbedürftigkeit betrifft alle möglichen Beteiligten, nicht nur innerhalb meiner eigenen Zunft. Vielleicht ist das einer der Hauptgründe, warum es mich in den Bildungsbereich zieht, denn ich glaube, in meinem Metier ist da noch viel Entwicklungsspielraum.

Was ich bin? Rettungsassistent! Und ob man bei mir gerettet wird? Darauf darf man sich getrost verlassen; nur für gewisse Teile des restlichen Systems würde ich meine Hand nicht ins Feuer legen!

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