A snipet of sexism?

Ja, ja, die Frau Anne Wizorek und ihr Hashtag #aufschrei; jetzt hat sie ein Buch geschrieben und behauptet rundweg, alle Männer seien des Sexismus schuldig, weil sie quasi per Geburt zu Nutznießern einer patriarchalischen Gesellschaft werden. Zuallererst weist sie darauf hin, dass sie in ihrem Buch den Gender-Gap benutzt. OK, wenn sie meint, dass derartige Wortverschandelung zu einer gewaltfreieren Kommunikation führt – bitte, nur zu. Es killt zwar die Lesbarkeit, aber die darf im Namen der Sache schon mal hinten runter fallen.

Dann instrumentalisiert sie, ganz sexistisch, die Auswahl ihrer Referenzen, um durch Auslassung verschiedener, durchaus einflussreicher, feministischer Strömungen ihr Bild vom Mann zu untermauern; und nach diesem schrägen Bild bin ich ein dreckiger, die Frauen ausbeutender, durch meine Sprachwahl den sexistischen Status Quo der Gesellschaft zementierender, unnötig gönnerhafter Sugardaddy…!

Entschuldigung Frau Wizorek, derartige Propaganda ist Sexismus mit umgekehrten Vorzeichen, die die Welt nicht braucht. Überdies, und es mag sein, dass ihnen das vielleicht sogar bewusst ist, sie es aber einfach verdrängt haben, gibt es ein paar Unterschiede zwischen Mann und Frau, die weit über die Frage der Geschlechtsmerkmale hinausgehen. Und sofern sie ein wenig Ahnung von Kognitions- bzw. Entwicklungspsychologie hätten, könnten sie wissen, dass diese nicht nur durch Erziehung sondern auch durch Anlagen erklärbar sind.

Nur um einem Missverständnis vorzubeugen: ich finde ihr Anliegen, eine faktische Gleichberechtigung der Frau endlich durchzusetzen voll und ganz wichtig. Aber sie fahren, wie so viele vor ihnen und so viele, die wohl noch kommen werden mit einem Zug nach nirgendwo, wenn sie statt Gleichberechtigung Gleichmacherei versuchen. Frauen und Männer sind NICHT gleich und werden es auch nie sein. Sie sollen die gleichen Rechte haben, aber die beiden Geschlechter haben ihre jeweils unterschiedlichen Vorzüge und Nachteile, denen es Rechnung zu tragen gilt. Nicht nur im Namen der Frauen, sondern auch im Namen der Männer. Ich bin nämlich ein Mann; und mitnichten trage ich daran Schuld, dass sie sich unterdrückt fühlen. Das einzige, was sie mit ihren Äußerungen erreicht haben ist, dass ich, der sich immer für einen sehr der Gleichberechtigung zugewandten Mann gehalten hat nun verärgert bin, weil sie mich unberechtigterweise mit testosterongetränkten Jungspunden in einen Topf werfen, denen einige Jahre an Entwicklung und Erziehung fehlen.

Sich hinzustellen und kokett zu sagen, dass es doch nicht ihre Aufgabe sei, eine Anleitung für’s Mannsein zu geben, auf der anderen Seite aber alle Männer als sexistische, gewaltbereite Machos zu beschimpfen ist schlicht ein Hinweis auf eine sehr begrenzte Weltsicht und führt ihr Gleichheitsgeschwurbel ad absurdum. Sie wünschen sich doch wohl eher eine maternalistische Gesellschaft. Ob die so viel besser wäre, kann ich allerdings nicht sagen, es mangelt mir an einer Kristallkugel. So bleibt mir also nur festzustellen, dass es sehr schade ist, dass die Allermeisten, die heutzutage durch soziale Medien bekannt werden, engstirnige Idioten mit Missionierungszwang sind. Danke für diese Lehre! Leben sie wohl, aber bitte in Stille!

Aus des Märchenonkels Nähkästchen #3 – Zusammen erzählt sich’s leichter?

Ein einzelner Erzähler macht sein Ding. Das ist mitnichten so einfach, wie es klingen mag, denn es gibt, wie ich schon des Öfteren durchklingen ließ eine Menge Dinge zu beachten, wenn das Ergebnis halbwegs gut sein soll. Ein Team von Autoren, und sei es noch so klein, tut sich da in gewisser Weise schwerer. Man hat zwar einen größeren Pool an Ideen und literarischem Know-How, doch natürlich möchte jedes Teammitglied auch seine Ideen verwirklicht sehen, was mittelfristig immer zu Problemen führt. Nicht umsonst ist Projektmanagement ein eigenes Studienfach… Aber auch dafür lassen sich bei einem Buchprojekt o.Ä. Lösungen finden, denn man hat ja zumindest ein gewisses Zeitkontingent um die Sache zum Abschluss zu bringen. Der wichtigste Termin ist die Deadline, zu der abgeliefert sein muss. Macht man auch seine Zeitpläne selber, weil einem kein Lektor oder sonst wer im Nacken sitzt, ist das einzige Limit der eigene Perfektionismus. Das ist total schön, kann einen aber auch zum Trödeln verführen.

Zusammen ein Buch zu schreiben, oder sonst ein fiktionales Werk zu schaffen, ist ein kreativer Prozess, bei dem alle auf ein irgendwie definiertes Ziel hinarbeiten. Beim Rollenspiel kann man die Idee von gemeinsamen Zielen oft genug nehmen und in die Tonne treten, weil jeder Spieler sein eigenes Süppchen kocht. Doch davon gleich mehr. Zuerst kommt nämlich die Frage, was mit einer Geschichte, die ich als Spielleiter auf meine Spieler bzw. deren Charaktere losgelassen habe passiert. Ich habe schon erwähnt, dass man so gut wie nicht vorher sagen kann, was die Spieler mit den Interaktionspunkten und Puzzlestücken, die man ihnen anbietet anstellen werden. Deswegen bleibt es auch für mich als Erzähler immer spannend. Das bedeutet aber auch, dass man als Spielleiter im Gegensatz zu einem Buchautor kein Copyright für sich beanspruchen kann. Die Grundidee der Geschichte, die NSCs und ihre Pläne und Ziele, die möglichen Konsequenzen eines Nichteingreifens und bestimmte Orte, die im Ablauf der Story eine Rolle spielen sollen, kann ich mir ausdenken, aber ich mache all das, indem ich es mit den Spielern durch das Erzählen teile sozusagen zur Public Domain. Ich überlasse zumindest einen Teil der Rechte an der Geschichte Anderen, um sie damit und darin interagieren können zu lassen, wie sie es für richtig halten. Was aber noch viel entscheidender ist: all das passiert on the fly! Die Geschichte verändert sich, während alle an ihr miterzählen sofort und unabänderlich. Einflussnahmen, die vielleicht nicht das gewünschte Ergebnis erzielen, bleiben einmal erzählt/gespielt trotzdem Teil der Story und ziehen ihre Konsequenzen nach sich. Sich dessen gewärtig zu sein. Ist nicht immer leicht.

Ich muss also als Spielleiter darauf eingestellt sein, loszulassen. Eine Geschichte, die man sich ausgedacht hat, enthält mindestens Inspirationen, maximal Herzblut, welches man in den kreativen Prozess investiert hat. Und man muss lernen, es als Return of Investment betrachten zu können, wenn die Spieler mittels ihrer Spielfiguren etwas vollkommen anderes damit anstellen, als man sich selbst ausgemalt hatte. Es wird oft darüber gestritten, wie viele Freiheiten ein Spielleiter seinen Spielern beim selbst gestalten ihrer Geschichten lassen sollte. Manche versuchen die Charaktere immer wieder zurück auf den roten Faden zu nötigen (wenn das zu exzessiv geschieht, spricht man von Railroading – sie in den Schienen halten). Andere geben einfach nur eine Spielwelt vor und lassen die Spieler mal machen, oft ohne nennenswerte Hinweise auf einen Metaplot oder irgendwie ableitbare, übergeordnete Ziele; das kann eine Weile ganz interessant sein, allerdings auch zur Verwirrung und Planlosigkeit führen. Es gibt auch Meister, die ihre Spieler darüber entscheiden lassen, welche Art von Abenteuer es denn diesmal sein darf und sich nicht viel um Konsequenzen für die Spielwelt, den Metaplot oder sonst was scheren. Ich persönlich bevorzuge es allerdings, mir vorher einen übergeordneten Spannungsbogen, wichtige NSCs, die ihre eigenen Pläne verfolgen und spezielle Orte auszuarbeiten. Die Charaktere bekommen ihre Chancen, darauf zu reagieren, wenn sie das unterlassen, hat das irgendwann Konsequenzen, die auch auf sie zurück fallen können, jedoch nicht unbedingt müssen.

Nehmen die Spieler meine Fäden auf, überlasse ich ihnen, was sie daraus machen. Konzentrieren sie sich auf etwas Anderes, überlege ich mir, ob ihre Pläne und die der NSCs sich miteinander überschneiden, konvergieren, divergieren, etc. und lasse daraus neue Spannungspunkte entstehen, wenn es angezeigt ist. In jedem Fall aber werden die zu Grunde liegenden Teile damit zu unserer Geschichte und ich würde mir nicht anmaßen, sie noch als mein Eigentum zu betrachten. Und gerade weil ich ab einem bestimmten Punkt nur noch einen geringen Einfluss auf den Fortgang der Ereignisse habe ist es für mich genauso spannend wie ein gutes Buch, ein Film, etc., eben ein Abenteuer. Vom Standpunkt eines Autors sind mitnichten alle Ergebnisse von gleicher Qualität, was allerdings beim Rollenspiel dann unwichtig wird, wenn trotzdem alle ihren Spaß dabei hatten. Denn auf Spaß gibt’s kein Copyright…

Sharia-Polizist oder Schützenkönig?

Medialer Furor bezüglich religiöser oder politischer Phänomene abseits des Mainstreams ist in unserer Gesellschaft Alltagsgeschäft. Menschen, welche sich durch nicht gesellschaftlich konzessioniertes Verhalten abheben, werden in aller Regel sofort dämonisiert, mindestens aber als abschreckendes Beispiel gehandelt. Da haben wir nun Sven Lau und seine Sharia-Polizei, die einstweilen von Wuppertal nach Düsseldorf weitergezogen ist und mit weniger auffälliger Tracht aber mindestens eben so viel staatsmächtiger Aufmerksamkeit ihrem in aller Welt Augen seltsamen Geschäft nachgeht. Und es ist eigentlich ein Riesenblödsinn, diesen Typen so viel Aufmerksamkeit zu widmen, denn genau das wollen sie.

Man muss nicht allzu viel vom Islam verstehen, um begreifen zu können, dass die salafistisch indoktrinierte Auslegung des Koran ideologischer Hardcore-Fundamentalismus ist, der die Rechte der Frauen auf Gleichberechtigung ebenso negiert, wie die Toleranz gegenüber anderen Religionen oder Lebensstilen. Nun ist unser Lebensstil – vulgo dass, was den Salafisten westliche Dekadenz heißt – durch und durch säkular. Der durchschnittliche Bundesbürger gehört formell einer Religionsgemeinschaft an, lebt vielleicht auch deren Gebote, zumindest soweit es nicht mit seinen persönlichen Befindlichkeiten kollidiert und besucht Gotteshäuser zu den üblichen Gelegenheiten, was sich bei den Meisten, genau wie bei mir in Hochzeiten und Todesfällen erschöpfen dürfte. Dass ich Sakralbauten auch gerne als Fotomotiv nutze, dürfte bekannt sein. Der Punkt, den ich aber gerade zu verdeutlichen suche, ist folgender: einem guten Stück der Bundesbürger ist die organisierte Religion als Selbstzweck Wumpe. Was vermutlich auch an der hierorts tiefgehenden Entkopplung von Staat und Kirche liegen dürfte, die in unseren Breiten aber auch noch nicht so lange anhält.

Was nun diese jungen Männer mit der auffallend mächtigen Gesichtsbehaarung und dem Missionierungstrieb angeht, so haben sie, zumindest Angaben staatlicher Behörden zu Folge den Anschluss an die Gesellschaft verpasst. Oft stark segmentierte Bildungs- und Berufskarrieren, verschiedene kleinere Delikte und mangelnde soziale Fähigkeiten kulminieren häufig in der Selbstfindung durch eine Gruppe, die – vollkommen im Gegensatz zu unserer Gesellschaft – starke Regeln, mögliche Identifikationsfiguren als Führer und die Verheißung einer besseren Zukunft in sich trägt. Dass die Quelle dieser Ideologie, nämlich der Koran, genauso wie jedes andere heilige Buch im Kontext seiner Entstehungszeit gesehen werden muss und im Wesentlichen auch die Nächstenliebe als hohes Gut propagiert, wird bei der wörtlichen Zitierung des Missionierungsgebotes gerne unterschlagen. Menschen, die sich von einer materialistischen Gesellschaft zurück gelassen fühlen mit religiösen Heilsversprechen zum Kampf aufzurufen ist ein Muster, das ein wenig an die Rekrutierungspraxis der christlichen Kreuzzüge im Hochmittelalter erinnert. Insofern ist der erhobene Zeigefinger durch allzu christliche Menschen vielleicht auch nicht so angebracht.

Das Problem sind nicht ein paar Kerle, die angesichts ihrer prekären sozialen und wirtschaftlichen Situation Erfüllung darin suchen, im Schoß einer Gemeinschaft Stärke zu fühlen, die sie im Leben anders bislang nicht zu erlangen fähig waren. Das Problem ist auch nicht der Zuspruch, den sie durch Andere erfahren. Junge Männer, die offensichtlich von ihrem Testosterongetränkten Machismo getrieben in die Kameras des Privatfernsehens stammeln „das die Recht haben, die Mädchen gehörten ja Abends schon irgendwie nach Hause“. Natürlich zur besten Sendezeit und genauso geschnitten, dass unsere Migrationsmitbürger mal wieder als ewig gestrige Frauenhasser rüberkommen. Derlei Berichterstattung ist ja vollkommen unparteiisch… Ebenso wenig ist die Sprengkraft der Angelegenheit auf die Nazis beschränkt, die derlei Tun unaufhaltsam auf den Plan ruft. Die kommen eh bei jedem Wetter aus ihren Löchern, wenn sie Ausländer klatschen dürfen; egal ob mit oder ohne Grund. Doch das sind alles nur Symptome.

Und zwar dafür, dass unsere Gesellschaft es immer mehr verlernt, sinnvolle Antworten auf die Fragen der Zeit zu finden. Dafür, dass es den Menschen an Vorbildern mangelt, die in der Lage sind Werte zu vermitteln. Ich rede dabei nicht von Tugend, Pflichterfüllung und Gehorsam sondern von Solidarität, Ehrlichkeit und Kreativität, sowie dem Bestreben und Durchhaltevermögen, seine Träume wenigstens zum Teil Realität werden zu lassen. Überhaupt mangelt es uns an Träumen. Einmal mehr muss ich Herrn Steinbrück meine Geringschätzung dafür zollen, dass er Visionen für unnütz hält. Schließlich aber sind die Scharia-Polizisten ein Hinweis darauf, dass unsere Gesellschaft Wandel dringend nötig hat, denn Schützenkönige brauchen wir ebenso wenig, wie diese bärtigen Wirrköpfe.
[PS: Wer den letzten Satz nicht verstanden hat, rufe sich ins Gedächtnis, dass die Brauchtumspflege oft genug auch ein Hort für reaktionäres, wenig der Zukunft zugewandtes Gedankengut ist. Ich habe nichts gegen Traditionen, aber viel zu oft erstarrt mit den Ritualen und den Trachten auch der Geist…]

Aus des Märchenonkels Nähkästchen #2 – Der Anfang ist immer das Schwerste!

Gilt für sehr viele Dinge im Leben, aber einen Artikel mal mit einer allgemeinen Erkenntnis zu beginnen, muss nicht immer schlecht sein, weil der Platitude verdächtig. Es wird auch oft gesagt, schon auf der Journalistenschule lerne man, nicht so viele Adjektive zu benutzen, die einen jeden Satz prächtig auszuschmücken vermögen. Überhaupt seien viele Worte irgendwie barock, unnötig und überdies ganz schlechter Stil. Minimal ist „IN“, man soll viel mit wenig zu beschreiben wissen und den Leser bitte nicht mit pittoreskem Beiwerk, sozusagen „Wortstuck“ den Weg zum Gehalt der Worte verbauen, so wie in katholischen Kirchen die überbordende Pracht der Innenausstattung oft den sakralen Charakter des Gebäudes mit Zuckerguss verkleistert. Womit wir wieder beim Barock wären…

Doch wie beginnt man eine Geschichte? Wirft man den Leser mitten hinein, lässt ihn erst mal im Unklaren über Zeit, Ort, Motive der Protagonisten, usw.? Beschreibt man groß und breit eine Szenerie, oder bleibt man beim hippen Minimalismus und lässt die Orte durch vage hingeworfene Bilder im Geiste des Konsumenten entstehen? Man trifft all das und noch viel mehr in den Veröffentlichungen unserer Zeit; und auch in denen vergangener Zeiten. Denn so sehr wissenschaftlicher und technologischer Fortschritt auf den verschiedensten Ebenen auch unsere Leben verändert haben mag, so gern wir uns – leider – von den Wundern unserer Zeit blenden lassen, so aktuell bleiben alte Fragen, allerdings in neuem Gewand.

Das eben hingeworfene soll mitnichten bedeuten, dass man auf die alten Fragen auch immer die alten Antworten geben soll; diesem Irrglauben habe ich bereits oft Absage erteilt. Weil das Transponieren alter Fragen in die neue Zeit auch neue Fragen aufwirft. Unsere Sexualmoral zum Beispiel ist heute eine Andere, als sie das noch vor 50 oder 100 Jahren war, allen Einwürfen der katholischen Kirche zum Trotz. Diese Aussage beinhaltet übrigens keine Wertung. Ich bin nur der Ansicht, dass niemand das Recht hat, über einen sehr intimen Aspekt meines Daseins zu urteilen oder zu bestimmen; zudem finde ich, dass etwas so persönliches wie die eigene Sexualität nicht in der Öffentlichkeit breit getreten werden sollte. Wenn jemand die Entscheidung trifft, dies dennoch zu tun, so ist dies sein Bier; ich rate allerdings entschieden davon ab.

Solche Feststellungen könnten den Schluss zulassen, dass Schreiben, oder allgemeiner gesprochen das Geschichtenerzählen stets einem Zweck dient, einen tieferen Sinn in sich trägt. Wer allerdings nun überall interpretieren und nach diesem Sinn suchen möchte, könnte vielleicht nicht allzu selten enttäuscht werden. Weil sich einerseits viele Autoren überhaupt nicht die Mühe machen, ihren Geschichten einen solchen sinnhaften Subtext mitzugeben – manchmal aber auch einen höchst fragwürdigen – andererseits ein möglicherweise enthaltene Bedeutung auch oft fehlinterpretiert wird. In beiden Fällen resultiert das in der Zuschreibung eines sinnlosen Bedeutungsüberschusses, der so nicht intendiert war. Zu diesem Phänomen kann man namhafte Autoren befragen.

Eben das Ringen mit der Bedeutung des Gesagten oder Geschriebenen macht das Problem mit dem Anfang noch komplizierter. Wenn ich mir wünsche, dass die Leute etwas Bestimmtes zwischen den Zeilen lesen sollen, muss ich mir wesentlich mehr Mühe mit der Konzeption geben. Beim längeren Text, wie etwa einem Essay, einer Kurzgeschichte oder einem Buch ist das zwar zusätzliche Arbeit, doch als Autor hat man ja – mehr oder weniger, der Lektor hat da auch noch ein Wörtchen mitzureden – die volle Kontrolle über alle Aspekte einer Geschichte. Aber genau das ist auch ein Fluch, denn mit voller Kontrolle kommt auch volle Verantwortung. Und dass ein paar achtlos dahin geworfene Worte große Probleme machen können, dürften zumindest Leute, die im Lichte der Öffentlichkeit stehen, schon des Öfteren erlebt haben. Ratzfatz wird wieder eine mediale Sau durchs digitale Dorf getrieben.

Ich gebe hier bestimmt keine Ratschläge, wie man einen Text zu beginnen hätte; weder bin ich dazu als Autor gut genug, noch gibt es überhaupt ein Patentrezept. Man muss nur wissen, dass eine gute Geschichte, wie auch ein guter Essay ihren Anfang selbst erzählen, so dass ich ihn nur noch wahrzunehmen und niederzuschreiben brauche…

Etwas ganz anderes aber passiert, wenn ich nicht der alleinige Urheber einer Geschichte bin, wie etwa am Spieltisch bei Rollenspielers daheim. Da zum Erzählen neben dem eigentlichen kreativen Akt aber auch noch ein ganz wichtiger Aspekt in Gestalt des Urheberrechtes an einer Geschichte hinzutritt, gibt’s dazu die Tage noch ein paar Gedanken, bevor ich mich endlich dem kollaborativen Erzählen widme. Man hört/liest sich…

A snipet of relief

Ich war in letzter Zeit oft bitter, manchmal zynisch, auf jeden Fall aber immer ein bisschen bösartig. Könnte daran gelegen haben, dass meine Depression erst in den letzten Wochen in einen stabilen Zustand des Rückzuges übergegangen ist. Und es ist wahrlich eine Erleichterung, sich an den Dingen des Lebens tatsächlich wieder erfreuen zu können. Allerdings bringt dies auch mit sich, dem Arbeitsleben wieder ins Antlitz blicken zu müssen.

Ich war noch nie ein fauler Mensch. Müßiggang zur Arbeitsvermeidung fand ich immer irgendwie asozial, obwohl ich das gepflegte Nichtstun als Abwechslung zu den anstrengenden alltäglichen Verrichtungen durchaus zu genießen weiß. Und irgendwie ist der Gedanke, ab nächster Woche wieder in durchgeregelten Bahnen leben zu müssen schon ein wenig erschreckend; wenngleich ich mich auch ein bisschen darauf freue, wieder mit, mir in der Mehrzahl durchaus lieben Kollegen auf die Menschen losgelassen zu werden. Natürlich Schritt für Schritt.

Weil ich aber mit meinen Gedanken letzthin immer irgendwo im „Dazwischen“ hing, hin- und hergerissen zwischen Angst und Aufbruchsstimmung, zwischen dem Davor und dem Danach, zwischen dem alten Zimbo und dem, der ich werden will und muss, kam ich gar nicht dazu, mein Blog zu pflegen. Ich hatte weder den Nerv, noch die Lust. An Ideen zum Schreiben mangelt es mir nur sehr selten, auch wenn es nicht mein Ding ist, andere Menschen mit Details aus meinem Alltag zu langweilen. Ich betrachte My Madness Machine als genau das; meinen Ort, an dem ich meinen gelegentlich durchaus abseitigen Gedanken nachhängen kann, an dem ich in bester Tradition demokratische Meinungsfreiheit pflege und den ich eher als eine Art Kolumne betreibe. Und so will ich versuchen, auch hier weit weniger depressiv zu sein, mir also quasi meine literarische Dosis Erleichterung zu verschaffen. Mal schauen, ob’s klappt.

Schwächen hat jeder…

…ob es allerdings auch sinnvoll ist, sie zu offenbaren, ist in den Augen der meisten Menschen höchstwahrscheinlich vom jeweiligen sozialen Kontext abhängig. Neulich hat jemand, den ich kenne sich ein wenig darüber belustigt, dass eine deutsche Zeitung dazu aufrief, bei Bewerbungsgesprächen doch auch auf seine persönlichen Defizite einzugehen; ich habe den betreffenden Artikel nur überflogen, würde jedoch meinen, dass dies einen Aufruf zu mehr Ehrlichkeit im Umgang mit Dritten konstituieren soll. Quasi eine Erinnerung daran, dass es Tugenden gibt, die mit den rein ökonomischen Aspekten des Arbeitens nichts zu tun haben. Kant würde sagen, dass es nur dann ein moralisches Handeln gibt, wenn man sich der Pflicht dazu hingibt, richtig zu handeln und nicht wenn man es tut, weil es einen voran bringt. Und richtig handeln bedeutet in Kant‘schen Kontext, jeden Menschen auf Grund seiner angeborenen Würde als vernunftbegabtem Wesen Achtung entgegen zu bringen – wozu eben auch gehört, sein Gegenüber nicht zu belügen.

Eigentlich kann ein Aufruf zu mehr Aufrichtigkeit speziell bei Menschen in leitenden Positionen doch nie verkehrt sein, würde man im ersten Augenblick denken. Doch ich denke, es ist oft nicht so sehr ein echter Mangel an Tugend, der dem einfachen Ottonormalverbraucher einen Chef als… nun sagen wir mal von Grund auf Suspekt erscheinen lässt. Wir neigen nur einfach dazu, Menschen mit höherem Einkommen (und übrigens auch mehr Verantwortung) Unaufrichtigkeit in Reden und Handeln quasi als Grundvoraussetzung für das Erreichen einer höheren Position zu unterstellen. Ich weigere mich das zu glauben. Weil wir Menschen entgegen der Hobbes’schen Philosophie nicht von Grund auf schlecht sind; wir haben vielleicht die Tendenz, uns durch verschiedene Anreize korrumpieren zu lassen, aber auch dabei gilt, dass es schwächere und stärkere Charaktere gibt. Aber jemand, der eine gewisse Position erreicht hat, kam dort in den meisten Fällen durch harte Arbeit hin und erwartet – nicht ganz zu Unrecht, wie ich meine – für seine Leistung respektiert zu werden. Das tun wir alle auf die eine oder andere Weise. Aber bei jemandem, der zumeist eine gesellschaftlich höhere Position innehat, sträuben wir uns dagegen, das anzuerkennen, weil wir, aus welchen Gründen auch immer – Neid käme aber wohl durchaus in Frage – das Recht auf diese Position bezweifeln.

Von daher verwundert es nicht, dass ein solcher Artikel, der eben nach mehr Aufrichtigkeit verlangt unsere populistischen Instinkte anspricht: „JA, zeig schon her, was mit deiner ach so weißen Weste alles nicht stimmt!“. Nun ja, was soll ich sagen, Stammtischparolen waren mir schon immer fremd. Ebenso bezweifele ich aber, dass jeder Personaler diesen Kandidaten sofort als untauglich abhakt, nur weil er zugibt, einen menschlichen Makel zu haben. Zugegeben entspräche genau das dem allzu stereotypen Bild, welches wir von der Unmenschlichkeit der Arbeitswelt haben, doch auch hier empfiehlt es sich, nicht alle über einen Kamm zu scheren. Vielleicht ist das Zugebenkönnen ein erster Schritt hin zu einem achtungsvollen Umgang miteinander, wie ihn Kant uns angemahnt hat?

Natürlich lässt sich kaum verleugnen, dass unsere Arbeitswelt einem entmenschlicht vorkommen kann, verglichen mit den Gutsherrenzuständen, wie sie vor 100 Jahren geherrscht haben, geht es zumindest in unseren Gefilden heute jedoch ziemlich gesittet zu. Und nur weil man im Umfeld der Erwerbstätigkeit, wie allerdings auch überall sonst, vielleicht noch nicht an einem Ziel wie dem Diskurs auf Augenhöhe zwischen allen Beteiligten angekommen ist (der zumindest gegenwärtig gar nicht möglich ist, weil eben nicht alle Menschen als gleich anerkannt sind), bedeutet das nicht, dass es sich nicht lohnt, darauf hin zu arbeiten. Auch wenn der Weg noch lang sein mag.

Was nun die Aufrichtigkeit bei Personalgesprächen angeht, habe ich keinen Ratschlag. Ich würde aber vermuten, dass es sich mittelfristig als eher nachteilig heraus stellen könnte, wenn man tatsächlich vorhandene Defizite verschweigt. Ich persönlich empfinde Aufrichtigkeit als einen Wert an sich, dem ich mich verpflichtet habe, weil ich die Menschen um mich herum respektiere – natürlich nur, sofern sie dies auch tun. Aber zum einen findet man das mit ein wenig sozialem Geschick recht schnell heraus. Und zum anderen dürfte diese Einschränkung umgekehrt genau so gelten…! Schöne Woche noch.

Manchmal redet man von “denen da oben”…

…oder vom “System”, das ja so böse ist und diese oder jene Ungerechtigkeit verursacht. Ich bin mir ja nicht so sicher, was Stammtischparoleure landauf, landab meinen, wenn sie von “dem Kapital“ sprechen, oder “den Politikern“, oder “der Wirtschaft“. Vermutlich wissen sie das selbst nicht so genau, aber “die Wirtschaft“ ist in deren Hirnen dann trotzdem gerne Schuld daran, dass wir alle am Hungertuch nagen… oder? Vielleicht sollte man einfach mal ein paar Begriffe klären.

Menschen sprechen gerne von Systemen, wenn eine Gruppe von Menschen eine bestimmte Größe erreicht hat und deshalb notwendigerweise begonnen hat, eine Binnenstruktur auszuprägen; das heißt, einzelne Personen, oder kleinere Personengruppen übernehmen bestimmte Funktionen innerhalb der größeren Gruppe, die man braucht, um die größere organisieren und am Laufen halten zu können. Das gilt so etwa für jeden Handwerksbetrieb mit mehr, als sagen wir mal zehn, fünfzehn Beschäftigten. Da macht dann einer die Auftragsakquise, einer schreibt Angebote, einer macht die Personaldisposition – in einem so kleinen Maßstab vermutlich jeweils neben dem normalen Arbeiten an aktuellen Aufträgen. Doch nehmen wir mal an, der Betrieb hätte 100 Außendienstmitarbeiter. Dann werden die vorgenannten Funktionen zu Vollzeitstellen. Und je größer ein Unternehmen, ein Verein, eine Behörde wird, umso mehr solcher Funktionen werden notwendig, um den Apparat in Gang zu halten. Das entspricht der Autopoiese, also dem Drang zur Selbsterhaltung, der größeren Organisationen jedweder Art innewohnt. Denn allen Automatismen der differenzierten Strukturfunktionalität zum Trotz, bleibt auch die größte Organisation zunächst nur eine Ansammlung von Menschen; Menschen mit Werten, Normen, Zielen, Träumen, Befindlichkeiten, die ein Stück weit dazu gezwungen sind, miteinander zu arbeiten oder zu leben, auch wenn sie sich vielleicht auf den Tod nicht ausstehen können. Gezwungen deshalb, weil einerseits ihre materielle Existenz vom Fortbestand der Organisation abhängen kann (z.B. beim Arbeitgeber), oder ihre ideelle Existenz (etwa bei einem Verein, in dem man sich schon lange engagiert), aber natürlich auch ihre soziale Existenz (im Sinne der Kommune, des Landes, des Staates, in dem sie leben).

“Das System“ wie etwa “die Industrie“ ist somit zunächst nichts weiter, als ein Ausschnitt aus der Gesamtheit der hier lebenden Menschen. Natürlich sind NICHT alle Menschen gleich, auch wenn wir das in einer Demokratie gerne annehmen. Doch letztlich korreliert der mögliche Grad an gesellschaftlicher Teilhabe oder gar Einflussnahme mehr oder weniger direkt mit dem jeweils vorhandene Zugang zu Ressourcen; Geld, Bildung, Macht, wobei diese drei unbestritten in einem direkten Abhängigkeitsverhältnis zueinander stehen. Doch es ist kein gesichtsloses System, dass Ressourcen und damit Chancen auf Teilhabe und Wohlstand verteilt, es sind Menschen. Menschen, die Entscheidungen treffen, jeweils auf der Basis ihres besten Vermögens. Und genau das ist der Knackpunkt: kein Mensch ist frei von seinen Affekten, von Sym- oder Antipathie, von mentalen Landkarten, die diese oder jene Einstellung entstehen lassen; schließlich von Zwängen, die gleich, ob real existent oder nur eingebildet, real wirksam auf das Tun oder Unterlassen werden.

Wir alle beeinflussen einander. Gäbe es zum Beispiel nicht so viele Menschen des unteren Mittelstandes die denken, dass Aktien eine gute Idee sind, für das Alter vorzusorgen, würden die Vorstände der börsennotierten Unternehmen nicht so auf die Befindlichkeiten “der Märkte“ reagieren müssen, welche letztlich nur die Erwartungen vieler Menschen auf einen Reibach wiederspiegeln. Dass man sich, indem man an der Zockerei mit Erwartungen teilnimmt, den eigenen Ast absägt, ist Vielen überhaupt nicht bewusst. Doch überzogene Gewinnerwartungen, geschürt von den Fondsdealern, die ja ihre Produkte verkaufen müssen, um ihren eigenen Lebensunterhalt finanzieren zu können, lassen sich heutzutage zumeist nur noch durch Einsparungen erzielen. Und der größte durchlaufende Posten heißt in den allermeisten Branchen “Personalkosten“. Einerseits Gewerkschaftsmitglied zu sein und auf die Personalpolitik der Konzerne (die ja auch nur Systeme sind, gell ;-)… ) zu schelten, aber andererseits auf fette Gewinne aus einer Fondsgebundenen Rente zu hoffen ist schlicht schizophren! Ich habe auch lange gebraucht, um mir das einzugestehen, aber so ist es halt!

Und was bringt es einem nun, mal was darüber gehört zu haben? Organisationen aus vielen Menschen entwickeln gemeinsame Ziele, nämlich zusammen als Organisation nicht nur einfach überleben zu können, sondern stärker zu sein, weiter kommen zu können, als andere. Je größer die Organisation, desto komplizierter und verflochtener sind aus der organisatorischen Notwendigkeit heraus ihre inneren Strukturen, die aber auf’s kleinste Teil herunter gebrochen alle aus Menschen bestehen; Menschen, wie du und ich. In sozialen Zusammenschlüssen jedweder Natur entwickeln Menschen aber, aus den vorgenannten Gründen, eine gemeinsame Kultur und eine gemeinsame Sprache, die sie wiederum stärker in diese Organisation integrieren. Dadurch entstehen Zwänge, die auf andere Organisationen, gesellschaftliche Teilsysteme und, wenn oft auch indirekt, schließlich wieder auf einen selbst wirken.

Sich dem entgegen zu stellen, ist alleine eigentlich ziemlich aussichtslos, aber es ist möglich, sich ein ganzes Stück weit davon frei zu machen. Entscheidend dafür ist, dass jedes Individuum begreift, dass ein Handeln rein nach ökonomischen Gesichtspunkten einen irgendwann mit Wucht an die Wand fährt, weil wir alle Interessen haben, die sich aber nicht harmonisieren können, weil im Moment fast alle dem Gott Ego huldigen. Die libertäre Vorstellung vom uneingeschränkten Selbsteigentum ist wirklich etwas Furchtbares! Aber Umdenken beginnt stets im eigenen Kopp, weshalb ich einmal mehr (sinngemäß) ein Zitat vom Ghandi einflechte: “Sei du selbst der Wandel, den du in der Welt sehen willst.“ Vielleicht mag ja der eine oder andere da draußen auch mal seine Einstellung “zum System“ überdenken?

Glaub ich nicht!

Ich habe neulich, wenn ich mich noch recht entsinne, mal geschrieben, dass ich Sakralbauwerke eigentlich fast nur zum Zwecke des Fotografierens betrete. Wenn man mal von den wenigen Gelegenheiten absieht, da Familienfeiern etwas mit einem Kirchgang zu tun haben; Hochzeiten, Weihnachten und so was eben. Für sich betrachtet weist diese Bemerkung auf zwei Dinge hin: meine Liebe zum Fotografieren und mein ambivalentes Verhältnis zur Religion. Bezüglich des Ersteren gibt es, zumindest im Moment wenig zu sagen, da ich weder gut genug bin, um anderen Tipps geben zu können; da gibt es gewiss berufenere Kandidaten. Noch bin ich bereit, meine ganz persönlichen gestalterischen Vorstellungen zu diskutieren. Sie reflektieren meinen Geschmack und über den streitet man nicht.

Mitnichten bedeuten seltene Kirchenbesuche indes, dass ich nicht glauben würde. Würde ich meinen Glauben kurz beschreiben wollen, so würde ich sagen, dass es nach meiner Meinung keines Beweises für das Existieren höherer Mächte bedarf, wenn man glauben will; dass sie sich einem aufmerksamen Beobachter aber zumindest indirekt gelegentlich offenbaren. Außerdem bin ich davon überzeugt, dass jeder Mensch eine spirituelle Seite in sich trägt, deren Bedürfnisse befriedigt werden wollen. Was man dafür glaubt, oder an wen, spielt somit keine Rolle, sofern man nur einen individuell passenden Fokus für die metaphysischen Aspekte seines Seins zur Hand hat. Heidegger würde mich vielleicht steinigen, aber das ist mir Wumpe. Ich glaube an eine schöpferische Kraft, die jenseits dessen liegt, was wir mit unseren normalen Sinnen erfassen können, die unser Leben manchmal bereichert – z.B. mit Inspiration – uns aber gelegentlich auch prüft! Ich gebe ihr keinen Namen und mache mir kein Bild von ihr, ansonsten war’s das mit meiner Christlichkeit aber auch schon, denn organisierte Religion beglückt mich nur wenig.

Ich sagte, dass wir vermutlich alle das Bedürfnis haben, an etwas zu glauben. Religionen allerdings, oder besser gesagt die Organisation dahinter, also der jeweilige obere Klerus kommen mir mittlerweile vor wie Meth-Dealer. Sie verteilen das Opium für’s Volk – schönen Dank an Karl Marx – bzw. sie delegieren diese Tätigkeit an Menschen, die durch ihre eigene, vermutlich zumeist sehr ehrliche Gläubigkeit andere zum Glauben bringen, oder dies wenigstens versuchen. Dass sie damit jedoch helfen, etwas Freies, zutiefst menschliches durch Liturgien und Regeln in ein Korsett der Konformität und Unfreiheit zwingen, welches lediglich eine andere Art von Kontrolle über das Individuum repräsentiert, ist für mich pure Ironie des Schicksals. Wenn ich mich doch darüber freue, dass jemand an das Gleiche glaubt wie ich, warum muss ich ihm dann Regeln für das richtige Glauben aufzwingen? So oft ich darüber nachdenke, habe ich nie begriffen, warum Menschen sich überhaupt darauf einlassen. Ich meine, beim Steuern zahlen und Gesetze befolgen hat man keine Wahl. Was aber auch gut ist, weil die Gesetze einem friedlichen Koexistieren dienen und die Steuern einerseits helfen, soziale Härte zu dämpfen, andererseits Zugang zu Bildung, Grundversorgung und Infrastruktur sicherstellen sollen. Dass das nicht immer so klappt, wie ursprünglich gedacht, steht auf einem anderen Blatt…

Beim Glauben jedoch, der etwas sehr persönliches ist, gibt man seine Autonomie frohen Herzens an jemanden, dessen Intentionen nur schwer zu durchschauen sind? Und das womöglich als notorischer Steuerhinterzieher? Seltsam, oder? Nun ist es ja so, dass die Kirchen für sich beanspruchen, moralische Instanzen zu sein, Institutionen, die zu den Fragen nach dem Sinn (die sich jeder stellt) und nach Maßstäben für das Handeln auch in extremen Situationen für jeden gültige Antworten parat haben. Aber ist das tatsächlich so?

Es erscheint uns oft so, als wenn die Verlautbarungen der Kirche zu den verschiedensten Fragen des Alltags von einer gewissen Gestrigkeit umwölkt wären, von einem wenig realistischen Blick auf das Hier und jetzt. Als wenn die Interpretation alter Schriften und Doktrinen wenig Fruchtbares zu den Problemen der Neuzeit beizutragen hätte. Manchmal ist das auch so, wenn man sich zum Beispiel ansieht, wie die Frau Käßmann sich mit ihrem Kaffeehauspazifismus vergaloppiert hat. Oder an denen Dogmen der katholischen Kirche rings um Alles, was mit der Ehe und dem Beischlafe zu tun hat. Doch gibt es tatsächlich Fragen, die uns neu erscheinen, aber in Wirklichkeit verdammt alt sind und denen man durchaus mit den moral-ethischen Mitteln älteren Datums beikommen kann. Aber die Fähigkeit, Überliefertes richtig transponiert, richtig dosiert im richtigen Moment anzuwenden, die scheint Mangelware zu sein. Ein Grund, weshalb mich organisierte Religion so wenig beglückt.

Ich brauche zum glauben keine Bauwerke, obwohl mich die Hingabe, mit der Glaube in vergangenen Generationen zu Stein geworden ist immer wieder fasziniert. Ich brauche zum glauben keine Regeln und will folglich auch keine, verstehe aber Menschen, die in der Gemeinschaft, welche eine Liturgie und ein besonderer Ort zu stiften vermögen Trost, Ruhe und vielleicht auch Orientierung suchen. Was mich aber immer wieder irritiert ist der Missbrauch, welchen Religion im Namen dieses oder jenes Ziels erfährt; der Missbrauch, der uns als Weltgemeinschaft mit dem Schrecken des Terrors überzieht. Ist es nicht immer wieder erschreckend, wie wenige faule Äpfel man braucht, um eine Kiste zu verderben; manchmal reicht ein einziger. Denn da wo die Religion missbraucht wird, um falsche Wege aus säkularem Elend zu weisen, degeneriert das, was die Irregleiteten nun als ihren Glauben wahrnehmen, zu einer Schimäre, die so vieles verspricht und doch nichts hält; verbreitet von falschen Propheten. Dieses Missbrauchspotential, das jeden Tag irgendwo von irgendwem auf irgendeine Art ausgeschöpft wird ist es, was mich von der organisierten Religion wegtreibt. Und ich meine damit beileibe nicht nur islamische Hassprediger, obwohl bestimmt so mancher gerade jetzt an gerade die gedacht hat! Aber jede Art von organisierter Religion konnte und kann so ge- bzw. missbraucht werden. Darum glaube ich nicht, dass ich so bald zum Gläubigen im kirchlichen Sinne werde. Und was glaubt ihr so, dass ihr glaubt…?

Optimal ist aus!

Irgendjemand hat neulich mal zu mir gesagt, dass ich ihm ein bisschen vorkäme, wie Jason Stathams Charakter in „The Transporter“. Natürlich weder so athletisch, noch so kampferprobt, dazu habe ich die letzten Jahre ein wenig zu gerne gegessen und ein wenig zu ungern trainiert. Aber ich sei ähnlich akribisch im Streben nach dem Optimum. Das bezog sich in der Hauptsache auf mein berufliches Tun, aber letztlich musste ich nach einer Weile des Sinnierens feststellen, dass das auch für andere Bereiche meines Lebens zutrifft; dieser Drang 100% zu erreichen. Diese 100% bedeuten für mich, aus dem Wenigen das manchmal zur Verfügung steht – an Ressourcen, an Zeit, an Ausrüstung – das mögliche Optimum zu erzielen. Es geht also um Effizienz. Oder besser darum, dass man ein solches Maß an Effizienz nicht ohne Unterstützung und vor allem nicht dauernd bieten kann, egal wie sehr man sich auch anstrengen mag. Doch von dem rationalen Begreifen dieses Faktums bis zum emotionalen darauf einlassen ist es ein weiter und steiniger Weg…

Der „Transporter“ hat ein paar Regeln, an die er sich immer hält; bis zu diesem einen Tag, als er nicht ignorieren mehr kann, dass seine Fracht in einer Notlage ist. Dieses Bild lässt sich ebenso übertragen, nur dass es bei der Notlage nicht um eine fremde Person, eben das Paket im Kofferraum eines großen Audis geht, sondern um einen selbst. Ich wünschte wirklich, ich könnte sagen, dass mir der Vergleich schmeichelt, doch irgendwie symbolisiert dieses Fixiert Sein auf Akkuratesse, auf Effizienz und Geschäftsmäßigkeit im Fremdbezug zwanghaftes Verhalten. Ich habe zwar keine schwarzen Anzüge in Reih und Glied im Schrank hängen, doch der sanfte Anklang eines zwanghaften Verhaltens hinsichtlich meines Dranges, immer das Beste erreichen zu wollen, ja zu müssen lässt sich leider kaum verheimlichen.

Jeder hat Idealvorstellungen von bestimmten Orten, von bestimmten Zuständen und Zielen, von sich selbst im Kopf, die einen manchmal dazu bringen, Dinge zu tun, egal ob diese nun gut für einen sind oder nicht. Mein Selbstbild, so wie es jetzt ist, verlangt von mir diese Effizienz, 100% der Mann zu sein, den Andere in mir sehen sollen; ein Vorbild, ein verlässlicher Kollege, bzw. Partner, ein Fels in der Brandung, eine Art Marke, sowohl als Orientierungspunkt, als auch symbolisch, wie bei einem Markenzeichen. Insbesondere wenn ich junge Berufsanfänger auf ihren Wegen ein Stück begleite. Leading bei example, was natürlich verlangt, ein gutes Beispiel zu geben. Dabei bin ich in den letzten anderthalb Jahren regelmäßig über meine eigentlichen Belastungsgrenzen hinausgegangen, habe mich immer wieder motiviert, dass die Durststrecke schon bald vorüber sein werde, dass auch wieder bessere Zeiten kommen, dass am Ende schon alles gut wird. Doch das erhoffte Ende, der ersehnte Wandel sind nicht in Sicht; und ich am Grunde des Fasses angelangt, aus welchem ich bis zuletzt weiter geschöpft habe. Doch meine Reserven sind erschöpft, meine Zuversicht beim Teufel und mein Optimum… tja, ich weiß nicht, ob ich nochmal dahin komme, nein nochmal dahin kommen will.

Denn würde ich alsbald so weiter machen, wie bisher, würde ich in zwei, vielleicht drei Jahren, wahrscheinlich aber viele eher wieder da stehen, wo ich jetzt bin und das will ich nicht, weil ich Verantwortung habe; für mich, meine Familie und meine wahren Freunde an allererster Stelle. Erst weit danach kommen all Jene, denen ich nebenher immerzu auch gegeben habe. Es wird mir – zumindest anfangs – wehtun und es wird ihnen wehtun, aber ich muss mich ändern. Ich muss und werde ein Anderer werden, weil ich sonst an meinem alten Ich kaputt gehen werde. Und wenn der eine oder andere zu mir kommen und mich anmachen wird, das ich mich verändert hätte, so werde ich vielleicht nicht gleich darauf scheißen, sondern erst, wenn derjenige sich selbst auch mal gefragt hat, ob sein eigenes Ich denn so richtig in Ordnung ist, und danach immer noch rumnölt.

Wir als Menschen sind soziale Wesen; wir haben einen hoffentlich halbwegs festen Charakter und sind doch auch immer einem Veränderungsprozess unterworfen, der unsere Beziehungen stets mit verändert. Motor dessen ist, wie ich vermute, die ungebrochene Bestrebung des Menschen nach Veränderung, vor allem nach Verbesserung. Doch auch wenn man es schafft, für sich selbst das in unserer Zeit leider wildwuchernde Primat der Notwendigkeit zur Selbstoptimierung zu verneinen, steckt man immer noch im sozialen Geflecht und wird sich Anfeindungen ausgesetzt sehen, wenn man sich den allgemeinen „Standards“ wiedersetzt. Ich sehe mich nun der Notwendigkeit gegenüber, diese Anfeindungen zu ertragen und so herausfinden zu können, wer mir wohl meint und wer nur von meiner Energie partizipieren will. Ich habe ein bisschen Angst davor; trotzdem bin ich gespannt, wohin der Weg führt. Denn wer mich fürderhin begleitet, wird vermutlich, genau wie ich selbst, Überraschungen erleben dürfen…

Krieg ist Scheiße, Wegschauen noch schlimmer!

Stellt euch mal vor, es ist Krieg und keiner geht hin! Der Satz ist ziemlich alt, dementsprechend auch schon recht abgedroschen, aber er passt auf die aktuelle Situation, wie die Faust auf’s Auge passen würde, wenn man sich denn dazu entschlösse, seiner Völkerrechtlichen Verpflichtung nachzukommen. Wie jetzt, der Autor dieser Zeilen ist ein Kriegstreiber? Ja, ja, danke geschenkt, macht mich an, wenn ihr so viel besser wisst, dass niemals mehr ein Deutscher außerhalb der Grenzen unseres Landes kämpfen darf, Nazi-Vergangenheit sei Dank. Dass wir eine Truppe haben, die nur zur Landesverteidigung eingesetzt werden darf und dann auch nur schießen darf, nachdem sie den feindlichen Panzer, oder was auch immer höflich zum Anhalten aufgefordert hat; drei Mal und mit dem notwendigen Vierfarbformularvordruck. Habt ihr den Knall nicht gehört?

Nur für den Fall, dass all die Kaffeehauspazifisten, die durch meine Worte eh nicht davon zu überzeugen sind, dass unsere Welt sich als Dauerkriegsschauplatz darstellt und wir Deutschen nur zufällig das Glück hatten, die längste Friedensperiode in der europäischen Geschichte erleben zu dürfen, die es je gab vielleicht doch mal zum Überdenken ihres Hardcore-Im-Stich-Lassens der Weltgemeinschaft zu bewegen wären: Schon seit 15 Jahren kämpft die Bundeswehr nicht mehr ausschließlich zur Landesverteidigung, unsere Truppen lassen sich bestimmt nicht wehrlos beschießen, bis der Gegner keine Lust oder keine Munition mehr hat und regelmäßig kommen Särge zurück in die Heimat. Ich habe keine Ahnung, mit wie viel Enthusiasmus oder Ablehnung diese Männer und Frauen ihrem Auftrag gegenüber stehen, aber sie erfüllen ihn, erfüllen ihre Pflicht, ohne viel Gesäusel.

Ich will nicht sagen, dass ich es gut finde, wenn irgendwo Kriege stattfinden; und noch viel weniger bin ich ein Fan davon, sofort in jeden Konflikt hinein zu rennen. Ich bewundere eher Frank-Walter Steinmeiers Ausdauer als Vermittler, obwohl er doch selbst weiß, wie aussichtslos sein stiller Kampf gegen Betonköpfe vermutlich ist. Aber es gibt Situationen, in denen ein Kampf unausweichlich ist, weil man sich einem Gegner stellen muss, der einfach nur die Welt brennen sehen will. Und solche Leute gibt es. Würde er eine Chance sehen, mit den IS-Terroristen auf irgendeiner Basis sprechen zu können, um sie von noch mehr Gräueln abzuhalten, würde unser Außenminister wahrscheinlich auch das versuchen. Selbst John Kerry wäre das zuzutrauen. Aber die wissen, dass dies in diesem Fall keinen Zweck hat.

Aber unsere Kaffeehauspazifisten, die selbsternannte moralische Instanz im Staate, all Jene, die scheinbar immer noch glauben, dass Beten und Häkeln gegen Mordlust hilft, sitzen auf ihren Händen und predigen Gewaltverzicht. Ich finde das mit der linken und der rechten Wange auch dem Grundsatz nach sehr erbaulich, nur leider unpraktikabel, weil genau die, auf die wir in Gewaltsituationen treffen, entweder die betreffende Stelle der heiligen Schrift nicht kennen, vergessen haben, oder drauf pfeifen, weil sie eine eigene, eher unheilige Agenda haben. Passiert das bei uns in Deutschland, kann man sich in der Regel hinterher bei der Polizei ausheulen und wenigstens Anzeige gegen Unbekannt stellen. Diese Chance haben zum Beispiel die Yeziden nicht. Zum einen gibt es dort keinen, der ihnen helfen oder auch nur zuhören könnte und zum anderen würden sie schlicht nicht dazu kommen, die Hilfe einer Polizei, so es sie gäbe in Anspruch zu nehmen – dazu muss man nämlich noch am Leben sein.

Nein, wir können den Kurden keine Waffen liefern, man weiß ja nicht, wo die dann landen. Tja das weiß man bei den Terroropfern auch nicht so genau, aber irgendjemand wird die Massengräber schon finden, dann können wir ja wenigstens BKA-Spezialisten für die Identifizierung vorbei schicken, nicht wahr. Also ein Militäreinsatz ist vollkommen ausgeschlossen, das ist nicht unsere Aufgabe. Tja, also, wenn das nicht unsere Aufgabe ist, brauchen wir auch keinen Platz im Weltsicherheitsrat der UN, oder sonst irgendeinem Gremium, weil Leute, die sich stets mit einem Achselzucken und dem Satz „Können wir nicht, weil wollen wir nicht“ hervor tun bestenfalls als Unentschlossen, schlimmstenfalls als überflüssige Idioten wahrgenommen werden. Aber genauso gebärden sich unsere selbstbestellten Wächter der rechten Ideologie im Moment gerade – eben wie Kaffeehauspazifisten. Typen und Tussen, die ganz, ganz doll gegen Krieg sind, weil das mit den Nazis ja ganz super furchtbar war und nie wieder Krieg von deutschem Boden ausgehen darf. Das in bestimmten Fällen Krieg und humanitäre Einsätze ein und dasselbe sind, entgeht ihnen in ihrem Fanazismus (für alle, die es mal wieder nicht kapiert haben: fanatischer Pazifismus). Und das sie in den allermeisten Fällen nicht den blassesten Schimmer haben, wie es ist, Menschen beim Sterben zuschauen zu müssen, versteht sich ja wohl von selbst. Ich frage mich, wie viele unserer Soldatinnen und Soldaten wohl frohen Mutes in so einen Einsatz ziehen würden, um Leben zu retten und tatsächlich mal die Demokratie zu verteidigen? Ich denke, nicht wenige würden es einfach als ihre Pflicht ansehen; sowohl als Soldat, aber genauso auch als Bürger! Viel Spaß im Kaffeehaus noch, ihr grausamen Moralapostel…