Ich war gestern schon am frühen Abend müde. Eigentlich keine Feststellung, die es wert ist, in einem Blogpost festgehalten zu werden. Allerdings suchte ich nach einem eher leichten Reisetag (Ausschiffen und durch den Zoll in Cherbourg, gefolgt von einer 2,5h Spazierfahrt durch die Nomandie, um zu unserer letzten Location für diesen Urlaub zu kommen) nach einer Begründung für meine Mattigkeit. Ich fand sie in der Idee, dass viele neue Eindrücke kognitiv Last erzeugen und damit Energie verbrauchen, selbst, wenn man physisch gar nicht so viel tut. Lässt sich vermutlich sogar wissenschaftlich begründen, darum soll es hier aber gar nicht gehen. Viel mehr fragte ich mich, ob ich mich selbst – in meinem derzeit immer noch angeschlagenen mentalen Zustand – mit dieser Reise nicht überfordere? Wir machen viele Kilometer (am Ende werden es ca. 4.000 mit dem Auto und 1.400 mit dem Schiff gewesen sein) durch Belgien, Frankreich, Irland. Wir haben eine Menge gesehen und erlebt. Bislang hatte ich eher den Eindruck, dass der dadurch entstehende Abstand zu den anderen Verpflichtungen in meinem Leben mir gut täte. Meine wieder erwachte Kreativität hatte ich ja schon thematisiert. Und doch merke ich, dass es dann langsam mit hierhin und dorthin und dies hier noch anschauen (weil man nicht so schnell oder gar nie wieder da hin kommt) und jenes noch besichtigen einfach genug ist. Mein Körper darf ruhig Bewegung erhalten, aber mein Hirn braucht dann jetzt doch mal die Hängematte zum verschärften Verdauen. Momentan unterstützt mich das Wetter ein bisschen, denn auch hier in der Normandie bleiben wir von Wind und Regen nicht verschont. Da will man nicht unbedingt vor die Tür.

Und doch… wenn ich daran denke, nächste Woche um diese Zeit schon wieder arbeiten zu müssen, wird mir das Herz schwer. Dann werde ich mir vermutlich wünschen, in einem schönen Ferienhaus durch das Fenster dem Regen zuschauen zu dürfen, nachdem ich die wenigen sonnigen Stunden des Tages für einen Ausflug genutzt hatte. Oft fühlt sich meine Arbeit nicht wie ein Müssen an; doch derzeit stecke ich in einer Krise fest, die mich nicht loslassen will. Und ich konnte ein Weile gar nicht mal sagen warum. Nun jedoch denke ich, dass ein Teil von mir ganz genau weiß, dass ich mit meinem Leben etwas vollkommen anderes anfangen möchte, während der moralinsaure Besitzstandswahrer rumjammert, dass ich nichts verändern darf, weil Verantwortung und Einkommen und Lebensstandard und Leitungsposition und Einfluss und Gestaltungsmöglichkeiten… Schön und gut, aber letztlich gestalte ich im Moment genau nichts von dem, was zu gestalten ich berufen und befähigt wäre, weil alle Anderen rings umher aus wirtschaftlichen, politischen und sonstigen Erwägungen auf der Bremse stehen. Ich habe also keinen – oder zumindest subjektiv nur wenig – Einfluss, sondern verwalte. Und halte meinen Arsch hin für alles, was Anderen nicht in den Kram passt. Was soll ich hier also noch? Was genau lässt mich verweilen? Ich kann’s euch ganz genau sagen – mein Team! Die Leute, die jeden Tag auf’s Neue an meiner Seite in den Ring steigen und gegen all diese Widerstände verdammt gute Arbeit abliefern. And that’s it. Wären die nicht mehr da, wäre ich auch weg. Und vermutlich umgekehrt genauso. Das war bei meinem vorherigen Arbeitgeber genauso. Letztenendes wiederholt sich wohl alles auf die eine oder andere Weise.
Um das alles zu wissen und trotzdem irgendwie nicht vom Fleck zu kommen, ist gelinde gesagt desillusionierend. Immer wieder habe ich Ideen, was ich tun oder auch lassen könnte, um die Dinge für mich in Schwung oder aber in Ruhe zu bringen. Immer wieder setze ich mich mit diesen Ideen auseinander, beginne zu planen, mach mir Vorstellungen… und lasse es dann doch sein! Teils aus Angst vor der eigenen Courage, teils aus Vorsicht, weil ich nicht nur für mich selbst verantwortlich bin. Aber eigentlich ist das alles nur eine beschissene Ausrede! Denn mit dem was ich kann, kann ich ziemlich viel! Jedenfalls genug um auszusteigen und ES (also meine Arbeit) woanders auf andere Weise zu tun; und zwar auf eigene Rechnung. Wann ich endlich den Arsch hochkriege? Keine Ahnung, aber die Zeit wird langsam knapp. Für den Arbeitsmarkt bin ich bereits ein alter Knochen und auch Hochqualifizierte haben’s als Ü50er nicht leicht. Also hoffe ich von Urlaub zu Urlaub, endlich die nötige Energie zu finden, alles auf NULL zu stellen und noch mal durchzustarten. Zumindest kann ich sagen, dass es – der anfangs erwähnten kognitiven Erschöpfung zum Trotz – bislang sehr gut getan hat, andere Dinge gesehen und getan zu haben. Diesen Schwung mitzunehmen gelingt mir allerdings nicht immer richtig gut. Oft braucht es nur einen einzigen Arbeitstag um wieder Urlaubsreif zu sein. Ich könnte also Tipps gebrauchen, wie es dieses Mal besser klappt. Doch falls ich keine bekommen sollte – die nächste Reise kommt bestimmt. Und damit auch neue Hoffnung. Wir lesen uns, wenn ich wieder daheim bin. Bis dahin gute Zeit.










