Tarifeinheit ist eine Illusion!

Ich möchte mal etwas richtig stellen – Horst Weselsky ist ein Unsympath, wie er im Buche steht, ein von Machtinstinkten und Geltungsbedürfnis gesteuerter, immer noch von den Kränkungen der Wiedervereinigung gezeichneter, kleiner Mann. Man muss ihn nicht mögen, man muss noch nicht einmal die Gewerkschaft der Lokführer mögen, oder den Umstand, dass sie seit Monaten immer wieder den Verkehrs-shit rocken. Man muss noch nicht mal Solidarität oder wenigstens Verständnis für deren Sache aufbringen. Man muss einfach nur begreifen, dass Spartengewerkschaften ein Existenzrecht haben. Und das das Tarifeinheitsgesetz einfach nur neoliberale Scheiße mit schwach-rotem Anstrich ist.

Danke Frau Nahles, dass sie endgültig öffentlich den Anspruch demontieren, Sozialdemokratin zu sein. Die Mitgliedschaft in einer Partei, die ihr Anrecht auf das Wort „Sozialdemokratisch“ auf Grund andauernder Inkongruenz zwischen niedergeschriebenem Anspruch und gelebtem Tagesgeschäft endgültig verwirkt zu haben scheint, qualifiziert nicht zur Inanspruchnahme des roten Mäntelchens für schwarze Politik. Auch Herrn Gabriels ununterbrochenes Werben für TTIP mehrt meine Sympathie für die aktuelle SPD-Agenda kaum. Um es noch einmal klar zu sagen: ich betrachte mich selbst als Sozialdemokraten, doch was die Genossen treiben, ist einfach unsozial, undemokratisch und unsinnig; bleibt der aktuelle Kurs erhalten, haben sie nichts anderes verdient, als endgültig im Nirwana der politischen Bedeutungslosigkeit zu verschwinden und zwar am besten verdammt schnell.

Ein Haustarifvertrag für alle Beschäftigten eines Unternehmens, egal was für einen Job sie machen? Damit wir uns weniger erpressbar machen? Ja wer ist denn durch Streiks erpressbar? Ich, oder ihr da draußen, so als Privatmenschen? Echt jetzt? In allererster Linie die Arbeitgeber und das ist auch gut so, denn wenn es nicht so wäre, hätten wir immer noch lauter nach Gutsherrenart ausgebeutete Lohnabhängige. Ohne den Druck, den Gewerkschaften heute – Gott sei Dank – legitimer Weise aufbauen dürfen, würden wir unsere Arbeit immer noch unter vormodernen Bedingungen leisten und auch wenn es einen gelegentlich nerven mag, wenn man die Auswirkungen eines Streikes am eigenen Leib spürt, ändert das NICHTS, ABER AUCH GAR NICHTS DARAN, DASS ES EIN GOTTVERDAMMTES GRUNDRECHT IST UND BLEIBEN MUSS! ALSO HALTET ENDLICH DIE FRESSE, IHR DUMMEN, UNREFLEKTIERTEN MENSCHOIDEN, DENEN STREIKEREI NICHT PASST!

So, wie die demokratische Gesellschaft das Skandieren, Propagieren, ja manchmal sogar teilweise das Randalieren der politischen Randspektren dulden können muss, so sie denn als halbwegs vital betrachtet werden möchte, so müssen die Bewohner der Demokratie es auch aushalten können, wenn andere Teilnehmer am Projekt Gesellschaft ihre ureigensten Rechte ausüben. Im Gegenteil hätten die Streiker unsere Unterstützung verdient, aber wann immer man so was offen sagt, ist man ja stets gleich eine dumme linke Sau. Dass die vehementesten Streikgegner dabei ihren ungehemmten Egoismus mit einem demokratischen Anrecht auf unbehelligte Selbstentfaltung verwechseln, ist eines der tragischen Grundprobleme unserer langsam offenbar werdenden Demokratiekrise. Man könnte es auch schärfer ausdrücken: ihr verschissenen, egotrippenden Couchpotatoes da draußen glaubt wohl, dass der Staat nur dazu da ist, eure feinen, kleinen Egos zu beglücken.

Doch die Wahrheit sieht anders aus: der Staat, das ist zuallererst die Gemeinschaft aller Menschen, die ein bestimmtes Territorium bevölkern. Und so, wie man seinem Nachbarn mal ein Stück Butter leiht, oder beim Möbelschleppen hilft, weil man dann selbst auch mal auf Hilfe hoffen darf, so muss man sich selbst auch in das Projekt Gesellschaft an sich einbringen, um es am Funktionieren zu halten. Was in diesem Kontext bedeutet, dass man eben die zu Recht streikenden unterstützt, anstatt sie zu beschimpfen oder unter Druck setzen zu wollen. Vielleicht stehen sie dann das nächste Mal, wenn ich für irgendetwas streiten will auch an meiner Seite? Doch dieses simple Prinzip, Solidargemeinschaft geheißen, scheint nicht mehr gelebt zu werden. Anders ist dieses Dauergenöle über die Streiks und die daraus resultierenden privaten Belastungen kaum zu erklären. JA, es ist schwierig, Kinder und Job unter einen Hut zu bringen, wenn die KiTa zu ist, oder zur Arbeit zu gelangen, wenn kein Zug mehr fährt, aber die machen das nicht dauernd und vor allem nicht zu Unrecht. Womit eigentlich alles gesagt wäre… bis auf eines vielleicht: wenn ihr wollt, dass die Streiks schneller rum gehen, macht doch selber Duck auf deren Arbeitgeber, zeigt euch solidarisch, tut was, anstatt immer nur das Maul aufzureißen. Wie wäre das?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert