New Work N°10 – Die brauchen Führung!

Ich behaupte ja immer, dass man mit zunehmendem Alter ruhiger wird; schön wär’s allerdings, wenn ich mich auch selbst daran halten könnte. Heute morgen scrollte ich mal wieder auf einem mobilen Endgerät durch die Morgenzeitung und diese unseligen Antiscocial-Media Apps, mit denen man sich halt so beschäftigt, wenn man a) noch nicht ganz wach ist und b) nix besseres zu tun hat. Man kennt diese Listicles – Artikel, die stets irgendein armer Hanswurst (Volontär, Praktikant, was weiß ich) lieblos zusammenklickt, und die eigentlich nur Clickbait für Werbung sind. Manche kommen sogar semi-seriös daher. Heute morgen triggerte mich „7 Dinge, die ein guter Chef nicht tut.“ „Na gut“, dachte ich mir, „so schlimm kann’s ja nicht sein…“. Und solange sich der Hanswurst-Volontär an den Allegemeinplätzen festhält, passiert auch nichts Schlimmes. Nicht micromanagen, nicht dauerüberwachen, nicht auf Präsentismus bestehen, und so. Ein Punkt war für mich allerdings kontrovers – nämlich das Thema Feedback.

Es ist so, dass man heutzutage anders an arbeitende Menschen herantreten muss, als das zu meiner Frühzeit im Beruf der Fall war. Hat sich zwar noch nicht überall rumgesprochen, aber im manifesten Fachkräftemangel stimmen die Leute dann halt immer mit den Füßen ab, wenn sie gegängelt werden. Und die zurückbleibenden Bosse (und auch manche Kollegoiden) geben die Schuld natürlich jenen, die gehen. Ansonsten müsste man sich ja mal an die eigene Nase fassen, und das ist oft sehr schmerzhaft. Man hört dann solche Sätze wie „Die konnten sich nicht ins Unternehmen / die Abteilung einpassen!“ „Die hatten vollkommen falsche Vorstellungen vom Job.“ „Die haben zuviel gefordert, die sollen erst mal liefern!“ Besonders beliebt ist auch heute noch „Die sind zum arbeiten da, nicht zum denken!“ Habe ich auch schon von einem Vorgesetzten zu hören bekommen. Gottseidank arbeite ich nicht mehr da. Aber dieses Arschloch spielt immer noch Chef; nur in einer anderen Abteilung. [Anmerkung: Falls jemandem meine Wortwahl in diesem Zusammenhang nicht gefällt – oben ist die Browser-Suchzeile!]

Man kann Mitarbeiter natürlich auch mit einer Peitsche in der Hand vom Gelände jagen – das geht noch schneller. Dann darf man sich nur nicht wundern, wenn die eigenen, schönen hochfliegenden Pläne alle zu lahmen Enten werden, die schlussendlich beim Mitbewerber im Ofen landen. Also ist Feedback relevant! Und ich möchte es hier wirklich als Feedback verstanden wissen, denn es geht nicht nur um Lob, sondern auch um Kritik! Es ist nämlich mitnichten so, dass die jungen Leute alle Snowflakes wären, die unter Druck schmelzen. Aber die haben mittlerweile verinnerlicht, dass das Erkennen von Sinnhaftigkeit und das Entstehen von Motivation eng miteinander verbunden sind. Denen braucht man mit „Ich Chef – du Nix!“ nicht zu kommen; es sei denn man hat keine Peitsche… Was allerdings nichts daran ändert, dass Mitarbeiter trotzdem Führung brauchen. Und hier kommt einmal mehr der kleine aber feine Unterschied zwischen Bossen und Leadern zum tragen. Denn Leadership Ability bedeutet Folgendes:

  • Geführt wird von vorne! Ich erwarte nichts von meinen Mitarbeitern, dass ich nicht auch selbst zu tun bereit wäre.
  • Konflikte lösen sich nicht von selbst! Ich habe zwar manchmal die Hoffnung, aber am Ende muss man als Führungskraft alle Beteiligten an den Tisch bringen, wenn man nicht einen echten Glasl im Betrieb haben möchte.
  • Aufgaben zuteilen und machen lassen! Ich will nicht über jeden winzigen Teilschritt informiert werden. Ich will Meilensteine und Ergebnisse sehen – und wissen, wenn es Probleme gibt, bei denen ich helfen kann; oder die Ressourcen beschaffen kann, die dann helfen.
  • Mitarbeiter / Untergebene als Menschen wahrnehmen! Denn das sind sie verdammt noch mal! Menschen, wie du und ich…
  • Präzise beobachten und Feedback geben! Denn als Vorgesetzter ist man Dienstleister für seine Mitarbeiter; und zwar als Entwicklungsbegleiter. Und das funktioniert nicht einfach nebenher – dazu ist Mühe notwendig!
  • Feedback annehmen! Denn in der Organisation, in der ich z.B. tätig bin, gibt es leider kein Handbuch, in dem drin steht, wie man Abteilungsleiter ist. Werden ist unter bestimmten Voraussetzungen einfach – sein ist verdammt kompliziert! Und da kann einem simples den Mitarbeitern Zuhören gelegentlich sehr helfen.

Ja, diese idealtypischen, theoretischen Beschreibungen können einem schon ganz schön Angst einjagen. Ich habe festgestellt, dass speziell eine Sache hilft – einfach Mensch bleiben und die eigene Empathie kultivieren. Sich stets die Frage stellen: „Wie würde ich reagieren? Was würde ich denken / fühlen?“ Bei aller Autonomie im Tun und Lassen, und der Chance zur Selbstverwirklichung, nach der Menschen im Beruf angeblich heute streben, gibt es ein paar Rahmenbedingungen, die stets gleich bleiben: mit einer leeren Kasse kann ich nichts kaufen, und niemanden bezahlen. Also ist vermutlich bei allen Beteiligten ein gewisses Level an Performance notwendig, um die Kasse gefüllt zu halten. Gewiss gibt es Jobs, in denen es schwer ist, Performance zu messen. In meinem z. B. Wie misst man die Arbeitsproduktivität von Fachlehrern und einem Schulleiter? In abgehaltenen Unterrichts-Einheiten? Und was ist dann mit der Qualität der Lehre? Zählt die, oder doch nicht? Und falls ja, wie misst man die? Am Leistungszuwachs der Schüler / Teilnehmer? Und wie misst man den? In gesteigerter Arbeitseffektivität? Und, wie misst man die…?

Am Ende des Tages steht trotzdem eine Summe unter dem Strich, weil eine Dienstleistung produziert und distribuiert wurde. Dennoch bleiben Fragen offen – etwa vom Controller, warum ich so viel Geld ausgeben würde? Aber da halte ich meine Antwort ganz einfach: weil hochwertige Bildung ziemlich arbeits- und damit kostenintensiv ist. Und weil ich nebenbei auch noch Zeit in mein Personal investieren will und muss, damit sie weiterhin mit mir zusammen daran arbeiten wollen, hochwertige Bildung anzubieten, die zufriedenere, loyalere Mitarbeiter erzeugt – auch wenn nicht alle Chefs in der Organisation die oben benannten Grundsätze der Leadership Ability verstehen oder anwenden können. Manchmal braucht man einfach Geduld. Denn die Führungsparadigmen wechseln gerade. Ich bin bereit! Und ihr so…?

Auch als Podcast…

Der verwirrte Spielleiter N°38 – Ganze Welten…?

Das Gesicht von namenlosem Entsetzen verzerrt, Schweißperlen von der Stirn wischend, und unartikulierte Laute vor sich hin brabbelnd, blättert der Spielleiter hektisch in seinen Aufzeichnungen hin und her, weil irgendein*e Spieler*in ein obskures Detail über einen vergessenen Aspekt der Welt abgefragt hat… Wenn euch so etwas tatsächlich zustößt, dann sind vorher ein paar Dinge schief gelaufen. Eines davon ist zu viel Vorbereitung! Ein anderes zu wenig Vorbereitung! Und noch ein weiteres – schlechte Vorbereitung! Aber, eines nach dem anderen. Das erste, was man sich zu diesem Post hinter die Ohren schreiben sollte: Rollenspiel ist das, was die jeweilige Gruppe daraus macht. Manche SLs und Spieler*innen vertiefen sich gerne in die „Lore“ (zu deutsch „Überlieferungen“), also die Hintergründe, die Geschichte, das scholastische Wissen über die Spielwelt. Man könnte argumentieren, das große Teile von Lore einfach nur Fluff sind; also nicht zwingend für die Geschichte wichtig, wohl aber für die Atmosphäre. Oft stimmt das. Manchmal jedoch sind Teile der Lore auch Plotdevices. Und genau da beginnen die Probleme, denen ich mich gleich zuwenden möchte. Andere SLs und Spieler*innen sind jedoch mit weit weniger Lore zufrieden; und das ist gut so, denn weiter oben sagte ich ja schon, das Rollenspiel das sei, was die eigene Gruppe jeweils daraus macht. Aber auch das macht Probleme, wenn die amoklaufende Kreativität des SL und die Bedürfnisse der Spieler*innen konfligieren…

Nehmen wir an, ich habe mal wieder eine ganze Welt im Kopf, zusammen mit einer Core-Story, einem Metaplot, zentralen Figuren und Konflikten. Das passiert mir manchmal beim Kacken. Und wenn ich Glück habe, weiß ich die Hälfte davon noch, wenn ich es endlich an den Schreibtisch geschafft habe. Natürlich gefällt mir diese Kreation – ist ja schließlich meine! Und ebenso natürlich möchte ich – nein, WILL ich – dass meine Spieler*innen meinen Genius bewundern; und brenne folglich darauf, sie mit meiner Lore abzufüllen bis Oberkante Unterlippe. Vollkommen gleichgültig, was davon später tatsächlich wichtig wird. Einerseits könnte das der Neigung mancher Spieler*innen einen Riegel vorschieben, sich auf jede Andeutung des SL zu stürzen, wie Wölfe auf die Beute. Selbst, wenn es eigentlich nur Fluff war. Und sie jetzt nach einem Plothook suchen, wo ich NIEMALS einen geplant hatte. Schöner Mist. Werfe ich Ihnen eine unüberschaubare Anzahl von Informationshäppchen hin, wissen sie gar nicht, worauf sie sich zuerst stürzen sollen. Erzeugt allerdings nicht etwa nur eine Ablenkung von allzu offensichtlichen Plothooks, sondern zumeist vollkommene Konfusion. Und wenn ich dann als SL auch noch erwarte, dass sie – Plotdetektoren gleich – das eine, wichtige Stück Info in diesem Chaos finden, habe ich mich geschnitten. Man kann die Geschichte auch zu gut verstecken (schaut euch „Die Legende von Buster Scruggs“ an, dann wisst ihr was ich meine). DAS IST ZUVIEL VORBEREITUNG.

Der Gegenpol ist genauso uncharmant. Ich hatte keine Zeit, keine Lust, oder keine Ideen und jetzt ist Sitzung. Ja, dann nehme ich halt den einen NSC und das bisschen, was ich mir irgendwo aus der Hirnwindung leiern konnte, und prügele die Chars (und damit auch die Spieler) auf Linie. Nehmt meinen Roten Hering, oder sterbt, ihr Narren! Railroading? Ja vielleicht…? Oder ich bin sogar für’s Railroading zu lazy, und lasse sie halt einfach planlos durch irgendwas stolpern, spielleite also 100% reaktiv. Kann man schon mal machen, aber sehr oft endet das einfach in tödlicher Langeweile für meine Spieler*innen. Weil sie nicht wissen, was überhaupt das Ziel ist – und folglich keine Motivation entwickeln. Weil ich als SL dauernd dazu gezwungen bin, für Nachfragen in meinen Regelbüchern, Weltenbüchern oder Notizen (sofern überhaupt vorhanden) zu blättern, und on the fly Entscheidungen zu treffen. Die dann vielleicht noch nicht mal irgendwo dokumentiert werden, weil ich dafür auch zu faul bin! DAS IST ZU WENIG VORBEREITUNG.

„Und was ist dann schlechte Vorbereitung?“ fragt ihr nun. Aus meiner Sicht, wenn ich zu viel Vorbereitung mit Railroading paare. Ich habe etwas ausgearbeitet. Und vielleicht ist das sogar spitzenmäßiger Content. Aber ich habe mir dabei Nebenstraßen zugemauert und mich auf einen Course of Action eingeschossen, den ICH als SL realisiert sehen möchte. Und dabei vergesse, dass wir GEMEINSAM eine Geschichte erzählen, und das Limelight für NPCs am Spieltisch nichts zu suchen hat, es sei denn, die Spieler*innen lassen es zu, oder fordern es sogar ein. Und ja, das passiert allen dann und wann. Es ist dabei vollkommen unerheblich, ob es „nur“ um kleinere Ereignisse geht (in jedem Spielleiterhandbuch steht ja irgendwo „start small“), oder um den Krieg der Welten. Die Spielercharaktere bekommen das Limelight, sie sollen strahlen dürfen. Auch, wenn sie dabei erheblich ramponiert werden, wie’s die Tage mal wieder passiert ist.

Ich hatte davon berichtet, dass mir ein High-Fantasy-Stadtstaat, NSCs, und Happen von Geschichte, inclusive einem halben Dutzend Plothooks einfach so aus der Feder geflossen sind (wortwörtlich, da mit Tinte handschriftlich niedergelegt); die Spieler haben dann bei der Charaktererschaffung noch ein weiteres halbes Dutzend dazu gelegt. Bombig. Also habe ich das Schmieden der Gruppe diesmal tatsächlich im Feuer vollzogen; inclusive einem Barden, der ein Lied darüber schreibt. Alles Weitere wird sich finden. Worauf ich aber hinaus will. ist Folgendes: ich habe Vorbereitung getroffen, ich hatte NSCs, Orte, etc. bereit. So viele davon, dass es auf den ersten Blick nach zu viel Vorbereitung aussah. Ich konnte mich jedoch des Fehlers erwehren, sie gleich mit allem zu überschütten. Ich habe ihnen immer genau soviel hingehalten, dass sie Lust hatten, mehr rauszufinden; habe NSCs nach Notwendigkeit mehr ausgeschmückt, als zuerst intendiert und Ihnen die Chance gegeben, den Weg durch meine chaotischen Notizen selbst zu finden.

Das ist, was man üben muss. Der Ratschlag „Start Small“ ist insofern korrekt, als die Spielumgebung für die Spieler*innen und ihre Charaktere überschaubar bleiben muss. Die Detailiertheit bei der Ausarbeitung sollte dennoch durchaus eine gewisse Tiefe haben. Wenn mich ein Spieler fragt, ob es einen Rüstschmied gibt, muss ich den parat haben (im Zweifel auch incl. eines Stat-Blocks). Die Tiefe, in welcher ich die Ausarbeitungen dann nutze, hängt von den Spielern ab. Und wenn ich hinterher vorbereitetes Material übrig habe, dass nicht gleich genutzt wurde, weil die Chars zunächst achtlos dran vorbei gelaufen sind, ist es ja nicht wertlos oder für den Eimer. Auch für Chars und Orte gilt, man sieht sich im Leben immer zwei Mal. Will sagen, Material auf Halde zu haben, wird sich später im Verlauf einer Kampagne als nützlich erweisen. Spätestens dann, wenn ihr mal keine Zeit, oder keine Nerven für viel Prep (Preparation – Vorbereitung) hattet, blättert ihr einfach ein paar Seiten zurück, et voilá – Plot to go! Man braucht also keine ganzen Welten. Wohl aber ein paar sorgsam und mit gewisser Detailverliebtheit ausgearbeitete Orte, die für die Spieler*innen realistisch genug wirken, um die „suspension of disbelief“ für eine Weile am Leben zu halten. Denkt dabei an Film- oder Seriensets und die Liebe, mit der die Setdesigner Fantasiewelten zum Leben erwecken. Als SL seid ihr auch immer selbst Setdesigner; wohlwissend, dass es zunächst vollkommen genügt, die sichtbaren Teile der Welt auszuarbeiten. Damit hat man schon viel zu tun. Und genau deshalb muss ich mich jetzt verabschieden. Wir hören uns. Bis dahin – always game on!

Auch als Podcast…

Was heißt hier „Oldschool“…?

Ich war noch nie dieser jemand mit der hübschen Handschrift. Zu Schulzeiten musste ich mindestens bei zwei Gelegenheiten eine Klausur später abtippen, und bekam dafür eine halbe Note Abzug. Wenn heutzutage jemandem meine Notizbücher in die Finger fielen, müsste diese Person für die Dechiffrierung vermutlich einen Robert Langdon, so einen Spezialisten für Horrorglyphen anheuern. Hieroglyphen sind dem Namen nach ja heilige Zeichen… Meine Handschrift hat sich irgendwann in meinen späten Jugendtagen von dem, was man üblicherweise in der Grundschule beigebracht bekommt zu einer Art Druckschrift entwickelt, deren Hastigkeit allerdings oft der Unterscheidbarkeit der Vokale den Garaus macht. Oder einfacher ausgedrückt: je flotter, desto Sauklaue. Und das, obwohl ich mich wieder des Schreibens mit dem Füller befleissige.

Viele Dinge des beruflichen Alltages, meine Blogposts, meine Bücher, und noch manches Andere entstehen zum größten Teil ungefiltert an der Tastatur. Ich bin trotz der Vielschreiberei immer noch kein wirklich guter Maschinen-Schreiber, aber das ist mir egal; vermutlich, weil meine Denk- und Schreibgeschwindigkeit zumeist ziemlich gut harmonieren. Ich musste allerdings im Rahmen meines Studiums wieder Klausuren schreiben; und die schreibt man mit der Hand. 8-9 Seiten Din-A4 in 2 Stunden! Ich habe hinterher immer einen Krampf im Griffel. Weshalb ich angefangen habe, wieder viel mehr handschriftlich zu arbeiten. Ich habe, unter Anderem ein Journal für meine Arbeit (To-Do-Listen, Ideen, Termine, Fragestellungen, etc.) und mehrere für den privaten Gebrauch. Meine letzten Kampagnen für’s Pen’n’Paper existieren nur auf dünn beschriebenen, mit Skizzen und NSC-Stat-Blöcken durchsetzten A4-Seiten; sorgsam in Klarsichthüllen in einem Ringbuchordner verwahrt. Die Kampagnen-Notizen für meiner eigenen Charaktere landen, wie meine Arbeitsnotizen auch, in diesen klassischen Blanko-Notizbüchern mit Lederoptik-Einband und Markierungsbändchen…

Womit wir beim Thema wären. Ich frage mich immer wieder, was „Oldschool“ eigentlich bedeutet? Schwingt da so eine Nostalgie des Vermissens der guten alten Zeit mit? Die es ja nachweislich nie gegeben hat, außer man findet es toll, in zugigen Hütten ohne Strom zu leben und in einen Eimer neben dem Bett zu scheißen! Oder ist es doch eher so ein ironisches Bemitleiden des Ewiggestrigen, der Technikverweigerer, der Analog Natives…? [Wobei sich verschiedene, vornehmlich jüngere Leute folgender Tatsache gewärtig sein sollten: Leute wie ich haben JEDE technische Entwicklung seit den frühen 90ern des 20. Jahrhunderts mitgemacht, sind mit all dem aufgewachsen, und kennen mehr als nur die polierten User Interfaces – WIR sind die echten Digital Natives!] Für mich ist Oldschool auch weniger eine Begriff, denn ein ganzes Sammelsurium an Erfahrungen und Gefühlen. Kurz gesagt, derTeil meiner Persönlichkeit, der meine bisherige Biographie gegen mein tägliches Neu-Erleben austariert, und mir so jenes Gefühl von Kontinuität gibt, welches Menschsein überhaupt erst möglich macht. Wir alle sind darauf angewiesen, uns selbst in diesem komplexen Dingens namens Leben zu verorten. Und wir tun dies, indem wir eine fortlaufende Geschichte unserer Selbst erzählen. Wenn dabei die Plotholes so groß werden, wie in manchem Hollywood-Blockbustern, ist unsere identität im Arsch.

Allerdings unterliegt man dabei nur zu gerne einem Wahrnehmungs-Bias. Denn natürlich ist das tägliche Konfrontiert-Sein mit der Notwendigkeit des Weiter-Machens anstrengend! In der Folge suchen wir unterbewußt Zuflucht an jenen Orten unserer Biographie, die wir (Verklärung durch zeitliche Verzerrung inklusive) als schöne, einfache, gute Zeiten erinnern. Und da haben wir sie, die gute alte Zeit! Alles nur Psycho-Ballast! OK, das war ein bisschen böse und selbstverständlich ist es legitim, ab und zu einfach mal wieder ein Eis haben und schaukeln gehen zu wollen. Doch das ist natürlich nicht so einfach. Also ist mein Schreiben mit dem Füller in altmodisch anmutenden Notizbüchern natürlich nicht nur Übung für Uni-Klausuren, sondern Ausdruck meines unterbewussten Wunsches, die ganze Scheiße mal für eine Weile sein zu lassen und wieder Kind (oder wenigstens Jugendlicher) sein zu dürfen. Was gewiss nicht passieren wird. Aber das Ventil tut ganz gut. Und weil es zudem meinem persönlichen Lern- und Denkstil entgegen kommt, wird es auch zukünftig dabei bleiben, dass ich zwischen dem digitalen und dem analogen Pol pendele und mir das – subjektiv für mich – Beste aus beiden Welten nehme. Vielleicht täte uns allen etwas mehr Oldschool manchmal ganz gut. In diesem Sinne – eine gute und gesunde neue Woche.

Auch als Podcast…

Unkreativer Samstagmorgen…

An manchen Tagen fange ich einfach mit dem Schreiben an, und schaue mal, wo mich der Flow hinträgt. Heute ist das nicht anders. Oft läuft nebenbei leise irgendwelche, tendenziell chillige Musik; wobei die Kategorisierung „chillig“ ja sehr subjektiv ist. Im Moment benutze ich „Stranger Synths“ auf YouTube. Wer hier eine Namensverwandschaft zu einer recht bekannten Netflix-Serie zu erkennen glaubt – STRIKE! Bin halt ein Kind der 80er. Und ein großer Popculture-Nerd. Ist gerade von Vorteil, denn ich habe mich die Tage durch ein tiefes Eintauchen in mein wohl wichtigstes Hobby von Sorgen und Problemen abgelenkt, die eventuell durch den Umstand ausgelöst sein könnten, dass mein Vater am Montag 88 geworden wäre. An solchen Punkten denkt man immer nach. Nach gängigen Taxonomien hätte ich damit wohl eher eine dysfunktionale Coping-Strategie angewendet. Nun ja, drauf geschissen… Das neue Jahr hat – zumindest beruflich – angefangen, wie das alte geendet hat: viel Arbeit, viele Anforderungen, und nicht immer ausreichende Ressourcen. Ich laufe mal wieder auf Messers Schneide – ABER, ich finde dennoch immer wieder und immer noch meinen Weg. Und ich stelle fest, dass mir das Ablegen schlechter Angewohnheiten langsam aber sicher etwas besser gelingt. Mehr Zug fahren, weniger Bier trinken, weniger Prokrastinieren und mehr gerissen kriegen. Bleibt nur die Frage, wann das mit dem Schaffen wieder zu viel wird? Auch darauf wird es bald eine Antwort geben. Aber genug des Vorgeplänkels!

Ich hatte eine kurze Konversation mit meiner Frau, in welcher sie über einen Forumseintrag erzählte: Eine andere Künstlerin berichtete davon, dass ihre Freunde ihr absprächen, „wirklich zu malen“, weil sie Teile ihre Bilder von Vorlagen abpausen würde. Was mich zu der Aussage verleitete, dass man ja alleine in die technischen Skills des Malens und Zeichnens erstmal eine Menge Zeit investieren müsse. Selbst bloßes „Kopieren“ erfordert ja schon gewisse Fertigkeiten. Anlass für die Unterhaltung war übrigens der Umstand, dass die beste Ehefrau von allen gerade – als Geschenk – einen Manga-artigen Charakter aus einem Videospiel mit Acryl auf einen Keilrahmen zaubert. Ich könnte das nicht; und ich habe sie schon öfter bei solchen Aktionen beobachtet. Ich bin zwar ein sehr visueller Mensch und übe schon eine Weile das Fotografieren; aber Malen ging immer an mir vorbei. Jedenfalls war ich gleich wieder drin in einer Denkspirale über das Thema Recyclingkreativität. Ich hatte dazu schon vor Jahren mal was geschrieben.

Das Künstler ältere Werke „re-mixen“ ist – mit Blick auf die Musik – ein alter Hut. Die Kulturschaffenden sind dabei immer auf dem schmalen Grat zwischen Schaffenskraft und Plagiarismus unterwegs. Nicht selten fallen sie dabei runter. Nichtsdestotrotz finde ich es frech, jemanden dafür abzuqualifizieren, dass er oder sie re-mixt. Insbesondere, wenn man nicht im Ansatz über die gleichen Skills verfügt, die dieses „Plagiieren“ ermöglichten. Bei wissenschaftlichen Arbeiten ist es einfach nur schäbig, denn dazu braucht man heutzutage nur noch <copy> & <paste>. In der Kunst besteht natürlich die Gefahr, dass die Recyclingkreativität zu <copy> & <paste> degeneriert. Aber da ist kein Kausalzusammenhang. Ich muss hier immer an meinen Musikunterricht in der gymnasialen Oberstufe denken. Modest Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“ (mein Lieblingsbild bis heute ist der „Gnomus“) – und was Isao Tomita ziemlich genau 100 Jahre später mit einem (1975 noch sehr neuen) Sythesizer daraus gemacht hat. Damals wusste ich die Lektion noch nicht zu schätzen. Heute umso mehr! Das war Recycling-Kreativität, denn das Originalwerk hat inspiriert, wurde auch zu Teilen kopiert, aber nie plagiiert. [An dieser Stelle wurde das Schreiben eine Weile unterbrochen und anstatt „Stranger Synths“ Tomitas „Pictures at an exhibition“ gelauscht. Doch diese Musik forderte mich kognitiv zu sehr, die konnte ich nicht nebenbei hören…]

Ich habe irgendwo gelesen, dass Recyclingkreativität oder „recreativity“ auch zum Problem für den Künstler selbst werden kann, wenn man sich in einer Feedbackschleife fängt, weil man immer wieder sein eigenes Werk zitiert. Und dadurch vielleicht andere Einflüsse unterbindet, die einen weiter bringen könnten. Ich denke nicht, dass Selbstplagiat ein Vergehen ist, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass der Lern- bzw. Übungseffekt bei redundantem Selbstzitat irgendwann zum Erliegen kommt; man wird zunächst nicht mehr besser, dann langsam uninteressant und in der Folge irgendwann irrelevant. Das gilt übrigens nicht nur für Künstler, sondern auch für Lehrer. Vielleicht ist es das, was mich manchmal so kribbelig macht? Dieses Gefühl, nichts Neues, Originelles, Relevantes mehr beizutragen, weil meine Inspiration träge und selbstgefällig geworden ist? Das Problem dabei ist, dass Inspiration und Kreativität Muskeln sind, die regelmäßig trainiert werden MÜSSEN. Steckst du aber in der Tretmühle des LIEFERN-MÜSSENS fest, ist dein Kopf nicht frei für Originalität. Denn auch der originellste Geist braucht immer wieder neuen, externen Input, um selbst Neues schaffen zu können. Kunst und auch Lehre waren schon immer Zitat, Re-Mix, Collage, Interpretation, etc. Deshalb ist der oben beschriebene Vorwurf „nicht wirklich zu malen“, auch substanzlos. So lange man sich bemüht, die Vorlage als Inspiration zu betrachten…

Wenn ich auf meine Schreibe und mein Storytelling im Pen’n’Paper schaue, dann ist vieles davon auf den ersten Blick Plagiat. Weil ich natürlich über Jahrzehnte eine Unzahl an Science-Fiction-, Fantasy- und Horror-Romanen gelesen habe: und in der Folge manche Motive von stärkeren Erzählern entlehnt habe, als ich einer bin. Andererseits sind manche Themen, Erzählfiguren und Archetypen mittlerweile universal geworden. Also, was soll’s? Ich habe mich im Laufe dieses Textes mal wieder selbst zitiert; bin ich also noch kreativ? Mal schauen, was mir dazu einfällt. Einstweilen ein schönes Wochenende.

Auch als Podcast…

Bin ich faul…?

Bevor man anfängt, über diese Frage nachzudenken, sollte man ein paar Dinge klarstellen, die eigentlich klar sein müssten. Aber wie das mit dem Konjunktiv im Leben häufiger so ist; „hätte, könnte, sollte, müsste“ bringt einen nur manchmal weiter – und dann auch oft nur zum nächsten Prokrastinations-Schritt. Dinge erledigt zu bekommen, erfordert nämlich häufig, Entscheidungen treffen zu müssen. Nun tun wir das, mehr oder weniger bewusst, viele, viele Male am Tag. Jene Entscheidungen, derer wir uns klar werden, fordern uns aber kognitiv in erheblichem Maße. Und jetzt mal ganz ehrlich: lieber Döner, das Sub des Tages, oder doch was vom Schnell-Asiaten ist auch wirklich nicht trivial, oder…? Man merkt, wir sind schon mittendrin. Haben sozusagen Entscheidungs-Druck! Nicht schön, aber wahr. Und die Arten, auf die verschiedene Menschen damit umgehen sind – nun ja – höchst verschieden. Prokrastinieren (also Aufschieben und derweil was anderes machen, was auch irgendwie nach sinnvoller Aktivität aussieht) ist nur eine davon. Allerdings eine recht häufige.

Wir haben also einerseits das Prokrastinieren. Und auf der anderen Seite die bewusste, planvolle, gut getarnte Arbeitsvermeidung. Das sind zwei höchst unterschiedliche Dinge, denn die Prokrastinierer schämen sich in aller Regel für ihr Verhalten – Berufsfaulenzer scheißen darauf! Denen ist es vollkommen egal, dass andere ihre Arbeit mit erledigen müssen! Hauptsache, ihnen geht es gut! Das sind Egoschweine par excellence! Das Problem ist, die beiden Formen unterscheiden zu lernen. Denn die sichtbaren Auswirkungen sind oft sehr ähnlich. Bei beiden Formen finden wir irgendwann in aller Regel irgendeine Form von beobachtbarem Output-Mangel. Spricht man die betreffenden darauf an, wird der Prokrastinierer Taktik 1, also die Faule Ausrede benutzen, jedoch tatsächlich betroffen sein, und in der Folge versuchen, etwas an seinem Verhalten zu ändern. Beim Bummelstreiker jedoch finden wir unter Anderem folgende Taktiken:

  • die faule Ausrede („etwas Anderes war gerade wichtiger“, die wir ja auch beim Prokrastinierer finden)
  • die „Hab-dich-doch-nicht so“-Verteidigung („…SO wichtig ist das nun auch nicht, stirbt ja keiner dran…“)
  • die unschuldig-passive Gegenfrage („…oh, DU hast auch so viel zu tun…?“)
  • die aggressive Gegenfrage (…und was ist mit DEINEN Aufgaben?)
  • die gedrückte Tränendrüse („ich hab doch schon SOOOO viel zu tun“)
  • die Gesprächskreis-Verzögerung („…jaaaa, da müssen wir wohl mal mit den anderen drüber reden, wie die das sehen.“)
  • und in der Königsklasse, die Dilemma-Verteidigung („DANN GEH DOCH ZUM CHEF!“); Dilemma, weil niemand gerne als Petze da steht, der Gesprächsweg als mögliche Lösung jedoch gerade verbaut wurde.

Ich bin – zumindest gelegentlich – ein hoch selektiver Prokrastinierer. Es gibt ein paar wenige Aufgaben – sowohl im privaten, wie auch im beruflichen Umfeld – die mich mit solcher Macht abschrecken, dass ich durchaus große Längen gehe, um diese umgehen zu können. Klingt nicht gerade nach Homo Oeconomicus, wenn man mehr Energie in die Vermeidung von ETWAS steckt, als die Erledigung dieses ETWAS benötigen würde, oder? Nun ja, Prokrastinieren steht zu Recht NICHT in dem Ruf, gut durchdacht zu sein. Am Ende mache ich es dann meistens doch und fühle mich entsprechend mies. Bin ich also faul? Na ja, im Median aller Dinge, die so anfallen wahrscheinlich nicht fauler – oder fleißiger – als der Durchschnitt um mich herum. Wie das aber so ist, bildet der Median (oder Durchschnitt, wie der Volksmund sagt) die Realität oft nicht hinreichend ab. Habe ich 20 Menschen, von denen einer 810.000€ besitzt und 19, die jeweils nur 10.000€ haben, liegt der Median bei 1.000.000€ geteilt durch 20 = 50.000€ pro Person. Einmal kurz nachdenken; und hoffentlich verstehen, dass der Durchschnitt in diesem Fall Käse ist. Deshalb gibt es nicht nur in der Statistik, sondern auch im Rest des Lebens die Möglichkeit zur Einzelfall-Betrachtung – die gleichsam eine Aufforderung zur Einzellfall-Betrachtung darstellt!

Je treffgenauer ich Menschen mit Aufgaben versorge, die zumindest zu gewissen Teilen ihren Neigungen und Begabungen entsprechen; und je besser ich sie dabei unterstütze, diese Aufgaben zu erfüllen, die richtigen Ziele für sich zu finden, und diese auch zu verfolgen lernen, desto wahrscheinlicher wird es, dass Prokrastination irgendwann keine (nennenswerte) Rolle mehr spielt. Die hoch funktionalen Soziopathen, die immer nur anderer Leute Lorbeeren einsammeln und auf meine Kosten Dauerpause machen, erwischt man auf andere Art. Doch das ist vermutlich Stoff für einen anderen Post. Ich habe übrigens gerade prokrastiniert. Anstatt was für mein Masterstudium zu tun, habe ich diesen Post geschrieben. Jetzt fühle ich mich ein bisschen schuldig. Deshalb werde ich morgen etwas für mein Studium tun. Heute habe ich noch was besseres vor 😉 Schönen Samstag noch.

Auch als Podcast…

Warum zocken…?

Zuallererst – die in der Überschrift anklingende Frage kann jedes Hörende nur für sich selbst beantworten. Der Satz klingt Scheiße, aber bemühtes Gendern soll ja bekanntlich Krebs heilen helfen; oder so. Während ich hier sitze, und mich ein bisschen darüber ärgere, dass seit dem letzten Post zu viel Zeit ins Land gegangen ist, läuft im Hintergrund so ein 80s-Dark-Synthwave-Mix. Hätt‘ ich mir nie träumen lassen, dass die Dekade meiner Jugend später mal so trenden würde. Nun ja, ich genieße dann mal das Beste aus beiden Welten: Technik aus dem JETZT und vom GESTERN inspirierte Kulturprodukte. Solcherlei läuft häufig als Hintergrundgedudel, während ich alles mögliche schreibe; zum Beispiel auch meine Abenteuer. Womit wir ja auch schon mittendrin wären. Denn einer der Gründe, warum der Post hier etwas später kommt, als ursprünglich geplant, war die Spielerunde des letzten Wochenendes. Ich habe meinen Urlaub ausklingen lassen, indem ich SA und SO gespielleitet habe.

(c) by Monika Merz

Immer wieder ernte ich für den Hinweis, dass ich Pen’n’Paper-Rollenspieler bin, ein äußerst breit gefächertes Bündel an Reaktionen. Und gelegentlich sieht man hinter der Stirn des Gegenübers auch die Frage, wie man sich als Erwachsener noch mit solchem Kinderkram beschäftigen kann? In „Stranger Things“ spielen schließlich 11jährige das. Ganz so früh habe ich zwar nicht angefangen (ich war 15), aber ja – mein Start lag auch noch in den 80ern des vergangenen Jahrhunderts. Damals hatte ich meine erste Phase mit Computerkram schon hinter mir, war ein typischer Brillenschlagen-Körpergulasch-Außenseiter-Nerd. Und auf der Suche nach etwas, dass mir mit den vielen schrägen Bildern in meinem Kopf helfen könnte. Ich würde nicht sagen, dass mir damals schon bewusst war, was Kreativität bedeutet. Und als ich gefragt wurde, ob ich mal spielleiten würde, war das eher so zum Spaß, um mich auszutesten (und billig an ein paar Erfahrungspunkte zu kommen). Die haben sie sich dann allerdings hart erkauft. Und mein Feedback war gar nicht so übel. Von da an lief das halt so weiter. Und immer häufiger wurde daraus Zocken bei Zimbo…

Wenn ich heute so darauf zurückblicke, würde ich sagen, dass meine Runden am Anfang ziemlich einfach gestrickt waren. Allerdings hatte ich damals kein Geld übrig, also habe ich keine Abenteuer gekauft, sondern selbst welche geschrieben und abseits dessen alle möglichen Regelwerke ausprobiert. Und ich habe alle Fehler gemacht. Jene aus den Handbüchern, und noch ein paar, die bis heute nirgendwo beschrieben sind. Wie das so ist, interessierte ich mich zwischenzeitlich dann auch für Computerspiele, Konsolenspiele, andere popkulturelle Phänomene wie etwa Mangas und Anime – und ich habe gelesen. Sehr viel gelesen! Ich habe auch das Internet halbwegs früh nutzen gelernt. Und immer wieder stellte sich die Frage, was dieses Hobby für mich so kostbar macht, was mich auch nach teilweise längeren Phasen des Spielleiter-Burnouts immer wieder an den Spieltisch geführt hat? Und die Antwort war – für MICH – immer die gleiche: es ist eines der vielseitigsten, kognitiv forderndsten und kreativsten Hobbies überhaupt. Es hat mich gelehrt, die Welt um mich herum mit anderen Augen als meinen eigenen sehen zu können. Und es hat mir ein paar wenige wunderbare, dauerhafte Freundschaften beschert.

Und während all das passierte, wurde ich damit besser. Meine Geschichten wurden reifer, ein bisschen erwachsener, manchmal auch ein bisschen moralischer. Und trotzdem versuche ich immmer wieder, die Welt mit den Augen eines (allerdings höchst überdrehten) Kindes zu sehen. Natürlich designe ich jedes Abenteuer auch unter der Maßgabe, was MIR als Spieler gefallen würde, mit welchem Charakter ich das gerne spielen würde. Wohl wissend, dass die Charaktere meiner Spieler vollkommen anders aussehen und ticken werden; und dass sie vollkommen absurde Lösungsansätze versuchen werden, auf die ich in 1000 Jahren nicht käme. Also zocke ich immer noch Pen’n’Paper. Vielleicht auch, weil für wüstes Computer- und Konsolenzocken meine Reflexe einfach nie gut genug waren – schwamm drüber, ich versuche auch das gelegentlich trotzdem. Aber beim Pen’n’Paper, da kann ich meine Dämonen zum Spielen schicken, die Rampensau rauslassen und bösartig werden, ohne dass es jemandem weh tut. Und nur mal so am Rande: wenn man sich mit der Kulturgeschichte des Spielens ein wenig befasst, tritt die Erkenntnis zu Tage, dass Erwachsene zu allen Zeiten gespielt haben. Insbesondere zu den Zeiten, da man hätte annehmen könne, sie hätten dazu keine Zeit gehabt. Der Drang scheint also evolutionär angelegt zu sein.

(c) by Monika Merz

Mit einer Kategorie wie „Kinderkram“ kann ich also nichts anfangen, weil mein kreatives Denken das Spielen als Teil meiner sozialen DNA in sich trägt. Natürlich spiele ich heute andere Spiele, denn als Kind. Dennoch hat sich der Teil des Make-Believe, des Eigene-Welten-Schöpfens erhalten. Und darauf bin ich verdammt noch mal stolz. Matt Collville, ein Rollenspiel-Youtuber, dem ich folge, hat mal gesagt, dass in unserer Kultur das EGO der kreativ Tätigen einen schlechten Leumund habe, weil viele Menschen nicht verstehen, woher der intrinsische Drang käme, etwas erschaffen zu wollen Und deshalb die notwendige Mischung aus Spieltrieb, Neugier und Energie für Hybris hielten. Man macht sich schließlich keine Mühe, wenn man nichts dafür bekommt. Ich weiß nicht, ob er recht hat. Ich weiß aber, dass mein EGO zumindest diesbezüglich bestens entwickelt ist. Ich freue mich natürlich, wenn meine Kreationen Menschen gefallen; ich kann aber aus vollem Herzen auf jene scheißen, die nur negative Energie übrig haben. Steht zu eurer Kreativität! Steht zu euren Schöpfungen! Und habt Spaß dabei! Always game on!

Auch als Podcast…

Happy new… whatever…

Das alte Jahr endete, wie bei verdammt vielen anderen Menschen auch, durch das ausdauernde Überbacken mit Käse. (Fast) Alles ist mit Käse überbacken besser; der Genuss ethyltoxischer Getränke half aber auch ein bisschen dabei. Das neue Jahr begann, wie bei vielen anderen Menschen auch, wie Tage eben beginnen: aufstehen, frischmachen, anziehen, frühstücken, etc. Der Unterschied zwischen dem Leben am 31.12.xx und dem am 01.01.xx besteht im Datum – allein im Datum! Neujahrsspaziergang, Restevernichtung am Mittagstisch, und exzessives, Wohlstandsverwahrlosung zelebrierendes Gammeln rundeten das Programm sorgsam ab. Soweit im Südwesten nichts Neues.

Raclette der Stufe 3… es hat nicht alles auf den Tisch gepasst.

Ich war morgens zu früh aufgewacht. Mitnichten das, nach derartig käsigen prandialen Detonationen durchaus erwartbare Albdrücken trug jedoch daran Schuld. Vielmehr hatte der Gedankenzirkus unversehens geöffnet; und der Zirkusdirektor meiner privaten Hölle gab eine To-Do-Listen-Galavorstellung. Am 01.01 gegen 06:40 kann ich auf sowas echt verzichten. Es gemahnte mich daran, dass ich für ’22 viel auf dem Zettel habe. Vielleicht zu viel? Ich weiß es nicht. In dem Moment wirkte es allerdings so einschüchternd, dass ich mit einem Schweißausbruch da lag und gerne spontan in ein anderes Universum gewechselt wäre. Selbst Bogenschütze in der ersten Reihe in Helms Klamm wäre in Ordnung gewesen. Wie das mit SOLCHEN Wünschen halt so ist – ich blieb genau da liegen, wo ich war. Und durfte weiter meinen, sich eintrübenden Gedanken nachhängen.

Wir neigen immer in den ungünstigsten Momenten dazu, uns selbst zu martern; und zwar, weil Entspannung oft dafür sorgt, dass unser Gehirn anfängt, nach weiteren Gefahren zu suchen. In unseren Schlafzimmern gibt es nun aber nur in sehr seltenen Fällen noch Säbelzahntiger (und noch seltener greifen uns diese physisch an). Und weil wir heute zu wenig physisch existenzielle Gefahrenquellen haben (warum gehen Menschen wohl Bungee-Springen, Fallschirmspringen, Downhill-Biken, etc….?), werden dann die Dinge greifbar, die wir (unserer Wahrnehmung nach) nicht gut, nicht gut genug, oder sogar gar nicht hinbekommen haben – könnte ja zu Problemen in unserem privaten oder Jobumfeld führen! Und schreiben uns die Schuld natürlich immer selbst zu, damit das schlechte Gefühl auch schön mächtig bleibt. Dass objektiv Manches einfach deshalb liegen bleibt, weil wir weder vier Arme, noch 48h-Tage zur Verfügung haben, gerät dabei zumeist aus dem Blick. Zumal diese Marter ja für andere auch durchaus nützlich ist. Was würden unsere Chefs denn ohne Mitarbeiter machen, die bei unerledigten Dingen Scham empfinden.

Ich möchte an dieser Stelle mal eine Lanze für das Nicht-Schaffen brechen. Wir leben in einer Zeit, in der Arbeitsverdichtung, zumindest in manchen Gewerken, keine Ausnahme mehr bleibt, sondern vielmehr die Norm geworden ist. Sich selbst eingestehen zu können, dass es JETZT gerade zuviel ist, sollte von den Anderen als Zeichen der Stärke, nicht der Schwäche wahrgenommen werden. Meine Mitarbeiter und ich haben in den letzten Monaten diesbezüglich (subjektiv) jedes Limit gerissen. Woran ich tatsächlich niemand speziellem die Schuld geben könnte – oder wollte! Ich habe es allerdings offen nach außen kommuniziert. Mal schauen, wie die Nachlese dazu ausfällt. Ich kann an dieser Stelle allerdings zwei Dinge ganz klar sagen: ich schäme mich für nichts! Und ich sehe auch nichts, dass man mir vorwerfen könnte – mit der möglichen Ausnahme, dass ich nicht früher personellen Entsatz besorgen konnte. Aber das der Markt schwierig ist, hatte ich ja prophezeit.

Ich rede immer wieder davon, dass ich meine Prioritäten neu sortieren möchte. Im Großen und Ganzen habe ich das getan. Letztlich gibt es da gar nicht so viel, was man bedenken muss: die existenziellen Bedürfnisse moderner Zivilisationsmenschen (Unterkunft, Sanitäranlagen, Essen, Kleidung, etc.) müssen gestillt sein; insbesondere, wenn man Verantwortung für seine Familie trägt. Alles, was der so genannten „Selbstverwirklichung“ dient, ist (so bitter das jetzt auch klingen mag) disponibel, nachgeordnet. Da ich meine abhängige Lohnarbeit zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht aufgeben kann – und, zumindest zu einem gewissen Anteil auch noch nicht aufgeben möchte, weil sie spannend ist – um meinen bekloppteren Ideen nachzugehen, werde ich wohl noch eine Weile Sklave der Notwendigkeiten sein. Wäre ich allein auf der Welt, sähe das tendenziell anders aus. Wie’s auch laufend wird – ich stelle fest, dass meine Energie langsam aber sicher zurückkehrt. Und mit Hummeln im Arsch kann es eigentlich nur besser werden. Vielleicht sogar gut. Denn, um noch einmal ein wahrhaftiges Bonmot zu Wort kommen zu lassen: „…wenn es noch nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende!“ Wir hören uns…

Auch als Podcast…

Vlogging – 2nd Strike… ;-)

Ich bitte, es zu entschuldigen, wenn das Video von Text und ein paar Impressionen aus meinem „Studio“ begleitet wird. Aber so ganz ohne geschriebene Worte kann ich anscheinend immer noch nicht. Dennoch viel Spaß… Und nur für den Fall, dass ihr euch das gefragt habt – weil mein Videoschnitt-Mojo noch nicht so bombig ist, wurde das hier in einem Take aufgenommen.

Countdown to Christmas #0!

…und dann war wieder, vollkommen überraschend, Heiligabend! Heute bei uns begleitet von der Annehmlichkeit, dass die beste Ehefrau von allen wider Erwarten nicht doch noch mal Vormittags zur Arbeit musste, so dass wir ein höchst gediegenes, spätes Frühstück genießen konnten; sagt Torsten S. nicht immer, alles vor Halbzehn ist nicht seriös… 😉 ? Momentan mäandert alles gelassen auf den ersten Abend der Abende im Jahr zu (der Zweite folgt dann in exakt einer Woche), und auch, wenn noch ein paar Kleinigkeiten zu tun sind, bleibt etwas Zeit für Reminiszenz. Immerhin soll man ja zurück blicken, damit man weiß, was man nächstes Jahr lieber sein lässt, nicht wahr? Keine Sorge, so schlimm wird es nicht. Während ich diese Zeilen schreibe, vergewissere ich mich nebenher, dass ich noch weiß, wie man ein spezielles Gericht zubereitet und muss mit einem Lächeln feststellen, dass ich mittlerweile tatsächlich ein gutes Gedächtnis und ausgeprägte Instinkte habe, wenn es um das Garen bestimmter Speisen geht. DER Teil des Rückblicks hat also schon mal geklappt.

Ich sah dieser Tage, dass ein Kollege eine Art Social-Media-Adventskalender geschaffen hat. Das wäre mir zu viel Arbeit, daher habe ich mich mit dieser Serie auf die letzten Tage bis Heiligabend beschränkt. Und jetzt kommt zum Schluss einer von diesen nervtötenden Listicles, in denen irgendwelche gelangweilten Volontäre etwa „10 Dinge, die ihr an Weihnachten auf keinen Fall tun solltet!“ mit einem Foto garnieren, dass impliziert, dass das Flachlegen des heißen neuen Freundes / der heißen neuen Freundin eures Wasauchimmer eine Option wäre? Nö, so’n Bullshit serviere ich euch sicher nicht. Stattdessen beginne ich mit einer Bitte:

  • Fasst keine vollkommen überzogenen guten Vorsätze á la „Ab morgen werde ich die beste Version meiner selbst sein“! Ihr könnt nur verlieren! Ich hatte so viel vor für 2021 und habe es, einmal mehr, mit Ansage verkackt. Weil „Leben in der Lage“ bedeutet, sich immer wieder auf neue Probleme einstellen zu müssen. Und DAS kostet immens viel Kraft!
  • Ich habe nicht die Kraft gefunden, manchen Menschen zu verzeihen. Das ist bedauerlich, denn vielleicht ist es irgendwann zu spät dafür…
  • Ich habe zu viel gearbeitet! Weil ich es immer noch nicht gut hinkriege, Dinge zu delegieren, die ich nicht unbedingt selbst tun müsste. „If you want the job done well, do it yourself!“ ist ein Credo, dass ich noch eine Weile nicht werde ablegen können. Auch wenn das bedeutet…
  • …dass ich mich manchmal hinsichtlich spezieller Fähigkeiten überschätze! Die gute Nachricht ist, dass die normative Kraft des Faktischen funktioniert, und ich mittlerweile besser darin werde, ihr zuzuhören, wenn sie mal wieder zu Besuch kommt.
  • Ich habe mich manchmal vor den Menschen (auch meiner Familie) versteckt, weil mir alles zu viel wurde. Das kann man der globalen Situation der letzten 22 Monate anlasten, oder meiner Depression, oder der Abnahme der deutschen Dachshundpopulation – Fakt ist, hier muss ich mich bessern!
  • Ich habe immer noch zu viel Zeug konsumiert / angeschafft, dass es eigentlich, objektiv betrachtet nicht wirklich brauchte. Besorgt schon mal Fackeln, Mistgabeln und einen Strick…

Es gab aber natürlich auch Einiges, das gut lief und das mir Mut gemacht hat, voran zu gehen und mein Bestes zu versuchen, damit das so bleibt (die Liste stellt übrigens hinsichtlich der Abfolge keine Priorisierung dar):

  • Ich habe es zumindest eine Weile geschafft, auf das Auto zu verzichten. Und die Ergebnisse haben mich ermutigt. das nächstes Jahr noch auszubauen.
  • Ich habe endlich mal wieder mehr und anderes gelesen, als Fachbücher, Fachartikel, Verordnungen und Dienstanweisungen. Mich weiter zu entwickeln, mehr zu erfahren, mehr zu verstehen, mehr zu beherrschen, blieb und bleibt mir ein Grundbedürfnis.
  • Einigen kleineren Wehwechen zum Trotze ist meine Gesundheit immer noch gut. Auch wenn gerade die letzten fünf Wochen diesbezüglich eher ein Dämpfer waren – jetzt ist wieder alles back to normal!
  • Allen Widrigkeiten zum Trotze konnte ich meine Arbeitsziele alle erreichen – und offenkundig damit auch an anderen Stellen scoren! Woraus folgt, dass es uns wirtschaftlich ziemlich gut geht. Und das nimmt ein wenig den Druck raus, wenn man Kinder hat.
  • Unsere Kinder werden immer toller! Auch wenn subjektiv manchmal der Wurm drin ist, und die Große gerade richtig „pubertätisch“ wird, wie die Kleine es die Tage durchaus treffend genannt hat; unsere Kinder sind Toll und werden es immer mehr. Ausrufezeichen!
  • Die beste Ehefrau von allen und ich sind immer noch ein Paar! Nach weit über 27 Jahren und durchaus einigen unschönen Tagen, passt es immer noch, weil die Mischung aus Nähe und Distanz, Reden und Schweigen, ihren und meinen Ansichten funktioniert.
  • Ich habe endlich jene Art von Souverenität gewonnen, die ich mit meinem Alter und meiner Position brauche! Was nicht heißt, dass ich nicht immer noch ein hungriger, unruhiger Geist wäre. Aber ich glaube, endlich kapiert zu haben, dass ich nicht mehr über JEDES Stöckchen springen muss; nur noch über die, die ich mir selbst aufgehängt habe.

Wenn man das Ganze jetzt einmal kurz durchzählt, ist da mehr Haben als Soll! Und so fühlt es sich tatsächlich auch an. 2021 war ohne Frage eine verdammt anstrengende, meine persönlichen Ressourcen mehrfach übererschöpfende, emotionale Achterbahnfahrt erster Güte. Und dennoch bin ich zufrieden. Zufrieden mit den Ergebnissen und zufrieden mit dem Ausblick. Kein Zweifel: 2022 wird genauso fulminant starten (müssen) wie ’21 geendet hat. Aber ich bin vorbereitet Und ich genieße meine freie Zeit im Moment. Hätte mir jemand vor vier Wochen gesagt, „Hey Mann, lächle, bald ist Weihnachten!“ hätte ich vermutlich geantwortet „F*** dich, du Hippie, ich habe noch ein Jahrtausend Arbeit vor mir!“ So ist das mit subjektiv und objektiv. Hinterher fühlt sich’s immer besser an. Falls also irgendjemand jetzt so gar keine Lust auf Weihnachten haben sollte: denkt immer daran, hinterher fühlt es sich besser an! Ich freue mich drauf. Demnächst will ich in die Küche. Und der Rest wird, wie er immer wird – am Ende doch ein recht frohes Fest. Daher wünsche ich allen da draußen gesegnete, besinnliche, friedliche Weihnachten!

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Countdown to Christmas #1

Irgendwie schade. Das (für die oberrheinische Tiefebene) knackig kalte Hochdruckwetter hat sich wieder verdünnisiert, um dem typischen bäh-feucht-laukalt-Grau Platz zu machen, dass hierorts das Winterwetter viel zu oft bestimmt. So wird das nix mit ausreichender Vitamin-D-Produktion. Darüber hinaus ist damit der letzte Hauch einer Chance auf ein klimatisch schönes (vielleicht sogar dezent angweißtes?) Christfest dahin. Die Wetter-App hat zwar schon die ganze Woche die diesbezügliche Chance mit 0% beziffert, aber ihr wisst ja – die Hoffnung stirbt zuletzt. Überhaupt hat sich immer noch keine Weihnachtsstimmung eingestellt. Könnte daran liegen, dass für die Kinder bis gestern noch Schul-Bambule war und die beste Ehefrau von allen bis auf den letzten Drücker schuften muss. Als Goldschmiedin ist sie halt in einer schenk-kritischen Branche beschäftigt. Und unsere Hütte sieht, wenn man vom Wohnzimmer mal absieht, nach allem möglichen aus, nur nicht nach Fest…

Okay, selbst zu Festtagen sind wir definitiv nix für „Schöner Wohnen“. Man bemerkt, dass hier ein paar kreative Irre mit (ebenfalls kreativen) Kindern und einem eher schwach ausgeprägtem Sinn für jene Dauerfeudelei wohnen, die zu meiner Verwunderung manche Menschen regelmäßig überfällt. Ich würde mal vermuten, dieses Virus könnte auch mal eine nähere Betrachtung vertragen. Bei uns ist „ordentlich“ eine Kategorie, die meistens anderen passiert. Witzigerweise bin ich derjenige, der wesentlich häufiger darüber jammert, als alle anderen. Was daran liegen könnte, dass ich einfach NIX finde, wenn ich es nicht selbst aufgeräumt habe. Was jedoch für meine Gattin im Gegenzug nur selten ein Problem darstellt. Wie dem auch sei – wir müssen, Stand jetzt, noch mal ordentlich nachlegen beim Aufräumen. Andererseits erwartet man ja auch keinen Besuch. Zwar konnte die Politik sich – einmal mehr zu spät, zu wenig konsequent und zu wirtschaftsanbiedernd – zu einem Mü Maßnahmen-Essenz durchringen, die jedoch NICHTS am Fortgang der Pandemie, mit sich gerade aufbauender 5. Omikron-Welle ändern wird! Wir locken uns dann halt selber down, so gut es geht.

Damit haben wir noch sowas benannt, das auf die Seele drückt. Und dann kriegt man, ausgerechnet in der Vorweihnachtszeit, auch noch dauernd irgendwelche Anzeigen, Adds, Ratgeberdingenskirchens und Zeitungsartikel unter die Nase gehalten, dass man seinen Konsum mäßigen, auf seine Gesundheit achten und immer schön brav seine Arbeitskraft erhalten soll. Freunde der Nacht – F***T EUCH! Wenn es um unnötige Maschinen, zu viel Autofahren, Flugreisen, zu intensives Heizen, weniger aber dafür besseres Fleisch, etc. geht, alles kein Thema. Aber meine Unterstützung für die ökologisch-önologische Landwirtschaft werde ich sicher nicht einstellen! Denn es gibt gegenwärtig keinen guten Grund, mit dem Trinken aufzuhören! Und ja, ich kenne die Empfehlungen der WHO, besten Dank! Halbwegs oft halte ich mich auch daran. Doch solange ich morgens nicht mit einem Zittern und dem Wunsch nach einem Drink aufwache, oder aber meine Familie, Freunde, Job vernachlässige, bleibt erst mal alles so, wie es ist. Man nennt sowas auch Lebensqualität.

Natürlich könnte man noch andere Dinge anführen, die mehr Verzicht sinnvoll erscheinen lassen (Gesundheitsfragen etwa). Und solange mein Verzicht (viel) mehr Menschen dient, als er schadet, werde ich mich stets bemühen, noch besser zu werden. Aber ich bin in den letzten Jahren zu der Auffassung gelangt, dass es einige wenige Bereiche meines Lebens gibt, in denen ich nicht zurückstecken werde, solange ich das Ressourcenschonend tun kann. Mal davon abgesehen, das was Konsum in seiner Gesamtheit betrachtet angeht, meine Lieben und ich Waisenkinder sind. Wenn man sich so anschaut, wie viel und für was heuer wieder Kohle für Geschenke rausgepulvert wird, kann ich nur den Kopf schütteln. Dann halte ich mich doch lieber an den folgenden alten Witz: „Sie: Schatz, kochst du mit Rotwein? Er: Chawoll! Sie; Und was gibt es? ER: Chwiebelsuppe…hick…“ Im Sinne der Risikobewertung nennt man so was „at-risk behaviour“. Man weiß schon, dass das eigene Verhalten mit Risiken verbunden ist, aber gleichzeitig ist man davon überzeugt, diese beherrschen zu können. Kennt jeder Kerl, der Auto fährt…

Die Ambivalenz, sich seiner Fehler bewusst zu sein, und diese dennoch aushalten zu können, ist eine schlichte Notwenigkeit, wenn man in unserer verrückten Welt einen halbwegs klaren Kopf behalten möchte. Insbesondere rings um Weihnachten, wenn man den, nicht immer charmenten Schrullen manch anderer Teile der Familie nicht entkommen kann. Wie’s auch ausgeht, die beste Ehefrau von allen, die Kinder und ich werden es auch dieses Jahr wieder überleben, keine perfekte Bilderbuchweihnachtsfamilie mit einem perfekten Bilderbuchweihnachten zu sein. Auch wenn wir am Heiligabend für ca. 2h echt jedes Mal unser Bestes geben. Hauptsache, am Ende sind alle satt, zufrieden und müde. Der Rest findet sich dann. Wir hören uns morgen noch mal.

Auch als Podcast…