Fuck Europe? No way…

Heute ist Europawahl. Ich hoffe, ihr seid hingegangen, weil politisch die Wahl zu haben ein Privileg ist, über das nur ein geringer Prozentsatz der Menschen überhaupt verfügt! Dieser Tage las ich in einer Zeitschrift einen Text zum Thema, in welchem der Autor, obschon offensichtlich kritisch gegenüber dem Konstrukt Europa sich dafür aussprach, wählen zu gehen. Gut so. Allerdings forderte er auch ein neues Narrativ für Europa. Aha… und was genau meint er damit?

Narrativ ist leicht, es meint eine Sinn stiftende Erzählung, übersetzt in den Kontext soll es wohl heißen, dass es zur Einigung Europas einen neuen, besseren Grund braucht, als den der Freizügigkeit, die zu genießen der Schreiberling offen zugab; einen neuen Sinn, mit dem die Notwendigkeiten erklärt werden sollen, dass Nationalparlamente Rechte an Europa übertragen müssen, dass der Apparat Europa Geld kostet und nationale Freiheit einschränkt, dass die Konsensfindung in einem so großen föderalen Gebilde komplizierter wird und das Interessenausgleich oft enttäuschte Gesichter bei einer oder mehreren Parteien erzeugt.

Dabei übersieht der Autor zwei entscheidende Probleme: erstens gab es bislang nie ein „Narrativ“, welches die Bürger berührt hätte, welches die Kraft in sich getragen hätte, aus einem Polen, einem Franzosen, einem Deutschen , einem Spanier, einem Griechen plötzlich lauter Europäer im Geiste zu machen. Dazu wurde die Souveränität der einzelnen Nationalstaaten innerhalb der Union immer viel zu sehr betont, dazu waren und bleiben wir bis heute immer viel zu sehr Deutsche, obwohl es „den Deutschen“ oder „das Deutsche“ gar nicht gibt! Es ist ein Konstrukt aus der Zeit des wilhelminischen Kaiserreiches, gerade mal so 130 Jahre alt, geschaffen aus dem einen Grund, den Untertan auf etwas Einigendes einzuschwören, um ihn so folgsam und konform zu machen mit dem, was die Obrigkeit in ihrer Weisheit beschließen würde – den Wahnsinn eines Kadavergehorsam fordernden Militarismus inklusive, der schließlich einen Weltkrieg herauf beschwor. Schönen Dank auch für Verdun, ihr Schwachköpfe!

Auf der anderen Seite negiert diese Sichtweise die Schaffenskraft der Gesellschaft. Wer anders soll denn ein solche Sinn gebende Erzählung schaffen können, als die Menschen, die hier leben? Irgendwelche Bürokraten, die nur bis zum nächsten Lobbyistenmeeting denken können? Ein womöglich wieder hinter verschlossenen Türen von den führenden Politikern Europas ausgekungelter Kommissionspräsident ,wie der stets farblos gebliebene Technokrat Barroso? Wenn Europa tatsächlich funktionieren soll, als ein Raum der sozialen Freizügigkeit, der nicht nur physische, sondern vor allem mentale Grenzen abbauen kann, dann muss man den Bürgern mehr zutrauen – dann müssen wir Bürger uns mehr zutrauen und Gestaltungsmacht einfordern!

Idioten, die immer noch glauben, dass Nationalstaaten in einer globalisierten Welt als Einzelkämpfer bestehen können, die sich vor dem Fremden fürchten, weil sie selbst einfach nur Angst vor der Zukunft haben und deshalb Andere erniedrigen müssen, um sich ein bisschen besser fühlen zu können wird es immer und überall geben – aber wir sollten diesem Faschistengesocks nicht das Feld überlassen, sondern sie dahin drängen, wo sie hin gehören: nämlich an den rechten Rand!

Ein Europa, in dem Bürger die Möglichkeit haben, an einer besseren Zukunft mitarbeiten zu können, klingt für mich verlockend. Denn seien wir ganz ehrlich: wer noch glaubt, dass die soziale Hängematte hier in unserem Deutschland für immer Bestand haben wird, wenn wir nur unsere Grenzen verrammeln, dem sollte man mal etwas über globale Wirtschaftszusammenhänge und die Chancen und Möglichkeiten einer vitalen demokratischen Zivilgesellschaft beibringen – mancher dumpfe Braunkopf würde vermutlich ganz schnell das Lager wechseln. Der Weg dahin ist allerdings ganz klar kein einfacher. Aber es liegt an den Menschen, die Umstände zu ändern, nicht die Umstände dürfen die Menschen ändern, denn dann haben wir verloren und irgendwann ist wieder 1933… Schönen Sonntag noch!

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