New Short #01 – …and more?

Als ich dieser Tage so durch meine Hood ging, mit der Beute meines mittäglichen Ausfluges zum asiatischen Spezialitäten-Restaurants in der Tasche, kam ich – nicht zum ersten Mal in diesem Leben – an jenem Schild vorbei, welches da stolz verkündet “Feinkost and more”. Und manchmal setzen solche Kleinigkeiten unerwartete Denkkaskaden in Gang, denn… WAS ZUM HENKER IST DIESES “MORE”? Ich meine, wenn ich in Frankreich durch einen Ort gehe, dann steht auf einem Schild möglicherweise “Gaspard et Fils – Boucher”. Und das ist dann ‘ne Metzgerei, aber sicher nicht “more”; von was denn auch? Jagdbedarf? “More”, wortwörtlich übersetzt mit “mehr” verweist üblicherweise auf einen Überschuss, etwas anderes, etwas zusätzliches, dass nicht auf den ersten Blick sichtbar wird – und damit auf das Versprechen, dass man HIER an DIESEM Ort mehr bekommt, als das, was vordergründig in der Auslage umhersintert. Nun ist es aber eher unwahrscheinlich, dass sich hinter jedem “more” ein Speakeasy, eine Schattenbank, ein Bordell, ein Spielcasino oder eine Vermittlungsagentur für Auftragskiller verbirgt. Zumindest in meiner Hood fände ich das seltsam. Ist hier einfach nicht das Klientel dafür. Da kenn ich andere Gegenden… Was also soll dieses verf****e “and more” auf diesem Schild? Bieten die Heimservice an? Kann man hinten im Laden neben Feinkost auch noch einen recht einfachen Haarschnitt erwerben, wenn man das Passwort “Prinz Eisenherz”sagt? Sägen die einem Holz zu, oder verchecken die “vom Laster gefallene” Ikea-Ersatzteile?

Aus meiner Sicht ist diese – nutzlose – Floskel das Deppen-Postscriptum der eigenen Geschäftsbeschreibung. Also in etwa analog zum Deppen-Apostroph in “Andrea’s Haarstudio”, welcher nicht etwa auf einen Friseurladen hinweist, der von einer Andrea betrieben wird, sondern zuvorderst auf mangelhafte Kenntnis der Muttersprache. Der von ihr betriebene Laden müsste “Andreas Haarstudio” heißen, wohingegen “Andreas’ Haarstudio” korrekterweise auf einen männlich gelesenen Betreiber hinweisen würde. Please, learn the difference! Dieses “…and more” ist einfach nur billigstes Möchtegern-Marketing-Sprech aus dem legendären Handbuch “Bullshit-Gelaber für Dummies”. Es weckt durch seine Offenheit unnötige – und zumeist dann auch noch unerfüllbare – Erwartungen an ein “besonderes Shopping-Erlebnis”, ohne die so entstehende Ambivalenz mit Gehalt füllen zu können. So, wie man nie hungrig einkaufen gehen sollte, darf man ein “…and more” einfach NIEMALS für bare Münze nehmen. In 95% aller Fälle hat der Schreiber nicht nachgedacht, in 4,9% aller Fälle hat er versucht nachzudenken und kam leider dennoch zum falschen Ergebnis… und in 0,1% der Fälle kann ich hier vielleicht tatsächlich doch Geld waschen oder einen Killer für Erbtante Frieda anheuern. Ich würd aber nicht drauf wetten, dass das Angebot was taugt, wenn der Anbieter so eine gequirlte Bullen-Scheiße auf sein Ladenschild schreibt.

Machen wir’s kurz: lasst dieses selten dämliche “…and more” einfach weg und besinnt euch auf die Kernkompetenzen eures Geschäftes. ICH mag kleine Läden mit überschaubarem, aber dafür qualitativ ansprechendem Angebot. Ich wünsch euch einen schönen Tag… und mehr…!

Auch als Podcast…