Haben meine Träume ausreichend starke Flügel, mich auch in meinem jetzigen Zustand noch bis zum Himmel zu tragen? Nein, ich meine damit nicht unbedingt den Umstand, dass ich physisch gesehen als Vogel ziemliche Probleme hätte und bestenfalls als Albatross durchgehen könnte; erinnert sich übrigens irgend jemand an Orville?
Nun jedenfalls geht es heute auch nicht um Deprimiertheit, oder die psychopathologische Steigerung davon. Vielmehr fühle ich die Abgebrühtheit und Desillusioniertheit wachsenden Alters, die mir mittlerweile manchmal zur Last wird. Mit 20 war ich (gefühlt) unsterblich, unbesiegbar – und unglaublich naiv. Heute bin ich zumindest ein wenig erfahrener, ruhiger, überlegter – und langweiliger? Keine Ahnung, genau das versuche ich nämlich zu verhindern, aber diese Beurteilung müssen Dritte übernehmen, schönen Dank. Alles in allem habe ich heraus gefunden, dass es ein schmaler Grat ist, auf dem man zu wandern hat, wenn man auf der einen Seite seiner hoffentlich wachsenden Lebensklugheit ihren gebührenden Einfluss auf Tun und Lassen einräumen möchte, auf der anderen Seite aber dieses, durchaus auch medial geschürte, Verlangen danach brennt, jung und rege bleiben zu wollen; oder zu müssen?
Das ist eine Frage, die man für sich selbst klären muss, nämlich wie sehr man sich auf äußeren Zwänge einlassen will, bzw. muss und wo man lieber selbst einen dritten oder auch vierten Weg sucht? Rege bleiben bedeutet mir, dass man nicht immer nur die Augen nach vorne richtet, sondern gemäß dem Motto „Der Weg ist das Ziel!“ sich seine Zeit zur Beobachtung, zur Muße und zur Kontemplation nimmt, mal rechts oder links abbiegt und mitnimmt, was der vermeintliche Umweg zu bieten hat. Um dann nach einer Weile gestärkt abheben, die Dinge psychoperspektivisch betrachten – also beinahe wie ein Außenstehender – und den Weg, der ja das Ziel ist, neu festlegen zu können. Man darf natürlich auch im wahrsten Wortsinn abheben…
Meine Träume können mich tatsächlich in diesem Sinne noch tragen, dass sie mir helfen, im unüberschaubaren Gewirr der Möglichkeiten und Beliebigkeiten meine Orientierung zu behalten, mich auf das Wesentliche zu besinnen. Und trotzdem manchmal eine Chance zur Flucht aus der allzu gewohnten, erdrückend monotonen Rhythmik des Alltags bieten. Zu lernen, die eigenen Träume nicht aufzugeben, sie nicht zu vergessen oder vollkommen unter großen Haufen aus Pflicht, Gehorsam und Selbstverleugnung zu begraben ist eine Kunst. Man kann diese nicht so leicht erlernen, aber wenn man sich die Mühe macht, sich seiner selbst regelmäßig zu erinnern, kommt das fast von ganz alleine. Und ich träume immer noch verdammt gerne!
Dieser Artikel, Deine Gedanken, gefallen mir sehr gut.
Wahrscheinlich, weil ich mir selbst seit einiger Zeit viele Gedanken über Träume, Ziele, Träume real werden lassen, usw. mache.
Vor allem der letzte Abschnitt ist sehr schön geschrieben!
Well, dream on! 🙂
LG,
Coco