Ein Sieg…?

Entwickelt sich für das Berufsbild „Notfallsanitäter“ nun doch alles zum Guten? Ich weiß nicht; und wenn ich ehrlich bin, will ich noch nicht einmal spekulieren. Immer wieder wird, insbesondere von manchen Vertretern meines Berufsstandes, über den Lobbyismus der Ärzte gegen eine Substitution ärztlicher Maßnahmen durch Medizinalfachpersonal hergezogen. Es scheint manchmal, als wenn ständische Vertretungen der Ärzteschaft auf Standpunkten aus dem vergangenen Jahrhundert beharren, weil sie um ihre Pfründe fürchten. Doch ist dies tatsächlich der Fall?

Könnte es nicht eher so sein, dass diese Ständevertreter – angesichts ihres Alters und ihrer durchschnittlichen Positionen – einfach nicht mitbekommen haben, dass sich der Berufsstand des Rettungsfachpersonals in den vergangenen 25 Jahren erheblich weiter entwickelt hat? Dass der NotSan von heute mit dem RettSan von damals nur noch wenig gemein hat? Denn betrachten wir die Situation einmal nüchtern, sind die neueren Vertreter meiner Disziplin keine einfachen Befehlsempfänger mehr, sondern werden mit dem Handwerkszeug ausgestattet, selbst qua-wissenschaftlich die immer neuen Erkenntnisse der Evidenz-basierten Medizin sich anzueignen.

Zweifellos können manche das besser und andere weniger gut. Dennoch bleibt im Mittel eine deutlich verbesserte Fähigkeit, auf die Neuerungen und die damit einher gehenden Anforderungen des Feldes reagieren zu können. Doch diese Erkenntnis ist bei den Herren Standesvertretern der Ärzteschaft, in deren Köpfen wir immer noch dämliche Krankenträger sind, einfach noch nicht angekommen. Dies zu verändern, ist eine der Herausforderungen.

Ich habe mir heute morgen im Parlamentsfernsehen die öffentliche Anhörung des Gesundheitsausschusses angesehen und musste ja ein bisschen schmunzeln, als der Vertreter der Bundesärztekammer sagte, dass man die Notwendigkeit sähe, auch andere hochschulisch-pädagogisch gebildete Menschen, nämlich z.B. Ärzte in die Leitung von OTA-Schulen berufen zu können. Um es aus der Sicht des studierten Berufspädagogen noch einmal in aller Deutlichkeit zu sagen: Ärzte sind allein Kraft ihres Studiums NICHT befähigt, pädagogisch tätig zu werden! Dazu mangelt es ihnen an der dazu notwendigen Ausbildung. Es mag von Fall zu Fall Ärzte geben, die dies zumindest teilweise durch Begabung ausgleichen können; aber das reine Fachwissen genügt nicht, um dieses auch didaktisch sinnvoll und dem Adressaten angemessen vermitteln zu können. Und es wäre mir sehr recht, wenn manche – allzu arrogante – Vertreter der ärztlichen Zunft dies endlich einmal zur Kenntnis nähmen.

Alle gestrigen Darlegungen wurden nun gewürdigt und heute morgen haben die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und SPD ihren gemeinsamen Antrag auf Änderung des NotSanG zurückgezogen. Das heißt, die Bundesratsinitiative, welche von Bayern und Rheinland-Pfalz initiiert wurde, ist wieder im Rennen. Man könnte das als einen Sieg betrachten. Wäre da nicht der Umstand, dass das Einfügen einer begrenzten Befugnis zur Ausübung der Heilkunde im Rahmen der in der Ausbildung vermittelten Fähigkeiten in das NotSanG vermutlich zu kurz greift.

Eine Novelle des Heilpraktikergesetzes (HPG), welche für einzelne nicht-ärztliche Medizinalfachberufe jeweils – stets am Stand der medizinischen Forschung und der Tiefe der Ausbildung orientierte – Kompetenzen freigibt, wäre wesentlich sinnvoller und würde auch andere Berufsgruppen mit ähnlichen Problemen, wie etwa die Hebammen, Physiotherapeuten, etc. aus der Schusslinie nehmen. Aber das würde ja bedeuten, dass man zugeben müsste, dass a) unser Gesundheitswesen ziemlich kaputt ist und b) die deutsche Form der Arztausbildung auch nicht mehr der Weisheit letzter Schluss… Und so was glaubt ja keiner. Oder?

Komme es wie es mag, ich kann noch lange keinen Sieg erkennen. Dennoch bin ich froh, dass dieser halbherzige Quatsch von den GroKo-isten erstmal vom Tisch ist. In jedem Fall bleibt noch viel zu tun. Habe ich erwähnt, dass ich mich in die Schöpfung einer zweiten Braunwalder Erklärung involviere? Schönen Tag noch.

Auch zum Hören…

Was war heute noch…?

Tag der deutschen Einheit. Feiertag. Irgendwelche – selbst gefühlt wichtigen -Menschen schwingen Reden über das Tun, das Lassen, das Müssen, das Dürfen; über Klima und Greta, über Flucht und Merkel, über alles Mögliche und vor allem das Unmögliche, weil angeblich nicht bezahlbare – nur nicht über die Menschen, denen zu dienen diese Volksvertreter eigentlich aufgerufen wären.

Dies wird mitnichten eine Hassrede über unsere Politiker. Das überlasse ich gerne den Faschisten, den Nazis, den Ewiggestrigen, die wie ein Herbststurm über unser Land gekommen sind und sich berufen fühlen, alles nieder zu reißen, was Generationen vor ihnen aufzubauen vermochten. Denn diese Randfiguren der Globalisierung werden kein Vermächtnis erschaffen, dass zu erinnern auch nur eine Sekunde wert wäre. Ebenso wenig, wie ihre Nazi-Vorbilder. Wenn noch einmal einer von Autobahnen anfängt, vergesse ich mich öffentlich und gewalttätig…

Nein! Dies ist der Ausdruck tief empfundener Scham über den Zustand unserer Nation. Über Menschen, die nicht mehr zu einander finden, weil Dogmen schwerer wiegen, als Menschlichkeit. Über die idiotische Journaille, die den Faschisten nach dem Maul redet, weil sie Scheu vor einer Konfrontation haben. Als wenn man neo-faschistische Knallchargen wie Gauland (der Name ist offensichtlich Programm), Höcke und Bierlein auch nur im Ansatz programmatisch oder inhaltlich ernst nehmen könnte? Diese Menschoiden faseln vom vierten Reich und sogenannte Reporter sagen „Ja, diese Bedenken muss man ernst nehmen…“. Bitte? Geht’s noch?

Ferner empfinde ich Scham über mich selbst. Zu lange habe ich gedacht, dass man diesen Menschen zuhören, ihre Ängste verstehen lernen muss; dass es einen Weg gibt, ihnen zu helfen, ihre Chancen auf Teilhabe wieder auf wirklich demokratische Weise wahrnehmen zu können. Was für ein Narr ich doch war! Die wollen Feuer. Also werden sie von mir Feuer bekommen. Es macht aus meiner Sicht keinen Sinn mehr, zwischen Menschen zu unterscheiden, die von wahrhaft neofaschistischer Gesinnung sind und denen, die einfach nur nach einfachen Lösungen für die komplexen Probleme unserer Zeit suchen. Denn es macht am Ende keinen Unterschied, auf wessen Schultern die nächste Machtergreifung stattfindet.

Ich bin Sozialdemokrat! Einer, der immer wieder an den neoliberalen Vollidioten wie Scholz verzweifelt, die in der CSU programmatisch zweifellos besser aufgehoben wären. Und ich habe es satt, dass in Diskussionsrunden des öffentlich-rechtlichen Fernsehens Menschen ihren Geifer verspritzen dürfen, deren einziges Programm darin besteht, alles zu hassen, was ihnen fremd vorkommt und was sie nicht verstehen können. Und wenn man die öffentlich demonstrierte Blödheit und Indolenz Alexander Gaulands und die Unverschämtheit Björn Höckes in Betracht zieht, verstehen die aber auch gar nix. Wie man solche Vollpfosten wählen kann, die ein Parteiprogramm voller noch neoliberalerem und kosnservativerem Nonsens geschrieben haben, als man das von der CSU gewöhnt ist, verstehe ich bei allem gutem Willen nicht mehr.

Tag der deutschen Einheit? Ein Fanal ist dieser Tag. Eine gottverdammte Schande für jeden, der nicht aufsteht und den Faschisten die Stirn bietet. Irgend jemand schrieb in der Kommentarspalte eines Zeitartikels dieser Tage, dass es falsch sei, wenn man den Faschisten keine Bühne biete, immerhin hätten wir die freie Meinungsäußerung in den Grundrechten verbrieft. Was er dabei übersieht ist der Umstand, dass die AfD-Faschisten auf dieses Grundrecht pochen, jedoch selbst nur wenig davon halten, wenn es gegen sie selbst eingesetzt wird. Wer immer noch nicht begriffen hat, dass diese AfD keine bürgerlich-konservative Partei ist, sondern ein Sammelbecken für Nazis, Rassisten, Identitäre, Reichsbürger und was weiß ich noch alles, dem kann ich leider nur schweren Realitätsverlust attestieren.

Facebook-Entfreunden werde ich solche Leute trotzdem nicht. Da wo Faschos Hetze präsentieren, kriegen sie von mir Contra. Und witziger Weise verschwinden sie nach kurzem Schlagabtausch zumeist und suchen sich andere Orte, an denen sich ungestörter Hetzen lässt. Um es mit Alexander Gaulands unsterblichen Worten zu sagen: Lasst sie uns jagen, wo immer der Faschos hässliche Fratze sich zeigt. Treibt sie zurück in ihre Löcher und überlasst ihnen nicht die Öffentlichkeit. Die sind nicht das Volk – die sind einfach nur traurige, hasserfüllte Gestalten, denen es den Raum zu nehmen gilt. Wer sich bemüssigt fühlt, mir zu helfen, oder dies zu teilen: ich habe keine Angst vor Menschen, die – wie Höcke – armselig mit Konsequenzen drohen, die eintreten, wenn sie dann endlich an der Macht sind. Die haben keine Ahnung, worauf sie sich einlassen, denn sie werden die Macht nie erringen, wenn wir das verhindern. Gemeinsam! Schaffen wir das, können wir auch wieder stolz erhobenen Hauptes die „deutsche Einheit“ feiern…

Auch zum Hören…

The italian tales n°8 – Satire Ahoi!

Eigentlich ist mehr als ausreichend diskutiert worden, ob Satire wirklich alles darf. Ich sage dazu (ja, das ist meine Meinung die ich habe auf der Basis langer Überlegungen gebildet habe): NEIN. Denn es gibt Grenzen der Pietät und der guten Sitten (vielleicht gibt’s da draußen ja noch Menschen, die wissen, was das ist), die zu überschreiten nicht mehr der (vorgeblich) humoristischen Zuspitzung von Sachverhalten dient, sondern lediglich dem Wunsch des Äußernden, sein Ziel zu verletzen; und zwar so tief, hart und nachhaltig es geht.

Immerzu wird über die Verrohung der Sprachkultur und die sich dadurch öffnenden Spielräume diskutiert. Wo früher ein öffentlicher Diskurs stattfand, das Aushandeln von Kompromissen zu Sachfragen, stets im Respekt für den politischen Gegner, da herrschen heute Emotionen. Es wird nicht mehr gewusst – und in der Folge eines entdeckten Nichtwissens dazu gelernt (=> Selbstreflexion), sondern da wird geglaubt. Und zwar an die steilsten Thesen, so lange diese nur das jeweils dominante Gefühl hinreichend gut bedienen.

Nun ist es so, dass Populismus aus meiner Sicht von allen Seiten benutzt wird: den Linken, den Rechten, den Ökologischen, den Anarchisten, etc. Benutzt man das Wort Populismus, nimmt der solcherart gescholtene stets an, dass man ihn in die rechte Ecke rücken wollte. Dabei ist der Populismus als solcher nur ein Symptom für die eben beschriebene Tendenz, Fakten Fakten sein zu lassen, wenn es auf dem Acker der Emotionen der Zuhörer viel mehr zu gewinnen gibt; und in viel kürzerer Zeit. Und das betreiben mittlerweile alle. Was den politischen Diskurs, wie er zum gegenwärtigen Zeitpunkt stattfindet vollkommen entwertet hat. Montgolfieren könnte man mit der Abluft steigen lassen – mehr auch nicht…

Eines der Probleme ist, dass jede Menge Otto-Normal-Verbraucher mittlerweile – speziell auf Facebook – das Recht für sich in Anspruch nehmen, wie Satiriker agieren zu dürfen und ihre persönlichen personae non gratae, wie zum Beispiel Greta Thunberg auf unterschiedlichste Weise zu bashen. Weil’s halt einfacher ist, als sich in die Löwengrube eines echten, sachorientierten, öffentlichen Diskurses zu begeben. Und natürlich unter dem wohlfeilen Hinweis auf Art. 5, Abs 1 und 3 GG. Der Inhalt von Absatz 2 wird dabei recht oft und gerne vergessen

Ehrlich gesagt habe ich derlei Tun bislang zumeist eher gelassen betrachtet. Habe diejenigen gesperrt, die mir entweder zu unwichtig oder zu blöd waren. Habe mit denen, von denen ich dachte, dass die Sache es wert sein könnte das Gespräch gesucht. Und natürlich gelegentlich auch selbst den einen oder anderen kleinen Shitstorm geerntet, den ich dann mit einem Schulterzucken weginhaliert habe. [Der Hinweis, dass ich mit gewissen Leuten nicht „per du“ bin und darüber hinaus auch noch exzellent Rechtsschutzversichert, hat in aller Regel die Ausflüge meiner Gegenüber in das Reich der kleinbürgerlichen Großmachtträume inclusive Verbal-Ejakulation schnell und sauber beendet.]

Mittlerweile aber habe ich die Faxen dicke!

Ich hatte tatsächlich mit der letzten Aussage gerechnet. Sie haben recht, dass ein Herr Böhmermann ein anderes Standing in unserer Gesellschaft hat als der Normalbürger. Allerdings steht seine Meinungsäußerung rechtlich nicht über der von Ihnen oder meiner. Das Gesetz unterscheidet da nix. Desweiteren muss man bedenken, dass die Äußerungen eines Herrn Böhmermann von Tausenden der Normalbürger in den sozialen Netzwerken geteilt oder zitiert werden und somit auch nicht zur Verbesserung der Streitkultur beitragen. Ich hab mir wenigstens die Mühe gemacht, selber was zu kreieren. Und so, wie es Ihnen mit der AfD geht, geht es mir mit grünroter Politik und den dazugehörigen Parteien. Deshalb kann ich Ihre Gedanken absolut nachempfinden. Und in einem Punkt haben sie auch recht: ernsthaft betrachtet geht es mir gar tatsächlich nicht um Greta, sondern um uns und das, was wir aus und mit ihr machen. Aber für die satirische Auseinandersetzung kommen wir nicht an der Person vorbei, die der Grund für das zu behandelnde Thema ist. Das ist bei Witzen oder Karikaturen über Gott und Jesus nicht anders.

Facebook-Diskussion von heute…

Die Ausfälligkeiten überall in den Medien, die Rechtsbrüche (vorbestrafte Nazis im Team Baden-Württembergischer Abgeordneter, Parteispenden, etc.), die ekelerregende Vernichtungs-Rhetorik („Wir werden Sie jagen“) gegenüber den anderen Parteien, die tatsächliche Unfähigkeit des Personals (wählen sich selber aus Hauptausschüssen) und die Art der Selbstinszenierung des immer mehr an Macht gewinnenden rechtsnationalen Flügels suchen ihresgleichen; und zwar bei der NPD, den Republikanern, dem Dritten Weg, und wie die Nazis alle heißen! Von handwerklicher politischer Sach-Arbeit jedoch, von Konsens-Suche und dem Willen zur konstruktiven Gestaltung? Kaum eine Spur.

Ich dachte, die 10-15% echte Nazis schreibst du ab und mit den 15-20% blinden Mitläufern kann man schon noch reden. Aber mittlerweile bin ich mir da nicht mehr so sicher. Denn, wenn selbst kluge Menschen diese gequirlte Scheiße tatsächlich als Alternative zur etablierten Politik in Betracht ziehen, bin ich mit meinem Argument-Latein am Ende. Und mit meiner Kraft auch. Es ist die Zeit und die Arbeit nicht wert. Lieber gehe ich in den bewaffneten Untergrund, wenn die Blinden es tatsächlich fertig bringen, diese Rassisten, Chauvinisten, Lügner und Betrüger endlich an die Macht gewählt zu haben. Ich habe fertig!

Geopolitisches Kampf-Schach

Die Administration Trump hat mittlerweile in ihren Konflikt-Eskalations-Spiralen eine Geschwindigkeit erreicht, die es gelegentlich fragwürdig erscheinen lässt, ob bestimmte Teile der Erde Weihnachten 2020 noch erleben. Immerhin müssten sie dort dann keine zweite Inauguration des dummen Donald als Präsident von Säbelrasslistan, aka USA erdulden. Man verstehe mich bitte nicht falsch; ich weiß das große Teile der Bevölkerung des „land of the free“ gerne free from Donald wären und dass auch dort Demonstrationen nur sehr bedingt dazu geeignet sind, politische Teilhabe zu erzwingen. Wir leben in Zeiten, in denen wir alle vier Jahre glauben wollen, das jeweils kleinere Übel zu wählen. Stets in der Hoffnung, dass die Lobbyisten in der Zwischenzeit unseren Planeten und unser Leben nicht vollkommen versauen – oder eben vernichten.

Eigentlich müsste man die Weltordnung von den Füßen auf den Kopf stellen, doch jetzt ist das realistischerweise nur noch mit Gewalt zu erzwingen. Soweit sind wir noch nicht. Und doch – allein die Tatsache, das Kinder auf die Straße gehen, dass Macht überhaupt in Frage gestellt wird und dass wir langsam anfangen zu begreifen, dass Geld uns regiert und nicht irgendwelche „vom Volk gewählten“ Politiker gibt mir Hoffnung, dass wir es noch schaffen, unsere Welt den Klauen derer zu entreißen, die gegen unser aller Interessen handeln, nur um noch fetter werden zu können. Denn das letzte Übel, welches Pandora – entgegen dem Mythos – noch aus ihrer Büchse auf die Welt losließ, war bekanntermaßen die Hoffnung.

Als Vater weiß ich, dass man manchmal glaubt, das Beste für jemand anders zu wollen, weil man davon überzeugt ist, dass diese Person (zumeist das eigene Kind) noch nicht bereit sei, zu wissen, was das Beste für sie ist. Nenne man es Paternalismus oder was auch immer; das ist einerlei, denn das Ergebnis ist das gleiche: Bevormundung! Das ist, was manche Menschen mit viel Geld so tun. Die Welt um sich herum bevormunden, weil sie auf Grund ihres Erfolges so narzisstisch sind, zu glauben, sie wüssten, was das beste für die Welt ist. Frei geklaut: an meinem Wesen soll die Welt genesen…

Nun glauben Teile der amerikanischen Administration schon immer, dass die einzig legitime Antwort auf alle Probleme in der Welt amerikanische Waffengewalt ist. Diese Doktrin ist mittlerweile fast zwei Jahrhundert alt, wird aber immer noch gelebt; oder besser, sie wird wieder intensiver gelebt. Was allerdings teuer ist. Und wenn man seinen Wählern Geschenke machen möchte, um noch mal Präsident werden zu können, muss man eben anderen Nationen Teile der Last aufbürden. Also fordert man Deutschland auf, Truppen nach Syrien zu entsenden. Kostet ja deren Geld. Geld, dass wir für unsere eigenen sozial- und bildungspolitischen Probleme wesentlich besser einsetzen könnten. Oder vielleicht für die Stärkung Europas? Gott behüte, die EU könnte tatsächlich zu einem ernst zu nehmenden globalen Polit-Player werden…?

Verdammte Axt! NEIN! Keinen Scheiß-Cent für irgendwelche deutschen Militär-Aktivitäten in Syrien, oder sonstwo noch in der Region. Mir klingen heute noch die Ohren, wenn ich an den apoplektischen SPD-Kriegsminister Struck denke: „Deutschlands Freiheit wird am Hindukusch verteidigt.“. Was für ein entsetzlicher Käse! Ich bin weit davon entfernt, zu glauben, dass wir schon in einer Welt leben, die kein Militär braucht. Aber dieses Militär, so es denn zur Landesverteidigung aufgestellt ist, hat in den, durch die Politik der USA aufgeworfenen Krisenherden dieser Welt nichts verloren! Wenn amerikanische Politiker und Militärs meinen, geopolitisches Kampf-Schach um Ressourcen und Macht führen zu müssen (z.B. hier, hier und hier) , dann sollen sie die Suppe gerne selber auslöffeln.

Was war sonst noch…? Ach ja, die Rackete…! Zweifellos ist es hoch unethisch, aus innenpolitischem Kalkül Flüchtlinge im Mare Nostrum ersaufen zu lassen. Ebenso zweifellos hat Frau Rackete gegen bestehendes Recht verstoßen. Und jetzt? Die junge Frau zur Märtyrerin zu stilisieren, halte ich für vollkommen überzogen. Insbesondere, weil sie potentielle physische Schäden anderer in Kauf genommen hat, um ihre Agenda durchzudrücken (im wahrsten Wortsinn). Doch die ganze Diskussion um diesen einen Vorfall ist Bullshit, weil sie vom eigentlichen Problemkomplex (Fluchtursachen -> Flüchtlinge -> humanitäre Fragen -> Innen- und Außenpolitik in Europa) ablenkt und durch Polarisierung komplexer Sachverhalte mal wieder nur den radikalen Rechten in die Händen spielt. Bravo Herr Steinmeier, Bravo Herr Maaß, ihr habt’s mal wieder verkackt. Ach und der Seehofer, der wie ein Dackel hintendrein trabt, sowieso.

Auch an diesem Konflikt offenbart sich nur eines: Partikularinteressen sind die einzig wahre Währung unserer Zeit. Wer diese bei den Richtigen (denen mit Macht, Reichtum oder Massen mit genug undifferenzierter Wut im Bauch) zu bedienen weiß, bleibt an der politischen Macht, oder erlangt diese. Wann genau wurde der Konflikt dem Kompromiss überlegen? Ich werde darüber nachdenken. Bis dahin Tschüss…

Auch zum Hören…

Randnotizen eines Erschöpften #12 – Sprache vs. Terror…?

Nun ist es also amtlich. Ein von rechter politischer Gesinnung motivierter Mord an einem Politiker. Hatten wir schon eine Weile nicht mehr. Ich meine, rechte Gewalt, rechter Terror sind nie weg gewesen, aber sie waren im Bewusstsein der Gesellschaft immer schön am Rand, oder sogar ein Stück dahinter vergraben. Wenn linke Terrorakte begingen, hatte es stets etwas von einem Staatsakt, wie darüber berichtet wurde, aber Rechte, die Terror machten? DAS durfte es in einer angeblich entnazifizierten Republik nicht geben!

Nun gab es das aber immer; und auch wenn der Whataboutism der Medien und vieler Politiker immer einen Riesen-Bohei um die Zahl der Opfer des linken Terrorismus zelebrierte, um schön vom braunen Sumpf abzulenken, der allenthalben in der jungen Republik gärte, gibt es das jetzt auch offiziell. Es wurde lange genug relativiert, herum laviert und unsere Demokratie unterminiert, aber es muss laut gesagt werden: unsere Gesellschaft hat ein Nazi-Problem! Und zwar ein gewaltiges! Denn wenn Menschen bejubeln, dass ein CDU-Politiker getötet wurde, weil er so frei war, darauf hinzuweisen, dass Flüchtlinge aufzunehmen zu unserer politischen Kultur als Demokratie und zu unserem, ach so heiligen, christlich-westlichen Wertekanon gehört, dann muss ich mich nicht wundern, dass mit der Sprache allenthalben auch der Umgang insgesamt verroht.

Georg Seeßlen dekliniert in seinem heutigen Essay auf Zeit Online die Funktionsweise des politischen Mordes an sich. Und sein Hinweis, dass wir zwischen der Person und der Funktion, welche sie trägt sowohl juristisch als auch ethisch unterscheiden müssen, beweist tiefes Verständnis für Semiotik. In der Psyche eines Täters werden die Person und die Zeichen, bzw. Symbole, die sie aussendet eins. Walter Lübcke war wohl ein aufrechter Demokrat, aber was die Rechten wahrnahmen, war Folgendes: „DER LÄSST ASYLANTEN REIN! UND SAGT AUCH NOCH, WIR SOLLEN DIE FRESSE HALTEN ODER VERSCHWINDEN! DER IST KEIN AUFRECHTER DEUTSCHER!“ Das Walter Lübcke selbst ein konservativ-christlicher Politiker war, der einfach nur die Zeichen der Zeit erkannt hatte und pragmatisch handeln musste, ist ihnen dabei entgangen.

Wir neigen sehr oft dazu, Menschen auf ein einzelnes, von uns wahrgenommenes, Symbol zu reduzieren. Meist sind dabei optische Reize dominant und heraus kommt dabei zum Beispiel folgende Stereotypisierung: „dicke Menschen sind faul, dumm und unbeweglich!“. Wie dumm, oder faul, oder unbeweglich dicke im vergleich mit schlanken Menschen sind, oder ob die Gewichtszunahme bestimme Gründe hat, wird dabei übersehen. Viele vergessen sogar, dass es diese Frage geben könnte! Das gilt aber natürlich auch für Reize, welche auditiv (durch Hören) wahrgenommen werden.

Es ist kein weiter Weg von der Verächtlichmachung zur Stigmatisierung und dann weiter zur aktiven Diskriminierung. Ob ich mir dabei nun Dicke zum Ziel nehme, oder Grüne, oder Linke, oder Ausländer, oder gleich alle zusammen, ist dabei einerlei. Die Mechanik des Prozesses der Ausgrenzung und Stigmatisierung bleibt stets die gleiche. Und es beginnt IMMER MIT DER SPRACHE! Über die Zuweisung bestimmter Attribute, die als sprachliche Zeichen weitergegeben und so verbreitet werden. Erscheint der postulierte Zusammenhang irgendwie auch nur ein bisschen plausibel, stärkt er dabei vielleicht auch noch das Selbstwertgefühl der Diskriminierenden und wird er nur oft genug wiederholt, wird Propaganda zum Selbstläufer: „Flüchtlinge sind schlecht, denn sie nehmen uns die Arbeitsplätze und die staatlichen Zuwendungen weg!“. Das die gleichen Leute sich im nächsten Satz mit: „Flüchtlinge sind faul und liegen uns nur auf der Tasche!“ selbst widersprechen, wird dann nonchalant mit einem: „Ja was interessiert mich denn mein Geschwätz vorn vorhin!“ weggebügelt.

Und genau das passiert seit mittlerweile fast vier Jahren. Indem die Neo-Faschisten jeden gesellschaftlichen Diskurs kapern und mit ihren Hass-Thesen durchsetzen, erreichen sie einen Verbreitungsgrad, der vollkommen ausreicht, um den Teil der Bevölkerung, der für ihre Denke offen ist, zu radikalisieren. „Das wird man doch wohl noch sagen dürfen!“ wird da gerne mit einem süffisanten Hinweis auf die Meinungs- und Redefreiheit gesagt. Dass diese Menschoiden, die sich so gerne auf Art. 5, Abs. 1 unserer Grundgesetzes berufen, diesen gerne für alle anderen einschränken würden, wird offenbar, wenn man nur offenen Auges durch unsere Medienlandschaft stromert. Und das dieses rechte Dauerfeuer mittlerweile auch Politiker anderer Parteien zu unglückseligen Ideen inspiriert, beweißt Frau Kramp(f)-Karrenbauer einmal mehr sehr deutlich.

Die Rechten lachen sich unterdessen kaputt und würden nun gerne auf die Zielgerade einbiegen. Und ihre Gefolgschaft? Ist in einer Filterblase gefangen, aus der man sie so leicht nicht mehr herausbekommt. Weil die sogenannten „Altparteien“ seit Jahren im diskursiven Dornröschenschlaf verweilen, anstatt die Deutungshoheit über die gesellschaftlich relevanten Themen mit sachlicher aber dennoch deutlicher Rhetorik zurück zu erobern. Denn eines weiß ich sicher, zu den Thesen Rechten: „NEIN, DAS DARF MAN NICHT EINFACH MAL SAGEN!“ In diesem Sinne noch eine heiße Woche…

Auch zum Hören…

Stress vs. Angst…?

Es ist seit Ulrich Beck’s Diktum von der Risikogesellschaft ein Allgemeinplatz, dass die steigende Komplexität unseres sozialen Umfeldes die Menschen ängstigt. Weniger – und vor allem auch weniger prägnante – Landmarken, höhere Anforderungen, eine schnellere Taktung; all das fordert unsere Sinne tagtäglich heraus, lässt unser ARAS (Aufsteigendes reticuläres Aktivierungs-System) heißlaufen und gibt unserem Hirn bisweilen mehr Futter, als es zu verarbeiten in der Lage ist. Erst, wenn wir eine Situation oder einen Sachverhalt als bedrohlich empfinden und außerdem feststellen, dass wir zu wenig, oder gar keine Ressourcen zur Verfügung haben, damit umzugehen, wird aus der Anforderung Stress.

Doch es gibt natürlich auch eine Feedbackschleife (in diesem Modellbild blau). Diese erlaubt es uns, aus bisher erlebtem Stress zu lernen und resilienter gegenüber später auftretenden Situationen zu werden. Das ist der Grund, warum High-Risk-Teams unter (weitestgehend) realen Einsatzbedingungen trainieren. Denn auch unsere individuelle mentale Resilienz ist – zumindest teilweise – wie ein Muskel, den man aufbauen kann. Doch man kann sich nicht auf alle Situationen vorbereiten. Es gibt viele soziale und politische Rahmenbedingungen, auf die wir keinen Einfluss haben und an denen wir primär nichts ändern können. Den daraus entstehenden Stress zu ertragen lernen funktioniert zwar auch durch Exposition; jedoch nur begrenzt.

Angst hingegen ist eine Grundemotion, die üblicherweise mit einer physischen (sympatho-adrenergen) Reaktion einhergeht und zumeist einen klar benennbaren Auslöser hat. Neuere Forschungen zeigen, dass es wohl einen physiologischen Zusammenhang zwischen Stress und Angst gibt; allerdings ist dieser noch nicht vollständig entschlüsselt. Wohl aber darf man davon ausgehen, dass ständiger Stress mit pathologischer Angst einher geht. Sehr individuell ist jedoch die Frage, was als Stressor auf uns wirkt. Es gibt verschiedene Theorien, die auch Einstellungen und andere sozialpsychologische Dispositionen in die Genese von Stressoren einbeziehen. Letztlich geklärt ist diese Frage nicht.

Wie komme ich überhaupt darauf? Nun, ich las dieser Tage mal wieder Zeitung und stolperte über einen Artikel, der die Geschichte rechtsextremistischen Terrors in der BRD seit Ende des zweiten Weltkrieges beleuchtet. Für sich betrachtet interessant, aber jetzt nichts ultimativ Neues. Interessant fand ich jedoch die Diskussion, die sich um die Eigenart rechten Terrors dreht, dass es eigentlich fast immer Lone-Wolf-Täter waren, die sich zudem so gut wie nie öffentlich zu ihren Taten bekannt haben, wie man das z.B. von der RAF oder der Action Directe kannte. Und das man gegen den allein operierenden Terroristen eigentlich nichts tun könne. Was leider eine korrekte Annahme darstellt.

In der Darreichungsform ist islamistischer Terror also von rechtsextremistischem Terror nicht zu unterscheiden. Beide Tätertypen radikalisieren sich zumeist alleine, heutzutage im Online-Umfeld und betätigen sich aus intrinsischer Motivation heraus als Verbreiter von Gewalt. Interessant daran ist, dass beide Gruppen jeweils eine tatsächliche Wahrnehmung der Realität des anderen vollkommen ausblenden und nur das Gegner-Klischee verinnerlichen. Die menschliche Grundfähigkeit Empathie wird – im Hinblick auf den vermeintlichen Feind – quasi abtrainiert. Der Stress beim Anblick dieses – für wahr genommenen – Zerrbildes nimmt zu, kann nicht mehr verarbeitet werden und kulminiert in dem Bedürfnis, zu zerstören, was einen ängstigt.

Es gibt für den Begriff „Terrorismus“ keine eindeutige Definition; die allermeisten von uns verstehen darunter aber üblicherweise hinterhältige, unvorhersehbare Gewaltakte gegen ein Gemeinwesen, mit dem Ziel, die Menschen darin in Angst und Schrecken zu versetzen, um so bestimmte politische Ziele durchsetzen zu können. Und die Frage, die mich seit dem Lesen umtreibt ist folgende: Haben wir uns mittlerweile so sehr an Terror gewöhnt, dass uns das hasserfüllte, rassistische, durch und durch verachtende Treiben und Skandieren des rechten Mobs einfach nicht mehr kratzt? Hat uns die Erfahrung tatsächlich so sehr gegen die Angst vor einer Wiederholung der Geschichte imprägniert, dass wir das alles nurmehr als riesige Reality-Soap begreifen?

Denn der Stress im Umgang mit den anderen, die Ängste, die daraus entstehen, sind ja durchaus ernst zu nehmen. Denn Angst als solches manifestiert sich für diejenigen, die unter dauerndem Stress stehen als vollkommen real. Ich unterstelle jetzt nicht jedem Rechten oder Nationalkonservativen eine Psychopathologie im Sinne einer Angst-Störung. Jedoch scheint mir der Mechanismus ähnlich. Und ich frage mich, wie wir als Gesellschaft diesen Kreislauf durchbrechen können, um wieder zu einem normalen Miteinander zu kommen. Denn wenn die Verrohung des Umgangs weiter zunimmt, kommen wir irgendwann an einen sehr finsteren Ort. Einen Ort, an dem ich nicht leben will. Denken wir doch mal gemeinsam drüber nach…

Auch zum Hören…

Zeig mir deine Hütte!

Was soll man sagen? Berlin deckelt die Mietpreise für die nächsten fünf Jahre. Und jene Vermieter, die auf hohe Renditen durch ihr Geschäft spekulieren, werden sich sicher irgendwelche Möglichkeiten ausdenken, wie sie trotzdem absahnen können. Man kann von solchen Rendite-orientierten Unternehmen natürlich halten was man will; für ihre Shareholder MÜSSEN die allerdings Profit erzeugen. Und immer wieder finde ich es ulkig, wie dämlich einfache Leute sind, die durch Aktienerwerb genau diese Spirale des fiskalischen Unheils selbst mit befeuern und sich damit selbst die Preise treiben. Aber dazu irgendwann anders mehr. Wie viele Wohnungen sind es denn nun, die von den „Heuschrecken“ bewirtschaftet werden?

Wenn man den ausgewerteten Mikrozensusdaten Glauben schenken darf, sind ca. 59% der Vermieter kleine Hausbesitzer, ca. 24% Genossenschaften und kommunale Träger und nur ca. 17% die dauernd verteufelten Fondsgesellschaften wie „Vonovia“ oder „Deutsche Wohnen“. Mein Vermieter ist aber einer von diesen 59%, nämlich mein Schwiegervater. Er macht sich stets Sorgen um den Wert-Erhalt des Hauses, dass sich im urbanen Umfeld eines gewachsenen Stadtteils befindet, der sich allerdings in den letzten Jahren stark verändert hat. Stetige Bautätigkeit für so genannte Premium-Immobilien (hoher Freizeitwert, weil viel Grün und Fluss in Laufweite und trotzdem verkehrsgünstig, weil direkt am Hauptbahnhof und nur einen Katzensprung von der Autobahn entfernt), treibt auch in meiner Hood die Preise.

Und selbstredend werden auch hierorts bei Neuvermietungen die Preise angepasst. Allein schon deshalb, weil auch die Unterhaltungskosten eines gut 100 Jahre alten Sandsteingebäudes nicht eben kleiner werden. Altbau hat Charme, aber eben auch technische Macken, denen man immerzu hinterher renovieren muss. Und auch, wenn es genug kleine Besitzer-Vermieter gibt, die theoretisch näher an ihren Mietern dran sind, als gesichtslose Konzerne, sind diese – abseits aller Notwendigkeiten – nicht vor Gier gefeit. Man darf halt, wie bei jeder großen Mischkalkulation nicht alle über einen Kamm scheren. Fest steht aber, dass Eigentum verpflichtet – im Großen, wie im Kleinen. Würden sich alle daran halten, hätten wir keine Probleme.

Weil das aber gegenwärtig lediglich ein schöner Traum bleibt, ist die Diskussion über Wohnraum und seine Bewirtschaftung überfällig. Denn, wie Zacharias Zacharakis von der „Zeit“ in Anlehnung an Watzlawick so schön titelt: „Man kann nicht nicht wohnen.“ Eine Behausung ist nun mal für jeden von uns eine Notwendigkeit. Menschliche Grundbedürfnisse der Spekulation anheim fallen zu lassen, ist eine Gefahr für den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt. Und auch, wenn mancher Online-Kommentator schon wieder geistesumnebelt von Staats-Sozialismus faselt; der Markt regelt eben nicht alles zum Guten. Bestenfalls stellt er für Jeden das Benötigte zur Verfügung und lässt ihm dann noch genug zum Subsistieren. Schlechtestenfalls (und das ist der gegenwärtige Zustand) macht er die Armen ärmer und die Reichen reicher. Dieses Maß an asozialem Verhalten MUSS reguliert werden!

Ob man dazu auf Innovationsanreize für mehr Wohnungsbau, Mechanismen zur Bremsung der Preisentwicklung, oder auf Enteignungen und Kommunalisierung setzt, ist eine Frage, die diskutiert werden darf und muss. Ob und wann etwas getan werden muss, ist nicht mehr die Frage – es muss jetzt etwas geschehen! Am besten gestern! Und man muss dabei im Auge behalten, dass das Gros der privaten, genossenschaftlichen und kommunalen Träger, welches auch ohne große gesetzliche Intervention bislang skrupulös gehandelt hat, nicht bestraft, sondern gestärkt wird. Es wäre auch eine Investition in den Erhalt der Mittelschicht, von deren Existenzkrise man immer wieder hört.

Wohnen ist aus meiner Sicht ein Menschenrecht und ebenso eine Frage der Würde, welche unser Grundgesetz ja für besonders schützenswürdig hält (siehe Artikel 1). Vor diesem Hintergrund dürfen bloße Gewinn-Interessen Einzelner Marktteilnehmer eigentlich kein Primat genießen. Aber wir leben ja im Kapitalismus – da ist alles möglich, was Menschen entwürdigt. Hauptsache am Ende ist ein Fetter noch fetter! Warten wir also ab, ob die Maßnahme greift. Aber nicht zu lange. Denn wenn Konzerne und Fonds anfangen, darüber zu bestimmen, wann Menschenrechte gelten (nämlich, wenn diese den Gewinnen nicht im Wege stehen), wird es Zeit aufzustehen. Ziviler Ungehorsam wäre doch mal ein Anfang, wenn Jürgen Habermas dieser Tage schon 90 wird. In diesem Sinne eine schöne Woche.

Auch zum Hören…

Randnotizen eines Erschöpften #11 – was vom Tage übrig blieb…

Der Lindner von der FDP hat keine Ahnung von Steuergesetzgebung und rechnet den Quandts die Steuerbelastung schön. Warum? Das weiß nur er. Männliche Hühnerküken dürfen weiter geschreddert werden! Wo bleibt der Aufschrei nach Gleichberechtigung? Ein Sozialdemokrat meint, 12,00€ Mindestlohn würden Jobs kosten. Und manche Menschen glauben, dass Computer mit Hilfe von Algorithmen bessere Entscheidungen treffen würden, als Menschen. Hallelujah!

Wann immer ich mir die Mühe mache, irgendwelche Tagespostillen zu lesen, fällt mir, vor allem in letzter Zeit, vermehrt auf, dass die Technik-Gläubigkeit neue Höchststände erreicht und der Humanismus dafür immer weiter an den Rand gedrängt wird. Das erklärt natürlich relativ eingängig, warum nicht wenige Menschen heutzutage mit dem allzu Menschlichen, wie etwa den „Fridays for Future“ oder anderen Bewegungen, die uns ins Gesicht sagen, wie Scheiße wir mittlerweile wirklich geworden sind, so ihre Probleme haben. Doch diese De-Humanisierung ist nur ein Symptom.

Jeder von uns hat mit Kritik Probleme. Vor allem, wenn diese offensiv geäußert wird und überdies auch noch zutrifft. Ich kann mir da an die eigene Nase fassen, dass auch ich mitnichten stets den korrekten Ton treffe, wenn mich irgendwas trifft. Man darf ja auch gerne Mensch sein. Aber wenn die erste Wut verraucht ist und man die Gelegenheit bekommt, sich zurückzuziehen, sollte eigentlich ein Denkprozess einsetzen, der einen – zumindest im Idealfall – zu einem besseren Menschen werden lassen kann, wenn man sich auf die Veränderungen, welche einem die eigene Denke nahelegt denn einlassen will. Und genau hier liegt der Hund begraben.

Bei den allermeisten Menschen geht es nicht darum, dass sie nicht verstehen, dass wir etwas ändern müssen; sei es nun sozial, ökologisch oder wirtschaftlich. Und dass es an jedem von uns selbst ist, der Politik so lange Feuer unter dem Arsch zu machen, bis sich überhaupt etwas ändert. Nein… es sind unsere Bequemlichkeit und unser steter Widerstand gegen die Veränderung als solches, die uns im Internet zu Anti-Greta-Trollen werden lassen, zu AfD-Wählern und Grünen-Hassern. Wir WOLLEN keine Veränderung, denn sie würde bedeuten, dass wir uns von lieb gewonnenen, kostbaren, wunderbar vertrauten Gewohnheiten trennen müssten.

Diese Gewohnheiten jedoch, so schlecht sie von Fall zu Fall auch sein mögen, sind unsere subjektive Garantie für eine sichere Zukunft. Wenn ich keinen Diesel mehr fahren darf, komme ich nicht zur Arbeit, verdiene kein Geld mehr, kann mir kein Schnitzel mehr leisten, mit dem ich unsere Wirtschaft ankurbele, was mein Gehalt steigert, damit ich mir einen schnelleren Diesel kaufen, mehr arbeiten und größere Schnitzel kaufen kann. „IHR SCHEISS-GRÜNEN WOLLT MIR MEINE EXISTENZ WEGNEHMEN!“ Dass die Sicherheit dieser Existenz eine Illusion ist, deren Dauer von so vielen Faktoren abhängt, die wir nicht beeinflussen können, haben wir offenkundig schon lange vergessen. Insbesondere, dass dieses Aufrechterhalten der Illusion um jeden Preis die Existenz, an die wir uns so sehr klammern noch viel schneller vernichtet. DUMME, DUMME MENSCHEN…

Und was bleibt nun am Ende vom Tage übrig? Nun, zum einen die Erkenntnis, dass ich es für mich und meine Lieben noch besser machen kann und werde. Und dass ich, allen negativen Auswirkungen auf meine persönlichen Befindlichkeiten zum Trotze nicht wegsehen kann, wenn online Scheiße gelabert und Unwahrheit verbreitet wird. In dem Zusammenhang ist mir auch etwas aufgefallen: wenn man offensiv gegen Trolle, Antidemokraten und Lügner vorgeht, werden sie zumeist recht schnell leise – denn sie haben keine Argumente; nur ihren Hass auf Veränderung. Lasst uns diesen Idioten gemeinsam entgegen treten. Denn im Gegensatz zu denen haben wir eine Zukunft, die wir selbst gestalten können und wollen. Schönes Wochenende.

Auch zum Hören…

Me, Self and I #09 – noch ökologischer…?

Kohlendioxid-Emissions-Steuer. Was für ein langes Wort. Was für ein Haufen Probleme. Allseits großes Hauen und Stechen. Der angedachte Mechanismus ist eigentlich einfach: ich besteuere die Emission von CO2 bei der Produktion von Gütern und Dienstleistungen, wodurch diese verteuert werden. Um daraus entstehende soziale Härten abzudämpfen, sollen die Einnahmen über ein Kopfpauschalensystem jenen zu Gute kommen, die wenig C02 erzeugen. Und da CO2 nun mal zu einem erheblichen Teil am – durchaus komplexen – Mechanismus der Erderwärmung teil hat, soll es eine Klimaschutz-Maßnahme sein.

Nun gibt es immer noch genug Menschen, die eine Erderwärmung durch unser Zutun für Käse halten (was wissenschaftlich eine nicht haltbare Aussage ist), jene, die immer mit dem Finger auf die Anderen zeigen und postulieren, dass die BRD allein das Klima nicht retten wird und wir es daher einfach ganz sein lassen sollten, um wenigstens wohlhabend in den Untergang zu schlittern (fatalistischer Egoismus vom Feinsten) und vor allem jene, die Besitzstände gewahrt sehen wollen und daher Einschnitte in ihre individuelle Haushaltskasse rundweg ablehnen; auch wenn die Kölner Bucht dann 2078 den Namen endlich verdient. Nach mir die Sintflut. Stop, ich habe die ganzen Greta-Hasser (man muss schon sehr mutig sein, um anonym ein 16-Jähriges Mädchen online zu verunglimpfen, dass sich wesentlich mehr Gedanken um seine Umwelt zu machen schein, als die allermeisten Erwachsenen), die (Auf)Rechten Nationalisten und die Manchester-Kapitalisten vergessen…

Und nun blasen viele der vorgenannten Protagonisten zum Sturm auf das Konstrukt, weil sie um ihre Pfründe fürchten. Ebenso natürlich gibt es auch jene, die tatsächlich darauf hinweisen, dass die aktuelle diskutierte Variante der CO2-Steuer wohl soziale Härten erzeugen wird, da sie Ältere mit kleiner Rente und Alleinstehende ganz generell benachteiligt – also diesen Gruppen höhere Kosten aufbürdet. Das ist natürlich problematisch, denn genau die leiden ja eh schon unter substanziellem Ressourcen-Mangel. Solche Härten auszugleichen, ist eine der Aufgaben jener Ministerialbeamten, welche die handwerkliche Ausgestaltung vorzunehmen haben.

Das jedoch eine Maßnahme, die explizit dem Klimaschutz dienen soll, indem CO2 eingespart wird für Menschen mit großem CO2-Footprint (und das sind nun mal häufig Menschen mit einem gewissen Einkommen) Einschnitte bedeuten kann, lässt mich kalt. Und es ist mitnichten so, dass ich selbst nicht vielleicht auch damit zu rechnen hätte. Aber wenn wir uns nicht endlich – und vor allem endgültig – von der Ressourcen-Verschwendung aus Luxus-Gründen verabschieden, werden unsere Kinder nichts mehr haben, dass sich verschwenden ließe; schon gar keinen Luxus.

Ich bin mitnichten ein Luddit, aber wir haben uns, speziell im letzten Jahrzehnt, an einen Lebensstil gewöhnt, der nichts mehr mit Vernunft zu tun hat. Immer noch viel zu viele Verbrenner auf den Straßen, jedes Jahr neue Gadgets, obwohl die alten noch gut sind, viel zu viel Fleisch und Wurst und Reisen um die Erde. Insbesondere wir in der ersten Welt verbrennen tagtäglich wortwörtlich die Zukunft Aller auf der Erde und es gibt tatsächlich Menschen, die sich über’s Schuleschwänzen aufregen? Obwohl uns diese Kinder einen Spiegel vorhalten. Da muss die Fratze, welche uns entgegen lächelt wohl doch recht hässlich sein; denn der getretene Hund bellt.

Wir alle tun gut daran, darüber nachzudenken, was wir selbst in ökologischer Sicht alles falsch machen. Bei mir ist es immer noch zu viel. Aber ich arbeite daran. Macht doch einfach mal dabei mit, unsere Welt zu retten, anstatt rumzunölen. Die meisten Helden tragen nämlich tatsächlich keine Capes…

Auch zum Hören…

Me, Self and I #08 – allzu beheimatet?

Manchmal schaut man in den Spiegel und fragt sich insgeheim, wer das wohl sein mag, der einen da anschaut. Keine Sorge, ich werde nicht langsam schizophren. Jedoch lässt sich schwer verleugnen, dass man sich angesichts der vielen Fragen zu allen möglichen Belangen des Daseins manchmal erst neu erden muss, bevor man weiter machen kann. Doch was erdet einen wirklich? Was bedeutet erden überhaupt? Rein technisch ist die Frage einfach zu beantworten, doch ich will mich natürlich mit dem psychologischen Aspekt befassen.

Übersetzt man es als Ableiten überschüssiger Energie, die wir in diesem Kontext mal als Stress denken wollen, bedeutet Erden aus menschlicher Sicht, festen Boden zu finden, auf dem sich Entscheidungen treffen lassen, weil man weiß, wer man ist und wo man hin will. Ein Zustand, um den vermutlich die allermeisten Menschen in unserer modernen ersten Welt immer wieder zu ringen haben. In einer partikularisierten Welt voller Optionen ist es nämlich oft gar nicht so einfach, zu wissen, was man will. Oder wer man eigentlich ist (bzw. sein möchte)?

Diesen sicheren Grund, den ich immer wieder mit mir selbst und denen, die mir wichtig sind aushandeln muss – den nenne ich Heimat. Mir ist bewusst, dass zu Heimat auch ein Gefühl der Vertrautheit, ein Wissen um das Funktionieren der Infrastruktur und ein Bewusstsein für die eigene Geschichte gehören. Doch all das bildet nur den Rahmen für mein eigenes Bild von der Realität. Das Bild, dass ich mir von meiner Heimat mache, kann von den Rahmenbedingungen ein Stück weit geprägt werden; ich muss es jedoch nicht davon bestimmen lassen. Denn so, wie mein Leben im Fluss ist, ist dies auch meine Heimat. Mich heimisch zu fühlen, dazu bedarf es neben der Vertrautheit (also zu spüren, dass hier andere wie ich sind) der Möglichkeit zur Verständigung (Die ist Teil von funktionierender Infrastruktur). Und hier beginnt – weil das vielen Menschen so geht – schon die Ebene der Probleme.

Was könnte man dann anfangen zu denken?

Zum Beispiel das hier: Er ist neu hier. Er sieht anders aus als ich. Er beherrscht meine Sprache nicht; oder zumindest nicht gut. Er ist fremd hier. Also ein Fremdkörper. Das bereitet mir Unwohlsein, weil es meinen sicheren Grund in Frage stellt. Denn, wenn viele von denen herkommen, ist es nicht mehr MEIN sicherer Grund, sondern es wird zu DEREN sicherem Grund und ich muss mir einen neuen suchen. Was ich nicht will. Außerdem haben die auch ganz andere Gebräuche (wiederum Teile von psychischer Infrastruktur). Die bedrohen mich, also müssen die weg!

Was könnte man stattdessen anfangen zu denken?

Nun, der ist neu hier und das funktioniert so nicht richtig. Er muss erst mal die Sprache und die hier üblichen Gebräuche lernen. Kann sein, dass er dann immer noch fremd wirkt, aber trotzdem reinpasst. Kann auch sein, dass das nix wird und er wieder dahin zurückgehen muss, wo er herkam. Sofern es da halbwegs sicher ist. Man kann, nein muss darüber diskutieren, wie sehr er sich den Gebräuchen anzupassen hat (bei Recht und Gesetz gibt es da allerdings keinen Spielraum); aber wenn er das schafft, soll er hier willkommen sein und sich in seiner neuen Heimat einrichten.

Einziger Unterschied zwischen den beiden Beispielen ist das Mindset des Betrachters. Über viele Dinge, wie etwa die Notwendigkeit, unsere Gesetze zu respektieren müssen wir gar nicht zu streiten. Doch was Heimat IST, definiert jeder für sich selbst. Und wie er mit seiner Heimat interagiert auch. Deshalb von vornherein ausschließen zu wollen, dass jemand von ganz woanders hier heimisch werden könnte, ist schlicht naiv. Wir Menschen sind verdammt anpassungsfähig, wenn es um das Überleben geht. Und bei so manchem ist das der Fall. Ob unser Staat die zusätzlichen Bürger integrieren kann, hängt von vielen Faktoren ab; strikte Ablehnung macht daraus allerdings eine selbst erfüllende Prophezeiung, so wie bei den sogenannten „Gastarbeitern“.

Letzten Endes wird es immer Streit darum geben, ob jemand von ganz woanders in MEINE Heimat passt, passen kann, oder nicht. Diesen Streit jedoch nur entlang ideologischer Dogmen zu führen, die reinen Befindlichkeiten entspringen, greift meines Erachtens zu kurz. Für mich ist Heimat ein multidimensionaler Begriff, dessen Rahmenbedingungen oft nur wenig mit meiner subjektiven Realität zu tun haben. Wenn ein Heimatminister also eine reale Aufgabe haben kann, dann die, diese Rahmenbedingungen für alle Menschen so zu gestalten, dass daraus ein individuelles Heimatgefühl erwachsen kann. Also Integrations-Hindernisse abzubauen. Sowohl für In- als auch für Ausländer. In diesem Sinne, noch einen schönen Tag, Her Seehofer…

Auch zum Hören…