Lieber nicht reden, als falsch reden?

Alle sprechen von konsequentem Handeln. Davon, dass die FDP, oder besser ihr derzeitiges Galionsfigürchen Christian Lindner es richtiggemacht habe, mit dem Rückzug aus den Blondierungsgesprächen. Oder so ähnlich… Wenn wir Konsequenz der Definition nach als die Übernahme von Verantwortung für ein Handeln oder Unterlassen verstehen, stellt sich mir die Frage, welche Leistung oder Nichtleistung denn nun durch die Liberalen so rühmlich konsequent abgearbeitet wurde? Eventuell der Versuch, Deutschland eine neue bürgerliche Mitte zu geben? Themen zu setzen, die Relevanz besitzen und dem Gros der Bürger dienen und nicht nur einer höchst begrenzten Klientel? Sich Widrigkeiten und differierenden Standpunkten zum Trotz den staatspolitischen Verpflichtungen zu stellen? Nun ja – epic fail.

Nur das wir uns richtig verstehen: ich bin und bleibe Sozialdemokrat. Ein Bündnis aus CDU/CSU, FDP und Grünen klang dennoch nach einer charmanten Idee, um den rechten Ausputzern den Wind aus den Segeln zu nehmen und durch kontroverse Debatten endlich wieder Leben in den Polit-Betrieb in Berlin zu bringen. Dieser war in den letzten 18 Monaten ja doch derart behäbig geworden, dass es weh tat. Und was bekommen wir jetzt? Söder in Bayern, der ein noch üblerer Propagandist und Rechtsausleger ist, als Seehofer. Na ja, vielleicht verkackt er’s ja so übel, dass die nächste Koalition in Bayern dann AfD/CSU heißt. Die Grünen suhlen sich in Schuldzuweisungen an die FDP. Die FDP brüstet sich mit ihrem konsequenten Handeln, dass für mich bestenfalls Ausdruck der Angst vor der eigenen Courage ist. Und die SPD wird vom Bundespräsidenten dazu verdonnert, den Lückenbüßer wider Willen zu spielen; was landauf landab zum Anlass genommen wird, die SPD als Umfaller zu schmähen. Und wer gewinnt dabei?

Es gäbe zwei Szenarien, die mir dazu einfallen: nach langem Trara platzt die zweite Sondierung CDU/CSU und SPD, es gibt Neuwahlen und der rechte Rand erstarkt auf Grund steigender Verdrossenheit über die Unfähigkeit der etablierten Parteien wahrscheinlich noch mehr. Oder sie raufen sich zusammen, die CDU verbucht wieder alle Verdienste für sich, das Land erstarrt weitere vier Jahre in Merkel’schem Topor ohne Visionen für die Zukunft und danach dümpelt die SPD bei 12%. In jedem Fall gewinnen die Schwarzen und noch mehr die Blauen, weil Menschen lieber um jeden Preis den Status Quo bewahren, anstatt etwas Neues wagen zu wollen. Ob die SPD anders kann, will ich jetzt nicht beurteilen müssen, denn im Moment muss ich vermuten: Nein!

Vielleicht kommt auch alles anders und die nächste CDU/CSU-SPD-Koalition rockt total den Shit. Wozu allerdings vorher tatsächlich reichlicher Konsum Bewusstseinserweiternder Substanzen notwendig wäre…wegen der fehlenden Visionen und so. Und wer glaubt schon an sowas. Man muss nur zur Kenntnis nehmen, das wir keine Staatskrise haben, sondern eine Ideenkrise und eine Wagniskrise, die nur durch neue Ideen und Wagnisse zu beheben wäre. SO betrachtet sind wir allerdings in jedem Fall im Arsch, den Ideen und Mut sehe ich im Moment auf Bundesebene bei niemandem so präsent, dass es Hoffnung machen würde. Bis die Tage wieder.

a snipet of hate (for cellphones)

Ich lief dieser Tage durch meinen Stadtteil und wurde von einem Schaudern erfasst, als ich wieder mal eine Person (dass es sich dabei um eine hässliche, mit einem überaus nervtötenden Sprachduktus ausgestattete Person handelte, ist eigentlich ohne Belang) wahrnehmen musste, die laut über irgendwelche Unwichtigkeiten ihres Privatlebens schwadronierend durch die Fußgängerzone stapfte. Früher hätte man die Cops und die Sanis gerufen und dann weg damit in die Klapse (falls sich irgendjemand mit ernsthaften psychologischen Problemen an dieser Stelle auf den Schlips getreten fühlt: komm klar, die habe ich manchmal auch!).

Dann wurde mir jedoch klar, dass diese Person ja nur am telefonieren war. Früher gab’s da diesen Witz: „Chef: Wer schreit denn da so rum? Sekretär: Dass ist der Schulze, der spricht mit Paris. Chef: Warum nimmt er dann nicht das Telefon?“. Der ging mir dann gerade durch den Kopf, weil mich das wer mit wem und warum oder auch nicht anderer Menschen ja nun zum einen eigentlich nichts angeht, aber bei den allermeisten Menschen auch nicht die Bohne juckt. Was interessiert es mich, ob Mandy nun mit Kevin rummacht, oder mit Jaden-Pascal?

Jedenfalls gehören diese Freisprechdingens für überall schlicht verboten. Es führt zu Unaufmerksamkeit gegenüber anderen Menschen (unhöflich bis tödlich), oder gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern (gefährlich bis tödlich). Jeder darf sich jetzt raussuchen, was er oder sie schlimmer findet. Ich für mein Teil finde, das Privates ins Private gehört und nicht auf die Straße. Da diese immer-erreichbar-Apparate aber das Private entgrenzen (auf so viele Arten), werde ich nun täglich mit dem Privaten vollkommen wildfremder Menschen belästigt. Und das kotzt mich so richtig an.

Leider ist es nicht legitim, jemandem einfach sein Smartphone wegzunehmen und so weit wie möglich wegzuwerfen. Zumal diese Freisprechdingens leider auch funktionieren, wenn das Handy in der Tasche steckt, was die Außenwirkung noch viel schlimmer gestaltet => weg damit in die Klapse. Die Fragen die bleiben sind folgende: werde ich immer unduldsamer, oder die anderen immer Blöder? Und wie kriege ich eine Axt in die Tasche, ohne dass es auffällt…? Au revoir.