Über’s Wetter reden?

Ja, kann man mal machen. Ich selbst habe mich zwar schon des Öfteren über „das Wetter“ als ausgemacht seichtes Small-Talk-Thema ausgelassen. Allerdings muss ich zugeben, dass diese Betrachtungsweise dahingehend überholt ist, als Wetterphänomene, die allenthalben zum Nachteil gereichen immer häufiger werden. Man denke an die ungewöhnlich hohe Zahl extrem schwerer Gewitter in Süddeutschland im Juno dieses Jahres; die überdies mit einer, für deutsche Verhältnisse unverhältnismäßig hohen Zahl an Unwettertoten einhergingen. Überraschend waren vor allem die Intensität des Regens und die nun zu Tage getretene Unzulänglichkeit der örtlichen Infrastruktur, diese zu kanalisieren. Das hätte wohl tatsächlich keiner geglaubt.

Natürlich fangen dann wieder alle zu reden an. Sie reden aber nicht davon, dass die Klimaerwärmung uns nun mit einer Phase des Klimazonenwandels endgültig davon zu überzeugen sucht, dass sie real ist. Und dies Phase des Wandels äußerst sich gegenwärtig ganz offenkundig in immer extremeren Mikrowetterphänomenen. Oder hat irgendjemand schon mal so einen Juni erlebt? Ich nicht und ich habe auch keine Erinnerung an derart schnell heranrollende, mit solchen Temperatur-Amplituden einhergehende und derart schnell wechselnde Wetterperioden. Mag sein, dass meine subjektive Sicht alleine nicht aussagekräftig erscheint, aber tatsächlich haben Wissenschaftler ja immer wieder darauf hingewiesen, dass in der Klimaerwärmung Transitionsphasen mit Extremen in beide Richtungen (also Warm vs. Kalt und Trocken vs. Nass) immer wieder möglich sind und wir gerade erst am Beginn einer solchen Phase stehen. Aber kurzfristige wirtschaftliche Belange waren ja schon immer wichtiger und man kann auf Klimakonferenzen noch so viele schöne Worte absondern und noch so viele – von manchem Nachrichtengollum dann hinterher auch noch als „ambitioniert“ bezeichnete – Abkommen schließen; so lange die Wirtschaft diktiert wo’s langgeht, werden wir weiter in den Abgrund steuern.

Ich bin ein alter Soze, aber beim besten Willen kein Linksromantiker. Ich weiß, dass irgendwie essen auf die Tische der Menschen kommen muss und dass Wirtschaftsunternehmen dies quasi en passant durch ihre Wertschöpfung mit erledigen. Es ist aus meiner Sicht auch nichts daran auszusetzen, wenn man seine Arbeitskraft für den Erwerb des Lebensunterhaltes verhuren muss. Nur haben sich die Maßstäbe einmal mehr zu Ungunsten jener verschoben, die am unteren Ende dieses Prozesses stehen. Fast ein Jahrhundert des Kampfes für Arbeitnehmerrechte und gegen eine willkürliche Ausbeutung nicht nur der Menschen, sondern auch unserer natürlichen Ressourcen durch die Wirtschaft sind in den letzten 15 Jahren durch das Mantra der Organisation aller gesellschaftlichen Prozesse nach dem Bilde der Marktwirtschaft zunichtegemacht worden.

Was das mit dem Wetter zu tun hat? Nun, mit den Arbeitnehmerrechten rückten zunehmend auch Umwelt- und Verbraucherschutz in den Fokus der politischen Regulierungsabsicht. Vollkommen zu Recht, denn was ein entfesselter Kapitalismus mit seinen Kindern anstellt, kann man in der so genannten Volksrepublik China gerade sehr gut beobachten. Ausbeutung breiter Schichten insbesondere der ungebildeten Landbevölkerung geht mit massiver Umweltverschmutzung einher. Der Turbokapitalist tritt also nicht nur die Rechte seiner Angestellten (Sklaven wäre hier wohl die passendere Bezeichnung) mit Füßen, sondern auch das Wohl der Natur. Das erzeugt verseuchte Flüsse, ausgelaugte Erde und Treibhausgase, die zur Klimaerwärmung beitragen, auch wenn von den Konzernen bezahlte Wissenschaftler immer wieder statistische Nebelkerzen werfen. Die Klimaerwärmung erzeugt Wetterkapriolen und diese erzeugen schlechte Ernten, erschwerte, bzw. im schlimmsten Fall ausgelöschte Existenzen, erhebliche Infrastrukturschäden und alles in allem verschlechterte Lebensbedingungen. ABER NÖ, das hat ja alles nichts miteinander zu tun. Na ja, aber so lange die Arbeitsausfälle durch dauerschuftende freiwillige Feuerwehren, das THW und andere, sowie die Versicherungsfälle billiger sind, bzw. von anderen Teilen der Gesellschaft (also von uns!) getragen werden müssen, als tatsächlich wirtschaftlich umzudenken zu müssen, kann man ja immer so weitermachen. Pfui Teufel!

Ja, das Wetter ist schon lange kein Small-Talk-Thema mehr, zumindest nicht für mich. Ich unterhielt mich dieser Tage mit unserem Vermieter am Urlaubsort, der meinte, in der Region habe es seit zwei Monaten nicht mehr geregnet. Zwei Monate kein Regen? OK, das ist hier die Toskana, aber dennoch, dennoch… insbesondere, wenn man bedenkt, dass ich letztes Jahr, um dieselbe Zeit dieselbe Auskunft von einem anderen bekommen hatte, zusammen mit dem Hinweis, dass dies schon seit Jahrzehnten nicht mehr vorgekommen sei! Jeder man sich seine eigenen Gedanken dazu machen. Für mich klingt das allerdings nach einer sehr großen Menge schlechten Karmas.

Ich könnte mich jetzt einfach freuen, dass seit über einer Woche jeden Tag die Sonne aus allen Kopflöchern scheint und meine Familie sich jeden Tag am/im Pool vergnügen kann, was mit kleinen Kindern eine gewisse Entspannung bedeutet. Aber leider kann ich das Auge für’s große Ganze nicht abschalten und so dräuen in meinem Hinterkopf die Probleme; zumindest ein bisschen, denn jetzt muss ich erst mal in den Pool, es ist nämlich verdammt heiß hier…

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