Was macht Menschen wichtig…?

Manchmal kommt es vor, dass man darauf hingewiesen wird, doch bitte diese oder jene Person noch offizell anzukündigen, bzw. deren Anwesenheit in einem größeren Plenum herauszuheben; um zu zeigen, dass dieser oder jener Person der Anlass – und vor allem die anderen Menschen, um die es eigentlich gehen soll – wichtig ist. In meiner Wahrnehmung dient eine solche Ankündigung jedoch bestenfalls der Herausstellung der Wichtigkeit dieser oder jener Person, die angekündigt werden soll. Oder einfacher formuliert: wer ist denn nun eigentlich wem warum wichtig? Ich mache um meine Person zumeist keinen großen Bohei, weil mir die Sache wichtig ist, die ich tue, die Wirkung, welche ich erziele, sowie die Hilfe, die ich anderen geben kann. Was jetzt für manche Ohren wie möchtegern-altruistische Selbstbeweihräucherung klingen mag, hat einen ganz banalen Hintergrund: ich entstamme der unteren Mittelschicht und bin eine linke Socke, die sich selbst bis zu einer gewissen Position hochgearbeitet hat. Das ist mir aber nur gelungen, weil ich manchmal Hilfe hatte und meine Aufgaben sowie meine Verantwortung stets ernst genommen habe (und immer noch ernst nehme), über mich selbst jedoch gerne und herzlich lache – und mich damit gar nicht so ernst und auch gar nicht so wichtig nehme. Denn ich bin einfach nur ein Typ, der es doch auch nicht immer weiß und irgendwie versucht, dieses Ding namens Leben zu überstehen. Am liebsten halbwegs unbeschadet und mit einem kleinen Benefit für meine Lieben, mich und die Anderen. Macht mich meine Position für irgendjemand wichtig? Vielleicht… Machen mich meine Haltung und mein daraus resultierendes Tun und Lassen wichtig? Ganz sicher!

Menschen, die auf einer Hirerachieleiter eine bestimmte Höhe erreicht haben, neigen manchmal dazu, zu vergessen, dass SIE auf den Schultern der WAHREN RIESEN stehen und dass ihre Anwesenheit bestenfalls eine Respektbezeugung gegenüber diesen wahren Riesen sein kann und darf. Schlimmstenfalls dient die Anwesenheit der Selbstdarstellung. Im Graubereich dazwischen liegt irgendwo das Personalmarketing, also der Wunsch, den Menschen, um welche die Veranstaltung sich eigentlich dreht noch einmal zu verdeutlichen, dass man sie respektiert und mehr braucht, als diese Menschen einen brauchen. Man nennt sowas in Human-Ressources-Sprech eine “Personalbindungsmaßnahme”. Wenn dazu allerdings eine Ankündigung durch mich notwendig ist, dürfte in aller Regel vorher schon so einiges schief gelaufen sein, was dann dazu führt, dass diese Menschen halt NICHT im Unternehmen bleiben! Da würden mir diverse Gründe einfallen, aber hier soll es nicht ausschließlich um Aspekte des Arbeitslebens gehen. Ich nahm diese, an mich dieser Tage herangetragene Bitte nun lediglich zum Anlass, über das Thema Wichtigkeit von und für Menschen zu meditieren. Ich muss allerdings feststellen, dass die soziale Ebene im Arbeitsleben in meinem Gewerk häufig nur sehr schwer sauber von der sozialen Ebene des Privaten zu trennen ist. Einerseits, weil Menschen, die so intensiv zusammenarbeiten, wie dies gerade im Gesundheits- und Sozialwesen der Fall ist, einander häufig sehr nahbar werden (egal, ob sie das wollen, oder nicht). Und andererseits, weil es – zumindest in meiner Wahrnehmung – ein sehr spezieller Menschenschlag ist, welcher die Herausforderungen im Rettungswesen länger als nur für ein Jahr im FSJ oder als Sprungbrett in ein Studium aushält.

Durch meine bisherigen Äußerungen mag schon sichtbar geworden sein, dass sich die Wichtigkeit von Menschen füreinander nicht an äußerlichen Zeichen festmachen lässt. Und dennoch neigen wir dazu, in Hiererachieebenen zu denken, weil wir immer noch glauben, dass jemand aus einer höheren Hiererachieebene tatsächlich MACHT über mich ausüben könnte. Wie ich bereits an anderer Stelle in diesem Blog gesagt habe, ist dies in einer Arbeitsbeziehung auf Basis der freiheitlich-demokratischen Grundordnung unseres Staates nur dann möglich, wenn ICH diese Machtausübung durch mein Tun oder Lassen legitimiere! Alles Andere ist riesengroßer Quatsch. Wenn Wichtigkeit sich aber nicht aus einem Machtgefälle ergibt, dann kann sie nur auf der Ebene des Miteinanders begründet liegen. Und hier spielt die Haltung zueinander die entscheidende Rolle. Kann ich mein Gegenüber respektieren, weil Wort und Tat kongruent sind? Kann ich mein Gegenüber respektieren, weil es nicht mehr von mir verlangt, als es selbst zu geben bereit ist (a.k.a.: “geführt wird von vorne!”)? Kann ich mein Gegenüber respektieren, weil es für mich stets verlässlich handelt? Kann ich mein Gegenüber respektieren, weil es MICH respektiert? Wenn die meisten dieser Fragen mit JA zu beantworten sind, haben wir eine gute Basis für eine vertrauensvolle Beziehung. Aber Beziehungen müssen ebenso gepflegt werden, wie ICH stets in der Verpflichtung bin, meine Haltung(en) zu reflektieren. Nichts ist schwieriger, als eine lieb gewonnene Überzeugung über Bord werfen zu müssen. Aber nur, wer DAS KANN – und bei Notwendigkeit auch TUT – wird für sein Gegenüber (oder vielleicht besser: seine Mitarbeiter*innen) so wichtig, dass die Beziehung längerfristig halten kann. Und das kann man durch eine simple Ankündigung durch mich bei einer Veranstaltung nicht erzeugen – DASS. MUSS. MAN. JEDEN. TAG. LEBEN! Insbesondere als Chef! Denn nur dann wird aus einem Boss ein Leader…

Ob ich beim nächsten Mal irgendjemanden ankündige…? Das weiß ich wirklich noch nicht, denn tatsächlich hatte ich all dies zuvor noch gar nicht reflektiert. Denn so, wie ich mich, gegen all meine Instinkte und Wünsche für manche Tage in Anzug und Halsbinder (a.k.a. Krawatte) zwänge, um jungen Menschen nochmal meinen Respekt für ihre Leistungen zu bekunden, ohne dann auf meine Person hinzuweisen, erwarte ich das Gleiche eigentlich von anderen “wichtigen” Menschen, die zu Gast sind, um (hoffentlich) das Gleiche zu tun; und nebenbei Personalbindung betreiben. Einstweilen versuche ich das, was ich im Lehrsaal predige auch in meinem sonstigen Tun vorzuleben, niemanden hängen zu lassen und stets verlässlich zu agieren. Dass das nicht immer klappt… Schwamm drüber, denn wir sind alle nur Menschen und machen manchmal Fehler. Doch das Bemühen sollte sichtbar werden! Alles Andere findet sich dann. Nächste Woche begrüße ich neue Menschen. Mal sehen, ob es auch da klappt, das richtige Gleichgewicht zwischen Nahbarkeit, Respekt und analytischer Distanz zu finden. Ich bin gespannt und wünsche euch einen guten Start in die neue Woche. Aber jetzt ist erst mal noch eine Weile Sonntag…

Auch als Podcast…

WARUM wir kreativ sind…?

Manchmal fällt es mir schwer, mich hinzusetzen und noch einen Blogpost zu schreiben. Manchmal fällt es mir auch schwer, mich hinzusetzen und noch eine Seite, oder drei, oder fünfzehn für meine Buchprojekte zu schreiben. Und schließlich fällt es mir manchmal schwer, einen Unterricht neu vorzubereiten, weil er nicht so sein soll wie der letzte, der aus meiner Sicht nicht funktioniert hat. Egal ob in Präsenz oder über die Distanz. Denn der Satz “Das haben wir schon immer so gemacht!” hat in meiner Welt KEINERLEI Stellenwert! Die Suche nach Inspiration soll helfen haben sie gesagt. Schau dir doch mal an, wie andere das machen und klau dir einfach das richtig gute Zeug, haben sie gesagt (und niemand hat jemals behauptet, dass jemand anderes gute Ideen nicht als Inspiration dienen dürften; anderfalls wären Samples und Mashups keine Musik, sondern nur geklaut). Doch dabei vergessen sie ein wichtiges Faktum: Kreativität hat nicht nur mit Inspiration zu tun. IDEEN als solche habe ich im Überfluss. Die Kunst besteht jedoch darin, die RICHTIGEN festzuhalten und damit zu ARBEITEN. Ja richtig gehört: arbeiten! Denn Kreativität ist für mich ebensosehr disziplinierte Arbeit – trial and error inclusive – wie sie die Suche nach dem richtigen Start (also der passenden Idee) ist. Manchmal muss man diese eine Sache wieder und wieder durchkauen, dranbleiben, sich aktiv daran erinnern, warum man das tut, was man tut. Und sich dann verdammt nochmal auf seinen Hintern setzen und – zumindest in meinem Fall – schreiben. Manchmal auch ein bisschen mit dem Stift denken (in fancy nennen wir das “visualisieren”), Konzepte entwickeln und wieder in die Tonne treten, einfach weil sie auf den zweiten Blick halt doch Scheiße sind. Und am Ende, wenn man dann eine Weile an was auch immer gearbeitet hat, legt man den Griffel zur Seite und lässt die Sache gären. In meinem Kopf und in meinen Notizbüchern gären immer diverse Ideen zur gleichen Zeit. Es gibt allerdings einen weiteren Faktor, der mit über wohl und wehe des kreativen Prozesses entscheiden darf: Motivation!

Doch was motiviert uns eigentlich? Ich habe neulich in einem Youtube-Video folgende, spannende Frage gehört: wenn du der letzte Mensch auf Erden wärst, würdest du dann noch etwas Kreatives tun, also versuchen etwas zu erschaffen? Die eigentliche Frage darin ist natürlich nicht, ob mich eine Apokalypse meiner Kreativität berauben würde (was nicht definitiv entschieden werden kann), sondern für wen wir überhaupt schöpferisch tätig werden: für uns selbst – oder doch für die Anderen? Wie so oft liegt die Wahrheit natürlich irgendwo dazwischen. Denn kreatives Schaffen ist die immerwährende Suche nach dem Unbekannten in uns selbst, nach der immer wieder notwendigen Rekalibrierung unserer Sinne und unserer Identität. Der schöpferische Akt als solcher verbindet uns zwangsweise mit ALLEM, was IN UNS zu finden ist. Ich sagte vorhin, dass es bei der Kreativität zunächst darum ginge, die richtigen Ideen zu finden, sie festzuhalten und mit ihnen zu arbeiten. Die Arbeit konstituiert sich dabei einerseits im Ausprobieren der Ideen und ihrer Inhalte, also im Schaffen von Content. Andererseits aber auch in der Validierung der so entstehenden Produkte. Zuallererst mit uns selbst. Im zweiten Schritt aber auch mit Anderen. Denn wenn die Antwort auf die Frage, für wen wir nun etwas erschaffen tatsächlich irgendwo in dem Kontinuum zwischen uns selbst und der Öffentlichkeit liegen sollte, MÜSSEN wir die Produkte schöpferischer Akte irgendwann mit jemandem teilen. Mir ist dabei bewusst, dass es natürlich Menschen beider Extreme gibt; jene, die ihr Leben lang schreiben, malen, dichten, musizieren, etc. und doch NIEMALS irgendjemandem etwas davon zeigen. Und auf der anderen Seite jene, die mit allem sofort in die Welt drängen, auf der – manchmal verzweifelt anmutenden – Suche nach Bestätigung. Das treibt bisweilen erheiternde Blüten. Manchmal ist es aber auch zum fremdschämen, obwohl ich geneigt bin, niemandem seine kreative Ader absprechen zu wollen. Ich bin ja auch so arrogant, meine Schreibe für so lesenswert zu halten, dass ich sie hier direkt in die Welt hinausgieße. Aber ich frage mich immer wieder, wie stark mein eigener Wunsch nach externer Bestätigung ist…?

Ich kann nicht sagen, dass es mich kalt lässt, dass hier so gut wie nie jemand kommentiert und auf diese Art zeigt, dass Menschen mit meinen Inhalten interagieren. Vielleicht sind diese tatsächlich für die meisten Menschen irrelevant? Oder aber die meisten Menschen sind unterdessen tatsächlich zu faul, zu indolent, zu träge, schon zu sehr vom nächsten Content-Happen abgelenkt oder zu zappelig, sich auf einen Text mit mehr als drei Zeilen einzulassen? Ich weiß es nicht. Und ich will es auch gar nicht bewerten (müssen). Denn dabei würde mein Kulturpessimismus unweigerlich Amok laufen. Also begnüge ich mich, aus der Not eine Tugend machend, einstweilen weiter damit, hier in diesem Bloghaus vor allem für MICH kreativ tätig zu sein. In jenen Stunden, welche ich meinem Arbeitgeber vertraglich schulde, nutze ich meine Schaffenskraft für andere Aufgaben. Tatsächlich bin ich jedoch irgendwie IMMER in einer Art kreativem Modus; das realisiert sich jedoch – abhängig von Ort, Zeit und Aufgabe – auf höcht unterschiedliche Weisen. Wenn ich mich jedoch in eine Idee verbissen habe und mit dieser arbeite, komme ich eigentlich fast immer in einen Flow, der lang genug anhält, die (Teil)aufgabe zu erledigen. Das dabei entstandene, rohe Vorprodukt braucht oft noch eine Menge Feinschliff… aber das ist dann eine andere Art von kreativem Prozess. Wie man’s auch dreht und wendet – für mich ist kreativ zu sein, schöpferisch tätig zu werden ein Teil der menschlichen Natur. Dieser mag individuell mehr oder weniger stark ausgeprägt sein; aber vorhanden ist er ganz bestimmt in jedem Menschen. Spannend für mich wäre jetzt eigentlich, zu erfahren, wie ihr damit umgeht? Wer weiß, könnte ja sein, dass jemand darüber sprechen will, denn die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Ansonsten… bis die Tage.

Auch als Podcast…

New Short #02 – Von Kuschellöwen und großen Kindern…

Es gibt da diesen Spruch, Jungs würden maximal 14 und wüchsen danach nur noch an Höhe und Breite. Biologisch betrachtet ist das (leider) Quatsch, wie mein Körper mir an jedem Morgen nachhaltig mitteilt. Wachte ich heutzutage ohne Schmerzen irgendwo in meinem Leib auf, wäre ich höchstwahrscheinlich tot. Instinktiv wissen wir jedoch, dass sich dieser Spruch auf das mentale Alter bezieht; also ein humoresker Verweis auf die Existenz unseres inneren Kindes ist. Und wer wäre ICH, dessen Existenz in MIR zu leugnen, da ich doch hierorts schon bei diversen Gelegenheiten darauf hingewiesen habe, wie gerne ich zocke… also… nicht Glücksspiele, sondern Videospiele und TTRPGs. Das Spielerische ist und bleibt stets Teil der menschlichen Natur; so auch meiner. Es zu unterdrücken, oder gar zu verleugnen ist weder gesund, noch macht es einen automatisch “erwachsener”. Das Erwachsensein ist eh so ein Thema, bei dem man zumeist mehr Meinung als Wissen findet. Um’s kurz zu machen: wir alle haben ein inneres Kind und tun gut daran, uns wenigstens gelegentlich damit zu beschäftigen. ICH LIEBE ES, MEIN INNERES KIND RAUSLASSEN ZU DÜRFEN! Allerdings gibt es ein paar vollkommen unterschiedliche Darreichungsformen, die das annehmen kann. Was den anderen Menschen in meinem Umfeld dann auch manchmal weird vorkommen mag. Insbesondere jenen, die den Kontakt zum inneren Kind nicht mehr so einfach aufbauen können. Aber auch denen, die das zwar kennen (und können), vielleicht manchmal jedoch als over the top empfinden. Meine diesbezüglichen Bedürfnisse orientieren sich halt nicht an “der Norm”; was auch immer “die Norm” im Zusammenhang mit dem Kindischen wohl sein mag.

Auch die beste Ehefrau von allen hat darunter bisweilen zu leiden, nämlich wenn ich es in ihrem Beisein mit der gelegentlichen, ganz im Sinne klassischen Storytellings episodisch betriebenen Anthropomorphisierung mancher Kuscheltiere übertreibe. Oder aber lebensnäher formuliert: es geht ihr manchmal tierisch auf den Sack, wenn ich mit verteilten Sprecherstimmen einen Dialog zwischen mir und, sagen wir mal… dem Lieblings-kuschllöwen meiner jüngeren Tochter simuliere. Der Hintergrund aus ihrer Sicht könnte eventuell sein, dass ihr das dann und wann einfach zu albern wird. Der Hintergrund aus meiner Sicht ist jedoch Folgender: es ist, zumindest in den Augen von Anderen ganz schön komisch, offen ein Zwiegespräch mit sich selbst zu führen. Das eben erwähnte Kuscheltier mit dem klangvollen namen “Karlo” dient dabei lediglich als ein möglicher Proxy, um dem Bild des Deppertseins, welches ich wohl in solchen Momenten abliefern mag ein wenig die Schärfe zu nehmen. Ich führe nämlich relativ oft Gespräche mit mir selbst. Ich simuliere dann zum Beispiel Gespräche mit Personen, mit welchen ich gerne mal in realiter sprechen würde und versuche mir vorzustellen, wie diese Person (ob real oder fiktional, ist dabei vollkommen unerheblich) auf meine Äußerungen und Fragen antworden würde. Ich mache also die real nonexistente Faksimile einer Person zum Spiegel meiner Selbstreflexion. Und manchmal nutze ich dafür ein Kuscheltier als Proxy… einfach, weil wir so verdammt viele von denen haben! “Karlo” zum Beispiel wurde von irgendjemand anders auf den Sperrmüll geworfen und meine jüngere Tochter hat ihn gerettet, sauber gemacht und jetzt wohnt er bei uns, als Teil einer recht großen Menagerie. Es ist nämlich vielleicht – in den Augen Anderer – etwas kindisch, auch mit 51 noch Kuscheltiere zu mögen; MIR bereitet es jedoch Spaß, weil es nebenbei auch gleich noch mein inneres Kind befriedigt. Und das ist für mich wertvoll. Auch wenn es die Anderen vielleicht ab und zu ein bisschen nervt. In diesem Sinne – feiert euer inneres Kind, denn noch ist Sonntag.

Auch als Podcast…

Haltung annehmen…?

Man könnte sich natürlich ausgerechnet heute darüber auslassen, wie uneinig die Republik am “Tag der Deutschen Einheit” dasteht. Man könnte sich über Politiker und ihre subjektive Unfähigkeit auslassen. Man könnte mit dem Finger auf “die Anderen” zeigen, moralische Überlegenheit demonstrieren und um Zustimmung heischen. Macht aber alles keinen Sinn, weil das hier eh nur wenige Menschen lesen und die allermeisten davon vermutlich ebenso von unserer derzeitigen Situation abgefucked sind, wie ich. Außerdem müsste der Post dann “500G gemischter Hass – Ich will wieder Demokratie!” heißen. Also was solls… Wie wäre es denn stattdessen mit “Haltung”? Also… jetzt nicht im militärischen Sinne, denn ich habe ja nie “gedient”. Zumindest nicht, indem ich mich von irgendeinem Menschen mit Unteroffiziersdienstgrad zum Drill habe kommandieren lassen müssen. Was daran für junge Menschen jetzt gut sein soll, bleibt MIR auf ewig ein Geheimnis. Aber Menschen, die gedient haben, verklären diese Zeit ja gerne als Charakterbildend. Wenn ich die neuesten Hinweise auf beinahe systemischen Missbrauch von Neulingen innerhalb der Truppe lese, weiß ich allerdings auch über 30 jahre später noch ganz genau, dass meine Entscheidung zu verweigern die Richtige war! Ich war als Zivildienstleistender für manche ein “dreckiger Vaterlandsverräter”; zumindest war dies in den kalten, toten Augen der drei grauen Herren im Musterungsauschuss des ehemaligen Kreiswehrersatzamtes meiner Heimatstadt zu lesen – fickt euch – selbst heute noch! Denn auf welche Art ich diene, ist immer noch meine Entscheidung als freier Bürger. Und ich habe gedient. Über 26 Jahre im Einsatzdienst und auf Leitstellen, unterdessen seit Jahren als Ausbilder und Leiter einer Bildungseinrichtung im Rettungsdienst. Meine Bilanz des Dienens an unserem Gemeinwesen fällt damit um Klassen besser aus, als die derer, die damals meinten, mich abqualifizieren zu dürfen.

Haltung…? Heutzutage reden die Leute immerzu über “Mindset” und meinen damit jenen höchst überschaubaren Teil von Haltung, der dazu helfen soll, dass Menschen im Rahmen definierter Parameter in bestimmten Kollektiven funktionieren können. Sie sollen positiv an ihre Aufgaben herangehen, damit sie scoren. Berufliche Verwendungsfähigkeit ist das Stichwort. Es geht nicht darum, als Mensch zu wachsen, sondern in irgendeine Systematik eingepasst zu werden, in der man eine bestimmte Rolle zu spielen hat. Die von Humboldt beschriebene “proportionierliche Bildung”? Fehlanzeige! Er/sie/them soll sich aneignen, was für den Job gebraucht wird, allzeit nett auf alle Anfechtungen (insbesondere durch Kunden und/oder Vorgesetzte) reagieren, die Fresse halten, wenn’s mal unruhiger wird und am besten alles wegatmen, was das Leben einem so in den Weg wirft. Gelassenheit ist zweifelsohne keine schlechte Eigenschaft. Duldsame Passivität im Angesicht großer Ungerechtigkeit jedoch schon! Und genau da liegt das Problem. So ein “positives Mindset” macht halt, dass du funktionierst! Eine Haltung jedoch macht, dass du, während du notgedrungen funktionierst in der Lage bleibst, die Rahmenbedingungen dieses Funktionierens zu hinterfragen – und ggfs. gegen diese anzukämpfen! Gäbe es keine Haltungen zu unserer Gesellschaftsordnung, meinen Aufgaben und zu den Menschen um mich herum, hätten wir bis heute keine Menschenrechte, keine Arbeitnehmerrechte, keine funktionierende Zivilgesellschaft. Und noch existiert sie… zumindest hier.

Ich habe in den letzten zwei Tagen viel über das Thema Haltung gesprochen, weil ich dazu aufgerufen war, eine Fortbildung für Praxisanleiter*innen zu geben. Nun ist es so, dass die Zahl der bahnbrechenden Neuerungen in der pädagogischen Wissenschaft und Praxis in den letzten, sagen wir mal 30 Jahren, vergleichsweise überschaubar ist. Es gibt natürlich immer wieder kleinschrittige Verbesserungen, technische Innovationen, neue Methoden etc. Die Modi der Wissens- und Fertigkeitsvermittlung haben sich wohl in den Lehrsälen progressiverer Pädagogen durchaus an die neuen Zeiten angepasst. Aber die Basis, auf der all das passiert ist schon recht lange präsent. Darum ist es immer wieder eine hoch kreative Aufgabe, eine Fortbildung zu schaffen, aus der Menschen, die jetzt schon ein paar Tage mit Auszubildenden arbeiten auch tatsächlich etwas mitnehmen können. Denn vieles ist oft nur Wiederholung. Ich setze daher in meinen Veranstaltungen seit einiger Zeit darauf, sich dem Thema Haltung auf verschiedenen Wegen zu nähern, weil ich davon überzeugt bin, dass sowohl die Ausbilder als auch die Auszubildenden im Laufe der Zeit eine Haltung entwickeln müssen; zu ihrer Arbeit, den Menschen, welche ihnen anvertraut werden und dem strukturellen, rechtlichen und orgainsatorischen Rahmen, in dem all das stattfindet. Ob das für die Teilnehmenden einen Unterschied macht? Keine Ahnung. ich hatte zwar gestern Abend schon das Gefühl, den Leuten einen Mehrwert mitgegeben zu haben. Aber bei pädagogischen interventionen weiß man erst mit einem gewissen zeitlichen Abstand, welche Wirkung sie entfaltet haben; und ob darin irgendein Nutzen begründet liegt. Wie auch immer… Mir selbst ist es extrem wichtig eine Haltung zu haben, die in meinem Tun und Lassen sicht- und hörbar wird; und so hoffentlich eine Wirkung entfaltet, denn ich bin ja ein Role-Model für ein paar Menschen da draußen. Dann will ich auch ein gutes sein. Nicht so wie diese betriebsblinden Volldeppen im Kreiswehrersatzamt 1992… Ich wünsche ein schönes Wochenende. Einigt euch mal schön, wie ihr eure (Un)Einigkeit feiern wollt.

Auch als Podcast…

Herbst… mal wieder…

"The world breaks everyone. And afterward, some are strong at the broken places" (Ernest Hemingway aus "In einem andern Land")

"There is a crack, a crack in everything. That's how the light gets in" (Leonards Cohen aus "Anthem")

Das Internet hat daraus "We are all broken, that's how the light gets in" gemacht und das Zitat fälschlicherweise Hemingway zugeordnet.

Tatsächlich klebt der Spruch auf meiner Zettel-Box neben dem Schreibtisch, die ich jetzt seit knapp zwei Jahren zum Journaling benutze. Anfangs war das mehr so ein Spleen, denn manchmal vergaß (und vergesse ich immer noch), mich gleich hinzusetzen und es einfach aufzuschreiben, wenn mich etwas bewegt(e). Wir nehmen Dinge nur allzuoft als gegeben hin und stellen erst mit einem gewissen Abstand (also quasi aus der Meta-Perspektive) fest, dass es doch etwas mit uns macht. Ich denke in letzter Zeit oft darüber nach, welche streckenweise durchaus dramatischen Entscheidungen in den letzten drei Monaten im Job getroffen und umgesetzt werden mussten. Welche Herausforderungen sich zeitgleich im Privatleben ergeben haben und immer noch nicht überwunden sind. Und wie seltsam es sich unterdessen anfühlt, dennoch zu funktionieren. Ich meine… ja, ich hatte eine kurze Krankheitsphase, aber im Moment…? Im Moment spüre ich oft eine Gleichmut, die mich mit der Frage konfrontiert, ob meine sonst so präsente Wut gerade alleine Urlaub macht und sich den grünen Pelz von der Sonne wärmen lässt, während ich hier im deutschen Herbst herumsintern muss und nach natürlicher Vitamin-D-Induktion LECHZE! Die Sonne ist fort. (Ehrlicherweise muss man zugeben… in Irland hatten wir auch nicht so viel davon…)

Ich denke, es ist dieses Licht, von dem das Falsch-Zitat spricht. Die Sonne, die sich den Weg in dich hinein bricht, um an Stellen zu gelangen, deren Existenz und deren Bedarf an Sonne dir nicht einmal bewusst sind. Die fehlende Meta-Perspektive, von der ich eben noch sprach. Auf welche Art und Weise man seine (hoffentlich heilende) Introspektion herstellt, ist im Grunde genommen einerlei, doch zu wissen, wann man etwas tun muss, um an mehr Licht für die wunden Stellen in seinem Selbst zu kommen, ist der Schlüssel dazu, nicht wahnsinnig zu werden im Angesicht der Probleme, Sorgen, Herausforderungen, welche das Leben uns in so großer Vielzahl in den Weg zu legen die unfassbare Chuzpe besitzt. Klingt das nach Fatalismus, nach “dem Schicksal die Schuld geben”? Ich denke nicht. Es klingt für mich eher nach einer Mahnung, sich NICHT in extramiesen Gedanken-Schleifen fangen zu lassen, sondern – wenigstens gelegentlich – bewusst anzuerkennen, dass wir a) nicht wirkich Herr*innen unseres Schicksals sind, weil der ganz banale Zufall ein sehr mächtiger Gegner ist (denkt an die unüberwindbare Mauer der nächsten Sekunde) und wir b) viel zu selten über die guten Dinge nachdenken, welche wir erleben dürfen. Ich selbst etwa zehre immer noch von den unfassbar schönen Eindrücken, welche ich während unseres Urlaubes mitnehmen durfte; und auch, wenn die Arbeit mich fordert, ist mein Daheim – trotz aller Aufs und Abs – derzeit ein Hafen der Ruhe. Nur Zeit für meine eigenen Ideen habe ich momentan nicht im gewünschten Umfang. Man bezahlt mir halt Geld für einen nicht unerheblichen Teil dieser Zeit, damit ich anderer Leute Probleme löse…

Das Licht… es ist für mich mehr als nur eine Metaphaer. Ich wusste bislang nicht, dass es für sowas sogar einen eigenen Namen gibt: “end of summer sadness”. Aber wenn ich so in mich hineinfühle, dann ist es genau dieses Gefühl, welches mich gerade heimsucht. Ich vermisse eben jetzt einen Sommer, der irgendwie gar nicht stattgefunden hat. Wir waren im Verlauf des “Sommerurlaubs” in kühleren Regionen Europas unterwegs; und Anfangs hatte sich das total gut angefühlt, weil die mittlerweile im Sommer subjektiv tropischen Wettergegebenheiten in der Heimat gelegentlich schon ganz schön anstrengen können. Und doch… die Bahnen im Pool oder im See, um der Hitze kurz zu entgehen, die langen Abende auf dem Balkon (oder auf der Terrasse manchen südlichen Urlaubsdomizils), überhaupt dieses Gefühl, dass das Leben sich draußen abspielt – all das hat mir schon unterwegs gefehlt und tut es jetzt noch viel mehr, da dieser Spätsommer in (der Natur zugegebenermaßen wohltuendem) Regen absäuft. Meine Stimmung ist nämlich mit abgesoffen. Auch meine Energie schwindet zusehends, wenn ich nur daran denke, dass ich höchstens noch wenige Wochen davon entfernt bin, morgens im Dunkeln zur Arbeit zu gehen und Abends im Dunkeln wieder heimzukommen. Was für eine Mist, denn das ist pures Futter für meine Depression. Ich will Licht! Oder genauer gesagt: ich will Sonne auf der Haut und Wärme, die mich umfließt, um mir freundlich zuzuflüstern, dass der nächste Sommer nicht ganz so weit entfernt ist, wie meine aufgeschreckte Psyche mich das gerade glauben machen möchte!

Herbstdepression…? Scheiße! Ich hätte echt nie gedacht, dass es SO EINFACH sein könnte, meine Krankheit zu triggern. Aber offenkundig ist es genau das. Diese verfickt unheilige Mischung aus Verpflichtungen, die mir derzeit mehr Last sind, als irgendwas sonst und einem eklatanten Mangel an südlicher ars vivendi macht mich derzeit gerade zutiefst unglücklich. Nimmt man noch dazu, dass es mit dem Zocken gerade überhaupt nicht so klappen will, wie ich mir das vorstelle, ist eine Trias negativer Befindlichkeiten komplett. Und was macht man dagegen? Saufen ist nur bedingt eine Option (denn Wirkdauer vs. Rekonvaleszenzzeit muss man immer wieder neu abwägen), kündigen kann ich mir im Moment nicht leisten (auch wenn die Versuchung immer mal wieder da ist), der erlösende Lottogewinn lässt auf sich warten… also Urlaub? Wenn es nur so einfach wäre. Mein aktueller Therapeut hat mich darum gebeten, meine nächtlichen Träume aufzuschreiben, wenn ich mich denn mal an sie erinnern kann, was mir tatsächlich eher selten passiert. Also muss ich mich vorerst damit begnügen, hier meine bewussten Träume zu reflektieren. Dann wird’s wohl bei Urlaub bleiben, wenngleich ich noch nicht weiß, wie das funktionieren soll. Im Moment sind da einfach zu viele Prozesse auf einmal, die ich am laufen halten soll… Ich denke, das ist jetzt das sechste Spätjahr in Folge, welches mich am Rotieren hält. Wird Zeit für eine neue Routine, oder…? Hat meine Frau doch Recht und ich bin nicht für das Chefsein gemacht? Wir werden sehen, ob ich auch in dieser Nacht von Sonntag auf Montag mal wieder unruhig schlafe, weil irgendein Scheiß mich beschäftigt, der eigentlich erst im Licht des Tages wichtig wird. Wir hören uns.

Auch als Podcast…

Der verwirrte Spielleiter N° 67 – Was Neues…?

Oft passiert mir Folgendes: ich stolpere (egal in welchem Medium) über irgendeine Novität. Sei es ein Spiel, ein Buch, eine Serie, ein Film, wasweißich. Dann beginne ich, mich dafür zu interessieren, steige ein, lese, kucke, höre, denke (ich bin halt manchmal leicht für Ideen zu begeistern), nur um nach kurzer Zeit feststellen zu müssen, dass meine Leidenschaft derzeit allein auf weiter Flur steht. Das passiert natürlich nicht immer – aber doch oft genug, dass es mich im Lauf der Zeit ein wenig vorsichtiger gemacht hat, bezüglich dessen, was ich zu manchen Themen von mir gebe. Und ich stecke auch beim Rollenspiel in dieser Schiene fest. Ich habe mit gewisser Mühe über die letzten 30 Jahre ein Regelwerk entwickelt, welches wir (mit jeweils leichten Adaptionsleistungen) für so gut wie jedes Genre nutzen. Es ist aus meiner Sicht deswegen ein gutes Regelwerk, weil es mir erlaubt, Dinge aus dem Hut zu zaubern, welche sich nicht durch meine Spieler in irgendwelchen frei verfügbaren Quellenbüchern finden und auseinander nehmen lassen. Rules Lawyer haben bei mir tendenziell vom Start weg keine Chance. Und weil ich es es gut genug kenne, um Dinge bullshitten zu können, ohne ein schweißnasses Hemd zu bekommen. Aber natürlich erkenne ich, eben weil ich mich schon so lange und intensiv mit Game-Design beschäftige, auch die Ecken, Kanten und Probleme. Wann immer ich jedoch darauf zu sprechen komme, höre ich ein “Aber es ist doch so gut, wie es ist!” – weil jenes Regelwerk, welches man als Spieler beherrscht, per Definition immer das beste Regelwerk ist. Auch TTRPGs und die dazu gehörende Szene folgen nämlich gerne ihren Traditionen…

Ich habe in meinen jüngeren Jahren an “der Szene” teilgenommen. Dies beinhaltete den Besuch von Conventions und den Austausch mit verschiedenen Spielrunden. Damals gab’s noch kein antisocial media, sondern man traf sich PERSÖNLICH, etwa in den Fachläden und unterhielt sich miteinander. In der Hauptsache hat man allerdings gespielt. Und zwar alles Mögliche und Unmögliche, einfach, weil man Lust darauf hatte. Ab einem Zeitpunkt, den ich heute gar nicht mehr so genau ausmachen kann, habe ich dann recht lange einfach nur noch mein Ding gemacht, ohne “der Szene” großartig weitere Beachtung zu schenken, weil ich von der Kommerzialisierung des Hobbys irgendwie angeekelt und desillusioniert war. Das Do-it-yourself-Gefühl der Anfangsjahre war weg, der Drive war auch bisschen weg und für eine kurze Zeit sah es echt so aus, als wenn TTRPGS nur was für junge Menschen wären… bis mir klar wurde, dass ich an Gamemaster-Burnout litt. Ich mag diesen Begriff Forever-GM gar nicht nutzen, weil er impliziert, dass mir diese Rolle zwangsweise zugefallen wäre. Fakt ist jedoch, dass ich sehr gerne spielleite. Halt nur nicht dauernd. Und nicht immer nur das Gleiche. Deshalb war irgendwann der Brunnen meiner Ideen versiegt. Ich war abgestumpft und passiv geworden, auch ein bisschen grummelig, weil mir irgendwie nix mehr so recht gepasst hat. Dann entdeckte ich die, damals gerade explodierende DnD-Tube. Leute, die in ihren Videos über ihre Begeisterung für das Hobby und vor allem für das Spielleiten sprachen. Die Tipps gaben, von denen mir manche sogar neu vorkamen und mache einfach nur daran erinnert haben, wie manche Dinge schon immer funktionieren. Und die Menschen zum Spielleiten zu animieren suchten, weil es einfach – seit Beginn des Hobbys – immer zu wenig Spielleiter gab und gibt Und ich horchte auf. Ich sog Ideen ein. Und begann wieder auszuprobieren.

Ich will ehrlich sein: wahrscheinlich bin ich manchmal ein bisschen zu kleinlich mit mir selbst und meinen (Mit)Spielern. Wahrscheinlich will ich manchmal auch einfach zu viel. Aber hey… immerhin will ich wieder! Also bitte… “Die Szene” betrachte ich heutzutage vor allem aus der Ferne, obschon ich neulich tatsächlich versucht habe, das Netz als Möglichkeit zu nutzen, um neue Spieler*innen zu gewinnen, oder in eine andere Spielrunde einzusteigen. Bislang allerdings ohne nennenswerten Erfolg, einfach weil ich nicht mehr bereit bin, mit Menschen auf Plattformen zu diskutieren, die m.E viel eher dazu beitragen, Menschen einander zu entfremden, als sie einander näher zu bringen. Etwa diese ganze Zuckerberg-Scheiße. Also werde ich, altmodisch wie ich bin, versuchen auf andere Art wieder ein wenig Anschluss zu finden, weil das Hobby es mir wert ist. Und weil TTRPGs etwas für Menschen aller Altersstufen sind. Und weil ich einfach mal wieder etwas Neues ausprobieren möchte. Das Schöne an solchen Exkursionen in unbekannte Gefilde ist: das allerschlimmste was dir passieren kann ist, dass du ein paar Stunden Lebenszeit und ein paar EURO in den Sand gesetzt hast. Das Beste was dir jedoch passieren kann ist, dass du Freunde für’s Leben findest und gemeinsam mit ihnen Zeit damit verbringen darfst, spannende, dramatische, unglaubliche Geschichten zu erzählen, die für immer EUCH gehören werden! Es ist – zumindest für mich – eben immer noch die beste Art von allen, Spaß mit seinem Gehirn zu haben. In diesem Sinne – always game on!

Auch als Podcast…

Ein Bloghouse bauen…?

Ich befülle diese Seite hier seit mittlerweile 12,5 Jahren. Da kommt schon was zusammen. Themen, Ansichten, Befindlichkeiten, große und kleine Lässlichkeiten, Tiefsinn, Blödsinn, Stumpfsinn und auch sonst allerhand für die Sinne. Insbesondere den optischen und den auditiven Kanal (sofern ich dazu komme, den Text auch einzulesen) bespiele ich hier, wie es mir in den Sinn kommt. Immer wieder habe ich dabei Durchhänger. “Writers Block” nennt man sowas auf Neu-Denglisch. [Exkurs: Manchmal kommt es mir ein bisschen so vor, als wenn die zwanghafte Verwendung englischer Wörter für auch auf Deutsch verständliche Sachverhalte die gleichen Auswirkungen hätte, wie das “Neusprech” in Orwells “1984”. Es verhindert, Begrifflichkeiten semantisch zu durchdringen. Aber was weiß ich schon; bin ja nur Pädagoge… /Exkurs] Ganz ehrlich: es ist dann keine Schreibblockade, sondern eine Denk- und Fühlblockade. Der Autor ist einerseits stets darauf angewiesen, ein Verständnis für das entwickeln zu müssen, worüber er schreibt – unabhängig davon, ob es sich um Fakt oder Fiktion handelt. Fiktion funktioniert auch nur, wenn sie sich innerhalb kohärenter Regeln für jene Welt bewegt, in welcher sich die Geschichte zuträgt. Andernfalls entstehen Logiklöcher kontinentalen Ausmaßes. Pardon “Plotholes”… Andererseits muss der Autor die Geschichte auch fühlen. Dies gilt allerdings für Fakt weniger als für Fiktion, es sei denn, es handelt sich um eine Biographie, bei der das Leben einer historischen Person wie eine Geschichte erzählt wird.

Das mit dem Fühlen ist häufiger mein Problem. Ideen für’s Schreiben habe ich zumeist in ausreichender Zahl. Da meine emotionale Verfasstheit jedoch gewissen – zumeist eher saisonunabhängigen – Schwankungen unterliegt, ist die Menge der produzierten Texte ebenfalls Schwankungen unterworfen; über deren Qualität müssten an dieser Stelle nun Andere ein Urteil fällen, denn ICH finde meine Schreibe zumeist ganz gut. Andernfalls würde ich sie nicht veröffentlichen. Meine mentale Verfassung ist direkt proportional abhängig von der Zeitressource, welche mir für mich selbst zur freien Verfügung steht – oder einfach ausgedrückt: ‘s läuft nur, wenn ich frei hab’! Also baue ich an meinem Bloghouse nur zu Zeiten, da ich mich von anderen Verpflichtungen, Ideen, Projekten, Leidenschaften frei machen kann – und will! Es ist ein bisschen wie ein Nebenjob. Das hier produziert zwar kein Einkommen (dafür war’s irgendwie auch nie gedacht), kostet aber Zeit; und gelegentlich Nerven. Ich hatte das schon mal irgendwann erwähnt, aber vom ersten Tastenhub bis zur Veröffentlichung braucht ein Text wie dieser hier i.a.R. so rund zwei Stunden. Das Dilemma ist Folgendes: nehme ich mir die Zeit, etwas in meinem Blog zu veröffentlichen, schreibe ich natürlich NICHT an meinen anderen Projekten (etwa an zwei, durchaus schon relativ weit gediehenen Romanen aus dem Bereich der Fantastik) weiter… verdammt! Ebensowenig komme ich dazu, draußen spazieren zu gehen, oder Zeit mit meiner Familie zu verbringen (Keine Sorge, die sehen mich immer noch öfter, als ihnen manchmal lieb ist), oder – Gott behüte – noch was für meinen Brotjob zu tun. Und ja, manchmal passiert das auch am Sonntag, wenn die Aufgabe mich fasziniert. [Hintergrund: Ich war auf einem Symposium und habe dort ein paar Inputs mitgenommen, die ich am liebsten gleich morgen Früh in meinem Unterricht für angehende Praxsianleiter*innen verwenden würde. Mal schauen…]

Dieses Bloghouse hier ist wie der Kölner Dom. Es wird niemals fertig sein! Was auch gut so ist, denn wenn der Kölner Dom fertig würde, käme ja bekanntermaßen das jüngste Gericht über uns. Würde das hier fertig, würde ich den Laden einfach nur zumachen… und Schluss! Manche Themen tauchen immer wieder auf, andere streife ich nur ein, zwei Mal in Jahren und plötzlich werden sie doch wieder präsenter. Es gibt ein Fundament (meine Werte, Überzeugungen, Kreativität, beruflicher Hintergrund, Ausbildung) und einen Rohbau (Themen, denen ich immer wieder Zeit und Aufmerksamkeit widme). Immer mal wieder muss man am Fundament auftretende Risse mit frischem Wortholz flicken, denn Überzeugungen sind – zumindest in selbstreflektierten Menschen – durchaus einem Wandel unterworfen. Die Texte an sich sind hingegen die Innenausstattung. Manchmal wird umdekoriert! Und auf der Veranda sitzt ein zauseliger alter Kerl, der zumeist milde dreinblickend an seinem Drink nippt. Neben ihm lehnt allerdings eine großkalibrige, doppelläufige Schrotflinte an der Wand, denn er ist stets bereit, sein grobes Schrot auf dumme Menschen und vor allem verf****e Nazis abzufeuern! Und wenn das alles jemandem nicht gefällt – verpisst euch einfach, denn DAS hier ist MEIN Bloghouse. Wie jedes Heim (wenn das hier auch nur eines für meine Gedanken und Gefühle ist) bleibt es (m)ein niemals abgeschlossenes Projekt. Oder “Work in Progress”, wenn ihr unbedingt ohne Not irgendwelchen englischen Scheiß im Munde führen müsst. Viel Spaß beim Nachdenken und Roboten, Nachbarn…

Auch als Podcast…

Ich denke also bin ich… nicht?

Es ist ernüchternd, von einem Neurowissenschaftler, der schon eine Weile an dem Thema forscht zu hören, dass er Bewusstsein nicht definieren kann, bzw. dass er nicht klar definieren möchte, ob ICH am Ende ICH bin, nur weil ich als Wesen meiner Existenz bewusst bin. Wessen bin ich den bewusst? Meiner selbst? Oder irgendetwas anderem? Er definiert Bewusstsein als einen Regelprozess, welcher lediglich dem Zweck der Erhaltung des Organismus‘ dient, welchem dieses innewohnt. Oder überspitzt ausgedrückt: ich fresse und scheiße, also bin ich. Hier ist, natürlich einmal mehr eine stark biologistische Sicht am Werk, welche SEIN zuvorderst als Subsistenz und BEWUSSTSEIN als Subsistenz-Regelkreislauf betrachtet. Der befragte Wissenschaftler Anil Seth möchte Fragen der Metaphysik und der Transzendenz bewusst ausklammern, weil sie nach seiner Ansicht nicht zum Verständnis des “Bewusstseins” als Phänomen helfen. Diese Reduktion auf eine rein funktionale Betrachtung klammert jedoch – zumindest meines Erachtens – einige grundlegende Fragen des Menschseins aus. Kann man machen; dann wird’s aber Scheiße, wenn Menschen nach Sinn und Unsinn fragen. Denn wir Menschen lassen uns nur sehr ungern auf Biologie reduzieren. Ich verkürze hier bewusst (sorry für das Wortspiel) ein wenig, denn der Mann zeigt sehr wohl, dass er Kategorien abseits seines speziellen wissenschaftlichen Arbeitens sehen kann. Er verneint jedoch die Existenz einer Kategorie ICH als Essenz des Seins; er baut da nicht wirklich eine Brücke… Aber ICH bin doch…oder?

Ich erfahre mich selbst als menschliches Wesen, mit allen positiven und negativen Aspekten. Ich definiere mich selbst durch das bewusste Anwenden eines Werte- und Normenkanons auf mein Tun und Lassen; stets mit Bezug auf die Erfahrungen, welche ich auf dem Weg sammele; es gibt also situative Updates. Ich pflege mannigfaltige soziale Beziehungen und erlebe mich dabei als Wesen, welches sich von seinen Gegenübern unterscheidet. Nicht nur optisch, sondern auch in meinen Meinungen, Gefühlen, Handlungsoptionen. Ich erkenne MICH als MICH, wenngleich gewiss nicht völlig einzigartig, so doch von den Anderen unterscheidbar und damit erkennbar nicht nur für mich selbst, sondern auch für die Anderen. Wenn ich nun jedoch auf der anderen Seite die Denkart von Anil Seth sehe, der in seinem Gebiet als führend gilt, dann muss ich mich der Frage stellen, wie viel von meiner eben geschilderten Selbst-Wahrnehmung MICH tatsächlich zu MIR macht? Also, wie individuell das Individuum wirklich ist? Oder ob ich doch bloß subsistiere und mir mein ICH dazu fantasiere, weil meine psychische Integrität davon abhängig ist, ein Selbstbewusstsein zu besitzen? Wie groß oder klein dieses auch immer sein mag…? Ich weiß es natürlich nicht besser als Herr Seth; immerhin bin ich nur Pädagoge, kein angesehener Neurowissenschaftler. Ich ahne aber, dass ich mir lieber eine andere Betrachtungsweise zu eigen machen möchte. Selbst wenn Herrn Seths Betrachtungen für mich aus forensischem Interesse durchaus interessant sind.

Ich setze mir jetzt mal die konstruktivistische Brille auf, die – zumindest in der radikalen Variante – sagt, dass es keine objektiv erfahrbare Welt gibt, sondern nur die subjektive Rekonstruktion aller erlebten Wahrnehmungseindrücke des Außen in unserem Kopf. Alles lebt nur in uns! Wenn Herr Seth unter dieser Annahme nun Recht hätte, dann lebten wir vielleicht doch in der Matrix und unser Leben wäre nur eine Simulation. Denn es gäbe in dem Fall kein wahrhaftiges Außen – und es gäbe auch kein ICH, sondern nur ein, auf den Erhalt des Organismus ausgerichtetes Gleichgewicht aus Regelkreisen. Herr Seth setzt übrigens eine objektiv erfahrbare, materielle Umwelt voraus. Andernfalls wäre sein Gedankengebäude nämlich problematisch. Wie man hier sieht, ist das Ausklammern der Metaphysik und der Transzendenz vielleicht doch nicht so geschickt. Ich sage daher Danke, aber NEIN Danke und bleibe bei der Annahme eines definierten ICH. Es bedarf übrigens nicht des Glaubens an eine unsterbliche, transzendente Seele, um sich im Hier und Jetzt als Individuum begreifen und erleben zu können. Kann man aber machen, wenn man möchte; sofern man dabei nicht zum Dogmatiker-Arschloch gegenüber Anderen wird.

Es geht mir auch gar nicht so sehr darum, ob ICH so individuell bin, wie ICH mir das gerne einrede. Es geht nur um die Frage, ob derartige Betrachtungen zum Bewusstsein nicht sogar eher schädlich sind, weil sie die ABSOLUTE WIRKSAMKEIT DES SOZIALEN in den Bereich des nicht-wissenschaftlichen Voodoo stellen, weil alles was nicht objektivierbar ist, sondern mittels Verständnis-Näherung erfahren werden muss (und das ist bei den Geistes- und Sozialwissenschaften nun mal so) für Herrn Seth keine brauchbare Grundlage für das endgültige Verstehen des Bewusstseins als real erfahrbarer Instanz unseres Seins darstellt. Warum man immerzu Bewusstsein und Seele miteinander verwechseln muss, weil ein nicht unerheblicher Teil der Menschheit auch über 2000 Jahre später immer noch den Märchen-Geschichten von den Lagerfeuern der Hirten in den levantischen Steppen mehr Bedeutung beimisst, als objektiver wissenschaftlicher Erkenntnis, wird mir auf ewig ein Rätsel bleiben. Ich WEISS, dass ich ein Bewusstsein habe. Ich GLAUBE JEDOCH nicht an eine unsterbliche Seele; wenngleich andere dies gerne tun dürfen. Ich muss jedoch einmal mehr feststellen: ich hasse Dogmatiker-Arschlöcher. Insbesondere die in rituellen Gewändern! Aber vielleicht sollte ich auch hierbei einfach den Rat von Mark Manson beherzigen: Don’t give a fuck, if it’s not absolutely necessary! In diesem Sinne… habt einen schönen Tag.

Auch als Podcast…

loyal, illoyal, scheißegal…?

Ist ein paar wenige Tage her, dass ich mit jemandem beim Essen saß und wir kamen auf das Thema Loyalität zu sprechen. Die Unterhaltung drehte sich auch um andere Themen, alles war auf das Arbeitsumfeld bezogen. Mein Gegenüber konnte, nach eigenem Bekunden, mit dem Konzept der Loyalität nichts anfangen. Vielleicht, weil ein “interessantes” Verständnis von Loyalität möglicherweise einer der Samen des Bösen sein könnte. “Ich war dazu verpflichtet xyz zu tun, weil…” wäre ein Hinweis darauf, das aus einer falsch verstandenen Verpflichtung gegegnüber wem oder was auch immer das Bedürfnis entstehen könnte, Dinge zu tun, die man eigentlich, so ganz allgemein als Mensch, nie tun würde. Hannah Arendt nannte das mal die “Banalität des Bösen”. Natürlich ist längst nicht jedes sich einer Organisation, einer Person oder einer Sache verpflichtet fühlen schon automatisch etwas Schlechtes. Allerdings möchte ich darauf bestehen, das Loyalität NIEMALS eine Einbahnstraße sein kann. Loyal gegenüber JEMANDEM bin ich, wenn wir einander in dem Vertrauen verbunden sind, dass die eingeforderte Verlässlichkeit nicht nur geschuldet sondern auch gegeben wird. Loyal gegenüber EINER IDEE, EINER SACHE kann ich nur sein, wenn diese im Einklang mit meinen moralischen Überzeugungen steht. In dem Moment, da diese Voraussetzungen nicht mehr erfüllt werden (“…das ist nicht mehr meine xyz…”), ist die Loyalitätspflicht aus meiner Sicht hinfällig!

Loyalität einzufordern, ist einer der Pfeiler organisationeller Machtausübung. Man nutzt das Gefühl des Verpflichtetseins, um “Untergebene” dazu zu bringen, bestimmte Dinge zu tun. Im Arbeitsverhältnis ist es so, dass ein definiertes Leistungsportfolio der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich geschuldet wird. In aller Regel bezieht sich das auf die Anwesenheit für eine bestimmte Anzahl von Stunden an einem per Direktionsrecht festgelegten Ort, um dort, ebenfalls per Direktionsrecht festgelegte Aufgaben zu erfüllen. Dafür gibt es in größeren Unternehmen die sogenannte Stellenbeschreibung; in kleineren Betrieben ergeben sich die Aufgaben in aller Regel aus der Berufsbezeichnung der Angestellten. Ein Energieanlagenelektroniker macht üblicherweise nicht das Gleiche, wie ein Kaufmann im Einzelhandel. Klar soweit. Nun gibt es aber überall immer wieder Situationen, die gar nicht so klar im Arbeitsvertrag oder der Stellenbeschreibung geregelt sind. Und dann spielen Arbeitgeber oft die Loyalitätskarte, weil sie darauf setzen, dass man mit der Zeit eine gewisse Verbundenheit zu dem Geschäft aufgebaut habe (es ist genau DAS, was gerne mit dem überstrapazierten Begriff “Arbeitnehmerbindung” tituliert wird), stellen dabei manchmal auch Gegenleistungen in Aussicht, oder pochen darauf, “dass man das schon immer so gemacht habe”. KEIN SATZ KÖNNTE JEMALS IRGENDWO FALSCHER SEIN! Nur weil andere so blöd waren, sich ausbeuten zu lassen, gilt das für MICH noch lange nicht…

Wir sind hier letzten Endes im Bereich der Manipulation. Denn Macht kann – zumindest in den Grenzen unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung – nur dann über mich ausgeübt werden, wenn ich dies auf irgendeine Art legitimiere. Konkludentes Verhalten, also sich stets an die Anweisungen zu halten auch “die Extrameile” zu gehen ohne zu murren und da zu sein, wenn man gerufen wird, genügt aus Sicht der Geschäftsführung vollkommen, um Machtansprüche zu legitimieren, die oft genug übergriffige Scheiße sind! Um hier ganz klar zu sprechen: ICH HASSE DIESEN BEGRIFF “EXTRAMEILE”, WENN ER VON CHEFS IM MUNDE GEFÜHRT WIRD, denn er meint im Kern “ich zahl’ dir schon genug, schaff mal ruhig ein bisschen was für Lau hier im Laden”! F***t euch! Denn das Problem an dieser Stelle ist die zuvor erwähnte Einbahnstraße. Viel zu oft tut man Dinge für den Arbeitgeber, ohne dass es dafür auch nur einen Futzel Kompensation gibt. Ich kann davon ein Lied singen, denn man hatte mich – einmal vor einigen Jahren – mit einer Aufgabe betraut, mir jedoch strikt untersagt, die für die Erfüllung dieser Aufgabe notwendigen Extrastunden aufzuschreiben. Da dürfte über die Jahre hinweg ein erkleckliches Sümmchen Zeit zusammengekommen sein. DEN FEHLER mache ich bestimmt nicht noch mal! Will heißen – Loyalität kann sehr leicht zu einer (Selbst)Ausbeutungsfalle werden; doch wenn es mal daran geht, im Gegenzug etwas auch nur zu erbitten, steht man plötzlich allein im Regen.

Fassen wir also zusammen: “Loyalität” ist ein Begriff dafür, einander in Vertrauen und Verlässlichkeit verbunden zu sein; auf der zwischenmenschlichen Ebene mag das von Fall zu Fall mehr oder weniger gut funktionieren; ebenso wie die Liebe. Da wir aber in einer hoch komplexen Welt leben, Loyalität auch von Organisationen gegenüber ihren Mitgliedern eingefordert wird und komplexe Organisationen vor allem für ihre Fähigkeit berüchtigt sind, Verantwortungsdiffusion zu einer Kunstform zu erheben, wird von Organisationen oft viel gefordert – aber nichts, oder zumindst nur sehr wenig gegeben. Daher finde ich den Begriff “Quiet Quitting” gar nicht so schlimm. Wenn ich irgendetwas über die vertraglich vereinbarte Leistung hinaus geben soll, ist das verdammt noch mal zu vergüten. Ansonsten könnt ihr euch mit eurem Loyalitäts-Geschwafel verpissen! Ich kann Corporate-Bullshit-Sprech von “auf einem guten Weg”, “das Team gemeinsam”, “Workplace-Family” und was weiß ich nicht noch alles nicht mehr hören. Ich will – hört ihr: ICH WILL – vernünftige Arbeitsmittel, einen angemessen temperierten und beleuchteten Arbeitsplatz und die Zeit, meine Aufgaben richtig zu machen. Denn wenn man von mir fordert es schnell-schnell zu machen… wie kommt ihr auf die Idee, das ich, wenn ich nicht mal die Zeit und die Mittel bekomme, es gut zu machen, ich dann die Zeit und die Mittel hätte, es ein zweites Mal zu machen? Aha…? Merkt ihr was? Also… Loyalität gibt’s bei mir nur für jene, die sie sich verdient haben. Beruht also auf Gegenseitigkeit. Und die Forderungen durch irgendeine Organisation sind mir erst einmal scheißegal, solange ich merke, dass ich jemandem scheißegal bin und nur irgendwelche Zahlen zählen; oder Leistung für lau. Dafür ist mir MEINE Lebenszeit zu kostbar! Denkt mal drüber nach, wenn ihr morgen wieder roboten geht…

Auch als Podcast…

500 Gramm gemischter Hass – Ich will Life-Work-Balance!

Egal was ich mit meiner Zeit anstelle, egal wie weit ich vor meinem normalen Leben und meinen Verpflichtungen davonlaufe, egal wie schön es dort ist und was ich unterwegs alles erlebe, egal wie sehr ich daran glauben möchte, dass die – subjektiv überquellende – frische Energie mir erhalten bleibt… jedes Mal, wenn ich nach Hause komme, sind die alten Gedankenspiralen wieder da. Dann dreht sich wieder alles um Job, Stress, soziale Gerechtigkeit (oder besser, den erheblichen Mangel daran) und die Frage, wie ich mit all dem umgehen kann. JEDES. GOTTVERDAMMTE. MAL. Ich bin derzeit nicht verzweifelter als sonst auch. Ich lebe ja in einer Welt, in der du den “News” nicht entkommen KANNST. Und ich kann mit dem Denken als solchem leider auch nicht aufhören. Das ginge nur, indem ich mir den Kopf wegschösse – und das kommt überhaupt nicht in Frage! Daher spiegelt sich meine eigene (Über)Lebenrealität in den, derzeit immer und überall wieder aufkeimenden Diskussionen um die Frage, ob wir Deutschen zu viel oder zu wenig arbeiten, ob wir zu viel auf die Work-Life-Balance achten, oder schön brav das Bruttosozialprodukt mehren. Hierzu hätte ich fünf Antworten, die nicht jedem schmecken werden:

  • (1) Die Deutschen: Die mit diesem Begriff insinuierte Grundgesamtheit GIBT ES NICHT! Lest die Sinus-Milieus, beschäftigt euch mal ein Mü mit Sozialwissenschaft (keine Sorge, das tut gar nicht weh) und ihr werdet verstehen, dass eine Nationalstaatliche Volksgemeinschaft, wie sie unsere verf*****n Nazi-A*********r von der AgD zu beschwören versuchen NICHT EXISTIERT! PUNKT! Es gibt jede Menge, sehr unterschiedlich strukturierter Gruppen innerhalb der Bevölkerung; und innerhalb dieser Gruppen gibt es jede Menge Individuen. Ein Lebensentwurf, war, ist und bleibt – ganz nüchtern betrachtet – immer etwas hoch individuelles. Woraus folgt: die Aussage, dass DIE DEUTSCHEN zu wenig arbeiten würden KANN NIEMALS WAHR SEIN, weil es diese Deutschen als Gruppe überhaupt nicht gibt. Das manche Individuen oder auch ganze Gruppen eher zu wenig arbeiten ist ein völlig anders zu betrachtender Sachverhalt. Und da würde ich zuallererst mit der Neubeuteilung von leistungslosem Einkommen anfangen.
  • (2) Was ist viel, was ist wenig? Die Erwerbsquote (also die Zahl der Menschen in Lohn und Brot) ist seit 1991 (also seit der Wiedervereinigung) im Mittel gestiegen; und zwar durch einen kräftigen Anstieg bei den berufstätigen Frauen. Die durchschnittliche Arbeitszeit ist derweil gesunken, weil diese ganzen Frauen deutlich häufiger in Teilzeitbeschäftigungen unterwegs sind, als die Männer. Wir arbeiten aber im Mittel NICHT WENIGER, SONDERN MEHR. Und von den ganzen unbezahlten Überstunden will ich gar nicht erst anfangen. Die Arbeitsproduktivität (also das BIP/Arbeitsstunde) ist bis zum Beginn der Pandemie und den folgenden Krisen (Ukrainekrieg, US-Zollpolitik, etc.) gestiegen und stagniert seitdem; was nicht an weniger Arbeit(sbereitschaft) liegt, sondern an der sich eben ändernden Weltsituation. Und daran, dass die CDU/CSU (wechselnd mit FDP und SPD als Sekundanten) 16 Jahre lang auf Verschleiß gefahren ist und den Bürger*innen die negativen Folgen einer globalisierten Wirtschaft schöngelogen hat. Nun hamwer den Salat, wa…
  • (3) Wem kommt mehr Arbeit zu Gute? Ganz einfach – in unserem System zuallererst und vor allem denen, die den Kanal eh schon voll genug haben. Kann man sich schönlügen, indem man glaubt, dass eine veränderte Steuerpolitik auch den Mittelstand killen würde. Genau das Gegenteil ist der Fall, denn die Geschenke, welche unsere aktuelle Regierung einmal mehr den Reichen macht, sollen zu Lasten der Ärmsten gehen (spart mal 5.000.000.000 beim Bürgergeld ein, hat Herr Merz gesagt); und zu Lasten des Mittelstandes. Solange also keine Entlastung bei Steuern und Abgaben in Sicht ist, werden die Meisten sagen “Leck mich am Arsch mehr Arbeit…”; und wisst ihr womit – mit Recht. Hatte ich eigentlich schon von der dringend notwendigen Neubewertung leistungslosen Einkommens gesprochen? Oder von asozialer Kapitalagglomeration? ICH gehe jedenfalls nicht mehr arbeiten, damit jemand anders was davon hat.
  • (4) Propaganda: Wo auch immer du hinkuckst, finden sich willfährige Apologeten des “Ihr arbeitet alle zu wenig”-Narrativs. Manche davon wissen sehr wohl um die beschriebenen Mechanismen – und manche labern einfach nur die tendenzöse Scheiße nach nach, welche ihnen die Drecks-Springerpresse seit Jahrzehnten als “Nachrichten” getarnt in den Hals stopft. Es wäre einfach, sich zu informieren. Und es braucht auch keinen übermäßigen Intellekt, um zu verstehen, warum man immer schön alle möglichen gesellschaftlichen Gruppen gegeneinander ausspielt, indem man Feindbilder aufbaut. Je nach Tageslage sind die Feinde unserer Gesellschaft: Migranten, die Grünen, Bürgergeldempfänger, die Linke, psychisch Kranke, Veganer, Feministen, die nächstältere oder nächstjüngere Generation, Wissenschaftler, etcpp.. Dabei gibt es für unsere Gesellschaft nur einen Feind – den entfesselten, konsummaterialistischen Kapitalismus und seine Nutznießer. Aber hey, was weiß ich schon…
  • (5) Und die Jüngeren…? Die schauen in die Röhre, weil Rentner und Renten-Anwärter den größeren Teil der Wählerschaft ausmachen und so gut wie KEIN. EINZIGER. POLITIKER. weiter schaut, als bis zur nächsten Wahl. Es geht nicht mehr um “die Sache” (also Wirtschafts- und Sozialpolitik, die untrennbar miteinander verbunden sind), es geht nur noch darum, der (mutmaßlichen) eigenen Klientel die eigenen Handlungen so zu vekaufen, dass es nicht vollkomnmen danach aussieht, als würde man ohne Hemmungen für’s Kapital geschröpft. Wer allerdings nicht zu den oben genannten Klienteln gehört, der hat schlicht Pech gehabt, weil seine Stimme zu wenig wiegt, als dass sie irgendetwas bewirken könnte. Denn CDU/CSU betreiben wie eh und je in den letzten 20 Jahren den Ausverkauf der Zukunft auf Kosten kommender Generationen. Wäre ICH in der Situation, würde ich mir auch kein Bein rausreißen, um es den alten faulen Säcken noch ein bisschen bequemer zu machen!

Zusammengefasst: NEIN. WIR. ARBEITEN. NICHT. ALLE. ZU. WENIG! Manche von uns gewiss, aber bei den Allermeisten ist die Aussage einfach nur riesengroßer Quatsch! Ich kann jedenfalls an mir keine Faulheit bemerken. Eher das Gegeteil. Ich möchte eigentlich einfach nur etwas mehr Zeit für mich und meine Projekte. Aber hey… wir werden sehen. genug geranted. Morgen geht’s wieder los, der Urlaub ist rum. Euch allen einen gediegenen Start.

Auch als Podcast…