Wenn ich so über die letzten Jahre zurück schaue, die doch ziemlich mit Aktivität angefüllt waren, gleich ob’s dabei um die Familie, meine Hobbies, mein Studium oder meinen Job ging, entfährt mir oft der Spruch, dass ich mich 2008 das letzte Mal gelangweilt hätte; im November 2008 kam meine erste Tochter auf die Welt. Sicher ein ganz netter Spruch, der den Aufwand und die Mühen des Elternseins bei gleichzeitiger Berufstätigkeit mit einem Augenzwinkern präsentiert. Und ich versichere hiermit öffentlich, dass ich meinen Teil an der Erziehung unserer Kinder und an der Hausarbeit ziemlich ernst nehme. Fragt meine Gattin!
Aber natürlich ist der Spruch nicht so ganz richtig. Und es wäre auch schlimm, wenn ich mir tatsächlich niemals die Freiheit des Müßigganges erlauben würde. Rückzugsorte, die unsere Batterien wieder aufladen verbergen sich überall und man muss sich manchmal gestatten, Fünfe gerade sein zu lassen. Gerade, bevor ich diese Zeilen schrieb, ließ ich mich eine Weile durchs Internet treiben. Sehr oft nutze ich das Weltinformationsgewebe tatsächlich zur Recherche. Mit ein wenig Übung kann man erlernen, wo sich gute, zuverlässige Fakten finden lassen. Aber selbstverständlich ist das Netz ebenso ein Ort der Unterhaltung und ich lasse es mir nicht nehmen, dann und wann ein wenig in musikalischen Erinnerungen zu schwelgen, oder vollkommen ohne Ziel irgendwelchen Webspuren zu folgen, mich quasi einer Idee folgend von Link zu Link zu hangeln, um dabei unerwartete, wunderbare, faszinierende, interessante, nutzlose, verwirrende, falsche, gefährliche, polarisierende, abseitige, irgendwie anrüchige, seltsame und noch mit unzähligen weiteren Adjektiven beschreibbare Dinge zu finden. Einfach, weil ich es kann.
„Puh, was für eine Zeitverschwendung…“, mag der eine oder andere jetzt denken, aber wer ohne Sünde ist, darf gerne eine E-Mail an mich schreiben, um mir zu erklären, wie man andernorts das Bedürfnis nach Zerstreuung stillt und dabei gleichzeitig zunächst nutzlos erscheinendes Wissen erwirbt. Viele Menschen suchen sich Inseln des Wissens, die sie dann ausbauen und dabei nicht zu selten automatisch gegen Vernetzung fortifizieren. Dabei ist Inselwissen nutzlos, erst der Kontext vieler miteinander vernetzter Inseln bildet interdisziplinär anwendbares Wissen, oder das, was man gelegentlich als Allgemeinbildung bezeichnet. Die besteht nämlich nicht nur aus der Anhäufung enzyklopädischer Fakten, sondern vor allem aus dem zueinander in Bezug Setzen derselben. Eine gewisse Analogie zum herummäandern im Internet lässt sich da nur schwer verbergen…
Mitnichten ist alles sinnvoll, was ich mir bei solchen Streifzügen anschaue. Manches ist witzig, manches wirklich nutzlos, manches einfach nur schlecht, oder schlimm, oder beides gleichzeitig; und manches ist auch schlicht Porno, wofür ich mich mit Sicherheit bei niemandem entschuldigen werde. Aber ab und an schält sich `ne Perle aus der Auster. Also ist mein Internet-Müßiggang doch nicht ganz so sinnlos, wie es zunächst den Anschein haben mag. Trotzdem müssen wir uns alle ab und zu ein snipet of laziness gönnen; das macht locker, munter und wieder Lust auf Sinnvolles. In diesem Sinne viel Spaß – vielleicht schickt ihr mir ja mal ein sehenswertes Fundstück.