Einfach mal abschalten…

Muss man mal machen! Einfach abschalten! Also das Smartphone/Handy natürlich! Und das Tablet auch! Und das Notebook sowieso! Weil Internet süchtig macht! Hm… ja, ja, das ist gefährlich, wenn man soviel Zeit vor Bildschirmen verbringt, weil man dann ja… ja, was eigentlich? Was passiert, wenn man viel zum surfen, chatten und digilizen (so nenne ich fürderhin das digital socializing, also das sich-herumtreiben in sozialen Netzwerken) um es mal so flott zu formulieren vor dem Computer rumhängt. Rumhängen ist in dem Zusammenhang ja Geräteunabhängig. Witzigerweise ist dies übrigens der einzige Bereich im weiten Universum digitaler Kommunikation, in dem Anhänger verschiedener Geräteplattformen, Betriebssysteme und damit untrennbar verbundener Philosophien nicht sofort in oft hitzige Diskussionen geraten. Wenn man mal davon absieht, dass ich oben für guten Stil eindeutig zu viele Ausrufezeichen verwendet habe, bleiben die Fragezeichen hier dennoch die wichtigere Komponente.

Zunächst sei festgestellt, dass ich nach den Kriterien der Autoren eines Artikels im Stern – ja, ja ich lese das Blättchen zu oft, ich weiß, ich weiß – auch zu den Internetsuchtgefährdeten gehöre. Könnte daran liegen, dass ich, wie manch Anderer auch, oft Stunde um Stunde Recherchen betreiben MUSS, was vom heimatlichen Rechnerarbeitsplatz aus halt viel einfacher ist. Ich kann und mag nicht für jedes Zitat aus irgendeinem schwer in Papier beschaffbaren Buch in die Bibliothek rennen. Ganz zu schweigen davon, dass man manches überhaupt nur noch digital halbwegs zugänglich findet. Doch natürlich ist das nur die halbe Wahrheit. Natürlich vertändele ich manchmal auch meine Zeit vor dem Bildschirm, mit Chats, mit Spielen und anderlei prokrastinierlichem Getue. Und gewiss stelle ich dabei gelegentlich fest, dass mir die Zeit davon gelaufen ist. Weil sich eben am Computer Arbeit und Zerstreuung so einfach miteinander kombinieren lassen. Schließlich ist hier beides keinen Fußmarsch oder eine Fahrt voneinander entfernt, sondern lediglich ein paar Mausklicks und ein bisschen Geklimper auf der Tastatur…

Doch welches Problem liegt hier zu Grunde? Dass der Mensch immer noch nicht gelernt hat, mit dem Medium vernünftig umzugehen? Nun diese Unterstellung könnte insofern zutreffen, als wir immer noch nicht genau wissen, wie Privatsphäre und Cloud voneinander zu trennen sind. Der Aushandlungsprozess hierzu steht noch ganz am Anfang und wird uns wahrscheinlich noch lange begleiten. Vielleicht für immer, weil sich das Soziale insgesamt langsamer entwickelt als die Technik, in die es immer mehr eingebettet wird. Auch hier gilt: Kultur ist nicht statisch, sondern ein Prozess und wenn wir für das Problem des angeblich angebrochenen Zeitalters der Postprivacy eine gangbare Lösung gefunden haben, steht sicher schon der nächste Protagonist auf der Türschwelle und verschafft uns Ärger und neue Aushandlungsprozesse… Menschsein ist halt nicht einfach, man sollte sich besser dran gewöhnen. Die Verlockung, als einfaches Mitglied der Gesellschaft in die Lage versetzt zu sein, mit seinen Sendungen ein viel größeres Publikum erreichen zu können, als dies jemals zuvor der Fall war, lässt uns überdies gelegentlich Dinge tun, die… fragwürdig sind.

Es stimmt, Kommunikation und Information haben die Chance demokratischer zu werden, ja sogar unser Leben demokratischer zu machen als sie dies je waren und das fasziniert Menschen und lässt sie die neu gewonnene Freiheit oft allzu hemmungslos ausleben. Dabei entsteht, wenn man so will, als Nebenprodukt Kommunikationshedonismus.

Doch das Hauptproblem liegt meines Erachtens an anderer Stelle: nämlich in der fortschreitenden Entgrenzung von Arbeit und Freizeit. Man könnte entgegnen, dass die Arbeitnehmer sich nun, zumindest teilweise, ihre Arbeit selbst einteilen können, sie so flexibler und familienfreundlicher gestalten… wenn da nicht die implizite, so gut wie niemals öffentlich geäußerte Erwartung des Arbeitgebers wäre, dass man dann aber als guter corporate slave, quasi als Dank dafür, dass er endlich seinen selbstverständlichen Verpflichtungen bezüglich der Fürsorge für seine Angestellten nachkommt auch verdammt noch mal mehr für sein Geld zu arbeiten hat. Flexibilisierung? Bullshit! Arbeitsverdichtung durch engeres Kuscheln kommt hier als passende Bezeichnung wohl eher in Betracht. Und dazu gehört auch dauernde Erreichbarkeit. Als wenn gleich der Betrieb zusammenbricht, wenn man mal nicht angerufen werden möchte, weil man die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit eh schon um 20% übererfüllt hat…

Wir werden im Betrieb und durch die Medien darauf dressiert, mediales Dauerfeuer zu ertragen und tragen diesen Sozialisationsaspekt in unser persönliches Umfeld weiter, wo dann irgendwann alle anfangen, einander zu drangsalieren, wenn mal nicht binnen 12 Mikrosekunden auf irgendwelche, zumeist auch noch belanglosen, Posts, SMS, Whatsapps oder sonst was geantwortet wird.

Man könnte daraus Suchtverhalten konstruieren. Man könnte auch einfach mal jemanden mit faulen Tomaten bewerfen, wenn er es sich frecher Weise erlaubt hat, einen in der Freizeit kommunikatorisch zu drangsalieren. Ich schalte mein Smartphone mindestens ein Drittel des Tages in den so genannten Flugmodus. Da empfängt es einfach nix. Oder lasse es unbeachtet in einer Schublade im Telefonschränkchen liegen. Wenn irgendjemand was wirklich Wichtiges will, gibt es so was antiquiertes wie Festnetz; oder er muss halt warten, bis ich wieder Lust und Zeit habe, dran zu gehen. Zu Haus gibt’s nämlich auch noch andere Dinge zu tun, als zu warten, dass endlich jemand anruft. Ich heisse ja nicht Max Rabe… “…kein Schwein ruft mich an…”. Ich lese zum Beispiel – echte Bücher! Lesen bildet nämlich. Nur nicht unbedingt das Lesen irgendwelcher Artikel von unnötigen Digitalentwöhnungscamps für reiche Hippster in Kalifornien. Das ist nämlich, einmal mehr, soweit weg von unserer buntrepublikanischen Lebensrealität, wie der Mond. Und investigativer Journalismus darf auch unterhaltsam sein; aber bitte nicht nur! In diesem Sinne einen schönen Tag.

A snipet of pity?

Es passiert mir in letzter Zeit immer öfter, dass ich mich beim Lesen von Zeitungen gerne erbrechen würde. Könnte daran liegen, dass die Damen und Herren von der bundesweit rezipierten Journaille sich bei Themen verrennen, die eigentlich bestenfalls eine Erwähnung auf der letzten Seite des Lokalteils wert wären, wenn überhaupt.

Und dann taucht auf dem Titel des Stern Gerhard Schröder auf, mit der Bildunterschrift “sein trauriges Leben”. In dem Artikel wird dann von seinen drei Behausungen schwadroniert und das ja ein Staatsmann von Format wie er eigentlich eine größere Würdigung seiner Arbeit verdient hätte. Schließlich hätte seine Äußerung zu Putin, als Lupenreinem Demokraten, ja den Mensch Wladimir gemeint und nicht das in Russland dominante System Oligarchie. Man kann sich die Dinge ja schön reden, aber Wladimir Putin ist und bleibt ein EX-KGB-Offizier, der sich mit Glück und Unverschämtheit in eine Machtposition laviert hat und dort alles tut, um auch ja oben zu bleiben. Unter seiner Ägide werden die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit überall mit Füßen getreten, sein Säbelrasseln erinnert doch sehr an die Wilson-Doktrin, die soziale Ungerechtigkeit ist himmelschreiend und große Teile der Wirtschaft sind siech, weil es an politischer Führung im positiven Sinne mangelt. Dieser Mann ist kein lupenreiner Demokrat, sondern ein lupenreiner Diktator. Das kann jeder erkennen, der nicht das Glück hat, von ihm entweder bezahlt, oder bei Unkäuflichkeit ermordet zu werden. Aber wenn der großartige, ehemalige Staatsmann Schröder bei seinen des Schwachsinns verdächtigen Äußerungen bleiben will, bitte…

Aber hier, verehrte Frau Posche, ist noch eine Erweiterung meiner Replik fällig: Es ist richtig, dass unter der Kanzlerschaft Gerhard Schröders die Agenda 2010 gestartet wurde, die zweifellos umfassendste Reformierung der bundesrepublikanischen Sozialsysteme überhaupt – die gänzlich auf dem Rücken der schwächsten Teilnehmer am Wirtschaftskreislauf ausgetragen wurde. Neoliberalismus vom Feinsten, kaum eine Spur sozialer Verantwortung für die Wirtschaft. Etwas verwunderlich für einen lupenreinen Sozialdemokraten, oder? Keine längst überfällige Reform des Steuersystems, keine sinnvolle Verteilung der Lasten auf den Schultern aller Mitgliedern der Solidargemeinschaft BRD, lediglich ein bisschen klare Linie bei einem Krieg. Und das war große Staatsmannschaft?

UNFUG! Der Mann wollte viel, konnte wenig und hat sich dann auch noch mit den falschen Freunden eingelassen. Letzten Endes war er noch schlechter als Kohl, der die BRD 16 Jahre lang mit seinen neokorporatistischen Seilschaften gelähmt hat und – immer noch – nicht mal den Funken Anstand besitzt, die dunklen Geheimnisse seiner Amtszeit endlich zu lüften. Trauriges Leben? Dieser Barolo saufende Möchtegerngenosse aus der lippischen Provinz darf seinen Lebensabend gerne still verbringen – ich will nix mehr von ihm hören, den die in diesem Zusammenhang zu beklagenden “traurigen Leben” sind hier bestenfalls die jener Menschen, deren Existenzen ins Elend zu stürzen er so wunderbar geholfen hat.

Und Tschüss!

Bin noch da – Whatsapp auch…?

Es kam, wie’s kommen musste – am Ende hatte ich nicht genug Zeit, um alles noch mal und noch mal zu überarbeiten. Und vielleicht ist das auch gut so, denn es ist eine weit verbreitete Krankheit, etwas, dass eigentlich mit Sorgfalt und nach den Regeln der Kunst erstellt wurde, zu Tode optimieren zu wollen. Ich rede jetzt gerade von einer Notenrelevanten Hausarbeit für mein Studium, die mich ehrlich gesagt Zeit und Nerven gekostet hat, aber alles in allem bin ich mit meiner Arbeit zufrieden und hoffe, dass das der Korrektor genau so sieht. Darauf habe ich nun allerdings keinen Einfluss mehr und manche Dinge muss man einfach nehmen, wie sie kommen. Gerade in den Sozialwissenschaftlichen Fächern gibt es naturgemäß viele mögliche Sichtweisen…

Hiermit ist also der Grund genannt, warum ich in letzter Zeit wenig habe von mir hören bzw. lesen lassen. Auch auf meinen Aufruf für ein potentielles erstes Interview hatte ich keine Reaktion erhalten, wofür ich im Nachhinein allerdings nicht unbedingt undankbar bin, hätte es doch Zeit in Anspruch genommen, die für andere Dinge auch nutzbringend eingesetzt werden konnte. Natürlich ist es so, dass der nächste Stresspeak gewiss schon auf dem Weg zu mir ist, aber im Moment habe ich wieder etwas Luft und mir ist aufgefallen, dass ich mich schon wieder richtig aufregen muss.

Mark Zuckerberg hat beschlossen, richtig Asche in die Hand zu nehmen und Whatsapp zu kaufen, die sich mit weit über 400 Millionen Nutzern, einfacher Bedienbarkeit ohne viel Schnickschnack und einem verblüffend einfachen und dennoch mächtigen Konzept zu einem schnörkelfreien social network gemausert hatten. Tja, er hat schon schnell verstanden, dass dieser Exil-Ukrainer und sein Bro aus dem Valley eine ernstzunehmende Konkurrenz darstellen. In so einem Fall macht man es halt einfach wie die Bayern und kauft so lange alle Topleute zusammen, bis gar nichts anderes mehr passieren kann, als dass man Meister wird; ähm ich meinte man bewirft die Konkurrenten solange mit Geld, bis sie freiwillig zu Angestellten werden, denn wir haben alle einen Preis. Und was ist jetzt daran verwerflich? Das Herr Zuckerberg versucht, seine Monopolstellung zu schützen, oder doch eher, dass die US-Kartellbehörden offensichtlich auf ihren Händen und Ohren gleichzeitig sitzen?

Wie man es auch dreht und wendet, im Moment ist es halt in, den Mark und seine Firma zu hassen. Sein Gebaren ist jetzt auch nicht gerade sympathisch. Und dann hat der auch noch Erfolg. Nein, das geht gar nicht! Ähm, hab ich irgendwas an der Nachricht überlesen, oder hat er halt einfach einen Konkurrenten gekauft? Passiert in der freien Wirtschaft jeden Tag. Es fließen dabei nicht jeden Tag so viele Dollars und es sind meist auch nicht so viele Nutzerdaten involviert…

Ach deswegen seid ihr so sauer? Weil der Mark jetzt auch eure Whatsapp-Nachrichten lesen kann? Und ihr in eurem Facebook-Account, auf dem ihr euch damit brüstet, jetzt Threema zu nutzen noch ein bisschen mehr personalisierte Werbung finden könntet. Wenn man aufmerksam mitgelesen und -gedacht hat, wird einem auffallen, dass es einen Widerspruch in sich darstellt, das verteufelte Medium (FACEBOOK) dazu zu nutzen, sich darüber auszulassen, wie schlimm man es findet, dass die (WIEDER FACEBOOK) einen ja jetzt bei Whatsapp belauschen können und deswegen zu Threema wechselt, die zwar über eine Verschlüsselungstechnologie verfügen, aber insgesamt auch nicht sicherer sind als Whatsapp – die müssen jetzt nämlich über alle Maßen schnell ihre Infrastruktur wachsen lassen. Zu schnell wachsende Infrastrukturen erzeugen jedoch systemimmanente Fehler und damit noch etwas Anderes – RICHTIG: Sicherheitslücken.

Anstatt also der dummen Herde hinterherzulaufen, die glaubt, angestachelt von irgendwelchen Möchtegernfachleuten, die vielleicht damit eigene wirtschaftliche Interessen verfolgen, von einer Ecke des löchrigen Netzes in die andere traben zu müssen, wäre es viel intelligenter, mal sein eigenes Nutzerverhalten zu analysieren; und sich zu fragen welche Art von persönlichen Daten, mit welchem Grad an Privatsphäre man sowieso schon durch eigene Faulheit, Dummheit oder Arroganz preisgegeben hat, anstatt den bösen Konzernen, die halt Geld verdienen wollen / müssen an Allem die Schuld zu geben.

Das Web verändert unsere Kommunikation nachhaltig! Ja, nachhaltig, denn das, was sich bereits verändert hat – zum Guten, wie auch zum Bösen – bleibt der Veränderung unterworfen, wird nie wieder so werden, wie es mal war, egal wie sehr man sich das auch wünschen mag. Mit dieser Realität seinen Frieden zu machen und darüber nachzudenken, wie man den eigenen Wunsch nach der privaten Nische und die Vielfalt der Kommunikations- und Informationskanäle, die Notwendigkeit “in touch” zu bleiben und die Verpflichtung, dennoch Geheimnisse bewahren zu können miteinander in Einklang bringen kann, ist eine der wichtigen Aufgaben unserer Zeit. Und dabei ist niemandem geholfen, wenn er einfach unreflektiert Hypes hinterher rennt, um dann, wie bei der Arbeitgebersuche auch, feststellen zu müssen, dass es woanders ebenso Scheiße ist.

In diesem Sinne wünsche ich allen viel Spaß, die versuchen mich bei Threema zu finden, denn ich bleibe bei Whatsapp. Nur nützlich für Lau ist in einer Welt, die auf kapitalistischen Prinzipien fußt nämlich eine Illusion. Schönes Wochenende!

snipets of conversation issue #0 – reloaded

Also, nachdem ich nun schon einige Male angesprochen worden bin, was das denn nun werden soll, was ich mit meinen Interviews eigentlich vorhabe, wie das ablaufen soll und was das bringt, ist es wohl an der Zeit, noch mal ein paar erklärende Worte zu verlieren und einen ersten Termin anzubieten, damit wir mal endlich Nägel mit Köpfen machen können!

Zuallererst Folgendes: Ich verfolge keinerlei wirtschaftliche Interessen mit dieser Idee! Ich bin allerdings von dem Konzept der erzählten Geschichte fasziniert und weil ich im Rahmen meines Fernstudiums der Bildungswissenschaft an der FernUni Hagen natürlich auch mit dem Interview als Methode der Sozialforschung in Berührung gekommen bin, möchte ich das hier, allerdings in lockerer, nicht wissenschaftlich orientierter sondern eher Neugier-orientierter Form weiterführen und ausbauen. Zum einen tue ich das, weil ich meine eigenen Skills als Interviewer schärfen will, womit Eigennutz zumindest nicht ganz zu verleugnen ist. Andererseits hoffe ich aber auch, so im Lauf der Zeit eine Art Mosaik mit Geschichten, Ideen, Sichtweisen unterschiedlichster Menschen zusammentragen zu können, das ein zumindest meinem Wunsch nach immer dichteres Gesellschaftspanorama abbilden könnte – nur eben eines, dass von den Menschen selbst erzählt wird.

Dazu möchte ich mich mit meinem jeweiligen Gast gemütlich ins Arbeitszimmer setzen und plauschen, während der Computer via Mikrophon unsere Unterhaltung aufzeichnet. Ich möchte Fragen stellen, wobei ich vorher stets sondieren werde, ob es Themen gibt, die dem jeweiligen Gegenüber für eine öffentliche Antwort vielleicht zu sensibel sind. Ein Nein kann ich immer akzeptieren. Wie schon erwähnt können wir eine kleine Bewirtung mit Kaffee und Kuchen oder Brötchen in den Kontext des Interviewtermins einbauen.

Ich würde für ein solches Interview selbst ca. eine Halbe bis Dreiviertel Stunde ansetzen, irgendwann hat man ja auch keine Lust mehr, oder keine Idee mehr, was man jetzt noch sagen oder fragen könnte und das ist dann auch schon alles. Willkommen ist mir grundsätzlich erst einmal Jeder (die Bezeichnung ist zwar maskulin, aber potentielle feminine Interviewpartner sind natürlich eben so angesprochen). Jemand hatte neulich davon geschrieben, das unsere Meinungen für ein öffentliches Gespräch vielleicht zu konträr wären, aber der Witz eines Interviews ist es ja gerade, den Interviewten zu Wort kommen zu lassen. Meine Meinung soll dabei in den Hintergrund treten. Es mag sein, dass dabei kontroverse Meinungen, ambivalente Äußerungen und Ähnliches zu Tage treten, aber im Grunde ist das auch Zweck dieser Übung, denn den Diskurs in einer Gesellschaft am Leben zu halten bedarf auch verschiedener Ansichten, selbst wenn man persönlich diese vielleicht nicht vertreten mag.

Es ist also eine Mischung aus soziologischer Übung, journalistischer Neugier und vielleicht einer kleinen Portion Frechheit, aber ich möchte hiermit ganz öffentlich einen ersten Termin anbieten, und zwar am

DO den 06.02.2014

entweder Vormittags oder Nachmittags, da bin ich flexibel. Wer also an dem Tag Zeit hätte und sich vorstellen kann, sich ein Stündchen locker mit mir ins “Studio” zu setzen, der darf sich JETZT dazu aufgefordert fühlen, mich über einen Kanal seiner Wahl zu kontaktieren. Entweder via Mail oder skype, mein Nick ist faerymaster.

So und jetzt schauen wir mal, ob man innerhalb von weniger als 48 Stunden so was auf die Beine stellen kann.

PS: Telefoninterview ist technisch im Moment noch problematisch, ich arbeite an einer stabilen Lösung für Skype.

Total normal?

Ich wurde geboren. Da ist weiter nichts Besonderes daran, außer vielleicht dem Umstand, dass Alles was darauf folgte mich dazu befähigt, heute hier zu sitzen und diese Zeilen zu schreiben. Jedenfalls kam ich auf diese Welt an einem Samstagmorgen im Juni des Jahres 1974. Infolge dessen wuchs ich zu einem Kind heran, dass die Schule besuchte – auf die Grundschule folgte das Gymnasium – währenddessen zu einem Knaben heranwuchs, der sich nach Verlassen des Baden-Württembergischen Schulwesens mit Allgemeiner Hochschulreife in der Tasche blöderweise dazu entschloss, Zivi bei der Rettung zu werden. Irgendwie haben die folgenden Erlebnisse komischerweise dazu beigetragen aus dem Knaben einen Mann reifen zu lassen. Der Rest ist Geschichte, denn genau Das, also Retten, mache ich auch heute noch, wenngleich ich wohl bestenfalls noch als Zivi im Herzen gelten darf. Jungs werden ja aber auch nur Sieben und wachsen danach allenfalls in der Länge… zumindest behaupten Frauen das gerne.

Soweit eine normale Geschichte. Natürlich ist sie stark verkürzt, aber hey, wen zum Henker würden schon alle Details meines Lebens interessieren? Vielleicht insbesondere jene, die ich nur allzu gerne in meinem Herzen verschließe? Und solche Details – wollen wir sie vielleicht lieber Geheimnisse nennen? – haben wir schließlich alle. Aber das ist nicht, worauf ich hinaus will, sondern eher das Wort “normal” wenige Zeilen weiter oben. Schon oft habe ich, auch hier im Rahmen meines Blogs über solche Fragen sinniert, diese irgendwie nicht tot zu kriegenden “Was-wäre-wenn?”-Dinger, diese unsäglichen “hätte-hätte-Fahradkette”-Fabulierereien, die einen nirgends hin bringen, außer vielleicht in psychiatrische Behandlung, wenn man es damit übertreibt. Natürlich haben Gedankenspiele im Bezug auf das eigene Leben diesen gewissen Charme – und wer könnte sich dem schlechter entziehen, als ein passionierter Geschichtenerzähler wie ich? Im Traum, egal ob bei Tage oder bei Nacht, können wir all die Entscheidungen, die wir im Nachhinein bereuen “richtig” treffen … nicht wahr?

Tja, vermutlich hätte sich die eine oder andere Situation tatsächlich besser meistern lassen, zu zufrieden stellenden Ergebnissen führen oder tatsächlich den Verlauf des eigenen Lebens ändern können. Aber so wenig, wie sich Verhalten tatsächlich vorher sagen lässt, auch wenn Psychologen mit immer ausgefeilteren statistischen Methoden versuchen, unser (Unter)Bewusstsein zu ergründen, so wenig können wir wissen, zu welchen Ergebnissen ein anderes Handeln in solchen zur Disposition stehenden Momenten letztendlich wirklich geführt hätte. Soziale Beziehungen sind so komplex, dass EINE veränderte Verhaltensweise ganze Kaskaden von veränderten Umgebungsparametern nach sich zöge, die wir unmöglich alle mit einkalkulieren könnten, dazu wären selbst unsere gegenwärtig leistungsfähigsten Computer nicht in der Lage – wenn wir denn überhaupt einen funktionierenden Algorithmus hätten.

Ich bin weit davon entfernt hier deterministisch zu argumentieren, denn ich glaube nicht, dass alles vorherbestimmt ist weil unser Tun einfach nur von der Biochemie regiert wird.
Allerdings bin ich davon überzeugt, dass ich der Mann bin, der heute hier sitzt, um so und eben nicht anders zu schreiben, weil ich meine Entscheidungen so getroffen habe, wie es nun mal der Fall war. Meine Entscheidungen und die daraus erwachsenen Erfahrungen haben mich geformt. Ich bin weiß Gott nicht auf alle Stolz, so wenig, wie ich immer vorher genau gewusst habe, was hinterher passieren würde, aber mit diesem Maß an Ungewissheit leben zu müssen, ist unsere Bürde und zugleich unser Privileg als Mensch. Zumindest ich persönlich empfinde nämlich Reichtum in der Fähigkeit, für mich selbst denken zu können.

Was bedeutet also “normal”? Ich kann diese Frage nicht für andere Menschen beantworten, obwohl ich gerne diese Fähigkeit besäße. Für mich bedeutet es, dass ich auf mannigfaltige Arten dazu in der Lage bin, mich als Individuum von anderen zu distinguieren und trotzdem wunderbar mit ihnen interagieren zu können. Das ich auch persönliche Stärken und Schwächen habe, die nicht mit denen der anderen kongruent sind, dass ich Geheimnisse habe, die nur mir gehören und das der Weg, der zu meinem heutigen Selbst geführt hat, meiner war, ist und bleiben wird. Und weil das in dieser Lesart irgendwie wohl für jeden Menschen gelten kann, sind eigentlich auch alle Menschen normal, wenn man mal von schweren psychischen Störungen absieht; aber dazu äußere ich mich ein anderes Mal differenzierter. Worauf ich hinaus will ist, dass es Einheit in Vielfalt tatsächlich gibt. Wir leben sie jeden Tag am Arbeitsplatz, im Supermarkt und auf der Straße und wenn man von wenigen Totalausfällen absieht, funktioniert das eigentlich ganz gut. Nur … warum zum Henker qualifiziert sich dann jemand, einfach weil er vielleicht anders aussieht plötzlich nicht mehr für das Label “normal”. Und mehr als ein Label ist es ja nicht; zumindest nicht für mich! Also, getreu dem Motto “Selber denken mach schlau, nachplappern zur dummen Sau!” mal ran an die eigenen Synapsen und noch einen schönen Tag, ihr … Menschen.

A snipet of comittment

Ist eigentlich irgend jemandem aufgefallen, dass ich in letzter Zeit wenig konstruktiv war? Hat sich mal einer – oder auch eine – darüber beschwert, dass ich immer nur in meinem Sauertopf rühre? Schon klar, manche Sachen müssen einfach raus und es ist viel einfacher böse zu schreiben und rotzig zu reden, anstatt WIRKLICH etwas zu tun. Es mag hilfreich sein, den Finger in die verschiedensten Wunden zu legen, damit Andere darauf aufmerksam werden, dass nicht nur im sprichwörtlichen Staate Dänemark so einiges faul ist. Ich mag hier aber nicht den Hamlet geben, schließlich wird auch er zum Opfer einer Intrige. Lieber bin ich Horatio, der die Botschaft weiter trägt…

Doch, um beim gewählten Kontext zu bleiben, treibt auch mich tatsächlich die berühmte Frage um: “Sein, oder Nichtsein…”, was allerdings weniger etwas mit dem existentiellen Hin- und hergerissensein zwischen Rachsucht und Todesangst zu tun hat, wie wir’s beim Dänenprinzen finden, sonder eher mit der Bodenständigeren Variante eines “Soll ich’s wirklich machen, oder lass’ ich’s lieber sein?”. Fettes Brot antwortet hier elegant mit JEIN, was mir dennoch nichts nützt. Ist aber letzten Endes auch vollkommen egal, was andere sagen oder denken, denn wenn ich ehrlich bin, habe ich meine Entscheidung schon lange getroffen. Ich muss was tun, um Dinge zu bewegen, sonst werde ich irgendwann wahnsinnig; allerspätestens, wenn mich dereinst meine dann (hoffentlich) erwachsen gewordenen Töchter fragen, warum zum Teufel niemand was getan hat, als die Demokratie den Bach runter zu gehen begann?

Doch wenn ich mich wirklich auf den Weg mache, etwas verändern zu wollen, so als einfacher Simpel ohne Lobby, ohne Macht, ohne Geld, was braucht es dann, um irgendwas erreichen zu können? Werden eine Vision von wirklich durchschaubarer Politik, Kenntnisse im Netzwerken, Persistenz und ein Stück weit auch Frechheit reichen, um vorwärts zu kommen? Keine Ahnung, aber wollt ihr’s vielleicht zusammen mit mir rausfinden…?

Ne Petition gegen Lanz…?

Also echt, wenn’s nicht so grausam peinlich wäre, würde ich mich hier und jetzt gerne noch mal drüber kaputt lachen. Der Herr Lanz war also so unverschämt, die Frau Wagenknecht als das zu demaskieren was sie wohl wirklich ist: eine sich selbst zur sozialistischen Allmutter stilisierende, moralinsaure Möchtegernoberintellektuelle, welche die gesellschaftliche Deutungshoheit für sich gepachtet zu haben in Anspruch nimmt. Und der Jörges – den ich im Übrigen sehr schätze -war auch da und hat der Obervizelinken ebenso bescheid gestoßen. Und Ratzfatz kommen allüberall Nervmaden angekrochen, die sich mit Geifern darüber ereifern, das ihr wertloses Idol endlich mal eine vor den Latz gekriegt hat. Was für’n Dreck soll das jetzt sein? Sind wir wieder bei #aufschrei, weil eine Frau von zwei Männern öffentlich gemobbt wurde. Oder ist es vielleicht doch eher so, dass wir in Deutschland einfach keine “ergebnisoffene” Talkkultur mehr haben.

Jedes Mal, wenn sich jemand entblödet, etwas gegen bestimmte Themen anzubringen, gleich wie sachlich richtig es auch sein mag, oder die Idoru, welche sich medienwirksam als Vertreter der Entrechteten gerieren mit dem Unsinn konfrontieren, welchen diese öffentlich – und auf Kosten MEINER GEZ-Gebühren – abzusondern die Frechheit besitzen, kommt ein geschickt in Szene gesetzter Shitstorm daher. Und warum? Weil unsere vollkommen von unrealistischer Sozialromantik gehirnerweichten Blockwarte des politisch Korrekten offensichtlich wirklich glauben, sie hätten das Meinungsmonopol in diesem Staate inne! Und dabei nicht mal merken, dass es der tendenziell hinsichtlich der Wertneutralität eher kritisch zu sehende Mainstream ist, welcher die Medienkanäle bereit stellt, in welchen sie ihre Nutz- und Inhaltslose Propaganda transportieren lassen. Aber vermutlich sieht nur eine Minderheit darin das gleiche Maß an Ironie, wie ich…

Petitionen, Gegenpetitionen (die dann gleich gelöscht werden), eine Riesenwelle in verschiedensten Medien und jede Menge größtenteils unqualifizierter, nicht selten beleidigender oder gar bedrohender Kommentare – müssten die alle mit offenem Visier reiten, würden sie wahrscheinlich die Fresse halten, wie Dieter Nuhr das ja schon mal angemahnt hatte. Vielleicht sollten wir zur Abwechslung mal die NSA um Hilfe bitten. Da könnte in Crypto City doch mal eben jemand an den Server gehen und für alle “Kommentatoren” in der Causa Lanz-Wagenknecht die Klarnamen und Adressen rauszusuchen, damit man die dann auf http://www.ruheiminternet.de stellen kann. Das würde bestimmt ein Heidenspaß und endlich wäre die ganze Abhörerei mal zu was Nutze. Wie viele Verbalterroristen man da auf einen Schlag kaltstellen könnte…?

Toleranz? Ist aus…!

Ich habe die Schnauze voll! Ich habe sie voll von den ganzen Menschoiden, die schlicht zu dumm, zu ungebildet und zu stur sind, um zu verstehen, dass das Fremde an sich keine Bedrohung darstellt und das die eigene kleine Nische, in der sich einzurichten das ganze menschliche Streben zu bestimmen scheint nichts weiter ist, als eine Momentaufnahme; ein verdammt kurzer Augenblick im Fluss der Zeit, welcher in einem so komplexen und komplizierten Ganzen wie unserer modernen Gesellschaft nach und nach einfach alles verändert. Wenn irgendeiner von diesen oft zitierten Allgemeinblätzen überhaupt Gültigkeit besitzen kann, dann jener, der besagt, dass sich unsere Welt mit zunehmender Geschwindigkeit verändert, weil unsere technischen Kapazitäten so groß sind, dass sie mittlerweile die persönlichen Adaptionsfähigkeiten der meisten Menschen dauernd auf die Probe stellen. Ist schwer sozial zu bleiben, wenn man die Welt nicht mehr kapiert, weil alles an einem vorbei zu fliegen scheint.

Es fällt mir auch zunehmend schwerer, mit irgendeinem, egal wie geringen Maß von Toleranz auf das unbedachte Übernehmen ungeprüfter Fremdmeinungen zu reagieren. Inzwischen fühle ich Allergiesymptome, wann immer ich lesen, sehen oder hören muss, dass irgendjemand einfach irgendeinen Scheiss nachplappert, nur weil ihn ein anderer, vermeintlich Wichtiger, diesen öffentlich abgesondert hat. Besonders tragisch wird es, wenn dieses Nachplappern dann auch noch annähernd ebenso öffentlich passiert. Ja ja, jeder hat ein Recht auf seine eigene Meinung; es wäre allerdings richtig schön, wenn es auch tatsächlich die eigene wäre und nicht irgendein Dreck, den man zum Beispiel im Netz aufgeschnappt hat. Doch für eine eigene Meinung braucht es zwei Dinge: den Willen, sich zu informieren und die Fähigkeit die Informationen auch verarbeiten zu können. Ist schon Scheisse, wenn man so ungebildet ist, dass man eine ziemlich einfache Statistik wie den Migrationsbericht nicht korrekt lesen kann…

Oder aber so arrogant, borniert, scheuklappig und leicht manipulierbar, dass man einfach alles, was einem nicht gefällt in Abrede stellt. Migrationsbericht? Politiker lügen doch eh alle, ich sehe doch immer die ganzen Kopftuchträger! Von 2012? Wir haben 2014, wo ist denn der von 2013, der sieht bestimmt ganz anders aus! Die Linken haben doch eh alles unterwandert, die Gutmenscherei bedroht unsere Identität und unsere Existenz, die Islamisten werden uns überrennen, Lablalaberschwurbelnazischeisse…!

Tja, Leute die Oxymoron für eine neue Waschmittelmarke, die Kolumne in der BILD-Zeitung für die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit halten und mehr Zeit darauf verwenden, sich über Fussball, als über die wirklich wichtigen Themen des Lebens zu informieren, sind ganz offensichtlich die aktuellen Inhaber der Meinungshoheit, denn sie scheinen den weitaus größten Teil der Mitmenschoiden in unserer Republik darzustellen. Und wissen noch nicht einmal woher der Begriff kommt; res publica, öffentliche Sache. Doch um an der öffentlichen Sache teilhaben zu können, bedarf es sinn- und gehaltvoller, auf Verlässlichkeit überprüfter Informationen und des Wissens um den Kontext, um diese auch richtig einordnen zu können.

Die gleichen Leute, die sich zum Beispiel darüber beschweren, das sich niemand für ihre Belange interessiert und dass ja eh immer nur alles schlechter wird, übersehen bei ihrem Gejammer nur allzu gerne, dass die Öffentlichkeit, von der immer die Rede ist, sich unter Anderem aus ihnen selbst zusammensetzt und das ein Gemeinwesen, genau wie eine komplizierte Maschine, nur so gut funktionieren kann, wie seine Einzelteile funktionieren; also bezogen auf die Gesellschaft bereit sind, sich selbst einzubringen und nicht nur ihre Rechte, sondern auch – vor allem – ihre Pflichten wahrzunehmen.

Sich zurück zu lehnen und zu warten, dass ein Anderer die tatsächlichen Probleme benennt und eine Lösung anbietet, ist nicht nur dumm, sondern sogar gefährlich. Denn ein solcher Anderer verfolgt immer, analog der ebenfalls immer wieder gerne zitierten menschlichen Natur, zuallererst seine eigenen Ziele. Und selbst wenn es sich um ein altes, fortwährendes Problem handelt, sollte man sich nicht auf den verlassen, der am lautesten schreit – zum Beispiel einen hinterfotzigen bajuwarischen Problembären mit Hang zu Polemik – sondern sich von verschiedenen Seiten anschauen, was es zu der Sache zu wissen gibt. Wobei etwas, dass zunächst wie ein Problem aussieht bei weitem nicht immer auch wirklich eines ist.

Das mit dem Ansehen von verschiedenen Seiten ist das Hauptproblem, denn es erfordert nicht nur Intellekt, sondern vor allem Toleranz, sich auf andere Standpunkte einzulassen; und sei es nur um eines besseren Gesamtbildes wegen. Nachdem diese Feststellung endlich getroffen ist, bleibt mir nur noch eines zu sagen: nämlich das meine Toleranz für Toleranzmangel auch dem Ende zugeht. Für heute habe ich fertig, nun geht schon endlich auf die Couch und glotzt Sport…

Bab(bel)ylonien ist überall

Menschen sprechen, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Daran ist erst mal nichts Besonderes, wenn man sich die Mühe macht, den Umstand zu beachten, dass dies schon seit Jahrhunderten der Fall ist. Die Illusion von der kulturellen und somit auch sprachlichen Homogenität des, weitgehend künstlichen, Konstruktes Nationalstaat wird natürlich immer wieder gern beschworen, um die guten Untertanen – ähm, pardon Bürger meinte ich natürlich – auf die Notwendigkeit der Einigkeit einzunorden. Die Kreation dieses Zugehörigkeitsgefühls bezüglich des Bodens auf dem man lebt, gerne mal Patriotismus genannt, macht es für die Politik nämlich irgendwie viel leichter, die Menschen, welche innerhalb bestimmter Grenzen leben, von der Richtigkeit des Steuernzahlens und der Beachtung der hierorts gültigen Gesetze zu überzeugen. Ohne diese Akzeptanz gäbe es keinen Staat, denn Munition ist teuer.

Allerdings bleibt aller Nationalstaaterei, aller propagandistischen Volksverdusselung und allen schönen Symbolen zum Trotz in vielen Regionen, nicht nur in unserem Staate, dieses seltsame Gefühl zurück, dass hier künstlich zusammengefügt wurde, was aber verdammt noch mal niemals zusammengehört hat und auch niemals zusammen gehören wird – so wie die Württemberger und die Badener zum Beispiel… die können zwar beide alles außer Hochdeutsch aber zwischen den beiden Idiomen und der je dazugehörenden Denke liegen Welten.

Doch nicht nur räumliche Verschiedenheit zeitigt von Varietäten einer Sprache; wenngleich regionale Idiome, auch gerne Dialekte genannt, eher als eigenständiger Sprachausdruck erkannt und gewürdigt werden, so gibt es doch auch hinsichtlich der Zugehörigkeit zu bestimmten Subkulturen bzw. Altersgruppen verbale Diversitäten, die für mich noch schwerer zu verstehen sind, als wenn meine Mutter Hannoversch Platt snackt. Soziolekte, zu denen zum Beispiel auch die so genannten Jugendsprachen gehören, sind ebenso Ausdruck einer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe von Menschen, damit zugleich Ab- aber auch Eingrenzungsmerkmal und Teil der kulturellen Identität und des jeweiligen Lebensgefühls ihrer Nutzer.

Soweit zur Theorie. Das ein Bayer anders daher redet, als ein Sachse, oder ein Hamburger, oder ein Saarländer, ist ebenso klar wie der Umstand, dass Jugendliche heutzutage ein anderes Sprachgebaren haben, als zu meiner Schulzeit, die eben gerade mal etwas über 20 Jahre zurück liegt. Und trotzdem verstehe ich bei weitem nicht alles, was die sagen… Man musste mir zum Beispiel erklären, was es mit dem Babo und den Chabos auf sich hat. Ich fand’s aufschlussreich, denn es zeigt, wie leicht unterschiedliche kulturelle Einflüsse quasi assimiliert und alsbald adaptiert werden, so Eingang in die Populärkultur finden, womit klarer wird, warum ich Kultur immer als prozessuales Konstrukt bezeichne. Sie ist im Fluss, so wie das Leben, in das sie eingebettet ist, dass in sie eingebettet ist. Klingt kompliziert? Ist aber ganz einfach; na ja, so einfach wie das Leben halt sein kann.

An anderer Stelle wird allerdings auch gerne mal darüber hergezogen, wie diese Jugend heute schon wieder unsere schöne Sprache vergewaltigt. A propos; ist eigentlich letzthin mal jemandem aufgefallen, dass schon die alten griechischen Philosophen sich über den Verfall der Sitten bei der Jugend beklagt haben? Nun ja, manches Gejammer wird anscheinend nie alt. Jedenfalls wird auch heutzutage noch gerne die, überaus faszinierende, Wandlungsfähigkeit unserer Sprache im Gebrauch durch deren jüngere Mitglieder unserer Gesellschaft als diagnostischer Maßstab für den Verfall abendländischer Kultur herangezogen.

Erleben wir also nun die unumkehrbare Verrohung der Sprachsitten? Etwa so, wie Frau Winnemuth diese letzthin mittels ihrer Kolumne im Stern angesprochen hat? Nö – wir erleben Sprache als Spiegel unserer Kultur und damit auch unserer selbst. Und wenn nicht jedem gefällt, was man darin sieht, mag dies daran liegen, dass unsere Kultur, oder besser, deren hör- und sichtbare Produkte gegenwärtig vom neoliberalen Ökonomisierungszwang deformiert werden. Und sie sich gleichsam auf die einzige Art wehrt, die sie gegen die Allmacht des Mammon hat – nämlich sich dessen Duktus anzueignen. Wenn Gier, Gleichgültigkeit und Ellenbogen regieren, wir aber gleichzeitig unsere Idole aus eben jener Parallel-Welt importieren, die diese vollkommen schwachsinnige Art, auf Kosten Anderer auf der Überholspur zu leben dauernd reproduziert, dürfen wir uns nicht wundern, wenn auch die Sprache ein Spiegel jener falschen Vorbilder ist.

Und anstatt sie endlich und endgültig zu demontieren und dahin zu schicken, wo diese Aasgeier nun mal hingehören, nämlich in die Wüste, legalisieren, hofieren und kopieren wir ihr Tun, damit sich dann hinterher in eben den Medien, die diesen Mist mit befördern jemand über die Ergebnisse aufregen kann. Ist Schizophrenie nicht was Tolles? Immerhin sprechen nicht alle die gleiche Sprache, wenn sie etwas Dummes sagen, dann kann man sich wenigstens noch hinter dem Missverstehen verstecken. Au revoir.

Plan X – Rollenspiel für Dummies #5

Ich könnte mich wegschmeißen, wenn ich meinen Spielgruppen beim Pläne schmieden zugucken darf. Da wird Stunde um Stunde lamentiert, das Für und Wieder dieses oder jenes Vorgehens erwogen. Man versucht auf Teufel komm raus, Szenarien im Vorfeld zu simulieren – oder etwas zu tun, dass dem nahe kommen soll; nämlich sie im Geiste durchzuspielen. Da lach ich mich kaputt, denn genau darauf kommt es doch an: das Durchspielen. Oder etwa nicht, heißt ja immerhin Rollenspiel?

Tatsächlich theoretisieren da eigentlich ja nicht die Spieler, sondern deren Charaktere, die sich ausmalen, was passieren KÖNNTE, wenn sie Aktion A umsetzen, oder lieber doch Aktion B… oder vielleicht doch eher Aktion C? Also quasi ein Traum in einem Traum. Klingt zu sehr nach “Inception”? Kann sein, aber genau das passiert am Spieltisch andauernd. Die Gruppe baut sich ein Szenario zusammen, wie sie eine – erwartete! – kritische Situation zu meistern gedenkt, was selten ohne Gezänk, viele “ABERS” und einen Zeitaufwand von statten geht, der so manchen Projektmanager blass um die Nase werden ließe. Schaffen sie es irgendwann wieder Erwarten auch wirklich, ans Werk zu gehen, passiert meist Folgendes: der minutiös durchgerechnete Plan erleidet Schiffbruch, bevor die Sache so richtig losgeht.

Warum, wird Mancher jetzt fragen? Es gibt drei Hauptgründe. Erstens, einer der Spieler verkackt eine wichtige Fertigkeitsprobe, was dazu führt, dass eine Kaskade von Ereignissen, die eigentlich essentiell wäre, nicht in Gang kommt. Z.B. schafft der Hacker es eventuell nicht, dem Striketeam die Hintertür zum Quartier des Feindes öffnen. Da stehen sie nun in aller Pracht und müssen improvisieren. Zweitens, haben sie vielleicht doch nicht alle Eventualitäten bedacht, oder stellen sich schon mit den Details in ihrem Plan so dämlich an, dass man es einfach nicht laufen lassen kann, weil ein Erfolg nach den inhärenten Regeln des Settings schlicht unglaubwürdig wäre. Drittens, und das hat etwas mit der Notwendigkeit von Dramaturgie zu tun, muss der Spielleiter vielleicht einen Erfolg an diesem Punkt um der Gesamthandlung Willen sabotieren. Das klingt jetzt sicher nach Unfairness, kann aber in seltenen Fällen notwendig werden. Ich habe das bislang vielleicht maximal drei Mal gemacht und hatte jedes mal ein ungutes Gefühl dabei, aber es kommt vor.

Es gibt mit Sicherheit noch weitere Gründe, die ich vergessen habe, bzw. Kombinationen aus den Vorgenannten, die jedoch in der Regel allesamt zum selben Ergebnis führen: dem Einsatz von Plan X! Es ist ja nicht so, dass man sich einen solchen allerletzten Reserveplan tatsächlich zurecht legt. Da passiert mehr ein Impro-Happening, das einem Tanz ähnelt; wirft die Gruppe ALLES in die Wagschale und wagt Stunts, die eigentlich undenkbar sind, mit anderen Worten, wird sie in ihren Aktionen unvorhersagbar, steigen die Chancen auf einen Erfolg rapide. Es heißt zwar immer “erwarte das Unerwartete”, aber meine Erfahrung lautet, dass man gar nicht alles erwarten kann, was den Spielern in solchen Momenten gerade einfällt. Nicht selten habe ich bei solchen Gelegenheiten meine Kinnlade auf dem Boden wieder gefunden. Zumindest bildlich gesprochen.
Weder der Spielleiter, noch die Spieler haben üblicherweise einen Supercomputer für Simulationen zur Verfügung, noch hat man die Zeit oder Lust, alle Parameter genau zu analysieren und zu operationalisieren. Das ist hier aber auch kein wissenschaftliches Projekt, sondern Rollenspiel – auch wenn man sich in manchen Foren so benimmt, als bräuchte man tatsächlich wissenschaftliche Methoden, um es “richtig” spielen zu können. (Kleine Anmerkung: Ich hoffe man merkt, das ich Rollenspieltheoretiker nicht besonders gut leiden kann!)

Dies führt dazu, das Pläne schmieden, auch wenn es den meisten Spielrunden offensichtlich genau soviel Spaß macht, wie Einkaufsorgien beim örtlichen Waffenhändler, zumeist auch genau so nutzlos ist. Denn kaufen sich die Charaktere dickere Wummen, dürfen sie automatisch damit rechnen, dass ihre Gegner über ungefähr kongruente Bewaffnung und Panzerung verfügen. Das ist ebenso ein stets gültiges Rollenspielnaturgesetz, wie die Fehleranfälligkeit von Schlachtplänen. Da gibt es übrigens interessante Analogien zur echten Welt.

Ich als Spieler versuche mittlerweile, nicht mehr so viel vorplanen zu wollen wie früher, weil die Nutzlosigkeit für mich in verschwendeter Spielzeit gegen gerechnet wird. Da mach ich lieber Charakterspiel – also die sozialen Interaktionen innerhalb der Gruppe und mit den Schlüssel-NSCs. Allerdings ist es dann und wann schwer, sich den Diskussionen am Spieltisch zu entziehen, insbesondere, wenn man meint, festgestellt zu haben, dass sich die Anderen gerade in was verrannt haben. Aber wir machen alle Fehler; dann kommt der gute, alte Plan X zum Zuge! Und ich alte Rampensau darf mal wieder alles rauslassen, weil wir da nicht anders rauskommen werden. YEEHAA! In diesem Sinne – always game on.