Auf den Spuren des Trolls…

Das Internet – unendliche Weiten! Wir schreiben das Jahr 2013 und somit ca. das Jahr 17 nach der offiziellen Geburt des Internet; obschon man sich über die Geburtsstunde streiten kann. Aber nehmen wir für den Moment einfach mal an, dass die Zahl 17 zumindest für den verbreiteten, öffentlichen, privaten Gebrauch ungefähr hinkommen könnte. 17 Jahre… Hm, das Kind ist also noch in der Pubertät…!

Legt man diese Erkenntnis zu Grunde, wird vieles von dem, was man als Nutzer des weltweiten Informationsgewebes so tagtäglich an Unnötigem, Unerquicklichem und manchmal auch Unsäglichem zu erdulden hat etwas leichter erklärbar. Immerhin dürften wir uns wohl darüber einig sein, dass Pubertierende eine Menge Unsinn treiben – für die Pubertierenden Konsumenten dieser Worte sei gesagt: irgendwann werdet auch ihr bei diesem Satz nicken; genau wie ich, wenn ich manchmal mit einem wehmütigen Seufzen auf mein jüngeres Alter Ego zurückblicke.

Doch zurück zum eigentlichen Sujet. Das Web hat sich entwickelt. Wie das vonstatten gegangen ist und wer daran alles beteiligt war kann der engagierte Netizen mit ein wenig Recherchearbeit ganz schnell selbst herausfinden und schon zwei Dutzend Mal Regurgitiertes wiederzugeben ist außerdem nicht mein Ding, also wenden wir uns stante pede dem zu, was mich eigentlich beschäftigt und das ist der Penetranz-Ignoranz-Komplex mancher mutmaßlich komplett verblödeter Individuen, die man gelegentlich gerne als Troll bezeichnet.

Nun sind Trolle in der Fantasy-Literatur in aller Regel große, böse, starke, gemeine, allerdings auch ziemlich dämliche Kreaturen, womit zumindest eine Ähnlichkeit herausgearbeitet wäre. Nur das der durchschnittliche Internet-Troll keine nennenswerte Größe erreicht – okay, manche von ihnen mögen eine gewisse Körperlänge erreichen, aber mit Größe hat das nix zu tun – und das stärkste an ihnen ist ihr gelegentlich zugegebenermaßen recht hoher Nerv-Faktor. Zum richtig Böse sein sind die allermeisten Gott sei dank zu dämlich.

Was das nun mit der Entwicklung des Netzes zu tun hat? Ganz einfach gesagt befindet es sich in einer Phase infantiler Regression, seit irgendwelche Vollpfosten auf die Idee kamen, dass die Beteiligung ganz vieler Menschen an wie auch immer gearteten Dingen auch ganz viele tolle Ideen und Einsichten mit sich bringt. Mitmachnet, wobei wir bitte niemals ein zweites T hinten anhängen wollen, nicht wahr. Wenn man’s simplifiziert hat man einen Käfig voller Narren geschüttelt und in der Mehrzahl haben sich oben am Gitter die Cleveren festgehalten, wodurch sich der Bodensatz als Welle der Dämlichkeit über die Informationslandschaft ergießen konnte. Erquicklich, nicht wahr?

Es kommt aber noch besser. Irgendwelche durchaus klugen Köpfe kamen auf die Idee das soziologische Modell der Schwarmintelligenz, in welchem das Complet am Ende mehr ist und auch mehr kann als nur die Summe der Einzelteile zu sein auf das Mitmachnet zu übertragen um so zum Beispiel kreative Synergien poolen zu können. Wem das zu schnell war: Man macht eine Webseite auf, lobt einen Preis aus, den derjenige bekommt, welcher den Besten Werbeslogan für Metzgers Backwaren erfindet und bittet alle Besucher, die eingereichten Vorschläge zu bewerten. Jeder fühlt sich wichtig, jeder kann seinen Senf dazugeben und am Ende speist der Webseitenbesitzer einen möglicherweise sogar klugen Kopf mit einem (sch)warmen Dankeschön und einem Dönergutschein ab und verdient sich mit der neuen Werbekampagne, welche auf dem Input Dritter beruht dumm und dämlich. Die nennen so was eine Unterform von Cloudcomputing, ich nenne so was Ausbeutung. Aber wenn man’s mit sich machen lassen möchte – bitte, ich halte keinen auf.

Überhaupt ist dieser begriff hip wie nix – Cloud hier, cloud da, da sieht man ja vor lauter Wolken den Himmel nicht, womit sich Informationstechnologie und die Großwetterlage der letzten Wochen wohl miteinander verschworen hatten. Ist wie mit dem Wald, den Bäumen und dem Sehen. Aber wem sage ich das, meine Zuhörer gehören ja alle zu den Cleveren, von denen vorhin das Wort fiel, oder? ODER?

Es ist natürlich leicht, sich selbst erst mal außen vor zu nehmen und mit einem arrogant-sardonischen Lächeln auf dem Gesicht mittels Hohnestriefender Verbalkanonaden die Verfehlungen anderer zu sezieren, doch derlei Verhalten provoziert in aller Regel Reaktionen der weniger amüsanten Art. Und außerdem wäre es unehrlich, denn wir alle schießen gelegentlich durchaus kapitale Böcke und bei manchem von denen würde ich persönlich mich sehr schämen, das dazugehörige Geweih irgendwo sichtbar aufzuhängen. Und doch nehme ich mir einmal mehr das Recht heraus, zu sagen was ich denke und das ist eine einfache Sache: ein gewisser Prozentsatz aller Menschen ist schlicht dumm, was sich dank des weltweiten Desinformations- und Pornogewebes sogar beweisen lässt.

Womit wir wieder beim Troll wären. Man nehme einen beliebigen öffentlichen Ort im Web; ob es sich dabei um die schlichte Kommentarfunktion der Webpräsenz ihrer örtlichen Tageszeitung handelt oder ein Fachforum für eine bestimmte Berufsgruppe ist dabei vollkommen schnuppe. Irgendjemand sagt irgendwas und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kommt, sofern es sich um ein Sujet von gewissem Interesse oder ausreichender Publizität handelt alsbald jemand daher gekrochen, der – natürlich streng anonym – seinen Senf dazu gibt, der nicht scharf sondern bitter und ranzig schmeckt. Überdogmatisch, unzulässig verallgemeinernd, schlecht formuliert, meist auch noch sehr emotional und irgendwie oft ein bisschen Biertischparolierend. Und ebenso sicher kommt irgendeiner, der vielleicht sogar clever ist und fängt an, mit diesem Netzbazi zu diskutieren! Womit sich dann beide disqualifiziert haben, denn dem Troll Futter zu geben, vulgo zu versuchen mit ihm ein Gespräch über seine Standpunkte oder seinen Argumentationsstil zu führen ist zwecklos. Das ist ungefähr so, als wenn man versucht, mit einem Spucknapf Wasser aus der sinkenden Titanic zu löffeln… Wenn so jemand selbst ein Thema eröffnet, sind die Reaktionen übrigens gleich noch mal ein bis zwei Spuren heftiger, da man ja mit der geäußerten Kritik sein/ihr Baby beschmutzt hat.

Ich gebe es zu, dass mir dieser Fehler selbst schon unterlaufen ist, denn der winzige noch intakt erhaltene Teil meiner Seele, der irgendwie an das Gute im Menschen glauben möchte bricht sich halt manchmal doch Bahn und treibt mich in den fruchtlosen Versuch, den Heiden das Licht zu bringen. Doch bei diesen Typen mit cerebralen Minderausstattungen ist es so wie mit einem alten Rechner: wenn ich jetzt damit anfange, das Mainboard zu tauschen, kann ich auch genauso gut den ganzen anderen Rest wegschmeißen, weil er nix mehr taugt. Upgrades gestalten sich somit aus wirtschaftlicher Sicht eher schwierig. Auf mein Beispiel übertragen würde es mich einfach viel zuviel Zeit und Nerven kosten, jedem einzelnen Simpel, der mir so daher gelaufen kommt mit einen Vierkantholz die Grundbegriffe intelligenten Handelns nahe zubringen.

Und die Dummheit bemerkt man nicht nur am mangelhaften Gehalt der televerbalen Ergüsse, sondern auch oft auch an der technischen Unbedarftheit des Ejakulanten. Die scheinen z.B. noch nie was von IP-Logging gehört zu haben. IP? Was issn des? `N neues Spiel? Und wenn man so jemanden dann banned, kommt er doch glatt mit einem neuen Nick und will sich vom gleichen Rechner einloggen, um stänkern zu können. Eigentlich bin ich ganz froh, dass es so vielen Nutzern des Internets an Weitblick, technischen Grundkenntnissen und Rückgrat mangelt. Denn hat man sie zweimal weggebügelt, suchen sie sich meist jemand anders, den sie nerven können. In der globalen Betrachtung jedoch hört der Spaß sehr schnell auf.

Wären es ein paar wenige, welche diese Pestillenz in die schöne neue digitale Welt tragen, könnte man darüber hinweg sehen, aber offenbar hat das Web 2.00 in allzu vielen Menschen die Begehrlichkeit geweckt, sich und ihre möglicherweise hier und da ein klein wenig unbefriedigende Existenz durch etwas virtuellen Ruhm aufzupolieren; und so ziehen sie in Heerscharen los um den ganzen anderen online befindlichen Wesen von ihren Weisheiten zu künden – oder sie mit den Nichtigkeiten ihres Alltags zu quälen. Esprit? Fehlanzeige! Content? Quasi nonexistent! Sendungsbewusstsein? Und wie! Da gilt: „Web lo vult!“. Die Templer mögen mir das bitte verzeihen…!

Ich maße mir nicht an, die Menschen wirklich verstehen zu können, obschon mir nach einigen Jahren im meinem Butter-und-Brot-Beruf, der was mit Medizin zu tun hat wahrlich kaum etwas Menschliches mehr fremd ist. Aber der offensichtliche Wunsch von immer mehr Internetusern da draußen, sich ihr persönliches Stück Ruhm, Selbstbestätigung oder auch Befriedigung durch das Web zu holen, „koste es was es wolle“ besorgt mich, denn faktisch ist das ungelenke Verhalten, welches dabei zu Tage tritt nicht nur Ausdruck gewisser Unzulänglichkeiten, sondern auch ein Indikator dafür, wie schlimm es um deren soziale Fähigkeiten bestellt ist. Eingedenk dieser Erkenntnis ist die Cloud, von der zum Beispiel auch Mikroweich dieser Tage immer wieder faselt für mich ein ziemlich beeindruckender Cumulonimbus, die von einem Sturm kündet…! Folglich wäre ein bisschen weniger Cloud-Socialising vielleicht mehr. Allerdings wäre es dazu nötig, jetzt abzuschalten, daher danke ich für die Aufmerksamkeit und sage tschüss!

Essentiell?

Es sei voraus geschickt, das dieser Text schon etwas älter ist:

Von dem Willen gezwungen, etwas zu Papier und später vielleicht auch gleich noch durchs Mikrofon bringen zu müssen, sitze ich einmal mehr nächtens am Schreibtisch und lasse so die Ideen vorbeischwadronieren, nehme mal hier, mal da eine heraus, examiniere sie gründlich und schiebe sie meist unfertig zurück zu den anderen, wie mancher Fischer die zu jungen oder zu kleinen, die so blöd gewesen waren zu beißen in den Tümpel zurückwirft. Mein Tümpel ist der hintere Teil meines Hirns, ein Ort an dem so viel ungenütztes oder auch unnützes Material in langen Korridoren voll altmodischer Stahlhängeregistraturschränke vor sich hin modert, dass es mich nicht selten erschreckt, wenn mal irgendwas an die Oberfläche drängt, dass ich schon sehr lange nicht mehr auf dem Schirm gehabt hatte. In diesem Teil meines Kopfes gibt’s noch nicht mal Magnetbänder, wie sie eine IBM/360 zu haben pflegte, nur alt gewordene Büroboten in abgestoßenen Livreen, die ziellos wirkend bedächtig Büropostwägelchen vor sich her schieben und mal hier mal dort Schränke aufmachen um was herauszuholen oder hineinzutun. Klingt ziemlich analog für jemanden der Podcasts veröffentlicht oder…?

Es ist heiß, viel zu drückend um klar denken zu können – müsste man denken. Doch tatsächlich sind meine Gedanken weit davon entfernt träge wie fette karibische Fliegen scheinbar ungeordnet umherzuschwirren. Ist es nicht so, dass man irgendwie viel zu oft auf der Suche nach den rechten Worten umherirrt, die Welt dann mit irgendwas voll stammelt in der vagen Hoffnung zum Ausdruck gebracht zu haben, was gerade verlangt war, ohne jedoch überhaupt genau sagen zu können, was das hätte sein sollen.

Planlosigkeit. Unwissenheit. Und vielleicht auch eine Portion Unbeholfenheit. Das sind die medialen Guides des frühen 21. Jahrhunderts. Es geht nicht mehr allzu oft darum, irgendwelchen echten Inhalt zum Besten zu geben, sondern nur darum, zu allem irgendwas sagen zu können. Ich habe von etwas keine Ahnung; also gut, googeln wir mal schnell ein paar Schlagworte, lernen die Essentials – oh, wie ich solche Ausdrücke liebe – so gut es geht auswendig, um in der nächsten Konversation punkten zu können. Keine Sache, so was geht ja heutzutage auch unterwegs. Das Smartphone wurde wahrscheinlich von irgendeinem geltungssüchtigen Idioten erfunden, dem es zu anstrengend war, sich echtes Wissen zu erarbeiten. Und so schliddert man dann tagtäglich von einem Durchverschlagworteten Pseudodiskurs zum nächsten, wobei die Seichtigkeit der durchschifften Gewässer noch jeden Dorfbach bei weitem unterbietet.

Essentials – was ist den das überhaupt für ein Wort? Essentiell sind doch normalerweise jene Dinge, die ein Organismus auf jeden Fall zum Leben braucht, bzw. die für einen Sachverhalt von grundlegender Bedeutung sind. Wie zum Henker will ich denn beurteilen, ob das, was irgendeiner in Wikipedia zu einem x-beliebigen Thema geschrieben hat tatsächlich grundlegend und richtig ist, wenn ich mir kein anderes Wissen zum Thema erarbeitet habe. Essentials sind doch nicht mehr als ein paar prägnante Schlagworte, die aber keinen echten Überblick geben und nur allzu oft irreführend sind. Ein passender Vergleich hierzu sind – weil auch im Internet angesiedelt – die so genannten Abo-Fallen, bei denen man auf einer überfrachteten Webseite mit vermeintlich attraktiven Angeboten geködert wird und der Hinweis zum tatsächlichen Vertragsabschluss nebst Folgekosten sich mit einem sehr kleinen Asterisken gekennzeichnet drei Scrollseiten weiter unten in Arial 4-Punkt findet…

Die Autoren des kleinen Büchleins „Generation Doof“ Anne Weiss und Stefan Bonner nannten so was „gefährliches Halbwissen“ und im Grunde charakterisiert der Ausdruck die Situation recht gut. Ein paar Aspekte abseits der Tatsache, dass sie mit ihrem Machwerk unterschwellig das legitimieren, worüber sie sich vordergründig und noch dazu billig lustig machen muss man allerdings noch ein wenig dezidierter beleuchten…

Zum einen ist es eigentlich ziemlich einfach, jemanden zu entlarven, der bei beliebigen sozialen Gelegenheiten mit durchnummerierten Häppchen von Bildungsvortäuschungswissen zu landen versucht. Dazu ist es allerdings notwendig, selbst über einen nicht unerheblichen Grundschatz an Allgemeinbildung und Expertenwissen in verschiedenen Bereichen zu verfügen und der einzige Weg dahin ist, zu lernen; also sein eigenes Gehirn mit Arbeit zu belästigen. Dammit, das wird hart für so manchen, aber wer sich nicht mehr die Blöße geben will, bei einem Gespräch unter echten Erwachsenen als halbseidener Poser belächelt zu werden, dem bleibt wohl nichts anderes übrig, als sich noch ein bisschen mehr als „Philosophie für Dummies“ reinzuziehen, was für nicht wenige schon der Gipfel der Bildung zu sein scheint. Hierbei ist es übrigens unerlässlich, wenn man denn schon googelt, um an neues Wissen zu kommen, NICHT das erstbeste Suchergebnis unreflektiert zu konsumieren. Ein bisschen Querlesen hat noch keinem geschadet und eine eigene Meinung zu einem bestimmten Sachverhalt sollte nicht nur nicht geklaut wirken, sondern auch tatsächlich selbst erdacht sein; alldieweil man sonst Gefahr läuft, dem Rattenfänger von Hameln auf die süßen Flötentöne zu gehen.

Darüber hinaus nutzen einem die Inseln von Wissen in einem Ozean der Ahnungslosigkeit nicht allzu viel, wenn man nicht daran gedacht hat, ein paar Dampfer zu besorgen, welche zwischen den Eilanden umherschippern. Diesen Vorgang nennt man Wissensvernetzung oder interdisziplinäres Denken und er erfordert neben einer cerebralen Mindestausstattung die Fähigkeit, Begriffe, Sachverhalte und ihre Verbindungen von mehreren Seiten her denken zu können. Das klingt kompliziert, doch wenn man sich nur mal das Thema Energiewende in Deutschland anschaut, das ja im Moment nun wirklich in aller Munde ist, wird klar, wie viele Bereiche auch unseres ganz alltäglichen Lebens Fukushima plötzlich in Bewegung gebracht hat. Fast alles hat etwas miteinander zu tun und daher macht mich die Scheuklappigkeit, mit der manche meiner Kontemporanzien sich durchs Leben schleppen mittlerweile rasend.

Schließlich – und das ist eigentlich doch recht einfach zu kapieren – wird man neben einigen einfachen Siegen mittelfristig mit einer solchen kognitiven Leichtgewichtigkeit an den Klippen echter intellektueller Herausforderungen die Titanic machen. Es mag hier ein Ansporn zu vermehrter Lerntätigkeit sein, wenn ich darauf hinweise, dass man mit echtem Können auch im Beruf weiter kommt als mit hochglanzpoliertem Faktenhäppchen. Aber wie so oft gilt auch hier, dass man Menschen nicht zu ihrem Glück zwingen kann. Schließlich ist jeder seines eigenen Glückes Schmied. Sicherlich fragt sich jetzt der eine oder Andere, worin denn bitteschön Glück liegt, wenn man sich mit als unnütz empfundenem Wissen herumquälen muss, anstatt Weizen schlürfend Fern zu glotzen…?

Ich kann niemandem, den ich nicht kenne sinnvoller Weise erklären, worin für ihn ganz persönlich der Sinn liegen sollte, sich zu bilden, denn das Maß an Wissen, welches man erwerben kann, bzw. die Fachbereiche, welche wichtig sind mögen von Mensch zu Mensch variieren. Es gibt jedoch ein paar Dinge, die jedes einigermaßen denk- und empfindungsfähige Individuum zumindest mal zur Kenntnis genommen haben sollte. Z. B unser Grundgesetz und warum seine Macher es genau so und nicht anders formuliert haben. Das setzt nur ein wenig Historienkenntnis voraus. Oder wie Politik funktioniert – nicht nur bei uns sondern auch anderswo auf der Welt. Wie Gewerkschaften unsere heutige Lebensrealität geprägt haben und warum es so verdammt wichtig ist, dass die Rechte, welche man uns heute zubilligt auch in Zukunft aktiv verteidigt werden müssen. Welche Wurzeln Blues, Jazz Rock’n Roll und somit auch moderne Popmusik haben. Warum gotische Kathedralen so aussehen, wie sie aussehen – und was gotische Kathedralen überhaupt sind. Und nur so am Rande, der Kölner Dom ist KEINE richtige gotische Kathedrale.

Ich könnte noch eine Menge Beispiel nennen und wenn sie alle Fragen auf Anhieb beantworten konnte, dann Hut ab, denn sie sind deutlich besser als der Schnitt. Falls nein, nehmen sie es einfach als Motivation dazuzulernen, denn nur tatsächliches Wissen aus den verschiedensten Bereich erlaubt es uns bestimmte Vorgänge oder die Berichte in den Medien besser beurteilen und uns somit eine eigene Meinung erlauben zu können. Menschen die nix wissen und sich auch nicht wirklich interessieren, billige ich keine Meinung zu und wünschte mir manchmal, man könnte ihnen das Wahlrecht entziehen. Und nur damit wir uns recht verstehen: es gibt nach meiner Meinung mindestens genauso viel beknackte und effektiv ungebildete Akademiker wie Hartz-4-Empfänger. Die einen sind etwas bornierter und die anderen haben soziale Defizite. Welche Partei in meinem Bild welche Position einnimmt, dürfen sie sich selbst raussuchen. Ich habe für heute fertig und danke herzlich für ihre Aufmerksamkeit. Falls sie’s nicht verstanden haben oder nicht beherzigen wollen, sterben sie wohl…

A snippet of schizophrenia?

Manchmal schaue ich in den Spiegel und ganz ernsthaft dauert es einen Moment bis mir bewusst wird, dass ICH das bin, der da zurückschaut. Ich halte das nicht für ein Anzeichen von Krankheit, sondern eher für ein Symptom der ständigen Suche nach mir selbst.

Was macht denn aus, das ICH auch tatsächlich ICH bin? Meine Gedanken (die andere vielleicht auch schon gedacht haben)? Meine Taten (die sicherlich irgendwo, irgendwann schon mal fast genauso getan worden sind)? Meine Gefühle (die beinahe jeder Mensch fühlen kann)? Meine Interaktionen; hm… menschliches Miteinander ist irgendwie überall gleich und doch dauernd anders – aber richtig individuell? Meine Erinnerungen…? Ah, meine Erinnerung und die Matrix, die sie aus all den vorgenannten Dingen und noch vielem anderem mehr bildet. Ja, das könnte sein.

Doch warum spielen unsere Erinnerungen, an denen wir doch so sehr hängen, weil sie einen wesentlichen Teil unserer Persönlichkeit ausmachen uns so oft Streiche, lassen uns manchmal genau dann im Stich, wenn wir sie am Meisten bräuchten?

Vielleicht weil wir uns ändern; ändern müssen, wenn sich die Umstände ändern. Und mit diesem Wandel, der sich zumeist schleichend, unbewusst vollzieht, wandelt sich auch unsere Wahrnehmung und manchmal geschieht das so unvermittelt, das es sich anfühlt, als stünde man plötzlich im Wald.

Dem aufmerksamen Mitleser wird sicherlich aufgefallen sein, dass ich meistens mehr Fragen als Antworten habe. Ist DAS eigentlich gesund?

Normal oder was?

Man als Mensch so ganz im Allgemeinen ist schon ein komisches Dings. Sicher, es gibt Exemplare der Gattung Homo Sapiens Sapiens, die bei näherer Betrachtung vollkommen aus dem Rahmen dessen fallen, was man als NORMAL bezeichnen würde. Was allerdings sofort die Frage aufwirft, was das Wort „normal“ in diesem Zusammenhang denn eigentlich bedeutet, beziehungsweise woran ich erkennen kann, ob ich selbst normal bin.

Da die dazu notwendige Betrachtung soziologischer oder psychologischer Natur sein dürfte, ich aber nun leider ehrlicherweise weder das eine noch das andere studiert habe (obschon beides zumindest einen Anteil an meinem Bildungswissenschaftsstudium hat) und somit gemäß üblicher Gesetzmäßigkeiten eigentlich gar nicht als dazu befähigt zu betrachten bin, diese Dinge sachgerecht zu beurteilen, tue ich halt was ein Schreiberling eigentlich am besten kann – ich schwadroniere meine Gedanken einfach mal frei von der Leber weg in den Äther und überlasse es dem geschätzten Hörer, sich seine eigenen Gedanken zum hier Gesagten zu machen.

Prinzipiell ist es aber erstmal einfach zu verstehen, dass dieses Wörtchen „normal“ sich vom Wort „Norm“ ableitet und eine Norm im soziologischen Sinne einfach eine Regel meint, welche das soziale Zusammenleben unterschiedlichster Individuen erleichtern oder sogar überhaupt erst einmal ermöglichen soll. Ein gutes Beispiel hierfür wären die Zehn Gebote.

Wie jetzt? Die Bibel? Was soll das denn? Nun ja – eine Regel wie „Du sollst nicht Töten!“ ist doch ziemlich einfach zu verstehen. Jemandem NICHT einfach mit einem Beil die Mupfel zu spalten, weil der mich gerade schief angeschaut hat, oder vielleicht versuchen wollte, mir die Frau auszuspannen (was ja allerdings auch ver- anstatt geboten ist), vielleicht etwas besitzt, dass ich selbst gerne hätte (wiederum ein biblisches No-No) oder schlicht eine andere Meinung zu irgendeinem Thema hat, ist grundsätzlich ziemlich nett, denn es führt zu mehr Miteinander anstatt Gegeneinander.

Irgendwann in der Evolutionsgeschichte haben unsere noch mit Fell behängten Vorfahren wahrscheinlich herausgefunden, dass es schlicht gut für die Entwicklung der Zahl der eigenen Stammesmitglieder ist, wenn man sich nicht wegen jeder Kleinigkeit gleich an die Gurgel springt.

Es war diese einfache Erkenntnis, die unsere Spezies – ganz zum Leidwesen unseres Lebensraumes – erst hat zum Erfolgsmodell werden lassen. OK, es war nicht allein der Siegeszug der Friedfertigkeit, welcher unser Dasein zur Blüte trieb – ihr merkt schon, dass ich gerade Stuss labere … also die Menschheit ernsthaft als friedfertig zu bezeichnen ist, als wenn man sich eine tolle, riesige Feuerwache bauen würde und den Jungs dann nur einen Gartenschlauch, einen Blecheimer und eine Aluleiter aus dem Baumarkt hinstellte; also schlicht bekloppt. Nein, aber wir wären kaum weiter als die Mammuts gekommen, wenn es uns nicht irgendwann gedämmert wäre, dass es einfach dem Überleben aller hilft, wenn man sich an ein paar grundlegende Spielregeln hält. Et voilà: die Zehn Gebote. Der Junge, der das mit zwischen diese zwei meistbenutzten Buchdeckel überhaupt gepackt hat, wusste einiges mehr von Soziologie als so mancher Studierte heutzutage.
Man darf also ganz entgegen der landläufigen Meinung vieler meiner hochgeschätzten Mitmenschoiden durchaus annehmen, dass gesunder Menschenverstand bei der Entstehung der Religionen zumindest Anfangs sehr wohl eine Rolle gespielt haben muss. Sich dann durch das Miteinbeziehen von Regeln zu verdammt vielen wichtigen Aspekten des Lebens an sich in sein eigenes Manifest auch noch selbst eine Signifikanz in vielen Fragen des Alltäglichen zu verleihen, war überdies ein Kunstgriff, der auch heute noch Hochachtung verdient. Dadurch, dass Phänomene des ganz normalen Lebens auf das Göttliche zurückgeführt werden konnten, verschaffte sich die damals gerade im Entstehen begriffene Institution der christlichen Kirche eine Machtbasis, welche ihresgleichen bis heute sucht.

Das birgt allerdings auch einige Probleme. Zwar ist die gute alte Mutter Kirche ganz entgegen ihren eigenen Wünschen heute nicht mehr DIE allein herrschende Instanz, an deren Regeln sich alle Lösungen zu moralischen Fragen des Lebens messen zu lassen haben. Trotzdem ist das Gewicht, jener Worte, welche sich aus dem für uns Laien unergründlich tiefen Inneren gewisser Kongregationen in den Weltdatenfluss ergießen nicht unerheblich. Man schenkt diesem gelegentlich doch recht weltfremden Geblubber schon immer noch viel Aufmerksamkeit.

Oh ja, ich kann Schreie hinten in meinem Kopf anbranden hören und es ist mir ein Genuss, jedem Frömmigkeits-Proklamierer nun zu entgegnen, dass es für wahren Glauben keine Kirche, keine Bücher und vor allem keine Priester braucht, wenn Gott doch überall und in uns allen wohnt… Für mich ganz persönlich kann etwas, das von Menschen als Gottes Wille verkauft wird jedenfalls keine größere Bedeutung besitzen als das, was andere Menschen als Ergebnis wissenschaftlicher Untersuchungen vorzustellen versuchen. Beide Seiten fabrizieren hin und wieder soviel Unsinn, dass es jedem denk- und empfindungsfähigen Wesen eigentlich Schmerzens- oder doch wenigstens Empörungsschreie über die Lippen treiben müsste.

Möglicherweise bin ich etwas abgeschweift, doch im Grunde ist dies nötig, um wieder zu möglichen Antworten auf die Frage nach der Normalität zu gelangen. Denn bei Licht betrachtet beurteilen wir andere Menschen, ihr Verhalten, ihr Aussehen, ihre Sprache und was sonst noch so dazugehört nach von Kindesbeinen anerzogenen, einem unbewussten Reflex folgend automatisch eingesetzten Entscheidungsmatrizen, die uns dazu bringen alles zunächst der Einfachheit halber in akzeptabel oder nicht akzeptabel einzuteilen. Alles was dabei unter das Label „nicht akzeptabel“ fällt, wird folgerichtig zumindest mit Widerwillen betrachtet, oder rundweg abgelehnt und dadurch gemieden, ja vielleicht sogar bekämpft.

Doch wer bringt uns denn diese Entscheidungsmatrizen, diese vorgefertigten, stereotypen, unflexiblen und nicht selten auch xenophoben Freund/Feind-Filter bei? Wer trainiert uns nun somit von klein an, Allem und Jedem was nicht in diese oder jene Norm passt zu misstrauen?

Behaupten zu wollen, dass die böse, böse Kirche das ganz alleine tut, wäre zwar vermessen, denn es gibt zumindest genug Theologen, die ein freien Geist, Offenheit und Toleranz predigen und wohl auch leben. Die Institution Kirche per se jedoch kennzeichnet sich oft genug durch ihre Unnachgiebigkeit in Fragen der Auslegung des Glaubens durch ihre Mitglieder oder Abweichungen von der Liturgie, was für sich betrachtet nicht schlimm wäre, denn dies sind Formalien, die jede so große Organisation wohl braucht. Daraus folgend werden allerdings das Anderssein von Priester oder Laie bzw. überhaupt Abweichungen von „der NORM“ auf eine Art verteufelt und mit Verboten bzw. Sanktionen belegt, die schlicht nicht mehr zeitgemäß ist und an den Bedürfnissen der Gläubigen soweit vorbei denkt, wie die Sonne um die Erde kreist… oh, war das nicht anders rum…?

Aber natürlich ist dies nur ein Mechanismus, der uns immer und immer wieder daran erinnert, dass es nicht gut für einen ist, wenn man anders daher kommt als die breite Masse. Ein schönes Beispiel dafür sind Gothics. Sie wissen schon, diese Kinder in schwarz, die mit allerlei Silber behängt, komischen Halsbändern gegürtet, mit abstrusen Haarfarben und Frisuren sowie einem sehr dick aufgetragenen Make-Up subversiv in der Stadt umherwandern, dass man denkt, die schänden gleich eine Jungfrau auf der Bank in der Straßenbahnhaltestelle. Wenn man allerdings genauer hinsieht, wird man feststellen, dass nicht wenige von denen zumindest altersmäßig auch für die Rolle der Jungfrau in Frage kämen.

Tatsächlich sind die meisten Mitglieder dieser so genannten Jugendkultur, deren Musik ich übrigens selbst sehr gern konsumiere ungefähr so gefährlich wie eine Fruchtfliege. Das Einzige was sie theoretisch tun ist, den um jeden Preis Alles mit Tod und Verfall assoziierte meidenden Jugendlichkeits- und Konsumkult unserer heutigen Gesellschaft optisch zu karikieren. Wie ich finde übrigens durchaus nicht unhübsch. Aber das ist wohl Geschmackssache. Und über den soll man ja angeblich nicht streiten. Genau das tun wir aber, wenn wir jemandem aufoktroyieren wollen, dass er bzw. sie zum Beispiel beim Einkaufsbummel eigentlich kein schwarzes Rüschenkleid und weißes Make-Up tragen darf. Wir bestreiten damit nämlich die Autonomie dieser Person, ihre individuelle Vorstellung von Aussehen leben zu dürfen.

Ich darf die werten Hörer übrigens an dieser Stelle trösten: die meisten Gothics von heute machen das nur noch, weil sie den Stil schick finden und es auch noch eine kleine Rebellion gegen das Elternhaus darstellt. Was im Übrigen jeder Jugendliche oder junge Erwachsene auf seine Art tun muss. Da stecken aber meist keine weitergehenden sozialen oder politischen Gedanken wie bei den Urpunkern mehr dahinter.

Ich war allerdings bei einem anderen Gedanken, nämlich diesem: Jemandes Autonomie in Frage zu stellen, egal um welchen primär oberflächlich erscheinenden Aspekt des Daseins es auch gerade gehen mag – in diesem Fall nämlich den Kleidungsgeschmack – ist nicht etwa unwichtiger Kiki, sondern wegbereitend für einen Akt der Unterdrückung. Denn von einem Aspekt einer beliebigen Person oder Gruppe zum nächsten ist es, wenn ich einmal mit dem Geringschätzen oder sogar Hassen angefangen habe, nur noch ein kleiner Schritt. Dieser Erkenntnis folgend kann man sagen, dass jede Form von Verletzung, Verhetzung und schließlich Verfolgung mit Kleinigkeiten beginnt. Wie etwa einer herabsetzenden Wortwahl. Somit sind Sätze wie „Der ist ja nicht normal!“ oder „Die sieht ja komisch aus!“ in diesem Kontext der Anfang des Übels. Allerdings auch in manch anderem…

Zurück in der Betrachtung zum Thema „Normen“ bleibt die Erkenntnis, dass wir schlicht unsere Meinungen erben. Über viele Jahrhunderte hat sich eine Gesellschaft wie die unsere, die fest im Wertekanon der christlichen Kirche verwurzelt ist – daher auch das unsägliche Unwort Leitkultur, als wenn unsere Kultur heute noch zu irgendetwas anderem anleiten könnte als zum Konsum – sich eine Rahmendefinition dessen erarbeitet, was schicklich ist und was nicht. Diese modifizierte sich bislang üblicherweise, wie es in jedem komplexen sozialen System der Fall ist, selbst an den Bedürfnissen des jeweiligen Zeitalters. Wir leben nun allerdings in einer Zeit, in der sich die Geschwindigkeit, mit der sich der Mensch der Technik hinterher entwickeln muss so rasant erhöht hat, dass der kategorisierende und bewertende Unterbau, den wir als „Normen“ kennen sich einfach nicht mehr adäquat schnell mitentwickeln kann.

Wir haben unsere Kultur mittlerweile in fast allen Aspekten dem unterworfen, was die technische Entwicklung möglich macht, ohne dabei darauf zu achten, dass unsere Moral auch genauso schnell wachsen kann wie unsere Kapazitäten sie zu testen bzw. in Frage zu stellen. Über viele Jahrhunderte reichte „Du sollst nicht töten!“. Es gibt aber immer noch keine Bibel 2.17 in der steht: „Sei vorsichtig, wenn du im Humangenom herumpfuschst!“. In einer Welt, die sich wenn es um die Bewertung neuer Problemstellungen stets auf jene antrainierten Reflexe verlässt, die unter Zuhilfenahme überkommener Erkenntnisse und veralteten Wissens entstanden sind, ist dies jedoch ein gravierender Mangel.

Immer die gleichen, alten Antworten auf immer neue Fragen geben zu wollen ist nicht nur blind, sondern fahrlässig dumm. Doch genau das tun auch Jene, die Alles und Jeden unter Anwendung dieser alten Denkraster in „normal“ oder „nicht normal“ einordnen.

Natürlich wäre es purer Blödsinn, Die Zehn Gebote nicht mehr – zumindest in einer, unserer Zeit angepassten Form – zur Anwendung bringen zu wollen, doch wer stets nur alttestamentarisch denkt, wird früher oder später auch Leute oder Denkweisen verurteilen bzw. ablehnen, die für seine persönliche Weiterentwicklung förderlich sein könnten. So dieses Individuum denn überhaupt an der eigenen Weiterentwicklung interessiert ist … oder hoffentlich wenigstens weiß, was das Wort bedeuten könnte.

Ich persönlich finde, um mit dem Geschwafel mal langsam zu einem Schluss zu kommen, Normen durchaus in Ordnung – und tatsächlich nicht nur wenn es um Papierformate oder Monitoranschlüsse geht – es mangelt mir im täglichen Leben aber bei vielen meiner Kontemporanzien an der Fähigkeit, alte, angeblich bewährte Wahrnehmungs- und Verhaltensmuster selbständig zu überprüfen und gegebenenfalls auch mal zu modifizieren.
Es ist also quasi wie immer – ich wünschte mir, Selberdenken käme langsam mal wieder etwas mehr in Mode, anstatt immer nur den Mist wiederzukäuen oder – viel schlimmer – auch noch zu leben, den einem irgendwelche Fehlfarben auf der nachmittäglichen oder auch abendlichen Mattscheibe als gültige Weisheit des Okzidents zum Besten geben. Denn die haben zwar auch die Haare schön, nur fünf Zentimeter tiefer herrscht offensichtlich bestenfalls ein laues Gebirgslüftchen, dessen frontalen Ausstoß man besser ignorieren anstatt honorieren sollte. Dieses Wörtchen „Matt“ in Mattscheibe kommt nämlich nicht von ungefähr…

Aber auch das, was man glaubt noch als Schulweisheit im Köpfchen parat zu haben, sollte man gelegentlich mal auf die Pausenbank schicken und stattdessen vielleicht anfangen zur Kenntnis zu nehmen, dass das 21. Jahrhundert – leider oder Gott sei Dank muss hier jeder für sich herausfinden – nie mehr so funktionieren kann wie das 20. es getan hat. Dann fällt es einem unter Umständen auch leichter zu sehen, das „normal“ einfach das ist, was ein jeder – natürlich in gewissen Grenzen, denkt halt an die Zehn Gebote – für sich selbst daraus macht.

Ein Epilog?

Tick…

Der Blick schweift durch den Raum und bleibt hängen an dem alten Regulator in der Ecke, und wie sein Pendel langsam, geradezu bedächtig hin- und her schwingt, im hypnotisierenden Rhythmus des einzigen, universalen Herzschlags – das letzte, das einzige Limit, das wir Menschen noch nicht überschritten haben, aber nur weil selbst unsere kühnsten wissenschaftlichen Wagnisse uns dies Geheimnis noch nicht enthüllen konnten.

Tack…

Wie dicke Regentropfen, die an einem kalten, nebeligen Herbsttag auf einen kleinen Teich hernieder prasseln, so passieren die ankommenden Eindrücke meine Augen, um in den See meiner Erinnerungen hineinzufallen. Und so wie die Tropfen schlägt jeder Moment, jeder Gedanke, jede Emotion Wellen – Wellen, welche die Oberfläche verwirbeln, und es unmöglich machen tiefer in den See hinein zu schauen, zu sehen was er wohl enthalten mag.

Tick…

Die Augen seien das Tor zur Seele des Menschen, doch was ist eine Seele. Ist sie einfach nur die Summe alles Erinnerten und Gedachten, eine Art sich selbst programmierende Handlungsmatrix? Sind es die Emotionen, die zweifellos all unser Tun leiten, ganz gleich wie logisch zu Handeln wir auch glauben? Oder ist sie vielleicht doch eine abstrakte Form von Energie, gegeben von einer namenlosen Schöpferkreatur, gedacht uns auch die Kraft zur Schöpfung zu geben? Ganz gleich was sie auch sein mochte, einen Blick durch dieses Portal könnten wir nur tun, wenn das Individuum sich vor all diesen störenden Einblicken abschotten könnte, doch selbst unsere Beobachtung wäre Stimulus genug, dies Vorhaben zum Scheitern zu verdammen.

Tack…

Wieder kommen die alten Fragen hoch, die Zweifel, die Ängste, sie zerreißen mich, zerreißen das sorgfältig gewobene Gespinst welches ich meine Existenz nennen möchte, doch nicht länger kann. Immerzu wollte ich Antworten, doch gleich wie viel ich in Erfahrung brachte, wie viel mehr ich auch lernte, gab es keine Befriedigung und auch keinen Frieden. Meine Vendetta gegen dieses Sein, sie war verloren, einmal mehr und doch … doch konnte ich keinen Groll verspüren, keinen Hass. Wie sollte man auch etwas hassen, das keinen Körper, keine definierte Form, keine … Wahrhaftigkeit besaß?

Tick…

Meine Seele ist verloren. Ich bin mir nicht einmal sicher, dass ich je eine besessen habe. Eigentlich ist es auch gleichgültig, denn ich hätte eh nicht begriffen, was ich verloren hätte, bevor die letzte Chance, es zu ändern vorüber gegangen war. Immerhin hatte ich diesbezüglich Konsequenz gezeigt. Nun wie dem auch sei, dieser letzte Moment, bevor es soweit ist, bevor das Unausweichliche beginnt, er fühlt sich an wie eine verdammte Ewigkeit. Ich fühle nicht, ich atme nicht, ich denke nur. Und in der Zeit, die sie gebraucht haben, die unwesentlichen, nichtsdestotrotz mit beinahe unendlicher Geschwindigkeit produzierten Projektionen meiner cerebralen Tätigkeit zu konsumieren, ist der letzte Schritt getan, und nichts, rein gar nichts wird … nein kann je wieder so sein, wie es war. Ganz so, als ob der Rhythmus des universalen Herzschlags ins Stolpern gekommen wäre…

Ta…

 

A snippet of hope?

Das Morbide fasziniert mich – nicht nur berufsbedingt. Ich finde das Menschen gut daran tun, sich dann und wann der Tatsache zu erinnern, dass ihre irdische Existenz endlich ist. Auf welche Weise das zu geschehen hätte und welche Wirkung das auf den Geist haben könnte, dürfte individuell sehr unterschiedlich ausfallen. Ich persönlich sehe mir sehr gerne alte Dinge bzw. Bauwerke an. Sie atmen einen Geist von Beständigkeit, obschon sie genau wie alles Organische im Verfall begriffen sind, der mich tröstlich daran erinnert, dass meine Existenz als solche zwar vergänglich sein mag, mein Tun sie aber bei weitem zu überleben im Stande sein könnte, wenn ich mir nur ein wenig Mühe gebe.

Und was tut ihr, dass Bestand haben könnte?

Euro kaputt – alles kaputt?

Immerzu wird ein Europa beschworen, welches es in der Lesart vieler anscheinend zur öffentlichen Äußerung Berufener ja gar nicht gibt; mit der Konsequenz, dass man die Europäische Idee als naiven Unsinn abtut und Lösungen präsentiert, die ein mögliches Gebilde Europa auf DAS reduzieren, was gegenwärtig wohl den allem politischen Tun übergeordneten Metaplot darstellt, nämlich eine ehemalige fiskalische Opportunität, die man nun am Liebsten schnell abwickeln möchte.

Menschen, insbesondere aber die jüngeren Menschen in den einzelnen Nationalstaaten Europas, also jene Generationen, die ein Zeitalter fast grenzenloser Prosperität, dauerhaften Friedens und bislang ungeahnter räumlicher und zu Teilen auch sozialer Freizügigkeit erlebt haben und keine wirkliche Ahnung vom Krieg mehr haben können, stehen plötzlich vor den Scherben eines Konstruktes, dessen größter Fehler in seiner Reduktion auf wirtschaftspolitische Interessen besteht; immer bestanden hat!

Jahr um Jahr hat man sich darauf beschränkt, sich an technokratisch verklausulierten Wischiwaschichkeiten festzubeißen, die so genannte Einheit in Vielfalt beschworen, stets als für den Denkenden allzu durchschaubares Deckmäntelchen für die kompromissfreie, knallharte Durchsetzung nationalstaatlicher, bestenfalls bilateraler Partikularinteressen. Und während man im Vordergrund mit viel Getöse die Freiheit des Verkehrs von Waren, Dienstleistungen, Know-How und Menschen propagierte, saßen in Gremien, welche allesamt mit Steuergeld alimentiert wurden Leute, deren vordringlichste Aufgabe es war, dafür zu sorgen, dass auf dem Grund und Boden dieses oder jenes Staates alles beim Alten bliebe, weil man ja nur selbst die Weisheit mit Löffeln gefressen hatte.

Nun ist es so, dass es auf Europäischem Grund keinen Nationalstaat gibt, dessen große, zum Zwecke der Patriotismusgenerierung immer wieder beschrieene Geschichte auch nur annähernd soviel historische Substanz hätte, wie man das den jeweiligen Bürgern gerne glauben machen möchte. Deutschland zum Beispiel war vor 150 Jahren ein Flickenteppich aus Dutzenden von Staaten und Stätchen, von denen jeder einzelne aufs Eifersüchtigste für seine Souveränität eintrat, gleich wie insignifikant diese auch gewesen sein mochte. Einen Staat Deutschland, den es zuvor nie gegeben hatte konstruierte man durch die Erschaffung einer nationalen Geschichte, welche den Menschen etwas schenken sollte, womit sie sich identifizieren konnten, nämlich das wilhelminische Kaiserreich mit seinem Militarismus, seinem Rassismus und seinem Kolonialismus als Ordnungsbezug, der Schwaben, Bayern, Thüringer, Sachsen, Badener und wie sie noch alle hießen einen sollte, um zusammen etwas größeres zu sein…

Derartige Verlautbarungen kennen Italiener, Franzosen, Spanier aber sicher auch Norweger Briten und die ganzen Anderen durch ihre nationalen Ideologieepen mit Sicherheit auch. Und gewiss gibt es kulturelle Unterschiede; wenn man unbedingt danach suchen muss, findet man sicher irgendwas hassenswertes an jedem Menschen auf diesem Kontinent. Kultur ist allerdings, wie ich schon des Öfteren erwähnt habe, ein prozessuales Konstrukt, dass sich mit der Zeit und den Menschen ändert, anpasst, schlicht weil es das können muss, sonst würde unser Lebensstil sich zum Beispiel niemals den Wundern der Technik angepasst haben können. Schließlich gehört die Internetnutzung in den entwickelten Staaten heute zu den üblichen Kulturtechniken dazu.

Vielleicht wäre es an der Zeit, Pluralismus und Anpassungsfähigkeit endlich auch als grundlegende Kulturtechniken zu akzeptieren, den Ballast des Althergedachten abzuwerfen, welcher mit Zähnen, Krallen und Geifer von den Wächtern des Tradierens gegen die Zeit verteidigt wird. Gewisse gesellschaftliche Subsysteme, namentlich Bürokratie und Politik – aber nicht nur diese zwei – haben sich teilweise soweit von den Lebensrealitäten der Menschen entfernt, dass es mir schwer fällt zu glauben, dass deren Vertreter fähig sein könnten, wirklich zu erkennen, welches Potential immer noch in der Idee Europa liegt. Sie sehen nur noch Rote Zahlen mit vielen Nullen, die es ihnen nicht erlauben, die Dinge zu verändern; obschon es doch gerade die von ihnen und ihren systemischen Vorfahren selbst verfochtene Linie der Präservierung des Überkommenen war, die uns diesen Schlamassel, dieses Übermaß an Schulden eingebrockt hat.

Wann wird wohl jemand erkennen, das Europa nicht tot ist; es lebt, und zwar mit, in und durch jene, die irgendwann verstehen werden, dass diese Schulden ohne Substanz nur dann eine Last sind, eine Last sein können, wenn man sie anerkennt. Genauso wie Politik nur solange tun und lassen kann was sie möchte, solange die Bürger ihre Legitimität anerkennen.

Wie viel Legitimation kann jemand jetzt noch besitzen, der so sehr in seiner überkommenen Denke gefangen ist, dass ihm die Fähigkeit fehlt, zu verstehen, dass die alten Antworten keine Gültigkeit mehr besitzen können.

Europa wurde einst lediglich als Chance für mehr Wohlstand begriffen. Es wäre an der Zeit, es als Chance für mehr Demokratie zu begreifen.

Zeitung lesen nutzlos?

Ich las neulich in einem Buch von Schwarzen Schwänen! Es ging dabei nicht um Ornithologie, sondern um die Macht, welche unvorhersehbare Ereignisse auf unsere Welt haben, bzw. haben können. Auf Grund seiner Beschäftigung mit Statistik als Mittel zur Beurteilung finanzieller Risiken – was wohl eine Weile sein Beruf war – kommt der Autor zu dem Schluss, das alles Wissen um den normalen Ablauf der Dinge so gut wie gar nichts nutzt, um Schwarze Schwäne vorhersehen zu können; also Ereignisse die basierend auf einer Ex-Post-Betrachtung des bisherigen Verlaufs in der Historie des jeweiligen Kontextes nicht vorhersagbar sind.

Sein Beispiel ist der uramerikanische Thanksgiving-Truthahn, der das ganze Jahr über freundlich gefüttert wird – woher sollte der arme Kerl wohl wissen, das Ende November in dieser freundlichen Hand das Schlachtbeil auf ihn lauert? Eine wie ich finde durchaus bemerkenswerte Analogie.

Er schließt daraus allerdings auch, dass man das Zeitung lesen lassen sollte, weil alles Wissen um Standardabläufe kaum Auswirkungen auf die Wirksamkeit schwarzer Schwäne hätte; weil vielmehr der Konsum der Tageszeitung einen zu der törichten Illusion verleiten könnte, das Geschehen der Welt sei erklärbar, ja sogar kontrollierbar. Er meint in diesem Zusammenhang, dass es viel sinnvoller sei, mehr Bücher zu lesen.

Gewiss ist diese Argumentation bestechend – allerdings weiß man nicht erst seit 2007, dass Gesellschaften und damit auch die Ereignisse, welche sie hervor bringen können nicht tatsächlich von außen oder von oben steuerbar sind, sondern vielmehr die vielen einzelnen Subsysteme sich selbst steuern und dabei in Interaktion mit den anderen Subsystemen eine Art fließendes Gleichgewicht des Interessenausgleichs erzeugen. Zumindest in einem idealisierten Modell. Was aber für einzelne Gesellschaftsteile bezüglich ihrer Komplexität, Selbsterhaltung, Interessenvertretung und Selbstbestimmtheit gilt, lässt sich auch auf das Individuum herunter brechen.

Nun bin ich durchaus geneigt zuzustimmen, dass man beim Studium der Tagesmedien sehr sorgfältig auswählen muss und bei weitem nicht alles als von hohem Wahrheits- oder Informationsgehalt durchsetzt akzeptieren darf, was gedruckt steht oder über meinen Monitor flimmert. Dieser Umstand allein entwertet allerdings meine Lektüre keineswegs. Auch lasse ich mich dadurch nicht von der Illusion globaler Kontrolle einlullen. Vielmehr reflektiere ich mich an dem was ich lese und werde mir der Tatsache bewusst, dass meine ganze Existenz ein Schwarzer Schwan ist!

Mein Hiersein ist einer Verkettung höchst unwahrscheinlicher Ereignisse auf der sozialen Mikroebene zu verdanken und der Weg, den mein Leben bislang genommen hat, war zu keiner Zeit von irgendwem oder gar irgend einer höherem Macht vorgezeichnet. Diesem Gedanken folgend ist die Zukunft offen und vollzieht sich just in dem Moment, da ich sie durchlebe durch mein Tun oder Lassen. Wüsste ich, was mich erwartet, könnte ich vielleicht Risiken vermeiden, aber die Existenz würde dadurch nicht notwendigerweise perfekt, da es keinem Menschen gegeben ist, ein so komplexes System wie ein Leben in allen Ebenen und Möglichkeiten überblicken zu können. Womit alle Vorhersagesysteme imperfekt sind, da ich im Perfekt lebe; also in der just vollzogenen Gegenwart.

Ich lese trotzdem gerne Zeitung, denn so chaotisch Leben als solches auch sein mag, beeinflusst Wissen um die größeren Zusammenhänge dennoch in gewissem Umfang Entscheidungen, durch welche ich meine individuelle Existenz sehr wohl verändern kann. Ob die derart getroffenen Entscheidungen sich im Nachhinein als richtig, falsch oder ein bisschen von beidem erweisen, kann keiner vorher wissen…oder?

PS: Der Titel des Buches lautet „Der Schwarze Schwan“ von Nassim Nicholas Taleb

A snipet of doubt

Ich habe neulich über meine ganz persönliche Motivation geschrieben und gerade heute wurde ich durch ein Gespräch nachdenklich. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich irgendwann an einen Punkt komme, an dem mein komplettes Lebensmodell so an die Wand fährt, dass es kaum noch zu reparieren sein wird, ist wohl gar nicht so gering. Menschen, die dazu neigen für ihre Passionen – gleich ob diese beruflicher oder privater Natur sein mögen – viel zu geben, verfehlen manchmal das Gleichgewicht und verausgaben sich mehr, als für sie gut wäre.

Der Wunsch, als Mensch und Professional respektiert zu werden und Wertschätzung zu erfahren, ist wahrscheinlich in jedem von uns zu finden, doch die Grenze zwischen Engagement und Raubbau an sich selbst ist transparent, fließend und substanzlos. Darum quasi als Memo an mich und als Warnung an die (noch) Motivierten da draußen – gebt auf euch acht! Überlegt euch genau für wen oder was ihr eure Energie raushaut, es gibt nämlich nicht wenige „Berufungen“, die einen verbrennen können, ohne dass man je seine eigenen Bedürfnisse thematisiert oder gar realisiert sieht; So nobel es anfangs sein mag, sich für etwas ohne persönliche Ansprüche einzusetzen, ohne Unterstützung, Reflexion und Rewards wird so etwas bestenfalls zum Selbstläufer in den Abgrund, nicht jedoch in die viel gerühmte Selbstverwirklichung.

Und bevor Enthusiasmus zu Bitterkeit gerinnt, sollte man sich besser mal abkühlen und genau beobachten, wo der just eingeschlagene Weg einen hinführen könnte…