Unwägbarkeiten, also jene Sachen und Sachverhalte, auf die man persönlich keinen nennenswerten Einfluss ausüben kann, die aber sehr wohl Einfluss auf einen selbst oder aber zumindest die mehr oder weniger unmittelbare Lebensumgebung haben können, bereiten uns Unwohlsein. Manchmal sogar blanke Angst, obschon wir doch eigentlich wissen sollten, dass das Ungewisse seit Anbeginn des Menschendaseins zu unseren ständigen Begleitern gehört.
Als Pädagogikstudent muss ich mich, wie jeder angehende Geistes- und Sozialwissenschaftler mit Statistik herumschlagen. Obwohl jedem, der mal das Vergnügen hatte, sich in Literatur zur Anwendung statistischer Methoden auf soziale Sachverhalte einarbeiten zu müssen alsbald klar werden dürfte – zumindest, sofern er oder sie nicht schon vollkommen „Fachblind“ geworden ist – dass man bei der Menge an Vereinfachungen, die man für ein auch nur einigermaßen umsetzbares Modell hinzunehmen hat, kaum erwarten darf, allgemeingültige Ergebnisse zu bekommen. Man muss/soll nach den Lehrbüchern soviel Dynamik wie möglich amputieren, damit man danach ein amputiertes Modell eines dynamischen Sachverhaltes bekommt. Ich muss da durch, aber ich empfinde es als großen Unfug.
Ohne Frage finde ich es spannend, neue Erkenntnisse über die Prozesse sozialer Interaktion zu erlangen, aber ich glaube dabei mittlerweile mehr an das aufmerksame Beobachten und die Analyse mittels des gesunden Menschenverstandes, anstatt an Sigma, Korrelation und Normalverteilung; denn wenn ich mir mein persönliches Umfeld genau anschaue, komme ich immer wieder zu der einen, für mich jedoch mittlerweile alles entscheidenden Frage: warum sollte ich überhaupt versuchen, ein Wesen in eine normierende Klassifizierung zu fassen, dass sich in seiner Komplexität, Dynamik und Vielfalt mit unseren aktuellen Mitteln (noch) überhaupt nicht darstellen lässt, nämlich den Menschen? Und überdies – wohin führt es, wenn man versucht Menschen nach Schablonen zu erfassen? Was kommt danach, wenn man schließlich glaubt, alle Unsicherheit eliminiert zu haben? Wird den einzelnen Schablonen dann ein rangskalierter Wert zugewiesen? Der Gedanke lässt mich schaudern, wäre es doch nicht ohne Präzedenz…
Ich lebe lieber mit Unwägbarkeiten, auch hinsichtlich Derer, mit denen ich täglich zu tun habe, denn der Input, die Spannung, die Herausforderung sind für mich als Individuum ein unverzichtbarer Teil vom Sinn meines Lebens. All die Widersprüchlichkeiten, die Dynamik und die Notwendigkeit zur Einbeziehung neuer, anderer Aspekte in mein Denken und Tun machen mich erst lebendig, lassen mich eben zu jenem sozialen Wesen werden, dass man Mensch nennt.